Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Temposünder scheitert vor OLG Köln: Hohe Hürden für Rechtsbeschwerde bei geringen Bußgeldern
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Rechtsbeschwerde“ im Zusammenhang mit Bußgeldbescheiden und wann ist sie möglich?
- Welche Rolle spielt die Höhe des Bußgeldes bei der Möglichkeit, eine Rechtsbeschwerde einzulegen?
- Unter welchen Voraussetzungen wird eine Rechtsbeschwerde bei geringen Bußgeldern vom Oberlandesgericht zugelassen?
- Was bedeutet „rechtliches Gehör“ und warum ist es in Bußgeldverfahren so wichtig?
- Welche typischen Fehlerquellen gibt es bei Geschwindigkeitsmessungen und wie können diese angefochten werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 1 ORbs 3/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Köln
- Datum: 25.01.2024
- Aktenzeichen: 1 ORbs 3/24
- Verfahrensart: Verfahren zur Zulassung der Rechtsbeschwerde in einer Ordnungswidrigkeitssache
- Rechtsbereiche: Ordnungswidrigkeitenrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Betroffene, gegen den eine Geldbuße wegen Geschwindigkeitsüberschreitung festgesetzt wurde und der die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Gegen den Betroffenen wurde wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße von 115 Euro festgesetzt. Gegen dieses Urteil beantragte er die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtsbeschwerde in Ordnungswidrigkeitenverfahren mit geringer Geldbuße (unter 250 Euro) zugelassen werden muss, insbesondere bei Rügen der Verletzung rechtlichen Gehörs oder Verfahrensmängeln bei der Messung.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht hat den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.
- Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht erfüllt waren. Weder war eine Zulassung zur Rechtsfortbildung oder Sicherung einheitlicher Rechtsprechung erforderlich, noch wurde eine Versagung rechtlichen Gehörs formgerecht gerügt. Die vom Betroffenen vorgebrachten Mängel bei der Geschwindigkeitsmessung wurden als unzureichend begründet angesehen, um eine Zulassung zu rechtfertigen.
- Folgen: Das ursprüngliche Urteil mit der festgesetzten Geldbuße wurde rechtskräftig. Der Betroffene muss die Kosten des Verfahrens zur Zulassung der Rechtsbeschwerde tragen.
Der Fall vor Gericht
Temposünder scheitert vor OLG Köln: Hohe Hürden für Rechtsbeschwerde bei geringen Bußgeldern
Ein Autofahrer, der wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 115 Euro verurteilt wurde, ist mit seinem Versuch gescheitert, dieses Urteil durch das Oberlandesgericht (OLG) Köln überprüfen zu lassen. Das OLG Köln wies mit Beschluss vom 25. Januar 2024 (Az.: 1 ORbs 3/24) den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde zurück. Die Entscheidung verdeutlicht, unter welchen engen Voraussetzungen eine Rechtsbeschwerde in Bußgeldsachen mit geringfügigen Sanktionen überhaupt eine Chance auf Zulassung hat, selbst wenn der Betroffene Verfahrensfehler und eine Verletzung seines Rechts auf Rechtliches Gehör geltend macht.
Der Fall: Geschwindigkeitsverstoß und der Weg zum Oberlandesgericht

Ein Autofahrer, im Folgenden Herr M. genannt, wurde vom zuständigen Amtsgericht wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb einer geschlossenen Ortschaft um 21 km/h zu einer Geldbuße von 115 Euro verurteilt. Mit diesem Urteil wollte sich Herr M. nicht abfinden und beantragte die Zulassung der Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht Köln.
Zur Begründung seines Antrags führte Herr M. an, dass sein Recht auf rechtliches Gehör (ein Grundrecht, das sicherstellt, dass jeder Betroffene sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern und Beweisanträge stellen kann, bevor ein Gericht entscheidet) verletzt worden sei. Zudem rügte er eine Verletzung des sachlichen Rechts, also Fehler bei der Anwendung der Gesetze durch das Amtsgericht, insbesondere im Hinblick auf die Würdigung der Ergebnisse der Geschwindigkeitsmessung.
Ein wichtiger Punkt in diesem Verfahren war die Höhe der Geldbuße. Das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) regelt in § 79 Absatz 1 Satz 1, dass eine Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil in einer Bußgeldsache ohne Weiteres zulässig ist, wenn eine Geldbuße von mehr als 250 Euro festgesetzt wurde. Da die Geldbuße gegen Herrn M. mit 115 Euro deutlich unter diesem Schwellenwert lag, war seine Rechtsbeschwerde nicht automatisch statthaft. Stattdessen bedurfte es einer gesonderten Zulassung durch das Oberlandesgericht gemäß § 79 Absatz 1 Satz 2 OWiG. Das OLG Köln musste also nicht über die eigentliche Geschwindigkeitsmessung, sondern zunächst darüber entscheiden, ob es die Rechtsbeschwerde überhaupt zur inhaltlichen Prüfung zulässt.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde
Das OLG Köln legte seiner Entscheidung die strengen Maßstäbe des § 80 Absatz 1 OWiG zugrunde. Diese Vorschrift nennt die Gründe, wann eine Rechtsbeschwerde in Fällen mit geringeren Geldbußen (wie hier unter 250 Euro) zugelassen werden kann:
- Zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG): Eine Zulassung kommt in Betracht, wenn der Fall Rechtsfragen aufwirft, die bisher nicht oder nicht ausreichend geklärt sind und deren Beantwortung für eine Vielzahl von Fällen Bedeutung hat (Fortbildung des Rechts). Ebenso kann eine Zulassung erfolgen, wenn verschiedene Oberlandesgerichte eine Rechtsfrage unterschiedlich beurteilen und eine Klärung zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung notwendig ist.
