OLG Köln verwirft Rechtsbeschwerde gegen Bußgeld wegen Geschwindigkeitsüberschreitung
Verkehrsteilnehmer, die gegen Straßenverkehrsvorschriften verstoßen, müssen oft mit hohen Bußgeldern und anderen Konsequenzen rechnen. In solchen Fällen steht dem Betroffenen jedoch ein Rechtsweg offen, um die Rechtmäßigkeit der Sanktionen überprüfen zu lassen. Ein wichtiges Rechtsinstitut in diesem Zusammenhang ist die Rechtsbeschwerde, mit der sich Verkehrsteilnehmer gegen Urteile in Ordnungswidrigkeitenverfahren zur Wehr setzen können. Zudem haben Betroffene die Möglichkeit, eine Befundprüfung der verwendeten Messgeräte zu beantragen, um so die Korrektheit der erhobenen Messwerte zu überprüfen. Im Folgenden wird ein konkreter Fall eines solchen Verfahrens näher beleuchtet.
Übersicht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- OLG Köln: Rechtsbeschwerde gegen Bußgeld wegen Geschwindigkeitsüberschreitung unzulässig
- Gericht verneint Verletzung des rechtlichen Gehörs
- Anforderungen an eine zulässige Rechtsbeschwerde
- Fehlende Sachrüge und unzulässige Verfahrensrüge
- Befundprüfung als Verfahrensrüge
- Voraussetzungen für eine Befundprüfung
- Verwerfung des Zulassungsantrags und Kostenentscheidung
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORBs 399/23 >>>]
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Das Oberlandesgericht Köln wies den Zulassungsantrag des Betroffenen als unzulässig zurück, da weder eine Sachrüge noch eine zulässige Verfahrensrüge erhoben wurde.
- Eine Rüge der Verletzung des materiellen Rechts (Sachrüge) wurde nicht vorgebracht.
- Die Rüge, dem Betroffenen sei die Einsicht in die Rohmessdaten verweigert worden, betrifft den Grundsatz des fairen Verfahrens und ist im Zulassungsverfahren unstatthaft.
- Der Antrag des Betroffenen auf Durchführung einer Befundprüfung gemäß § 39 Abs. 1 MessEG wurde nicht schlüssig als Gehörsverletzung gerügt.
- Ein Gericht ist weder Antragsteller noch tauglicher Adressat für einen Antrag auf Befundprüfung nach § 39 Abs. 1 MessEG.
- Der Betroffene hätte seinen Antrag auf Befundprüfung bereits im Verwaltungsverfahren stellen und in der Hauptverhandlung weiterverfolgen müssen.
- Da keine Sachrüge und keine zulässige Verfahrensrüge vorlagen, war der Zulassungsantrag als unzulässig zu verwerfen.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.
➜ Der Fall im Detail
OLG Köln: Rechtsbeschwerde gegen Bußgeld wegen Geschwindigkeitsüberschreitung unzulässig
Im vorliegenden Fall ging es um einen Betroffenen, der wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 150,00 € verurteilt wurde. Er legte daraufhin Rechtsbeschwerde gegen das Urteil ein und rügte dabei eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör. Konkret monierte er, dass ihm die Einsicht in die Rohmessdaten des verwendeten Messgeräts verweigert worden sei und sein Antrag auf Durchführung einer Befundprüfung übergangen wurde.
Gericht verneint Verletzung des rechtlichen Gehörs
Das Oberlandesgericht Köln verwarf den Zulassungsantrag des Betroffenen als unzulässig. Zur Begründung führte es an, dass weder eine Sachrüge noch eine zulässige Verfahrensrüge erhoben wurde.
Anforderungen an eine zulässige Rechtsbeschwerde
Im Zulassungsverfahren müssen die Anforderungen an die Begründung von Rechtsbeschwerden aus der Strafprozessordnung beachtet werden. Demnach ist ein Zulassungsantrag nur dann zulässig, wenn er entweder eine Sachrüge oder eine Verfahrensrüge enthält. Eine Sachrüge liegt vor, wenn die Rechtsbeschwerde auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt wird. Eine Verfahrensrüge hingegen greift Verstöße gegen Verfahrensvorschriften auf.
