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Protected Bike Lane auf Fahrbahn zurückbauen: Klebebordsteine unzulässig

Trotz vorhandener Radwege trennte die Stadt Düsseldorf eine Protected Bike Lane auf der Fahrbahn mit nicht zugelassenen Klebebordsteinen ab. Die umstrittene Radspur muss womöglich weichen, da gleich zwei entscheidende rechtliche Voraussetzungen verletzt wurden.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 L 3858/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Verwaltungsgericht Düsseldorf
  • Datum: 25.02.2025
  • Aktenzeichen: 6 L 3858/24
  • Verfahren: Eilverfahren
  • Rechtsbereiche: Straßenverkehrsrecht, Verwaltungsrecht

  • Das Problem: Eine Stadt richtete auf einer vierspurigen Bundesstraße eine abgetrennte Fahrradspur („Protected Bike Lane“) ein. Dafür wurden Fahrspuren weggenommen und die Radspur mit speziellen „Klebebordsteinen“ physisch abgetrennt.
  • Die Rechtsfrage: Durfte die Stadt diese Art von Radfahrstreifen mit nicht standardisierten Trennelementen anordnen, wenn bereits separate Radwege vorhanden waren und keine konkrete Unfallgefahr vorlag?
  • Die Antwort: Nein. Das Gericht ordnete die Aussetzung der Maßnahme an. Die Stadt hat die Notwendigkeit der neuen Spur nicht ausreichend belegt und unzulässige Trennelemente verwendet.
  • Die Bedeutung: Städte müssen die Notwendigkeit jeder neuen Radspur auf der Fahrbahn präzise begründen und dürfen keine baulichen Trennelemente nutzen, die nicht offiziell als Verkehrseinrichtungen zugelassen sind.

Der Fall vor Gericht


Warum musste die neue „Protected Bike Lane“ wieder abgerissen werden?

Es gab bereits Radwege. Seit Jahrzehnten fuhren Radler sicher auf hochbordgetrennten Wegen neben der vierspurigen Bundesstraße. Eines Tages beschloss die Stadt, alles zu ändern. Sie nahm den Autos eine Spur weg, malte einen neuen, breiten Radweg auf die Fahrbahn und sicherte ihn mit aufgeklebten Betonklötzen – eine „Protected Bike Lane“. Ein Autofahrer klagte. Seine Frage an das Verwaltungsgericht Düsseldorf war simpel: Darf eine Stadt eine funktionierende Verkehrssituation umbauen, wenn die Notwendigkeit dafür nicht bewiesen ist? Das Gericht gab dem Autofahrer im Eilverfahren recht. Die Begründung zerlegt das Vorgehen der Stadt in drei Schritten.

Das Gericht beurteilt die Beton-Sperren als unzulässige Verkehrseinrichtung: Rückbau der Protected Bike Lane ist angeordnet.
Gericht ordnet Entfernung der neuen geschützten Radspur wegen fehlender Rechtsgrundlage und unzureichendem Erforderlichkeitsnachweis | Symbolbild: KI

Der erste Schlag der Richter traf die auffälligsten Elemente der neuen Radspur: die baulichen Trennelemente. Die Stadt hatte kleine Betonbordsteine auf die Straße geklebt und den Radweg mit einer doppelten, breiten Linie markiert. Das Gericht stellte klar: Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) listet in ihrem Katalog der Verkehrseinrichtungen (§ 43 StVO) abschließend auf, was auf deutschen Straßen stehen und liegen darf. Diese „Klebebordsteine“ finden sich dort nicht. Sie sind keine offiziellen Leitbaken oder Absperrungen.

Stattdessen werteten die Richter die Betonklötze als das, was sie für einige Autofahrer bereits geworden waren – gefährliche Hindernisse im Sinne des § 32 StVO. Zahlreiche Kollisionen hatten sich kurz nach der Einrichtung ereignet. Die Stadt reagierte darauf, indem sie die Geschwindigkeit auf 30 km/h senkte. Für das Gericht war das ein unfreiwilliges Geständnis. Die Behörde hatte selbst erkannt, dass von ihrer Konstruktion eine Gefahr ausging. Auch die doppelte Markierungslinie fand keine Gnade. Eine solche Linie ist laut Gesetz ausschließlich zur Trennung des Gegenverkehrs vorgesehen, nicht zur Abgrenzung eines Radwegs in gleicher Fahrtrichtung. Die gesamte Konstruktion war ein rechtlicher Fremdkörper.