- Wegen Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG): Die Rechtsbeschwerde kann zugelassen werden, wenn das angefochtene Urteil auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beruht und deshalb aufgehoben werden muss.
Das Gericht betonte, dass diese Zulassungsgründe nicht dazu dienen, jede möglicherweise fehlerhafte Entscheidung eines Amtsgerichts zu korrigieren. Vielmehr soll den Oberlandesgerichten die Möglichkeit gegeben werden, im allgemeinen Interesse zur Rechtsentwicklung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen. Die Korrektur vermeintlicher Einzelfehler ist damit nicht das primäre Ziel des Zulassungsverfahrens.
Die Argumente des Autofahrers und ihre Bewertung durch das OLG Köln
Herr M. stützte seinen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde im Wesentlichen auf eine angebliche Verletzung seines rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme zur Geschwindigkeitsmessung. Das OLG Köln prüfte diese Rügen detailliert, kam aber zu dem Ergebnis, dass sie eine Zulassung nicht rechtfertigten.
Die Rüge bezüglich des Messbeginns und die Anforderungen an eine Aufklärungsrüge
Der Verteidiger von Herrn M. hatte in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht beantragt, ein Sachverständigengutachten zur Geschwindigkeitsmessung einzuholen. Er argumentierte, dass die Messdaten Unstimmigkeiten aufwiesen: Der Messbeginn sei laut den Daten in einer Entfernung von 50 Metern erfolgt, die erste Erfassung des Fahrzeugs von Herrn M. sei jedoch bereits bei einer Entfernung von 42,32 Metern dokumentiert. Nach Auffassung der Verteidigung hätte die erste Erfassung des Fahrzeugs logischerweise vor dem offiziellen Messbeginn stattfinden müssen, nicht danach.
Das Amtsgericht hatte diesen Beweisantrag abgelehnt, da es ihn gemäß § 77 Absatz 2 Nummer 1 OWiG als zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ansah. Das OLG Köln stufte die Beanstandung dieser Ablehnung als eine sogenannte Aufklärungsrüge ein. Mit einer Aufklärungsrüge macht ein Betroffener geltend, dass das Gericht seiner Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts nicht nachgekommen ist. Eine solche Rüge muss, um erfolgreich zu sein, bestimmte formale Anforderungen erfüllen, die in § 344 Absatz 2 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) – die hier entsprechend gilt – festgelegt sind. Der Betroffene muss unter anderem:
- Den genauen Inhalt des Beweisantrags darlegen.
- Die Begründung, mit der das Gericht den Antrag abgelehnt hat, wiedergeben.
- Bestimmt behaupten, welches für ihn günstige Ergebnis die beantragte Beweiserhebung voraussichtlich erbracht hätte.
- Darlegen, warum das Gericht sich durch den Antrag zur Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen oder eine solche zumindest hätte nahelegen müssen.
Das OLG Köln stellte fest, dass die Rüge von Herrn M. diesen Anforderungen nicht genügte. Zwar sei die Begründung des Amtsgerichts für die Ablehnung des Beweisantrags – nämlich die Annahme, die zugrundeliegende XML-Datei der Messung werde permanent überschrieben und sei daher unerheblich – sachlich unzutreffend gewesen. Die vom Verteidiger vorgelegte XML-Datei bezog sich, so das OLG unter Verweis auf andere Gerichtsentscheidungen, tatsächlich auf die streitgegenständliche Messung.
Entscheidend war jedoch aus Sicht des OLG, dass sich das Amtsgericht auch ohne die sachverständige Begutachtung nicht zu einer weiteren Beweiserhebung gedrängt sehen musste. Die von Herrn M.s Verteidiger selbst vorgelegte XML-Datei zeigte, dass das Messgerät insgesamt 729 Einzelmessungen durchgeführt hatte. Eine solch hohe Anzahl an Messungen, so das OLG unter Berufung auf frühere Entscheidungen (OLG Zweibrücken, zfs 2022, 110) und Fachliteratur, genüge, um daraus einen geeichten und verwertbaren Messwert zu bilden. Die in der Datei genannte Hilfsgröße „positionFirstMeasurement“ (also die 42,32 Meter) kennzeichne lediglich den frühestmöglichen Beginn der Messung, nicht zwingend den Beginn der für die Geschwindigkeitsermittlung relevanten Messstrecke. Warum trotz dieser ausreichenden Anzahl an Einzelmessungen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingend notwendig gewesen wäre, habe Herr M. nicht schlüssig dargelegt. Die Aufklärungsrüge sei daher unzureichend begründet.
