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PolyScan Speed M1 HP – Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens

AG Eisenach, Az.: 311 Js 21940/16 – 1 OWi, Urteil vom 07.02.2017

Der Betroffene wird wegen fahrlässig begangener Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h zu einer Geldbuße von 80 € verurteilt.

Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 17 OWiG, 24 StVG, 49, 3 Abs. 3 StVO.

Gründe

Der Betroffene wurde am … in … geboren. Er ist als Angestellter beschäftigt und verfügt über ein geregeltes Einkommen.

Gegen ihn sind keine Eintragungen im Fahreignungsregister vorhanden.

Die Hauptverhandlung hat folgenden Sachverhalt ergeben:

Am 06.06.2016 gegen 16:32 Uhr befuhr der Betroffene mit dem PKW, amtliches Kennzeichen …, die B 19 in der Ortslage von W. in Richtung Eisenach. In dem Bereich der dortigen Bushaltestelle befand sich eine Geschwindigkeitsmessstelle der LPI Gotha mit einem Messgerät der Marke PolyScan Speed M1 HP.

Das Gerät war entsprechend den Richtlinien des Herstellers aufgebaut und wurde durch den Polizeibeamten PHM A bedient. Es war geeicht bis zum 31.12.2016 und arbeitete einwandfrei.

Im Bereich der Messstelle ist die Geschwindigkeit innerorts gemäß § 3 Abs. 3 StVO auf 50 km/h beschränkt.

Um 16:32 Uhr wurde der Betroffene mit seinem Fahrzeug einer Geschwindigkeitsmessung unterzogen und ein entsprechendes Lichtbild ausgelöst. Die gemessene Geschwindigkeit betrug abzüglich der Messtoleranz von 3 km/h 73 km/h.

Der Betroffene hat damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h überschritten.

Der Betroffene hat seine Fahrereigenschaft eingeräumt. Die Ordnungsmäßigkeit der Geschwindigkeitsmessung wird jedoch angezweifelt.

Die Geschwindigkeitsmessung ist nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte für eine Fehlmessung liegen nicht vor.

Die vorgenommene Messung mit dem Messgerät PolyScan Speed M1 HP ist ordnungsgemäß erfolgt, wie sich aus dem Geschwindigkeitsmessblatt vom 6.06.2016 (Bl. 6 d.A.) und dem Messprotokoll (Bl. 7 d.A.) ergibt.

Beide wurden in der Hauptverhandlung verlesen und auf sie wird gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO iVm § 71 Abs. 1 OWiG ausdrücklich Bezug genommen.

Insbesondere war das verwendete Messgerät gemäß Eichurkunde Nummer 1-542/15 vom 21.08.2015 (Bl. 8/9 d.A.) gültig geeicht bis 31.12.2016.

Auf diesen ebenfalls in der Hauptverhandlung verlesenen Eichschein wird ausdrücklich Bezug genommen.

Das Gericht hat den Polizeibeamten A als Zeugen gehört. Der Zeuge A hat in seiner glaubhaften uneidlichen Aussage bekundet, dass er am Tattag Messbeamter gewesen sei. Das Gerät habe er nach den Herstellerrichtlinien aufgebaut. Er habe es am Fahrzeug aufgebaut und die Anlage grob eingerichtet und den Geschwindigkeitsbereich hinzugeschaltet. Die Anlage habe mehrere Selbsttests durchlaufen und sich selbstständig justiert. Es seien Werte angezeigt worden, die im Idealfall zwischen 5 und 9 liegen müssen. Unter einem Wert von 8 würde er nicht anfangen zu messen. Das Messgerät sei geeicht gewesen. Vor der Messung seien die Eichmarken überprüft worden. Diese seien unbeschädigt gewesen. Er habe den Messbetrieb aufmerksam beobachtet. Besonderheiten seien bei der Messung nicht aufgetreten. Die Messung habe mitten im Ort, mindestens 200 m vom Ortseingang entfernt, stattgefunden. Die Beschilderung sei vor und nach dem Messbetrieb überprüft worden. Er verfüge über eine Ausbildung für das verwendete Messgerät.