Durfte die Stadt einfach eine Autospur für Radler opfern?

Selbst wenn die Klebebordsteine zulässig gewesen wären, stand das Projekt auf wackeligem Fundament. Der Kern des Problems lag in einer einzigen Frage: War die neue Radspur überhaupt erforderlich? Das Gesetz ist hier streng. Eine Behörde darf den Verkehr nicht nach Belieben neu regeln, nur weil es politisch gewünscht ist. Eine Verkehrsbeschränkende Anordnung wie die Umwandlung einer Autospur braucht eine zwingende Grundlage nach § 45 der Straßenverkehrs-Ordnung. Meist ist das eine konkrete Gefahrenlage, die anders nicht zu beseitigen ist.

Genau hier scheiterte die Argumentation der Stadt. Sie konnte dem Gericht keine überzeugenden Belege für eine solche Gefahr vorlegen. Es existierten keine Unfallstatistiken, die den alten, baulich getrennten Radwegen ein Sicherheitsproblem attestierten. Luftbilder zeigten die Wege in einem ordentlichen Zustand. Die Stadt argumentierte, die alten Wege seien zu schmal und entsprächen nicht mehr den modernen „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA 2010). Das Gericht konterte kühl: Eine bloße Abweichung von einer technischen Empfehlung begründet noch keine Gefahr. Die Stadt hätte nachweisen müssen, dass von den alten Wegen eine reale Bedrohung für Radfahrer ausging. Das tat sie nicht. Allgemeine Ziele wie Klimaschutz oder die Förderung des Radverkehrs sind zwar legitim – sie ersetzen aber nicht den Nachweis der konkreten Notwendigkeit vor Ort.

Auf welcher Grundlage traf die Stadt ihre Entscheidung?

Der letzte und vielleicht entscheidende Fehler der Stadtverwaltung lag in ihrer eigenen Analyse. Die Richter deckten auf, dass die Behörde ihre gesamte Planung auf einer falschen Tatsachengrundlage aufgebaut hatte. In ihren Unterlagen bewertete sie die Bundesstraße so, als hätte sie schon immer nur eine Fahrspur pro Richtung besessen. Tatsächlich war die Straße aber vierspurig, mit zwei Spuren je Richtung.

Dieser Rechenfehler war fatal. Die Bewertung der Verkehrsbelastung und die Frage, ob eine Reduzierung der Spuren vertretbar ist, hängen direkt von der Ausgangslage ab. Eine vierspurige Straße kann viel mehr Verkehr aufnehmen als eine zweispurige. Indem die Stadt von falschen Voraussetzungen ausging, war ihre gesamte Ermessensentscheidung fehlerhaft. Ihr Urteil darüber, was notwendig und verhältnismäßig ist, basierte auf einem Phantom. Auch die vorgelegten Radverkehrszählungen konnten diesen Fehler nicht heilen. Das Gericht stufte sie als wenig aussagekräftig ein – eine Momentaufnahme an wenigen warmen Sommertagen ist keine Basis für eine dauerhafte Umgestaltung einer Hauptverkehrsader.

Die Konsequenz war eindeutig. Das Gericht ordnete die Aufschiebende Wirkung der Klage an. Im Klartext: Die neue Radspur durfte vorerst nicht weiter betrieben werden. Mehr noch, die Richter verpflichteten die Stadt, die Vollziehung aufzuheben. Sie musste die Klebebordsteine und die falschen Markierungen innerhalb von drei Wochen entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherstellen.

Die Urteilslogik

Die Gestaltung des Straßenverkehrs ist kein rein politischer Akt, sondern unterliegt der strengen juristischen Pflicht, jede Einschränkung durch den Nachweis einer konkreten Gefahrenlage zu rechtfertigen.