Die Beanstandungen zum Messende und zur Fotodistanz
Weiterhin machte Herr M. in seiner Rechtsbeschwerdebegründung geltend, es bestünden Bedenken gegen die Korrektheit der Messung, da das Messfoto bereits bei einer Entfernung von 21,41 Metern zum Fahrzeug gefertigt worden sei, die Messung selbst aber erst bei einer Entfernung von 20 Metern beendet worden sein solle.
Das OLG Köln wies auch diese Beanstandung zurück. Ein entscheidender Unterschied zur Rüge bezüglich des Messbeginns war, dass diese Einwände zum Messende und zur Fotodistanz nicht mittels eines förmlichen Beweisantrags in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht vorgebracht worden waren. Daher konnte das OLG diese Rüge nur am Maßstab der allgemeinen gerichtlichen Aufklärungspflicht prüfen, also der Pflicht des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.
Das Gericht ließ offen, ob die Rüge bereits daran scheiterte, dass Herr M. nicht versucht hatte, sich auch zu diesen Punkten durch einen Beweisantrag Gehör zu verschaffen. Ausschlaggebend war vielmehr, dass es auch hier an der für eine erfolgreiche Aufklärungsrüge erforderlichen bestimmten Behauptung eines dem Betroffenen günstigen Beweisergebnisses fehlte. Herr M. hatte zwar behauptet, die Messung sei unverwertbar oder es hätte ihm höchstens eine Geschwindigkeit von 50 km/h vorgeworfen werden können, falls sein Beweisantrag zum Messbeginn nicht abgelehnt worden wäre.
Zu den weiteren Einwendungen hinsichtlich des Messendes und der Fotodistanz hieß es in der Rechtsbeschwerdebegründung jedoch nur, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn es diese Einwendungen beachtet und „gegebenenfalls“ eine sachverständige Begutachtung angeordnet hätte. Diese vage Formulierung („nicht ausgeschlossen“, „gegebenenfalls“) genügte nach Ansicht des OLG nicht den strengen Anforderungen an eine bestimmte Behauptung eines konkreten, für Herrn M. vorteilhaften Ergebnisses, das sich bei weiterer Aufklärung ergeben hätte.
Keine Gründe für Fortbildung des Rechts oder Sicherung einheitlicher Rechtsprechung
Schließlich prüfte das OLG Köln, ob die Zulassung der Rechtsbeschwerde aus den Gründen des § 80 Absatz 1 Nummer 1 OWiG – also zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung – geboten war. Hierzu stellte das Gericht fest, dass Herr M. selbst keine Argumente vorgetragen hatte, die eine solche Zulassung rechtfertigen könnten. Auch sonst sah das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass der Fall grundsätzliche Rechtsfragen aufwarf oder zur Klärung widersprüchlicher Gerichtsentscheidungen beitragen könnte.
Die abschließende Entscheidung des Oberlandesgerichts
Da nach eingehender Prüfung keiner der gesetzlichen Zulassungsgründe des § 80 Absatz 1 OWiG vorlag – weder war eine schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs ausreichend dargelegt noch war die Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich – verwarf das OLG Köln den Antrag von Herrn M. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet.
Als rechtliche Konsequenz dieser Verwerfung gilt die Rechtsbeschwerde von Herrn M. gemäß § 80 Absatz 4 Satz 4 OWiG als zurückgenommen. Das Urteil des Amtsgerichts, das ihn zu einer Geldbuße von 115 Euro verurteilt hatte, ist damit rechtskräftig. Die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht muss Herr M. tragen. Diese Kostenentscheidung stützt sich auf § 46 Absatz 1 OWiG in Verbindung mit § 473 Absatz 1 der Strafprozessordnung.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des OLG Köln verdeutlicht, dass bei Bußgeldern unter 250 Euro die Hürden für eine Rechtsbeschwerde extrem hoch sind und bloße Zweifel an einer Geschwindigkeitsmessung nicht ausreichen. Eine Rechtsbeschwerde muss sehr präzise begründet werden, wobei der Antragsteller konkret darlegen muss, welches für ihn günstige Ergebnis die gewünschte Beweiserhebung erbracht hätte. Die Entscheidung hat praktische Bedeutung für Verkehrsteilnehmer, da sie zeigt, dass bei geringen Bußgeldern in der Regel keine zweite Überprüfungsinstanz zur Verfügung steht und technische Einwände gegen Messverfahren äußerst sorgfältig und detailliert begründet werden müssen.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Rechtsbeschwerde“ im Zusammenhang mit Bußgeldbescheiden und wann ist sie möglich?
Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erhalten haben und dagegen Einspruch eingelegt haben, wird Ihr Fall oft vor dem Amtsgericht verhandelt. Das Amtsgericht trifft dann eine Entscheidung, ein sogenanntes Urteil. Wenn Sie mit diesem Urteil des Amtsgerichts nicht einverstanden sind, ist die Rechtsbeschwerde ein mögliches Rechtsmittel. Sie ist quasi der nächste Schritt nach dem Urteil des Amtsgerichts, um dieses überprüfen zu lassen.
Die Rechtsbeschwerde richtet sich nicht gegen den ursprünglichen Bußgeldbescheid, sondern gegen das Urteil des Amtsgerichts. Sie ist ein Rechtsmittel, das in erster Linie dazu dient, Rechtsfehler des Amtsgerichts überprüfen zu lassen, nicht unbedingt neue Tatsachen vorzubringen. Die Überprüfung erfolgt durch ein höheres Gericht, das Oberlandesgericht (OLG).
Wann eine Rechtsbeschwerde überhaupt eingelegt werden kann, hängt von bestimmten Voraussetzungen ab:
- Automatische Zulässigkeit bei höheren Bußgeldern: In vielen Fällen ist die Rechtsbeschwerde automatisch zulässig, wenn die vom Amtsgericht festgesetzte Geldbuße (das ist der Betrag, den Sie zahlen sollen) einen bestimmten Betrag übersteigt. Aktuell liegt dieser Betrag in der Regel bei mehr als 250 Euro. Das bedeutet, dass Sie bei einem Bußgeld über 250 Euro nach einem für Sie ungünstigen Urteil des Amtsgerichts grundsätzlich Rechtsbeschwerde einlegen können, ohne dass dies extra genehmigt werden muss.
- Zulassung durch das OLG bei geringeren Bußgeldern: Liegt die festgesetzte Geldbuße unter 250 Euro oder geht es um andere Entscheidungen, ist die Rechtsbeschwerde oft nicht automatisch zulässig. In diesen Fällen muss das Oberlandesgericht (OLG) die Rechtsbeschwerde zulassen. Das OLG lässt die Rechtsbeschwerde in der Regel nur zu, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. Das ist der Fall, wenn eine wichtige Rechtsfrage geklärt werden muss, die auch für viele andere ähnliche Fälle von Bedeutung sein könnte, oder wenn die Entscheidung des Amtsgerichts grobe Rechtsfehler enthält. Wenn das OLG die Zulassung ablehnt, ist das Urteil des Amtsgerichts endgültig.
Die Rechtsbeschwerde ist somit ein spezielles Rechtsmittel gegen das Urteil des Amtsgerichts in Bußgeldsachen, das nur unter bestimmten, gesetzlich festgelegten Voraussetzungen möglich ist. Die wichtigsten Kriterien sind dabei oft die Höhe des Bußgeldes oder die Notwendigkeit, eine grundlegende Rechtsfrage zu klären.
Welche Rolle spielt die Höhe des Bußgeldes bei der Möglichkeit, eine Rechtsbeschwerde einzulegen?
Die Höhe des Bußgeldes spielt eine sehr wichtige Rolle dabei, ob Sie nach einem Gerichtsurteil in Bußgeldsachen eine Rechtsbeschwerde einlegen können. Sie ist oft entscheidend dafür, ob das Gericht, das über die Rechtsbeschwerde entscheiden würde (das Oberlandesgericht), den Fall überhaupt prüfen muss oder darf.
Der Schwellenwert von 250 Euro
Generell gilt im deutschen Recht, dass bei Bußgeldern bis zu einer bestimmten Grenze die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde eingeschränkt ist. Dieser Schwellenwert liegt aktuell bei 250 Euro.
- Bei Bußgeldern von mehr als 250 Euro: Übersteigt das Bußgeld im Urteil die Grenze von 250 Euro, ist die Rechtsbeschwerde in der Regel automatisch zulässig (statthaft). Das bedeutet, das höhere Gericht muss Ihren Fall in Bezug auf Rechtsfehler prüfen, wenn Sie fristgerecht Rechtsbeschwerde einlegen.
- Bei Bußgeldern von 250 Euro oder weniger: Liegt das Bußgeld bei genau 250 Euro oder darunter, ist die Rechtsbeschwerde nicht automatisch zulässig. Sie benötigen in diesem Fall eine besondere Zulassung durch das Gericht.
Wann ist eine Rechtsbeschwerde unter 250 Euro möglich?
Auch wenn das Bußgeld 250 Euro oder weniger beträgt, kann eine Rechtsbeschwerde unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Dies geschieht zum Beispiel, wenn der Fall von grundsätzlicher Bedeutung ist (wenn es um eine Frage geht, die viele ähnliche Fälle betrifft und noch nicht von Gerichten geklärt wurde) oder wenn das Urteil des Amtsgerichts schwerwiegende Rechtsfehler aufweist. Die Hürde für eine solche Zulassung ist jedoch höher als bei Bußgeldern über 250 Euro.