Fehlende Sachrüge und unzulässige Verfahrensrüge
Im vorliegenden Fall fehlte eine Sachrüge, da sich die Ausführungen des Betroffenen ausschließlich mit verfahrensrechtlichen Aspekten befassten. Auch die erhobenen Verfahrensrügen waren unzulässig. Die Rüge der verweigerten Einsicht in die Rohmessdaten beziehe sich auf den Grundsatz des fairen Verfahrens, der nicht Gegenstand einer Rechtsbeschwerde sein könne.
Befundprüfung als Verfahrensrüge
Der Antrag auf Durchführung einer Befundprüfung gemäß § 39 Abs. 1 MessEG zielt darauf ab, die Messrichtigkeit und Mesbeständigkeit des verwendeten Messgeräts zu überprüfen. Das Gericht führte aus, dass es weder Antragsteller noch tauglicher Adressat für einen solchen Antrag sei.
Voraussetzungen für eine Befundprüfung
Der Antrag auf Befundprüfung muss bei der zuständigen Eichbehörde gestellt werden und setzt ein berechtigtes Interesse an der Messrichtigkeit voraus, welches der Betroffene im vorliegenden Fall auch hatte. Unklar sei jedoch, welche Anforderungen an die Rüge einer unterbliebenen Befundprüfung zu stellen seien. Das Gericht tendierte zu der Auffassung, dass der Betroffene die Befundprüfung bereits im Verwaltungsverfahren hätte anstoßen und in der Hauptverhandlung weiterverfolgen müssen.
Verwerfung des Zulassungsantrags und Kostenentscheidung
Da weder eine Sachrüge noch eine zulässige Verfahrensrüge vorlagen, war der Zulassungsantrag des Betroffenen als unzulässig zu verwerfen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt damit der Betroffene.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was versteht man unter einer Rechtsbeschwerde?
Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel im deutschen Recht, mit dem gerichtliche Entscheidungen auf Rechtsfehler überprüft werden können. Sie findet insbesondere im Bußgeldverfahren bei Ordnungswidrigkeiten Anwendung, um die Rechtmäßigkeit von Urteilen oder Beschlüssen infrage zu stellen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rechtsbeschwerde sind in § 79 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) geregelt. Demnach ist sie zulässig, wenn entweder eine Geldbuße von über 250 Euro festgesetzt wurde, eine Nebenfolge wie ein Fahrverbot angeordnet wurde, der Betroffene nicht verurteilt wurde, sein Einspruch als unzulässig verworfen wurde oder dem Betroffenen kein rechtliches Gehör gewährt wurde.
Durch die Rechtsbeschwerde wird die Sache vor einer höheren Instanz, meist einem Oberlandesgericht oder dem Bundesgerichtshof, erneut geprüft. Sie hemmt zudem das Eintreten der Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung. Die Beschwerde ist beim zuständigen Amtsgericht einzureichen, die Begründung muss jedoch zwingend durch einen Rechtsanwalt erfolgen.
Neben dem Ordnungswidrigkeitenrecht findet die Rechtsbeschwerde auch in anderen Rechtsbereichen wie dem Strafvollzugsrecht, der Arbeitsgerichtsbarkeit, der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie im Zivilrecht Anwendung. Sie stellt damit ein wichtiges Instrument der Rechtskontrolle dar, um die Einhaltung geltenden Rechts sicherzustellen.
Was sind die Voraussetzungen für eine zulässige Rechtsbeschwerde?
Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel im Ordnungswidrigkeitenverfahren, mit dem Betroffene gerichtliche Entscheidungen auf Rechtsfehler überprüfen lassen können.