  • [Verkehrseinrichtungen sind abschließend geregelt]: Behörden dürfen nur die spezifischen Verkehrseinrichtungen und Markierungen nutzen, die der abschließende Katalog der Straßenverkehrs-Ordnung vorsieht; nicht gelistete Elemente, wie aufgeklebte Betonbordsteine, gelten als unzulässige und gefährliche Hindernisse.
  • [Verkehrsbeschränkungen erfordern zwingende Notwendigkeit]: Die Reduzierung von Kfz-Fahrspuren oder andere einschränkende Verkehrsanordnungen setzen den Nachweis einer konkreten, nicht anders zu beseitigenden Gefahrenlage voraus; das bloße Abweichen von technischen Empfehlungen oder die Verfolgung allgemeiner politischer Ziele ersetzt diesen gesetzlich vorgeschriebenen Nachweis der Erforderlichkeit nicht.
  • [Behördliche Entscheidungen fußen auf korrekten Tatsachen]: Eine Verwaltungsbehörde muss die tatsächliche Ausgangslage, wie die Anzahl der vorhandenen Fahrspuren, vollständig und richtig erfassen, da Planungen, die von fehlerhaften Annahmen über die Verkehrsstruktur ausgehen, die gesamte Ermessensausübung fatal fehlerhaft machen.

Die Verhältnismäßigkeit verlangt stets, dass die Verwaltung die bestehenden Gesetze und die objektive Realität der Verkehrslage strikt beachtet.


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Wird auch bei Ihnen eine Protected Bike Lane mit unzulässigen Elementen gebaut? Kontaktieren Sie uns für eine erste rechtliche Einschätzung Ihrer Situation.


Experten Kommentar

Die politische Idee von der schnellen Verkehrswende trifft hier knallhart auf die juristische Realität der Straßenverkehrs-Ordnung. Dieses Urteil ist eine klare rote Linie: Eine Kommune darf etablierte Fahrspuren nur dann für Radwege opfern, wenn sie eine akute, nachweisbare Gefahrenlage beheben muss, die anders nicht zu lösen ist. Gute Absichten oder das Ziel, modernen Empfehlungen zu folgen, ersetzen niemals den zwingenden Nachweis der Erforderlichkeit nach der StVO. Zudem zeigt der Fall konsequent: Behörden dürfen keine eigenen Verkehrseinrichtungen wie diese „Klebebordsteine“ erfinden, die nicht im offiziellen Katalog stehen – ein wichtiger, technischer Knockout für viele schnell errichtete Protected Bike Lanes.


Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ist die „Protected Bike Lane“ nach der StVO überhaupt eine zulässige Verkehrseinrichtung?

Nein, die verwendeten physischen Trennelemente sind nach der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in der Regel unzulässig. Die StVO folgt dem strengen Katalogprinzip (§ 43 StVO), was bedeutet, dass nur die dort explizit genannten Verkehrseinrichtungen erlaubt sind. Werden Elemente wie aufgeklebte Betonklötze verwendet, die nicht im Katalog stehen, stuft das Gericht diese als rechtswidrige, gefährliche Hindernisse im Sinne des § 32 StVO ein.

Juristen nennen das Katalogprinzip: Die Liste der zulässigen Verkehrseinrichtungen in § 43 StVO ist abschließend. Fehlt ein Element in dieser gesetzlichen Aufzählung, ist es auf öffentlichen Straßen unzulässig, egal wie innovativ die Stadt es bewirbt. Die Behörden dürfen keine eigenen Konstruktionen erfinden, nur weil sie „moderne“ Radwege bauen wollen. Weil diese Klebebordsteine oder Betonklötze keine offiziellen Leitbaken, Absperrschranken oder sonstigen zugelassenen Anlagen darstellen, fehlt ihnen die Rechtsgrundlage.