Für Sie als Betroffener bedeutet dies, dass die Höhe des gegen Sie verhängten Bußgeldes maßgeblich darüber entscheidet, ob der Weg zum Oberlandesgericht über die einfache Einlegung einer Rechtsbeschwerde offen steht oder ob zusätzliche, schwierigere Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Unter welchen Voraussetzungen wird eine Rechtsbeschwerde bei geringen Bußgeldern vom Oberlandesgericht zugelassen?
Wenn Sie einen Bußgeldbescheid erhalten und der Betrag des Bußgeldes relativ gering ist – bei Verkehrsordnungswidrigkeiten liegt diese Grenze oft bei unter 250 Euro –, ist eine Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) nicht automatisch möglich. Das Gesetz sieht hier besondere Hürden vor. Der Grund dafür ist, dass die Oberlandesgerichte sich auf Fälle konzentrieren sollen, die über den Einzelfall hinaus eine Bedeutung haben und nicht durch eine Vielzahl von geringfügigen Angelegenheiten überlastet werden sollen.
Das bedeutet, dass das Oberlandesgericht Ihre Rechtsbeschwerde nur dann prüft, wenn es sie zuvor ausdrücklich zulässt. Eine Zulassung kommt nur in bestimmten, gesetzlich festgelegten Ausnahmefällen in Betracht.
Wann lässt das OLG eine Rechtsbeschwerde zu?
Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ist insbesondere aus zwei Hauptgründen möglich, die sich auf die Klärung grundsätzlicher Fragen beziehen und nicht primär auf die Korrektur eines individuellen Fehlers in Ihrem Fall:
- Zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung: Das klingt juristisch, bedeutet aber einfach, dass es um eine grundsätzliche Rechtsfrage geht, die bisher noch nicht klar entschieden wurde oder die von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt wird. Stellen Sie sich vor, es gibt eine neue Messmethode für Geschwindigkeiten, und es ist rechtlich unklar, ob und wie die Messergebnisse vor Gericht verwendet werden dürfen. Wenn Ihre Bußgeldsache genau diese unklare Frage aufwirft, könnte das OLG die Rechtsbeschwerde zulassen, um diese Rechtsfrage für alle künftigen Fälle zu klären. Es geht also darum, dass eine Entscheidung in Ihrem Fall dabei hilft, das Recht klarer zu machen oder sicherzustellen, dass alle Gerichte dasselbe Recht auf die gleiche Weise anwenden. Es geht hier nicht darum, einen Fehler bei der Messung in Ihrem speziellen Fall zu korrigieren, sondern um die Klärung der rechtlichen Regeln für solche Messungen allgemein.
- Wenn Ihnen das rechtliche Gehör versagt wurde: Dieses Kriterium liegt vor, wenn das Gericht im Verfahren vor dem Bußgeldbescheid einen gravierenden Fehler gemacht hat, der verhindert hat, dass Sie Ihre Rechte angemessen wahrnehmen konnten. Das klassische Beispiel ist, dass Sie nicht die Möglichkeit hatten, sich zu den Vorwürfen zu äußern oder wichtige Beweismittel, die Sie vorgelegt haben, vom Gericht nicht beachtet oder berücksichtigt wurden. Es muss sich um einen so schwerwiegenden Fehler handeln, dass Ihr grundlegendes Recht, im Verfahren gehört zu werden und sich zu verteidigen, verletzt wurde. Auch hier muss der Fehler von solchem Gewicht sein, dass er die Grundlage des Verfahrens betrifft, nicht nur eine kleinere Unannehmlichkeit.
Was bedeutet das für Ihren Fall?
Für Sie bedeutet das: Bei geringen Bußgeldern reicht es nicht aus, dem OLG zu erklären, dass Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind oder dass Ihrer Meinung nach ein Fehler bei der Beweisführung oder der rechtlichen Beurteilung Ihres konkreten Einzelfalls passiert ist. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde hängt davon ab, ob Ihre Sache eine der oben genannten, über den Einzelfall hinausgehenden Fragen aufwirft, die vom Oberlandesgericht geklärt werden müssen. Die Prüfung konzentriert sich also auf die grundsätzliche Bedeutung oder einen schwerwiegenden Verfahrensfehler.
Was bedeutet „rechtliches Gehör“ und warum ist es in Bußgeldverfahren so wichtig?
Das rechtliche Gehör ist ein fundamentaler Grundsatz in jedem gerichtlichen und behördlichen Verfahren in Deutschland. Es ist ein grundlegendes Verfahrensrecht, das sicherstellen soll, dass jeder, der von einer Entscheidung betroffen ist, die Möglichkeit hat, sich vorher zu den Vorwürfen oder dem Sachverhalt zu äußern und seine Sichtweise darzulegen.