Damit eine Rechtsbeschwerde zulässig ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 OWiG statthaft, wenn entweder:
- eine Geldbuße von mehr als 250 Euro festgesetzt wurde
- eine Nebenfolge wie ein Fahrverbot angeordnet wurde
- der Betroffene nicht verurteilt wurde
- der Einspruch des Betroffenen als unzulässig verworfen wurde
- dem Betroffenen kein rechtliches Gehör gewährt wurde
Zudem muss die Rechtsbeschwerde form- und fristgerecht beim zuständigen Oberlandesgericht oder Bundesgerichtshof eingelegt werden. Die Begründung muss zwingend durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt erfolgen.
In der Begründung muss entweder die Verletzung formellen (Verfahrensrüge) oder materiellen Rechts (Sachrüge) gerügt werden:
- Die Verfahrensrüge erfordert die konkrete Darlegung des Verfahrensfehlers unter Angabe der Tatsachen. Die Anforderungen sind hier sehr hoch.
- Für die Sachrüge genügt die Formulierung „Ich rüge die Verletzung materiellen Rechts“. Das Rechtsbeschwerdegericht prüft dann umfassend die Anwendung des sachlichen Rechts.
Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Rechtsbeschwerde zulässig und das Rechtsbeschwerdegericht prüft die Entscheidung auf Rechtsfehler. Ziel ist es, eine fehlerhafte Rechtsanwendung zu korrigieren und eine einheitliche Rechtsprechung sicherzustellen.
Welche Rolle spielt die Befundprüfung im Rahmen einer Rechtsbeschwerde?
Die Befundprüfung nach § 39 MessEG spielt im Rahmen einer Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eine wichtige Rolle:
Wer ein begründetes Interesse an der Messrichtigkeit darlegt, kann eine Befundprüfung beantragen. Dabei wird unter Berücksichtigung der konkreten Verwendungssituation festgestellt, ob das Messgerät die Verkehrsfehlergrenzen einhält. Die Befundprüfung stellt somit eine Möglichkeit dar, die Richtigkeit der Messung nachträglich zu kontrollieren.
Im Rahmen einer Rechtsbeschwerde gegen ein Bußgeldurteil wegen Geschwindigkeitsüberschreitung kann die Befundprüfung eine zentrale Rolle spielen:
- Ergibt die Befundprüfung, dass das Messgerät nicht die Verkehrsfehlergrenzen eingehalten hat, kann dies zur Aufhebung des Urteils führen.
- Die Befundprüfung ermöglicht eine „Plausibilitätskontrolle“ für die konkrete Einzelmessung und kann Zweifel an der Richtigkeit des Messergebnisses ausräumen.
- Wird trotz Antrags keine Befundprüfung durchgeführt, kann dies einen Verfahrensfehler darstellen, der mit der Rechtsbeschwerde gerügt werden kann.
Allerdings reicht die bloße Möglichkeit von Messfehlern nicht aus, um eine Befundprüfung zu erzwingen. Der Betroffene muss konkrete Anhaltspunkte für Fehlfunktionen des Messgeräts vortragen. Pauschale Behauptungen „ins Blaue hinein“ genügen nicht.
Insgesamt stellt die Befundprüfung ein wichtiges Instrument dar, um die Richtigkeit einer Geschwindigkeitsmessung zu überprüfen. Sie kann daher im Rahmen einer Rechtsbeschwerde eine entscheidende Rolle spielen, wenn konkrete Zweifel an der Messrichtigkeit bestehen.
Wie wird ein Antrag auf Befundprüfung gestellt?
Diese Frage ist für Betroffene wichtig, damit sie verstEin Antrag auf Befundprüfung nach § 39 MessEG kann wie folgt gestellt werden:
Der Antrag ist an die Behörde zu richten, die nach § 40 MessEG für die Eichung des Messgeräts zuständig wäre. Dies sind in der Regel die Eichbehörden der Länder oder staatlich anerkannte Prüfstellen.