Darüber hinaus scheitern solche Konstruktionen oft an der korrekten Anwendung zugelassener Markierungen. In dem Fall, der zum Rückbau führte, war zusätzlich die doppelte, durchgezogene Markierungslinie fehlerhaft. Solche Markierungen sind gesetzlich dafür vorgesehen, den Gegenverkehr zu trennen, nicht aber, eine Radspur in gleicher Fahrtrichtung abzugrenzen.

Ein passender Vergleich ist der amtliche Führerschein. Auch wenn Ihr selbst gedruckter Zettel alle notwendigen Informationen enthält, ist er rechtlich ungültig, weil ihm die amtliche Form fehlt. Auf der Straße zählt nicht die Funktion, sondern die formelle Zulassung nach StVO-Katalog.

Sie haben Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer neuen Anlage? Fordern Sie die zuständige Behörde auf, die exakte Paragraphen- und Anlagenbezeichnung der verwendeten Trennelemente nach StVO zu nennen. Wenn die Beamten keine genaue Nummer aus dem abschließenden Katalog des § 43 StVO nennen können, liegt der juristische Hebel für eine Klage gegen die Rechtswidrigkeit der Einrichtung vor.


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Welche Erfolgsaussichten habe ich, wenn ich selbst gegen eine neue Verkehrsanordnung klage?

Ihre Erfolgsaussichten sind stark davon abhängig, ob die Behörde die Notwendigkeit der neuen Verkehrsanordnung lückenlos belegen kann. Eine Klage ist sehr vielversprechend, wenn die Stadt keine konkrete, qualifizierte Gefahrenlage nach § 45 StVO nachweisen kann, die den Eingriff in den fließenden Verkehr rechtfertigt. Bloße politische Wünsche oder der Verweis auf technische Empfehlungen (z.B. ERA 2010) reichen als alleinige Begründung vor Gericht nicht aus.

Die Regel lautet: Verkehrsbeschränkungen, wie die Wegnahme einer Fahrspur oder die Installation neuer Elemente, dürfen nicht willkürlich erfolgen. Juristen nennen das das Notwendigkeitsprinzip. Städte handeln hier nicht nach freiem Ermessen, nur weil ein politisches Ziel verfolgt wird, sondern müssen zwingende Gründe für die Umgestaltung vorlegen. Das Gericht prüft genau, ob die Maßnahme wirklich erforderlich war, um eine konkrete Gefahr zu beseitigen.

Ohne diesen Nachweis der qualifizierten Gefahrenlage ist die Anordnung rechtswidrig. Wenn der alte Zustand des Radwegs oder der Fahrbahn ordnungsgemäß war und keine negativen Unfallstatistiken vorlagen, fällt der zentrale Begründungsansatz der Verwaltung in sich zusammen. Allgemeine Ziele wie Klimaschutz oder die bloße Abweichung von einer technischen Empfehlung begründen keine Gefahr im juristischen Sinne. Der Maßstab ist die tatsächliche Verkehrssicherheit.

Ein passender Vergleich ist die Situation, in der die Stadt argumentiert, der alte Weg sei „zu schmal“ oder „nicht mehr zeitgemäß“. Solche Argumente sind technisch korrekt, aber juristisch nicht bindend. Wenn Sie nachweisen, dass der alte Weg trotz Normabweichung sicher und in ordentlichem Zustand war, existiert kein zwingender Grund, ihn zu ändern.

Fordern Sie die Akten der Stadt an, bevor Sie klagen. Prüfen Sie explizit, welche Unfallstatistiken die Stadt heranzieht, um die Gefahrenlage des alten Zustands zu belegen. Fehlen diese Belege oder sind sie lückenhaft, liegt der wichtigste juristische Hebel für Ihre Klage vor. Konzentrieren Sie sich immer auf die fehlende Notwendigkeit, nicht nur auf Ihre subjektive Behinderung im Verkehr.


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Wie schnell muss ich Widerspruch oder Klage einlegen, um eine Verkehrsänderung zu stoppen?