Was das „rechtliche Gehör“ beinhaltet
Im Kern bedeutet das rechtliche Gehör, dass Sie von der zuständigen Stelle (z.B. Gericht oder Behörde) über die Sie betreffenden Vorwürfe oder wesentlichen Sachverhaltsinformationen informiert werden müssen. Stellen Sie sich das wie ein faires Gespräch vor: Bevor jemand eine Entscheidung trifft, die Sie betrifft, müssen Sie wissen, worum es geht, und die Möglichkeit haben, dazu Stellung zu nehmen.
Dazu gehört typischerweise:
- Die Möglichkeit, die gegen Sie erhobenen Vorwürfe und deren Grundlage zu erfahren.
- Die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen schriftlich oder mündlich zu äußern.
- Die Möglichkeit, relevanten Tatsachen und Beweismittel vorzubringen oder deren Erhebung zu beantragen.
All dies muss geschehen, bevor die Behörde oder das Gericht ihre endgültige Entscheidung trifft.
Bedeutung im Bußgeldverfahren
Auch im Bußgeldverfahren, beispielsweise bei Verkehrsverstößen, spielt das rechtliche Gehör eine entscheidende Rolle. Wenn Ihnen ein Verstoß vorgeworfen wird, erhalten Sie in der Regel zunächst einen Anhörungsbogen oder direkt einen Bußgeldbescheid.
Diese Mitteilungen dienen dazu, Ihnen die Gelegenheit zu geben, von dem Vorwurf Kenntnis zu erlangen und sich dazu zu äußern. Sie können Ihre Sicht der Dinge schildern, Fehler in der Messung oder Beweisführung aufzeigen oder entlastende Umstände darlegen.
Dieses Recht ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Behörde ihre Entscheidung (z.B. über die Höhe des Bußgeldes oder ein Fahrverbot) nicht auf einer möglicherweise unvollständigen oder fehlerhaften Grundlage trifft. Ihr rechtliches Gehör ermöglicht es Ihnen, aktiv zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen und so zu einer gerechten Entscheidung beizutragen, bevor diese bindend wird. Es stellt sicher, dass das Verfahren fair abläuft und Ihre Perspektive gehört wird.
Welche typischen Fehlerquellen gibt es bei Geschwindigkeitsmessungen und wie können diese angefochten werden?
Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr gelten grundsätzlich als zuverlässig, da die eingesetzten Geräte amtlich zugelassen und regelmäßig geprüft werden. Dennoch sind auch bei diesen Messungen Fehler nicht ausgeschlossen. Für Sie als Autofahrer ist es hilfreich zu wissen, dass es verschiedene potentielle Fehlerquellen gibt, die das Messergebnis beeinflussen könnten.
Mögliche Fehlerquellen bei der Messung
Typische Probleme können sowohl technischer Natur sein als auch mit der Anwendung des Geräts zusammenhängen:
- Technische Fehler: Dies kann an der Kalibrierung des Messgeräts liegen, wenn diese nicht korrekt oder nicht rechtzeitig erfolgte. Auch Wartungsmängel oder Defekte am Gerät selbst sind denkbar, auch wenn moderne Geräte sehr robust sind. Manche Gerätetypen haben auch spezifische Schwachstellen, etwa bei bestimmten Verkehrs- oder Lichtverhältnissen.
- Bedienungsfehler: Der Mensch, der das Gerät bedient, kann Fehler machen. Dazu gehören zum Beispiel ein falscher Aufbau des Geräts, ein fehlerhaftes Anvisieren des Fahrzeugs (zum Beispiel ein falscher Winkel bei Radar oder Laser) oder eine Verwechslung von Fahrzeugen bei dichtem Verkehr. Auch das Nicht-Einhalten des vorgeschriebenen Messprotokolls durch den Bediener ist eine mögliche Fehlerquelle.
- Umgebungsfaktoren: Bestimmte äußere Bedingungen können die Messung stören. Dazu zählen zum Beispiel starker Regen oder Nebel, Reflexionen auf nasser Fahrbahn oder durch Lärmschutzwände, oder auch dichter Verkehr, der es erschwert, das richtige Fahrzeug eindeutig zuzuordnen.
Anfechtung eines Bußgeldbescheids
Wenn Sie einen Bußgeldbescheid wegen überhöhter Geschwindigkeit erhalten, der Ihrer Meinung nach fehlerhaft ist, haben Sie die Möglichkeit, diesen anzufechten. Dies geschieht durch das Einlegen eines Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid innerhalb einer bestimmten Frist.
Durch den Einspruch wird Ihr Fall erneut geprüft. Dabei kann unter anderem das Messergebnis und die Messmethode hinterfragt werden. Sie können argumentieren, dass aufgrund einer der genannten Fehlerquellen die gemessene Geschwindigkeit nicht korrekt sein kann.