Antragsberechtigt sind nach § 39 Abs. 1 MessEG alle Personen, die ein begründetes Interesse an der Messrichtigkeit haben. Dazu zählen insbesondere:
- der Anschlussnutzer
- der Bilanzkoordinator
- der Energielieferant
- der Messstellenbetreiber
Der Antrag sollte folgende Angaben enthalten:
- Daten des Antragstellers (Name, Anschrift, Kontaktdaten)
- Angaben zum Messgerät (Art, Fabrikat, Standort)
- Begründung des Interesses an der Messrichtigkeit
- ggf. Bevollmächtigung eines Vertreters
Die Befundprüfung wird dann von der zuständigen Behörde oder staatlich anerkannten Prüfstelle durchgeführt. Dabei wird unter Berücksichtigung der konkreten Verwendungssituation festgestellt, ob das Messgerät die zulässigen Verkehrsfehlergrenzen einhält.
Das Ergebnis der Befundprüfung ist dem Antragsteller und auf Antrag auch weiteren berechtigten Marktteilnehmern mitzuteilen. Stellt die Prüfung fest, dass das Messgerät nicht den Anforderungen entspricht, trägt die Kosten der Messstellenbetreiber, ansonsten der Antragsteller.
Insgesamt stellt die Befundprüfung damit ein wichtiges Instrument dar, um die Messrichtigkeit eines Messgeräts überprüfen zu lassen. Der Antrag ist formlos bei der zuständigen Stelle unter Darlegung eines berechtigten Interesses zu stellen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 39 Abs. 1 MessEG: Das Eichgesetz regelt Anforderungen an Messgeräte, die zur amtlichen Überwachung verwendet werden. Im spezifischen Fall angesprochen, ermöglicht es einer betroffenen Partei, eine Überprüfung der Messgenauigkeit eines Gerätes zu beantragen, wenn ein berechtigtes Interesse besteht, was vor allem bei Bußgeldbescheiden relevant ist, die auf Messdaten basieren.
- § 80 Abs. 4 S. 4 OWiG: Bestimmt den Umgang mit einer Rechtsbeschwerde im Ordnungswidrigkeitenverfahren. In diesem Fall führt das Zurücknehmen der Rechtsbeschwerde dazu, dass das vorangegangene Urteil Rechtskraft erlangt. Dieser Paragraph ist zentral, weil er das Ende des Rechtsmittelverfahrens definiert und damit die weiteren Rechtsschutzoptionen des Betroffenen einschränkt.
- Art. 103 Abs. 1 GG: Garantiert das Recht auf rechtliches Gehör. Der Antragsteller rügt, dass ihm das rechtliche Gehör verwehrt wurde, da ihm Einsicht in gewisse Messdaten verweigert wurde. Dieses Grundrecht ist essentiell in allen gerichtlichen Verfahren, um eine faire Verhandlung und Urteilsfindung sicherzustellen.
- § 344, 345 StPO: Diese Vorschriften sind relevant für die Einlegung einer Rechtsbeschwerde, da sie die Form und die Fristen für Beschwerdebegründungen im Strafverfahren regulieren. Obwohl es sich hier um ein Bußgeldverfahren handelt, finden diese Vorschriften entsprechend Anwendung, was die Form und Inhalt der Rechtsbeschwerde determiniert.
- Artt. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG: Diese grundgesetzlichen Bestimmungen umfassen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und den Rechtsstaatsprinzip. Im Kontext des Falls ist der Grundsatz des fairen Verfahrens zentral, der hier geltend gemacht wird, da der Betroffene argumentiert, Einsicht in relevante Daten sei ihm vorenthalten worden, was eine unfaire Behandlung im Verfahren darstellen könnte.
- § 6 Abs. 2 MessEG: Regelt die wesentlichen Anforderungen an die Messrichtigkeit und die Messbeständigkeit von Messgeräten. Die Kenntnis dieser Anforderungen ist für die Durchführung einer ordnungsgemäßen Befundprüfung von Messgeräten nach § 39 Abs. 1 MessEG entscheidend, da hierbei geprüft wird, ob das verwendete Messgerät korrekt funktioniert und den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Köln – Az.: 1 ORBs 399/23 – Beschluss vom 06.02.2024
I. Der Zulassungsantrag wird als unzulässig verworfen.
II. Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 S. 4 OWiG).