Der Faktor Zeit ist entscheidend, denn Widerspruch oder Klage allein stoppen die Umsetzung einer Verkehrsänderung nicht automatisch. Verkehrsanordnungen sind in der Regel sofort vollziehbar. Um die Baumaßnahme effektiv und sofort zu stoppen, müssen Sie unverzüglich beim zuständigen Verwaltungsgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Eilverfahren) stellen. Dieses Verfahren ist der einzige Hebel, der eine Behörde zwingt, die Maßnahme bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren auszusetzen.

Die Regel lautet, dass Verwaltungsakte, zu denen auch Verkehrsanordnungen gehören, selbst bei eingelegtem Widerspruch sofort gültig sind. Die Behörde darf die neue Radspur also aufbauen, während Sie Ihre Klage in der Hauptsache vorbereiten. Dies stellt Kläger oft vor vollendete Tatsachen und kann Monate oder sogar Jahre dauern, bis ein Urteil vorliegt.

Ohne diesen begleitenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bliebe die potenziell gefährliche oder rechtswidrige Konstruktion für diesen gesamten Zeitraum bestehen. Nur wenn das Gericht im Eilverfahren eine „aufschiebende Wirkung“ anordnet, wird die sofortige Vollziehung ausgesetzt. Erst dieser positive Beschluss des Gerichts verpflichtet die Stadt, die Umsetzung zu stoppen oder, falls sie schon begonnen hat, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Ein passender Vergleich ist der Not-Aus-Schalter. Ihre Hauptsacheklage ist wie ein Brief an den Hersteller, in dem Sie die Mängel der Maschine aufzeigen. Das Eilverfahren ist hingegen der rote Knopf, den Sie sofort drücken, um die Maschine anzuhalten. Nur durch diese unmittelbare gerichtliche Intervention verhindern Sie, dass irreversible oder gefährliche Zustände während der Dauer des normalen Verfahrens entstehen.

Warten Sie nicht, bis die Maßnahmen bereits abgeschlossen sind. Sobald Sie offiziell von der Verkehrsänderung wissen, sollten Sie schnell handeln. Kontaktieren Sie umgehend einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Bereiten Sie mit ihm zusammen die Unterlagen vor, um schnellstmöglich den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (§ 80 Abs. 5 VwGO) einzureichen. Dieser Schritt sichert Ihnen die Chance, die Maßnahme zu stoppen und unter Umständen die sofortige Rückbaupflicht durchzusetzen.


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Was kann ich tun, wenn die Stadt den gerichtlich angeordneten Rückbau verzögert oder ignoriert?

Wenn eine Stadt den richterlich angeordneten Rückbau verzögert, müssen Sie sofort das Gericht einschalten, um die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Da die Anordnung zur Aufhebung der Vollziehung bindend ist, können Sie die Behörde mithilfe des Verwaltungsgerichts zur Handlung zwingen. Das effektivste Mittel dafür ist die Beantragung eines Zwangsgeldes, welches die Verwaltung zur Einhaltung der gerichtlich gesetzten Fristen verpflichtet.

Sie sind nach einem erfolgreichen Urteil keinesfalls machtlos. Nachdem das Verwaltungsgericht die Aufhebung der verkehrsbeschränkenden Anordnung – oft im Rahmen eines Eilverfahrens – angeordnet hat, muss die Kommune dieser Weisung folgen. Diese richterliche Anordnung ist ein hoheitlicher Verwaltungsakt und somit bindend. Sobald die Frist für den Rückbau (wie sie das Gericht explizit gesetzt hat) verstreicht, ohne dass die Maßnahme umgesetzt wurde, müssen Sie aktiv werden. Die Stadtverwaltung hat in diesem Stadium keinen Ermessensspielraum mehr. Juristen nennen diesen Vorgang die Vollstreckung des gerichtlichen Titels.

Ein passender Vergleich ist der Umgang mit einer klassischen Geldschuld. Stellen Sie sich vor, ein Schuldner ignoriert ein rechtskräftiges Urteil zur Zahlung. Sie können nicht warten, bis er freiwillig zahlt, sondern müssen den Gerichtsvollzieher einschalten, um Druck zu erzeugen. Im Verwaltungsrecht übernimmt das Verwaltungsgericht diese Aufgabe der Erzwingung. Es droht der säumigen Behörde die Zahlung eines Zwangsgeldes an – ein empfindliches finanzielles Druckmittel, das die Verwaltung sehr schnell zur Einhaltung ihrer Pflichten und damit zum Rückbau bewegt.

