AG Landstuhl, Az.: 2 OWi 4286 Js 13040/13, Urteil vom 08.05.2014
1. Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 200,– Euro verurteilt.
2. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 24, 25 StVG, 49, 37 Abs. 2 StVO, 132.3 Bkat, 4 Abs. 1 BKatV.
Gründe
I.
Der Betroffene weist keine Eintragungen im Verkehrszentralregister aus. Er ist als Berufskraftfahrer angestellt in der Firma des vernommenen Zeugen …. Er verdient dort 1900,– Euro netto pro Monat. Er ist ledig, hat ein Kind, das bei der Kindsmutter wohnt, er zahlt 360,– Euro Unterhalt pro Monat. Er hat keine relevanten Schulden, er zahlt 600,– Euro für seine Wohnung als Kaltmiete.
Die Firma, bei der der Betroffene angestellt ist, hat eine Mitarbeiterzahl von 10, sodass das Kündigungsschutzgesetz nur stark eingeschränkt anwendbar ist, vgl. § 23 KSchG.
II.
Nach Durchführung der Hauptverhandlung hat das Gericht folgenden Sachverhalt feststellen können:
Am 10.10.2013 gegen 21:45 Uhr befand sich der Betroffene als Fahrer des Transporters mit dem Kennzeichen … an der Ampel Kaiserstraße/Ludwigstraße in Landstuhl. Er befand sich bei schon längerer Zeit Rotlicht zeigender Ampel auf der Linksabbiegerspur Richtung Atzel. Die Ampel für die Geradeausspur wechselte dann auf grün, für die Linksabbiegerspur verblieb das Lichtzeichen weiterhin auf Rot. Der Betroffene fuhr trotzdem selbst los und bog verzögernd nach links ab, weil er ganz offensichtlich seinen Fehler bereits bemerkt hatte, aber die Kreuzung dann räumte und danach auf der rechten Seite der angesteuerten Straße stehen blieb, weil direkt hinter ihm ein Polizeiwagen in der Linksabbiegerspur gestanden hatte. Gegenverkehr war zum Zeitpunkt des Verstoßes nicht vorhanden. Gegenüber den kontrollierenden Polizeibeamten, den Zeugen … und …, erklärte der Betroffene direkt, dass er versehentlich das Geradeauslichtzeichen befolgt habe und diesen Verstoß noch im Abbiegevorgang bemerkt habe.
III.
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der durchgeführten Beweisaufnahme. Der Betroffene hat sich eingelassen wie oben festgestellt, dies hat er auch bereits vorgerichtlich durch Schriftsatz seines Verteidigers getan. Der Zeuge … wurde hinsichtlich der Arbeitsplatzsituation des Betroffenen vernommen und berichtete darüber, dass dem Betroffenen bei Verwirklichung eines Fahrverbots die Kündigung drohe. Angesichts der bewusst geringen Größe des Betriebs sei er auch nicht an das Kündigungsschutzgesetz gebunden und er belehre seine Mitarbeiter auch vorab darüber, dass für den Fall eines Fahrverbots die Kündigung drohe. Bezüglich der sonstigen Umstände des Verstoßes wurden zudem die Zeugen … und … vernommen. Diese berichteten aber nicht, jedenfalls nicht sofern sie sich erinnern konnten, von einer abweichenden Version im Vergleich zur Einlassung des Betroffenen.
IV.
Der Betroffene hat sich damit wegen eines Verstoßes gegen § 37 Abs. 2 StVO zu verantworten. Ausgehend vom Regeltatbestand des Bußgeldkataloges mit der Ziff. 132.3 ist hier von einer Dauer des Rotlichts länger als 1 Sekunde auszugehen, allerdings nur von fahrlässiger Begehensweise. Hier ist die Einlassung des Betroffenen nicht zu widerlegen, dass er auf das Geradeauslichtzeichen geachtet hatte und dementsprechend nicht wissentlich und willentlich das Rotlicht missachtet hat. Diese Version wird auch durch die Aussage des Zeugen … gestützt, der selbst von der Ampelschaltung verwirrt war und zunächst dachte, ebenfalls fahren zu dürfen. Dementsprechend geht das Gericht wie auch der Bußgeldkatalog selbst von einer grundsätzlich fahrlässigen Tatbegehung aus, denn der Betroffene hätte bei genügender Aufmerksamkeit seinen Fehler erkennen können.
V.
Aufgrund der Verwirklichung des Regeltatbestandes ist zunächst von dessen Rechtsfolge auszugehen, sprich einer Geldbuße in Höhe von 200,– Euro und einem Regelfahrverbot von 1 Monat Dauer. Das Gericht ist insoweit nicht an den Bußgeldkatalog zwingend gebunden, sieht jedoch im Rahmen der Ermessensausübung keinen Grund, vom vorgegebenen Bewertungsrahmen des Bußgeldkataloges bezüglich der Geldbuße selbst nach oben oder nach unten abzuweichen. Anders verhält es sich mit dem Fahrverbot. Zwar ist den objektiven Tatumständen nach ein Regelfahrverbot verwirklicht. Hier handelt es sich jedoch um einen atypischen Verstoß in Form des Augenblicksversagens, sodass die Indizwirkung des Fahrverbots entfällt (vgl. Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, 3. Auflage, 2014, Seite 332 ff.). Die Rechtsfolge eines qualifizierten Rotlichtverstoßes ist nicht angezeigt, wenn der Betroffene wie hier zunächst das Rotlicht für den Linksabbiegerverkehr beachtete und vorschriftsmäßig anhielt, dann aber nach Umschalten des Lichtzeichens für den Geradeausverkehr auf grün, trotz fortdauernder Rotphase für den Linksabbieger, gleichzeitig mit dem Geradeausverkehr startete. (vgl. ebenso KG Berlin, Beschluss vom 5.9.2001, NZV 2002, 50; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.12.2009, NZV 2010, 412). So liegt der Fall hier. Ein Regelfahrverbot war deswegen nicht anzuordnen.
Überdies wäre es, selbst wenn man dieser Rechtsprechung nicht folgen wollte, angezeigt gewesen, das Fahrverbot gemäß § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalogverordnung gegen Erhöhung der Geldbuße wegfallen zu lassen, worauf es hier aber nicht mehr ankam. Denn ein solcher Wegfall gegen Bußgelderhöhung kann nur stattfinden, wenn es überhaupt angezeigt wäre, das Fahrverbot an sich zu verhängen.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 OWiG, 465 StPO.