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Regelfahrverbot – Übersehen eines Geschwindigkeitsbeschränkungsschildes

OLG Schleswig-Holsteinisch, Az.: 1 SsOWi 105/02 (97/02), Beschluss vom 24.09.2002

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurück verwiesen.

Gründe

Die Staatsanwaltschaft bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht hat in ihrer Zuschrift vom 9. September 2002 ausgeführt:

Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte, form- und fristgerecht mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts angebrachte und mit einem Antrag versehene Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie hat auch vorläufigen Erfolg.

Regelfahrverbot – Übersehen eines Geschwindigkeitsbeschränkungsschildes
Symbolfoto: NikD51/Bigstock

Die Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch hinsichtlich einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung. Sie bilden jedoch keine genügende Grundlage für die Annahme einer groben Pflichtverletzung und die darauf gestützte Anordnung des Fahrverbots.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG ist Voraussetzung für die Anordnung eines Fahrverbotes u. a., dass die Ordnungswidrigkeit unter grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen worden ist.

Zwar spricht die Verwirklichung eines – wie hier gegebenen – Regelbeispiels nach der BKatV für das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung. Auch bei einer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV erfüllenden Geschwindigkeitsüberschreitung kommt indes die Anordnung eines Fahrverbotes nicht in Betracht, wenn die Ordnungswidrigkeit darauf beruht, dass der Betroffene infolge einer einfachen Fahrlässigkeit ein die Geschwindigkeit begrenzendes Verkehrszeichen übersehen hat und keine weiteren Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer sich die Geschwindigkeitsbeschränkung hätte aufdrängen müssen (vgl. BGHSt 43 S. 241 ff, 251 f). Das Amtsgericht hätte sich daher näher mit der Einlassung des Betroffenen auseinandersetzen müssen, eine geschlossene Bebauung sei nicht mehr erkennbar gewesen. Dem genügt es nicht, wenn der Tatrichter darauf abstellt, die beiden in unmittelbarer Nähe zur Messstelle befindlichen Einfahrten zu einem rechts von der von dem Betroffenen befahrenen Straße gelegenen, jedoch nicht unmittelbar an die Straße angrenzenden, Neubaugebiet sei ebenso wie die zurückliegende Bebauung für einen Vorbeifahrenden gut erkennbar. Wenn das Gericht daraus den Schluss zieht, die Fahrlässigkeit des Betroffenen sei nach den Feststellungen nicht so weit verringert, dass das Fahrverbot unverhältnismäßig wäre, dann lässt dies besorgen, dass es den Begriff der groben Pflichtverletzung verkannt hat. Vielmehr hätte es ergänzender Feststellungen beispielsweise dazu bedurft, ob aufgrund örtlicher Gegebenheiten, wie Fehlen von Lärmschutzwällen, an den Straßeneinmündungen erkennbare Schilder mit Straßennamen, Vorhandensein von Straßenbeleuchtung u. a. sich ein Zusammenhang mit den geschlossen bebauten Ortsteilen hätte aufdrängen beziehungsweise dem Betroffenen aufgrund eigener Ortskenntnis ohnehin bekannt sein müssen und deshalb nicht ein Augenblicksversagen sondern eine grobe Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit anzunehmen war. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass dahingehende Feststellungen in einer erneuten Hauptverhandlung noch getroffen werden können.

Soweit das Amtsgericht in diesem Zusammenhang weiter darauf abstellt, dass der Betroffene bereits einmal wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt worden ist, kann dies für sich genommen die Annahme einer groben Pflichtverletzung nicht stützen. Bedeutung erlangen könnte die Vorverurteilung demgegenüber für die Frage, ob (auch) ein beharrlicher Pflichtverstoß im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 BKatV in Betracht kommt, was nach der mitgeteilten Höhe der für den früheren Verstoß verhängten Geldbuße jedoch nicht nahe liegt.

Wegen der Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße kann der gesamte Rechtsfolgenausspruch und darüber hinaus – trotz der insoweit aus dem Rechtsbeschwerdeantrag zu entnehmenden Beschränkung des Rechtsmittels – auch der Schuldspruch keinen Bestand haben. Letzterer ist nämlich dann berührt, wenn – wie hier – hinreichende Feststellungen zum Schuldumfang, d. h. zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Verhängung eines Fahrverbotes, fehlen (vgl. Beschl. des II. Senats vom 12. April 1999 – 2 SsOWi 89/99 in SchlHA 2000, S. 150 f; BGHSt a. a. O. S. 245; Göhler, OWiG, 13. Aufl. 2002, § 79 Rdnr. 9).

Dem tritt der Senat bei und merkt an: Für die erneute Hauptverhandlung erscheint der Hinweis angezeigt, dass die Regelbuße nach der für den Tatzeitpunkt, d. h. den 15.8.2001 und nicht den 15.8.2002, geltenden BKatV bei Verstößen der hier in Rede stehenden Art 100,– Euro (200,– DM) und nicht 200,– Euro beträgt. Gemäß § 4 OWiG ist die zur Tatzeit geltende BKatV anzuwenden.

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