Die Aussage des Zeugen A war in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge A den ihm unbekannten Betroffenen schaden wollte, lagen nicht vor.

Das Gericht hat darüber hinaus das Messfoto (Bl. 11 d.A.) in Augenschein genommen. Auch auf dieses Foto wird ausdrücklich Bezug genommen.

Auch aus dem Messfoto sind keinerlei Umstände ersichtlich, die Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Messung aufkommen lassen würden.

Weiterhin ergibt sich aus dem Messfoto die gemessene Geschwindigkeit von 76 km/h.

Da weder aus dem Messprotokoll noch aus dem Messfoto Gegenstände oder Umstände ersichtlich sind, die Zweifel an der Richtigkeit der vorliegenden Messung zuließen oder dass die Herstellervorschriften und die Bedienungsanleitung nicht befolgt wurden, war auch die diesbezüglichen Anträge des Verteidigers auf Herausgabe der Rohmessdaten und Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Ordnungsmäßigkeit der Messung gemäß § 77 Abs. 2 Ziffer 1 OWiG abzulehnen, da die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich war.

Alle offenen Fragen sind bereits durch die glaubhaften Bekundungen des Zeugen A ausreichend dargelegt worden. Das Gericht kennt den Zeugen A aus einer Vielzahl von Bußgeldverfahren und hat diesen als einen zuverlässigen und gut geschulten Messbeamten kennen gelernt, der äußerste Sorgfalt bei der Durchführung der Messung an den Tag legt. Die Angaben auf dem Messfoto lassen keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Auswertung erkennen. Der Zeuge A hat hierzu glaubhaft bekundet, dass er den Messbetriebes aufmerksam beobachtet habe und es zu keinen Fehlmessungen während des Messbetriebes gekommen sei.

Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem hier verwendeten Messgerät PolyScan Speed M1 HP handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren und das verwendete Messgerät hat eine Bauartzulassung von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) erhalten.

Der Zulassung durch die PTB gehen umfangreiche Prüfungen eines Mustergerätes unter Labor- und Nenngebrauchsbedingungen voraus. Dazu gehören insbesondere Messreihen, deren Ergebnisse mit denen der hochgenauen Referenzgeräte der PTB verglichen werden. Nur wenn diese Prüfungen ergeben, dass das Messgerät Gewähr dafür bietet, dass es während der Gültigkeitsdauer der Eichung im Rahmen der zulässigen, zu Gunsten Betroffener in Abzug zu bringender Fehlertoleranzen ausnahmslos richtige Messergebnisse liefert, wird die Zulassung erteilt (Saarl. OLG, Beschluss vom 17.01.2012, Az.: Ss 218/2012).

Durch die amtliche Zulassung eines Messgerätes bestätigt die PTB, dass sie die Ermittlung des Messwertes auf der Grundlage der in der Gebrauchsanweisung festgelegten Vorgehensweise einer Sachverständigenprüfung unterzogen und die Messergebnisse als innerhalb einer zulässigen Toleranz liegend eingestuft hat (OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2013, Az.: III-1 RBs 63/13).

Das heißt, es findet in diesem Stadium sehr wohl eine sachverständige Prüfung statt, bei welcher die technischen Einzelheiten zur Messwertbildung bekannt sind.

Dieses PTB-Zulassungs-Verfahren ist gesetzlich vorgeschrieben, womit zum einen sicherlich bezweckt ist, ordnungsgemäße Messungen und Messergebnisse zu gewährleisten; zum anderen soll dadurch aber auch vermieden werden, dass Geschwindigkeitsmessungen mit – vorab – überprüften Messgeräten in jedem Einzelfall einer Prüfung unterzogen werden müssen. Ansonsten wären gerichtsverwertbare Geschwindigkeitsmessungen in dem angesichts des massenhaften Verkehrsaufkommens und der zahlreichen Verkehrsverstöße erforderlichen Ausmaß faktisch nicht mehr möglich. Dieses Zulassungsverfahren soll eine praktikable Handhabung auf definiert hohem technischen Niveau zur Ermittlung massenhaft vorkommender Geschwindigkeitsverstöße ermöglichen, was für eine gefahrenminimierte Teilnahme am Straßenverkehr für alle Verkehrsteilnehmer unabdingbar ist (AG Saarbrücken, Urteil vom 25.05.2012, Az.: 22 OWi 68 Js 331/12).