Allerdings sollten Sie wissen, dass die Hürden für eine erfolgreiche Anfechtung oft hoch sind. Die Behörden und Gerichte gehen bei standardisierten Messverfahren und amtlich zugelassenen, regelmäßig gewarteten Geräten zunächst von der Richtigkeit der Messung aus. Um dies zu widerlegen, sind oft konkrete Anhaltspunkte für einen Fehler erforderlich. Dies kann beispielsweise die Überprüfung der Eichscheine des Geräts, der Messprotokolle, der Fotos oder Videos der Messung oder auch die Heranziehung eines technischen Sachverständigen umfassen, der die Messung und das Gerät analysiert.
Der standardmäßig vorgenommene Toleranzabzug (meist 3 km/h bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h und 3 Prozent bei höheren Geschwindigkeiten) berücksichtigt bereits eine allgemeine, unvermeidbare Messunsicherheit. Dieser Abzug allein ist in der Regel kein Hinweis auf einen konkreten, anfechtbaren Fehler.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Fehler bei Geschwindigkeitsmessungen sind möglich, und man kann einen Bußgeldbescheid grundsätzlich anfechten. Eine erfolgreiche Anfechtung setzt aber meist den Nachweis eines konkreten Fehlers voraus, was im Einzelfall komplex sein kann.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Rechtsbeschwerde
Die Rechtsbeschwerde ist ein spezielles Rechtsmittel, mit dem man gegen ein Urteil in Bußgeldsachen vorgehen kann. Sie dient vor allem dazu, Rechtsfehler bei der Entscheidung eines Amtsgerichts zu überprüfen, nicht dazu, neue Tatsachen oder Beweise vorzubringen. Bei Bußgeldsachen über 250 Euro ist die Rechtsbeschwerde in der Regel automatisch zulässig, bei geringeren Bußgeldern bedarf es hingegen meist einer besonderen Zulassung durch das Oberlandesgericht (§ 79 OWiG). Im vorliegenden Fall war die Rechtsbeschwerde trotz Fehlerhinweisen wegen der niedrigen Geldbuße von 115 Euro nicht automatisch zulässig und wurde vom OLG Köln abgelehnt.
Zulassung der Rechtsbeschwerde
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde bedeutet, dass ein Oberlandesgericht (OLG) entscheidet, ob eine gegen ein Amtsgerichtsurteil gerichtete Rechtsbeschwerde überhaupt geprüft wird. Dies ist insbesondere bei geringen Bußgeldern (unter 250 Euro) notwendig (§ 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG). Das OLG lässt die Rechtsbeschwerde nur in Ausnahmefällen zu, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (z. B. Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) oder wenn es im Verfahren zu schweren Verfahrensfehlern kam (z. B. Verletzung des rechtlichen Gehörs). Damit soll der Verwaltungsaufwand begrenzt und eine Überlastung der Gerichte verhindert werden.
Beispiel: Wenn jemand eine geringe Geldbuße wegen zu schnellen Fahrens erhält, kann er nicht ohne weiteres vom OLG verlangen, seinen Fall erneut zu prüfen. Das OLG prüft erst, ob besondere Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde vorliegen.
Rechtliches Gehör
Das rechtliche Gehör ist ein Grundrecht, das jedem Verfahrensbeteiligten gewährleistet, vor einer gerichtlichen Entscheidung angehört zu werden. Es verpflichtet Gerichte und Behörden, Betroffene über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren und ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Vorbringen von Beweismitteln zu geben (§ 103 Abs. 1 Grundgesetz i.V.m. Verfahrensgesetzen). Im Bußgeldverfahren bedeutet das etwa, dass der Täter den Bußgeldbescheid erhalten und sich dazu äußern kann, bevor das Gericht ein Urteil fällt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann zur Aufhebung eines Urteils führen und ist ein zentraler Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
Beispiel: Wurde einem Autofahrer die Möglichkeit verweigert, Zeugen zu benennen oder einen Sachverständigen zu beauftragen, liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.
Aufklärungsrüge
Eine Aufklärungsrüge ist eine formale Beanstandung, mit der eine Verfahrensbeteiligte geltend macht, dass das Gericht seine Pflicht zur vollständigen Sachaufklärung verletzt hat. Dabei wird gerügt, dass wichtige Beweismittel nicht erhoben oder übergangen wurden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Damit eine Aufklärungsrüge Erfolg hat, muss der Betroffene konkret darlegen, welcher Beweisantrag gestellt wurde, warum das Gericht ihn ablehnte, welches günstige Ergebnis die Beweiserhebung voraussichtlich gebracht hätte und weshalb das Gericht hätte handeln müssen. Im vorliegenden Fall wurde die Aufklärungsrüge des Verkehrssünders vom OLG Köln als unzureichend begründet angesehen, weshalb die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wurde.
Beispiel: Ein Autofahrer fordert die Begutachtung eines Messgeräts durch einen Sachverständigen, das Gericht lehnt ab; damit er seine Rüge erfolgreich vorbringt, muss er präzise erläutern, welche Ergebnisse das Gutachten bringen würde und warum das Gericht zur Beweiserhebung verpflichtet war.