III. Die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht trägt der Betroffene.
G r ü n d e
I.
Gegen den Betroffenen ist durch das angefochtene Urteil wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (scil.: außerhalb geschlossener Ortschaften) eine Geldbuße von 150,00 € verhängt worden.
Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit welchem der Betroffene eine Versagung des rechtlichen Gehörs rügt.
II.
Der in form- und fristgerecht eingelegte Zulassungsantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Er ist vielmehr als unzulässig zu verwerfen, weil er insgesamt den Anforderungen an seine Begründung nicht genügt.
Gemäß §§ 80 Abs. 3 S. 3 OWiG sind im Zulassungsverfahren die strafprozessualen Vorschriften über die Anbringung der Beschwerdeanträge und deren Begründung (§§ 344, 345 StPO) zu beachten. Ein Zulassungsantrag, mit dem weder die Sachrüge noch eine zulässige Verfahrensrüge erhoben wird, ist daher als unzulässig zu verwerfen (SenE v. 14.02.2013 – III-1 RBs 26/13; SenE v. 08.06.2016 – III-1 RBs 163/16 -; SenE v. 18.04.2018 – III-1 RBs 123/18 -; SenE v. 11.02.2020 – III-1 RBs 49/20 -; SenE v. 07.04.2020 – III-1 RBs 110/20 -). So verhält es sich hier:
1.
Eine Rüge der Verletzung des materiellen Rechts (Sachrüge) ist nicht erhoben worden.
Diese setzt voraus, dass die Rechtsbeschwerde zweifelsfrei erkennbar auf die Verletzung sachlichen Rechts bei der Anwendung auf den festgestellten Sachverhalt gestützt wird (BGH NStZ 1991, 597; OLG Hamm DAR 2000, 83 = VRS 98, 146 [147]; OLG Hamm DAR 1999, 276 = VRS 97, 49; SenE v. 27.09.2000 – Ss 403/00 Z -; SenE v. 10.07.2001 – Ss 276/01 Z – m. w. Nachw; SenE v. 14.01.2013 – III-1 RBs 26/13.). Das ist vorliegend nicht geschehen. Die Ausführungen in der Begründungsschrift befassen sich vielmehr allein mit verfahrensrechtlichen Vorgängen.
2.
Soweit mit der Rechtsbeschwerde moniert wird, dem Betroffenen sei „die Einsicht in die Rohmessdaten“ verweigert worden, ist – wie sich insbesondere aus der auch von dem Betroffenen angezogenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (jüngst BVerfG NJW 2023, 2932) ergibt – nicht das Verfassungsgebot aus Art. 103 Abs. 1 GG, sondern vielmehr der aus Artt. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG abgeleitete Grundsatz des fairen Verfahrens inmitten. § 80 Abs. 1 Ziff. 2 OWiG ist aber einer Erweiterung auf andere Verfassungsverstöße (namentlich den Grundsatz des fairen Verfahrens) nicht zugänglich (SenE v. 09.11.2021 – III-1 RBs 297/21; SenE v. 26.11.2021 – III-1 RBs 313/21; SenE v. 16.02.2022 – III-1 RBs 48/22; SenE v. 27.12.2022 – III-1 RBs 409/22; SenE v. 27.07.2023 – III-1 ORbs 249/23; KK-OWiG-Hadamitzky, 5. Auflage 2018, § 80 Rz. 40; Sandherr NZV 2023, 433). Diese Rüge ist im Zulassungsverfahren unstatthaft.
3.