Weiterhin ist das konkret verwendete Messgerät durch das zuständige Eichamt nochmals als solches auf seine Eignung als Messgerät überprüft worden und durch die Eichurkunde bescheinigt worden, dass das Messgerät richtig funktioniert, insbesondere die Anforderungen der Eichordnung und der Bauartzulassung einhält.

Die bloße Annahme möglicher Messfehler kann nicht von vornherein die Unverwertbarkeit des Messergebnisses zur Folge haben (Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 03.06.2010, Az.: 2 Ss 110 B/10).

Voraussetzung dafür, dass sich der Tatrichter vom Vorliegen eines korrekt ermittelten Messergebnisses überzeugt, ist nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und damit von niemandem anzweifelbare Gewissheit. Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Dabei haben solche Zweifel außer Betracht zu bleiben, die realer Anknüpfungspunkte entbehren und sich lediglich auf die Annahme einer bloß gedanklichen, abstrakt – theoretischen Möglichkeit gründen (AG Saarbrücken, Urteil vom 20.09.2011, Az.: 22 OWi 367/11).

Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung können daher nur konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung begründen. Ohne derartige Anhaltspunkte würden die an die Überzeugungsbildung des Tatrichters zu stellenden Anforderungen überspannt (OLG Köln, Beschluss vom 06.03.2013, Az.: III RBs 63/13).

Das Messsystem erfolgt mittels einer digitalen Geschwindigkeitsmessung auf Basis einer Laser Puls Laufzeit Messung (LIDAR = Light Detection And Ranging).

Die Erfassung der Fahrzeuge erfolgt mit einem scannenden LIDAR-Messkopf, der während der Messung ortsfest montiert ist und kurze Lichtimpulse in gebündeltem Strahl aussendet. Der Messstrahl tastet während der Messung einen Fahrbahnbereich in einer Entfernung zwischen ca. 10 und 75 Metern ab. Der Strahl wird nach Reflexion an einem Objekt vom Empfänger des LIDAR detektiert und ausgewertet. Aus der gemessenen Signallaufzeit vom Sender zum reflektierenden Objektpunkt und zurück wird die Distanz zwischen Messkopf und angestrahltem Objektpunkt berechnet. Diese Messungen werden mit hoher Wiederholrate durchgeführt. Die zeitliche Auswertung der Distanzwerte wiederum ermöglicht dann eine sehr genaue Geschwindigkeitsmessung.

Die Auswerteeinheit des Systems verarbeitet die Ergebnisse des LIDAR-Messkopfes. Für jedes Fahrzeug im Überwachungsbereich wird eine mittlere Geschwindigkeit errechnet.

Das System prüft selbstständig die Genauigkeit der Messwertbildung. Wird die geforderte Güte nicht erreicht, so wird der Messwert verworfen. Das System ist so konzipiert, dass unter keinen Umständen, selbst bei völlig unsinniger Ausrichtung, falsche oder ungenaue Messwerte erzeugt werden können (Seite 21 der Gebrauchsanweisung).

Auch der Antrag auf Ausgabe der Rohmessdaten war gemäß § 77 Abs. 2 Ziffer 1 OWiG abzulehnen.

Das Beweismittel ist die vom Messgerät erzeugte Falldatei in ihrer in der Akte befindlichen ausgedruckten Form. Die Falldatei wird vom Messgerät in digitalisierter Form erzeugt und ist ohne Auswertesoftware nicht lesbar. Erst die Umwandlung der Datei in eine lesbare Form durch die Auswertesoftware macht sie zu einem gerichtlich verwertbaren Beweismittel, das die Überzeugungsbildung nach § 261 StPO ermöglicht.