Zeit ist jetzt entscheidend. Dokumentieren Sie exakt den Tag, an dem die vom Gericht gesetzte Frist für den Rückbau abgelaufen ist. Weisen Sie anschließend Ihren Rechtsbeistand unverzüglich an, den Antrag auf Androhung und Festsetzung des Zwangsgeldes beim zuständigen Verwaltungsgericht zu stellen. Dieses juristische Vorgehen stellt sicher, dass die Stadtverwaltung nicht auf Zeit spielt, sondern die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zeitnah und verpflichtend erfolgen muss.


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Welche offiziellen Markierungen oder Trennelemente darf die Stadt laut StVO für Radwege verwenden?

Die Stadt darf für Radwege nur Markierungen und Trennelemente verwenden, die explizit im Katalog des § 43 StVO gelistet sind. Es gilt hier das strenge Katalogprinzip. Innovative, aber nicht genormte Elemente wie aufgeklebte Betonklötze („Klebebordsteine“) sind juristisch unzulässig. Gerichte stufen derartige nicht zugelassene Konstruktionen oftmals als gefährliche Hindernisse im Sinne des § 32 StVO ein, was einen sofortigen Rückbau erzwingen kann.

Die Regel lautet: Was nicht in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) definiert ist, darf auf öffentlichen Straßen nicht dauerhaft installiert werden. Juristen nennen das das Katalogprinzip. Konkret listet § 43 StVO in Verbindung mit den Anlagen abschließend auf, welche Verkehrseinrichtungen – von offiziellen Verkehrszeichen über Leitbaken bis hin zu zugelassenen Absperrschranken – auf deutschen Straßen offiziell zugelassen sind. Fehlt ein Element in dieser detaillierten Liste, mangelt es an der notwendigen Rechtsgrundlage für seinen Einsatz. Städte können daher keine eigenen, nicht genormten Design-Elemente einführen, selbst wenn diese vermeintlich die Sicherheit erhöhen sollen oder auf Empfehlungen (wie der ERA 2010) basieren. Selbst zugelassene Markierungen müssen korrekt angewandt werden: Eine doppelte, durchgezogene Linie ist beispielsweise unzulässig, wenn sie lediglich einen Radweg in gleicher Fahrtrichtung abgrenzen soll, da sie laut Gesetz zur Trennung des Gegenverkehrs vorgesehen ist.

Ein passender Vergleich ist die Bauanleitung für ein genormtes Gerät: Sie dürfen nur die Teile verwenden, die explizit in der Teileliste aufgeführt sind. Versuchen Sie, einen nicht gelisteten, „besseren“ Stein aus einem fremden Baukasten einzubauen, verliert die gesamte Konstruktion ihre rechtliche Zulassung. Die verwendeten physischen Trennelemente müssen exakt mit den offiziellen Zeichen- oder Anlagenbezeichnungen in der Verordnung übereinstimmen.

Prüfen Sie bei neuen Radweg-Installationen immer die Rechtsgrundlage. Verlangen Sie von der zuständigen Behörde die genaue Paragraphen- und Anlagenbezeichnung der verwendeten Trennelemente nach StVO. Kann die Stadt keine offizielle Kennzeichnung nennen, die in § 43 oder den Anlagen definiert ist, dann ist die Anlage mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig und Sie haben einen klaren juristischen Hebel für eine Klage.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Aufschiebende Wirkung

Die aufschiebende Wirkung bezeichnet die gerichtliche Anordnung, die es einem Verwaltungsakt (wie einer Verkehrsanordnung) verbietet, sofort vollzogen zu werden. Dieses Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO schützt den Bürger davor, dass ihm während der Dauer eines langwierigen Hauptsacheverfahrens irreversible Nachteile entstehen.

