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PoliScan Speed – Geschwindigkeitsmessung – Temperaturmessung

AG Miesbach, Az.: 11 OWi 51 Js 10592/15, Urteil vom 30.06.2015

1. Der Betroffene xxx ist schuldig einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h.

2. Er wird daher zu einer Geldbuße von 70,– € verurteilt.

3. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewendete Vorschriften: §§ 41Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG, 46 OWiG, 465 StPO.

Gründe

I.

Der Betroffene fuhr am 17.01.2015 um 17:22 Uhr in xxx als Führer des Pkw, amtliches Kennzeichen xxx, mit einer Geschwindigkeit von 91 Stundenkilometer (nach Toleranzabzug).

An dieser Stelle war die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 der StVO auf 70 Stundenkilometer begrenzt.

Der Betroffene hätte die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mindestens 21 Stundenkilometer bemerken können und müssen, wenn er die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt hätte.

II.

Die Messung erfolgte durch die digitale Geschwindigkeitsmessanlage PoliScan Speed, Gerätenummer PS-641123, Software-Version 3.2.4., also im standardisierten Messverfahren.

Das Gerät war bis Ende 2015 geeicht. Die erforderlichen Funktionstests sind durchgeführt worden. Hinweise auf Störungen, Fehlmessungen oder irgendwelche Unregelmäßigkeiten im Verlauf der Messung ergaben sich nicht. Bei der Auswertung wurde eine Messtoleranz von 3 km/h berücksichtigt.

Vor der Messstelle in Fahrtrichtung des Betroffenen war eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Stundenkilometer angeordnet, wobei sich die Beschilderung in einer Entfernung von ca. 172 Metern zur Messstelle befand.

III.

Der Sachverhalt steht nach Durchführung der Hauptverhandlung zur Überzeugung des Gerichts fest.

Der Betroffenen hat die Fahrereigenschaft über seinen Verteidiger schriftsätzlich eingeräumt.

Die Entfernung der Beschilderung zur Messstelle steht fest aufgrund der Aussage des Zeugen sowie des im Termin vom 30.06.2015 mündlich erstatteten Gutachtens des Sachverständigen xxx.

Die Umstände der Messung stehen zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der uneingeschränkt glaubwürdigen Angaben des Zeugen und der in das Verfahren eingeführten Urkunden und Lichtbilder fest.

Der Zeuge konnte die Umstände der Messung sicher und sachkundig darlegen. Er ist bei der Autobahnpolizei xxx ständig in der technischen Verkehrsüberwachung tätig und hat entsprechende Schulungen durch Vorlage der Schulungsnachweise betreffend das Gerät und die verwendete Softwareversion, welche in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurden, urkundlich nachgewiesen.

Die Anlage wurde gemäß Gebrauchsanweisung aufgebaut und betrieben

Durch Beiziehung des Originalfahrerfotos, das dem Verteidiger vor dem Termin zur Fortsetzung der Hauptverhandlung überlassen und im Termin in Augenschein genommen wurde, wurde die Authentizität und Ordnungsmäßigkeit der Messung nachgewiesen. Auf diese Lichtbilder (Bl. 169, 170) wird ausdrücklich Bezug genommen.

Auf dem Originallichtbild ist auch die lt. PTB erforderliche 0,5 m- Hilfslinie (“Visualisierungslinie“) erkennbar.

Weitere Ermittlungen zur Authentizität des Fahrerlichtbildes und zum Vorhandensein der Hilfslinie, insbesondere durch Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens waren nicht erforderlich. Der Sachverhalt ist durch Inaugenscheinnahme dieses Lichtbildes ausreichend aufgeklärt.

Der Auswerterahmen ist auf den Fahrerlichtbildern, insoweit wird auch auf das drucktechnisch bessere Lichtbild Bl. 13 der Akte ausdrücklich verwiesen, gemäß der Gebrauchsanweisung ordnungsgemäß und gerichtsverwertbar abgebildet: Es befindet sich im Auswerterahmen das Kennzeichen und mindestens 1 Reifen; die Untergrenze des Auswerterahmens befindet sich erkennbar vor/unter den Vorderreifen; es ist kein weiteres Fahrzeug im Auswerterahmen erfasst, sodass auch eine zweifelsfreie Zuordnung möglich ist. Dies alles ist durch Inaugenscheinnahme der Lichtbilder ausreichend nachgewiesen. Eine Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens auch zu diesen Themen war daher zur Aufklärung nicht erforderlich.