Den Beweisanträgen durch den Verteidiger liegen nur Behauptungen zu Grunde, die nicht durch Tatsachen gestützt sind. Bei einem standardisierten Messverfahren – wie vorliegend – kann das Gericht nach ständiger Rechtsprechung aller Oberlandesgerichte in Deutschland von der Richtigkeit der Messung ausgehen, wenn keine Tatsachen vorgetragen werden, die beim Gericht Zweifel an der Richtigkeit der Messung aufkommen lassen. Dass die Verteidigung „Zweifel“ hat ist rechtlich irrelevant. Maßgeblich nach § 261 StPO ist alleine die Überzeugung des Gerichts (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.08.2016 – 2Ss-OWi 562/16 -, juris).

Der Betroffene hat selbstverständlich ein Einsichtsrecht in die „nur“ ihn betreffende digitalisierte Falldatei, auch wenn sie nicht Aktenbestandteil ist. Das ist aber keine Frage der Akteneinsicht bei Gericht, oder des Prüfungsumfangs des Gerichts in der Hauptverhandlung, sondern es handelt sich um ein im Vorfeld der Hauptverhandlung an die Verwaltungsbehörde zu richtendes Gesuch.

Die Verwaltungsbehörde ist gemäß § 47 Abs. 1 OWiG iVm § 26 Abs. 1 StVG Herrin der digitalisierten „Falldatei“. Die Verwaltungsbehörde hat einem Einsichtsgesuch in die die digitalisierte „Falldatei“ nachzukommen, da die „Falldatei“ die Messdaten enthält, die das Messgerät zum Tatzeitpunkt erzeugt hat und auf denen der Tatnachweis beruhen soll. Dem Betroffenen muss von der Verwaltungsbehörde grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, die „Falldatei“ zumindest auf Übereinstimmung mit dem in der Bußgeldakte befindlichen Messbild zu überprüfen (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.).

Erst wenn sich aus der vom Betroffenen vorzunehmenden Prüfung konkrete tatsachenbegründete Anhaltspunkte für Messfehler ergeben, muss sich das Gericht damit beschäftigen. Da die Messrichtigkeit und Messbeständigkeit bei Messungen in einem standardisierten Messverfahren von der PTB und den Eichämtern bereits grundsätzlich garantiert ist, führt diese Darlegungslast beim Betroffenen auch nicht zur Umkehrung der Unschuldsvermutung. Der Betroffene greift vielmehr die gegen ihn streitende eindeutige Beweislage an. Dafür ist er konkret darlegungspflichtig, wenn er damit vor Gericht Gehör finden will (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.).

Ein Anspruch auf Überlassung der digitalen Messdatei folgt zunächst nicht aus dem in § 46 Abs. 1 OWiG iVm § 147 Abs. 1, 1. Alternative StPO geregelten Akteneinsichtsrecht der Verteidigung, da die digitale Messdatei als solche nicht Bestandteil der dem Gericht vorliegenden Akte ist.

Damit kommt der digitalen Messdatei allenfalls die Funktion eines amtlich verwahrten Beweisstückes im Sinne des § 46 Abs. 1 OWiG iVm § 147 Abs. 1, 2. Alternative StPO zu.

Für ein solches bestünde allerdings nur ein „Besichtigungsrecht“ am amtlichen Verwahrungsort und gerade nicht auf Überlassung der gegebenenfalls kopierfähigen Messdatei und der entschlüsselten Rohmessdaten (vgl. § 147 Abs. 4 S. 1 StPO).

Mithin wäre die Frage der Überlassung bzw. nicht Überlassung einer Kopie nur unter dem Gesichtspunkt des auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren Geltung beanspruchenden Rechts auf ein faires Verfahren in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 b MRK zu beurteilen (vgl. BGH, NStZ 2014, 347).

Der Grundsatz des fairen Verfahrens ist insbesondere dann tangiert, wenn dem Betroffenen die Möglichkeit zu effizienter Verteidigung nicht gewährt oder gar genommen wird. Eine effiziente Verteidigung beinhaltet ein Teilhaberecht des Betroffenen an der Sachaufklärung.

Das fair-trial-Prinzip verfolgt indes keinen Selbstzweck. Ein Betroffener kann hieraus nicht ableiten, dass die Gerichte jedwedem Begehren der Verteidigung, mag es auch aus seiner Sicht sinnvoll erscheinen, nachzukommen haben.