Gerichtliche Aufklärungspflicht
Die gerichtliche Aufklärungspflicht verpflichtet das Gericht, den Sachverhalt von Amts wegen vollständig und objektiv zu ermitteln (§ 244 Abs. 2 StPO analog im OWiG-Verfahren). Das bedeutet, dass das Gericht alle wesentlichen Tatsachen ermitteln muss, um eine gerechte Entscheidung treffen zu können, auch ohne dass die Beteiligten jeden einzelnen Beweis vortragen. Im Bußgeldverfahren muss das Gericht also alle relevanten Umstände zur Verkehrsordnungswidrigkeit aufklären. Kommt das Gericht dieser Pflicht nicht nach, kann dies eine Verfahrensrüge begründen. Im beschriebenen Fall wurde das OLG gefragt, ob das Amtsgericht trotz fehlender förmlicher Beweisanträge seiner Aufklärungspflicht ausreichend nachgekommen ist, was es bejahte.
Beispiel: Das Gericht muss von sich aus klären, ob das Messgerät ordnungsgemäß geeicht war, auch wenn die Verteidigung das nicht ausdrücklich beantragt hat.
Toleranzabzug
Der Toleranzabzug ist ein festgelegter abgezogener Wert von der gemessenen Geschwindigkeit, um Messungenauigkeiten und unvermeidbare Fehlerquellen bei Geschwindigkeitsmessungen auszugleichen. Üblich sind z. B. 3 km/h bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h oder 3 Prozent bei höheren Geschwindigkeiten. Dieser Abzug wird von den Behörden und Gerichten automatisch vorgenommen, um die Messgenauigkeit zu berücksichtigen und kleine Abweichungen nicht zu sanktionieren. Ein einfacher Toleranzabzug allein ist meist kein Grund, ein Messergebnis anzufechten; konkrete Hinweise auf Messfehler sind nötig, um die Messung in Frage zu stellen.
Beispiel: Wird eine Geschwindigkeit mit 131 km/h gemessen, zieht die Behörde 3 % (ca. 4 km/h) als Toleranz ab und bewertet die Verletzung ab etwa 127 km/h als relevant.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) § 79 Absatz 1 Satz 1 und 2: Dieser Paragraph regelt die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde bei Bußgeldverfahren und setzt für die automatische Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde einen Schwellenwert von 250 Euro. Liegt die Geldbuße darunter, bedarf es einer Zulassung durch das Oberlandesgericht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Geldbuße von 115 Euro liegt unter dem Schwellenwert, weshalb Herr M. die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragen musste, was das OLG Köln ablehnte.
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) § 80 Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 2: Diese Vorschrift definiert die engen Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde bei geringfügigen Geldbußen, nämlich die Fortbildung des Rechts, Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung oder schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Köln sah keinen hinreichenden Grund für eine Zulassung nach diesen Kriterien, da keine Rechtsfortbildung notwendig war und die behauptete Gehörsverletzung nicht ausreichend dargelegt wurde.
- Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG): Dieses Grundrecht sichert jedem Beteiligten das Recht, vor einer gerichtlichen Entscheidung gehört zu werden, also sich zu Tatsachen und Beweisen äußern zu können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr M. machte geltend, sein rechtliches Gehör sei durch die Ablehnung eines Beweisantrags verletzt worden, was das OLG Köln jedoch nicht als ausreichend für eine Rechtsbeschwerde-Zulassung ansah.
- Strafprozessordnung (StPO) § 344 Absatz 2 Satz 2 (entsprechend anwendbar): Diese Norm setzt bei Aufklärungsrügen strenge Anforderungen, insbesondere die Pflicht zur genauen Darlegung des Sachverhalts, des Beweisantrags und der voraussichtlichen günstigen Wirkung des Nachweises. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Aufklärungsrüge von Herrn M. erfüllte diese Begründungserfordernisse nicht, da kein konkretes, günstiges Ergebnis der Beweiserhebung glaubhaft gemacht wurde, was zur Ablehnung beitrug.
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) § 77 Absatz 2 Nummer 1: Regelt, dass Beweisanträge abgelehnt werden können, wenn sie für die Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich erscheinen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Amtsgericht lehnte den Sachverständigenbeweis ab, da die vorhandenen Messergebnisse als ausreichend angesehen wurden; das OLG bestätigte diese Einschätzung.
- Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) § 80 Absatz 4 Satz 4 sowie § 46 Absatz 1 OWiG in Verbindung mit Strafprozessordnung (StPO) § 473 Absatz 1: Diese Regelungen bestimmen, dass eine zurückgewiesene Rechtsbeschwerde als zurückgenommen gilt und regeln die Kostentragungspflicht bei erfolglosem Verfahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Auf Grund der Ablehnung wurde die Beschwerde von Herrn M. als zurückgenommen gewertet, wodurch das Urteil rechtskräftig wurde und er die Kosten zu tragen hat.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Köln – Az.: 1 ORbs 3/24 – Beschluss vom 25.01.2024
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