Nachdem das Fahrzeug ordnungsgemäß erfasst ist, ergibt sich auch kein Hinweis auf eine Schrägfahrt des Fahrzeugs, sodass ein insoweit beantragtes technisches Gutachten zur Aufklärung nicht erforderlich ist, da es auf ins Blaue hinein behauptete Tatsachen gestützt wird.

An der sorgfältigen Durchführung der Messung laut Messprotokoll bestehen keine Zweifel. Insbesondere wurde durch das mündliche Gutachten des Sachverständigen Thalhammer die Messung der Fahrbahnbreiten laut Messprotokoll des Zeugen im erforderlichen Rahmen bestätigt.

Soweit eine Messung der Temperatur als fehlend moniert wird seitens der Verteidigung, veranlasst dies ebenso nicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens, da die Temperaturmessung weder durch die Gebrauchsanweisung noch die PTB vorgesehen ist.

Durch Vorlage des Eichscheins wurde die Eichung bis 2015 nachgewiesen.

Die Messanlage hat während des gesamten Vorgangs ausweislich der Angaben des Zeugen und des Messprotokolls ohne Unregelmäßigkeiten gearbeitet. Es liegen keinerlei Hinweise auf Messfehler vor. Die Messung wurde im Rahmen der standardisierten Vorgaben durchgeführt. Es handelt sich um ein standardisiertes Messverfahren.

Infolgedessen waren die weiteren Beweisanträge zur Herausgabe der Einzelfalldateien ebenso wie zur Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens abzulehnen.

Das OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.12.2014, 2 Ss-OWi 1041/14 führt zum standardisierten Messverfahren und der PTB- Zulassung als antizipiertem Sachverständigengutachten wie folgt aus:

„Ist ein Messgerät von der PTB zugelassen und ist das Messgerät im Rahmen der Zulassungsvorgaben verwendet worden, ist das Tatgericht grds. von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweisen des Messgeräts, enthoben. Die Zulassung durch die PTB ersetzt diese Prüfung. … Ist die Messung im Rahmen der Zulassung erfolgt, -…-, kann das Gericht grds. von der Richtigkeit der Messung ausgehen. …

Nur wenn im Einzelfall konkrete Tatsachen dem Gericht gegenüber vorgetragen werden, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit des zur Verhandlung stehenden konkreten Messergebnisses aufkommen lassen, kann das Tatgericht sich veranlasst sehen, diese Zweifel durch die Bestellung eines Sachverständigen nach §§ 73 ff. StPO zu verifizieren, der dann die konkrete Messung zu überprüfen hat. …

Liegt die mögliche Fehlerquelle bei der Messung in dem konkret durchgeführten Messvorgang, weil Tatsachen vorgetragen sind, die z.B. einen falschen Messaufbau der außerhalb der in der Zulassung vorgegeben Toleranzen liegt (Messaufbaufehler durch den Messbeamten), oder eine (zwischen den Eichterminen) konkret dargelegte technische Störung im konkreten Messgerät aufzeigen, ist die PTB Zulassung in der Regel nicht betroffen. Es liegt kein standardisiertes Messverfahren mehr vor. In diesen Fällen greift die sachverständige Wirkung der Zulassung durch die PTB nicht und die Messung, die gleichwohl richtig sein kann, kann, wenn Zweifel bestehen, durch einen Sachverständigen überprüft werden.

Soll der mögliche Fehler hingegen…, in der Messtechnik, der Messsoftware oder der Auswertesoftware strukturell angelegt sein und damit eine Vielzahl von Messvorgängen an unterschiedlichen Orten und Zeiten betreffen, steht diesem Vortrag grds. die Zulassung durch die PTB als antizipiertes Sachverständigengutachten entgegen.