Geht es dem Betroffenen – wie hier – darum, durch Einsicht in digitale Dateien unter Hinzuziehung von sachkundigen Personen den Nachweis der Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Fehlverhaltens zu führen, ist der Grundsatz des fairen Verfahrens nur dann tangiert, wenn es möglich erscheint, dass er durch die begehrte Einsicht dieses Ziel überhaupt erreichen kann (Vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 04.04.2016 – 3 Ss OWi 1444/15 -, juris).

Dies ist hier aber auszuschließen, da sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte für etwaige Messfehler ergeben haben. Das amtlich zugelassene Messgerät, das im Tatzeitpunkt geeicht war, ist unter Beachtung der Bedienungsanleitung des Zulassungsinhabers durch einen geschulten Messbeamten verwendet worden. Es haben sich auch sonst keine von außen ergebenden Hinweise auf etwaige Messfehler gezeigt. Es ist daher davon auszugehen, dass ein Sachverständiger im Falle der Überprüfung der Messdatei zu keinem anderen Ergebnis gelangen würde.

Die Verweigerung der Herausgabe der Rohmessdaten stellt nach Auffassung des Gerichts auch entgegen der von der Verteidigung vorgebrachten Ansicht des OLG Celle keinen Verstoß gegen das rechtliche Gehör dar.

Die bloße Nichtüberlassung der Rohmessdaten, die sich nicht bei den Akten, sondern – wie hier – bei der Verwaltungsbehörde befinden, beeinträchtigen den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht, denn durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs soll nur garantiert werden, dass einer Entscheidung nur Tatsachen zu Grunde gelegt werden, zu denen der Betroffene Stellung nehmen konnte; ein Anspruch auf Aktenerweiterung vermittelt Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz dagegen nicht (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 05.09.2016 – 3 Ss OWi 1050/16 -, juris).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll verhindern, dass das Gericht ihm bekannte, dem Betroffenen aber verschlossene Sachverhalte zu dessen Nachteil verwertet. Der Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG ist hingegen nicht berührt, wenn es um die Frage geht, ob das Gericht sich und den Prozessbeteiligten Kenntnis von Sachverhalten, die es selbst nicht kennt, erst zu verschaffen hat, weil es nicht Sinn und Zweck der Gewährleistung rechtlichen Gehörs ist, dem Beschuldigten Zugang zu dem Gericht nicht bekannten Tatsachen zu erzwingen (vgl. BVerfGE 63, 45).

Unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs ist nur das maßgeblich, was für das Urteil oder das Verfahren Bedeutung erlangt hat. Was darüber hinaus für die Sachentscheidung Bedeutung erlangen könnte, ist dagegen zunächst nur für die Frage der Aufklärungspflicht von Interesse (vgl, BGHSt 30, 131).

Da vorliegend keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung ersichtlich waren, geht das Gericht von ordnungsgemäßer Messung im standardisierten Messverfahren aus.

Die von der gemessenen Geschwindigkeit abzuziehende Messtoleranz von 3 km/h bei Messwerten unter 100 km/h ergibt sich aus der Eichordnung (EO 18-11).

Der Betroffene hat sich damit einer fahrlässig begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h gemäß §§ 24 StVG, 3 Abs. 3, 49 Abs. 3 Ziffer 4 StVO schuldig gemacht.

Der Betroffene hat zumindest fahrlässig gehandelt, da er die Geschwindigkeitsüberschreitung vorhersehen konnte und durch angepasste Fahrweise hätte vermeiden können. Es sind keine Gründe ersichtlich, die es dem Betroffenen verboten hätten, seine Geschwindigkeit auf 50 km/h zu verringern.

Hinsichtlich der Ahndung des Verstoßes ist das Gericht von Ziffer 11.3.4 BKat ausgegangen. Hiernach ist bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 23 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften im Regelfall ein Bußgeld von 80 € zu verhängen.

Anhaltspunkte, die vorliegend ein Abweichen von dieser Regelsatzhöhe rechtfertigen würden, waren nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 465 StPO.

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