Beispiel: Das Gericht ordnete die aufschiebende Wirkung an, wodurch die Stadt gezwungen war, den Betrieb der neuen Protected Bike Lane sofort einzustellen.

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Gefährliche Hindernisse (§ 32 StVO)

Juristen definieren gefährliche Hindernisse nach § 32 StVO als Gegenstände oder Anlagen auf der Fahrbahn, welche die Sicherheit des fließenden Verkehrs gefährden oder unzumutbar behindern. Das Gesetz verpflichtet jeden, der für solche Hindernisse verantwortlich ist – hier die Stadt –, diese unverzüglich zu beseitigen und damit die allgemeine Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen.

Beispiel: Weil die aufgeklebten Betonklötze zahlreiche Kollisionen verursachten, stufte das Verwaltungsgericht die Trennelemente als gefährliche Hindernisse ein, die sofort entfernt werden mussten.

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Katalogprinzip

Das Katalogprinzip besagt, dass die Liste der zulässigen Verkehrseinrichtungen und -zeichen in der Straßenverkehrs-Ordnung (§ 43 StVO) abschließend und nicht erweiterbar ist. Diese strenge Vorgabe stellt sicher, dass alle Verkehrsteilnehmer bundesweit nur auf genormte und rechtlich definierte Markierungen und Anlagen treffen, was Einheitlichkeit und Verkehrssicherheit gewährleistet.

Beispiel: Die Stadt konnte sich nicht auf eine offizielle Bezeichnung berufen, weil die verwendeten „Klebebordsteine“ nicht im abschließenden Katalogprinzip der StVO aufgeführt waren.

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Notwendigkeitsprinzip

Dieses Prinzip ist ein fundamentaler Grundsatz des Verwaltungsrechts, der vorschreibt, dass eine verkehrsbeschränkende Anordnung nur erlassen werden darf, wenn eine konkrete Gefahr oder zwingende Notwendigkeit vorliegt. Behörden dürfen den Straßenverkehr nicht nach bloßem Ermessen umgestalten; sie müssen nachweisen, dass die Maßnahme zur Abwehr einer realen Bedrohung unerlässlich ist.

Beispiel: Die Stadt scheiterte vor Gericht, da sie keine Unfallstatistiken vorlegen konnte, welche die Notwendigkeit zur Umwandlung der vierspurigen Straße belegten und das Notwendigkeitsprinzip erfüllten.

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Verkehrsbeschränkende Anordnung

Eine verkehrsbeschränkende Anordnung ist ein hoheitlicher Verwaltungsakt, mit dem eine Behörde Eingriffe in den normalen, fließenden Verkehr vornimmt, etwa durch Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Fahrspurreduzierungen. Solche Anordnungen dienen der Gefahrenabwehr oder der Verbesserung des Verkehrsflusses, setzen aber nach § 45 StVO immer den Nachweis einer rechtlichen Grundlage voraus.

Beispiel: Die Umwandlung einer Autospur in eine Protected Bike Lane stellte eine verkehrsbeschränkende Anordnung dar, für deren Genehmigung die Stadt die zwingende Notwendigkeit hätte beweisen müssen.

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Zwangsvollstreckung

Die Zwangsvollstreckung im Verwaltungsrecht ist das Verfahren, mit dem ein Bürger oder das Gericht eine Behörde zur Erfüllung einer richterlichen Anordnung zwingt, falls diese ihrer Pflicht nicht freiwillig nachkommt. Dieses Instrument sichert die Wirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen und verhindert, dass Verwaltungsbehörden die Rechtsprechung durch bloßes Verzögern oder Ignorieren unterlaufen.

Beispiel: Falls die Stadt den angeordneten Rückbau der Radspur nach Ablauf der dreiwöchigen Frist verzögert hätte, hätte der Kläger die Zwangsvollstreckung mithilfe eines Zwangsgeldes betreiben müssen.

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Das vorliegende Urteil


Verwaltungsgericht Düsseldorf – Az.: 6 L 3858/24 – Beschluss vom 25.02.2025


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