Soweit die Rechtsbeschwerde darüber hinaus rügt, der Antrag des Betroffenen auf Durchführung einer Befundprüfung sei durch das Gericht übergangen worden und auch im Urteil finde sich keine Begründung, warum ihm auch dieser Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Messergebnisses verweigert worden sei, ist hiermit eine Gehörsverletzung jedenfalls nicht schlüssig dargetan:
Gemäß § 39 Abs. 1 MessEG kann derjenige, der ein berechtigtes Interesse an der Messrichtigkeit hat, bei der Behörde nach § 40 Abs. 1 MessEG beantragen festzustellen, ob ein Messgerät die wesentlichen Anforderungen der Messrichtigkeit und Mesbeständigkeit nach § 6 Abs. 2 MessEG erfüllt (vgl. hierzu Märtens/Wynands NZV 2019, 338 [340]). Ein berechtigtes Interesse an der Messrichtigkeit in diesem Sinne hat regelmäßig derjenige, den die Messung betrifft, hier also der Betroffene des behördlichen und gerichtlichen Ordnungswidrigkeitenverfahrens. (vgl. Hollinger/Schade-Schade, MessEG/MessEV, § 39 Rz. 2). Der Antrag ist an die Behörde zu richten, die nach § 40 MessEG für die Eichung selbst zuständig wäre.
Die Befundprüfung, bei der gem. § 39 Abs. 2 MessEV die Verwendungssituation des Messgeräts zu berücksichtigen ist, vermag Klarheit darüber zu verschaffen, ob das jeweilige Messgerät den Anforderungen der Eichung und der Konformitätsprüfung genügt. Wenngleich der konkrete in Rede stehende Messvorgang damit nicht nachvollzogen werden kann, rechtfertigt ein Ergebnis, welches – ausgehend von der erfolgten Eichung und ggf. unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher in einer sog. „Lebensakte“ dokumentierter Eingriffe – keine Beanstandungen zu Tage fördert, den Schluss, dass bei dem Messgerät auch in der Vergangenheit keine Unregelmäßigkeiten aufgetreten sind (vgl. SenE v. 27.09.2019 – III-1 RBs 339/19 = DAR 2019, 695 = BeckRS 2019, 23786; a. A. aber VerfGH Saarland NJW 2019, 2456 [2459 Tz. 63]). Bei Zweifeln an der Messrichtigkeit ist die Befundprüfung daher der Weg der Wahl.
Welche Anforderungen an eine Rüge zu stellen sind, mit der eine unterbliebene Befundprüfung geltend gemacht werden soll, ist – soweit ersichtlich – bislang in Rechtsprechung und Literatur nicht thematisiert worden. Ohne dies für den Streitfall entscheiden zu müssen neigt der Senat der Auffassung zu, dass insoweit (unter Berücksichtigung des Umstands, dass Beteiligte der Befundprüfung Betroffener und Eichbehörde sind) ähnliche Voraussetzungen Geltung beanspruchen, wie sie für die Beiziehung nicht bei der Akte befindlicher, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandener Unterlagen entwickelt worden sind: Danach dürfte der Betroffene gehalten sein, die Befundprüfung bereits in einem Stadium anzustoßen, in dem das Verfahren noch bei der Verwaltungsbehörde geführt wird (s. – allerdings im Kontext mit der Verfahrensfairness – zu den nicht bei der Akte befindlichen Unterlagen BVerfG NJW 2021, 455 Tz. 60 aE; BGH NStZ 2023, 619). Darüber hinaus dürfte es aber jedenfalls geboten sein, dass der Betroffene sein Begehren in der Hauptverhandlung weiterverfolgt und ggf. deren Aussetzung zur Durchführung der Befundprüfung durch ihn beantragt (BGH a.a.O., allgemein LR-StPO-Becker, 27. Auflage 2019, § 288 Rz. 11).
Diese Fragen bedürfen hier aber deswegen keiner Vertiefung, weil – wie dargelegt – das Gericht weder Antragsteller der Befundprüfung, noch (tauglicher) Adressat eines solchen Antrags ist und der Betroffene zur Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Befundprüfung nichts vorträgt.
Da sonach weder eine Sachrüge noch eine statthafte bzw. zulässige Verfahrensrüge erhoben worden sind, war der Zulassungsantrag als unzulässig zu verwerfen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.