Zunächst muss der die Zweifel begründende Vortrag ergeben, dass ein Phänomen vorliegt, das bei der Zulassung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden ist, bevor beim Gericht Zweifel an der Richtigkeit der Messung aufkommen müssen.“

Das OLG Karlsruhe, Beschl. v. 24.10.2014 – 2 (7) SsBs 454/14, führt ergänzend aus:

 „Im Hinblick auf die Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt steht der Verwertbarkeit eines … ermittelten Messergebnisses nicht entgegen, dass ein Sachverständiger mangels Zugangs zu patent- und urheberrechtlich geschützten Herstellerinformationen die genaue Funktionsweise des Geräts anhand hierfür relevanter Daten der Messwertermittlung nicht im Einzelnen nachvollziehen kann.“

Das Amtsgericht schließt sich diesen Ausführungen vollumfänglich an.

Die von der Verteidigung bereits im laufenden Verfahren gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs ist damit nicht verbunden.

Es würde nämlich einen Zirkelschluss darstellen, wenn einerseits die gerichtliche Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens bei einer im standardisierten Verfahren durchgeführten Messung abzulehnen ist, wie dies der ständigen Rechtsprechung zum standardisierten Messverfahren entspricht, andererseits über die Herausgabe der Einzelfalldateien an den Betroffenen/Verteidiger privat erstellte Gutachten auch in Fällen des standardisierten Messverfahrens in das Verfahren eingeführt werden könnten und damit verwertet werden müßten.

Zur Gewährung des rechtlichen Gehörs ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass dem Betroffenen/Verteidiger auf Antrag die Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die die Überprüfung dahingehend ermöglichen, ob die Messung tatsächlich im standardisierten Verfahren d.h. nach den Zulassungsvorgaben durchgeführt wurde, sprich Messprotokoll, Eichschein, Stammkarte, Gebrauchsanweisung, PTB- Zulassung, Schulungsnachweise u.ä.. Diese Unterlagen wurden vorliegend der Verteidigung umfassend zur Verfügung gestellt.

Der Zeuge gibt weiters an, dass es zum Zeitpunkt der Messung lediglich leicht schneite und dass sich in dem Bereich der Messstelle eine Gastwirtschaft befand.

IV.

Durch sein Verhalten hat der Betroffene gegen §§ 41Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG verstoßen und sich einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der fahrlässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 21 Stundenkilometern schuldig gemacht.

V.

Bei der Ahndung wurde von folgenden Erwägungen ausgegangen:

Der Verkehrszentralregisterauszug vom 02.04.2015 enthält keine Voreintragungen.

Nach dem Bußgeldkatalog Ziffer 11.3.4, ist für den begangenen Verkehrsverstoß eine Regelgeldbuße von 70,00 Euro vorgesehen. Die Regelahndungen sind Zumessungsrichtlinien, an die das Gericht grundsätzlich gebunden ist. Nach § 1 Abs. 2 BKatV liegt den Regelahndungen ein erstmalige und fahrlässige Begehung bei gewöhnlichen Tatumständen zugrunde. Im Einzelfall ist in objektiver und subjektiver Hinsicht zu prüfen, ob eine Abweichung von der Regelahndung geboten ist. Ein Abweichen von dieser Regelahndung war vorliegend im Hinblick auf die durchschnittliche Tatbegehung nicht veranlasst.

Insbesondere bedingt die Tatsache, dass die Messung ca. 170 m hinter der geschwindigkeitsbeschränkenden Beschilderung durchgeführt wurde, keine Abweichung vom Regelfall. Im Bereich der Messstelle befand sich, auch für den Betroffenen erkennbar, eine Gaststätte, die erhöhten Einfahr- und Abbiegeverkehr bedingt und dadurch eine besondere Gefahrenstelle darstellt. Im übrigen bewirkt das Abweichen von den Verkehrsüberwachungsrichtlinien weder die Unverwertbarkeit der Messung noch, ohne Hinzutreten weiterer Umstände, eine Reduzierung der Ahndung.

VI.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus dem Gesetz, § 465 I StPO i.V.m. § 46 I OWiG.

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