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Personenbeförderung ohne Genehmigung

AG München, Az.: 1117 OWi 254 Js 225568/15, Beschluss vom 31.03.2016

1. Gegen die Betroffene Karen Sammis W. wird wegen vorsätzlicher Personenbeförderung ohne Genehmigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Nichtanzeige des Beginns eines Gewerbes eine Geldbuße in Höhe von 2.750,00 EUR verhängt.

2. Gegen den Betroffenen Axel Ma. wird wegen vorsätzlicher Personenbeförderung ohne Genehmigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Nichtanzeige des Beginns eines Gewerbes eine Geldbuße in Höhe von 2.750,00 EUR verhängt.

3. Gegen die Betroffene Firma U. B.V. wird wegen vorsätzlicher Personenbeförderung ohne Genehmigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Nichtanzeige des Beginns eines Gewerbes eine Geldbuße in Höhe von 12.800,00 EUR verhängt.

4. Die Betroffenen haben die Kosten des Verfahrens einschließlich ihrer notwendigen Auslagen zu tragen.

Angewendete Vorschriften:

Hinsichtlich aller Betroffener: §§ 61 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4, 46, 47 PBefG, 146 Abs. 2 Nr. 2b), 14 Abs. 1 S. 1 GewO, 14 Abs. 1, 17, 19 OWiG.

Hinsichtlich der Betroffenen U. B.V. zusätzlich: § 30 Abs. 1 und 2 OWiG.

Gründe

Sowohl sämtliche Betroffene als auch die Staatsanwaltschaft München I haben einer Entscheidung im Beschlusswege im Sinne des § 72 OWiG zugestimmt bzw. nicht widersprochen.

I.

Die Betroffene U. B.V. ist ein Unternehmen mit Sitz in A.. Sie ist eine eingetragene niederländische Besloten Vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (BV) und eine deutsche Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Jeweils allein vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer dieser B.V. sind u.a. die Betroffenen Karen Sammis W. und Axel Ma. Das Unternehmen U. B.V. bot im gesamten Jahr 2014 über eine Smartphone Application Software (sog. „Mobile-App“) namens „U. POP“ u.a. die Möglichkeit, Fahrzeuge privater Dritter zum Zwecke entgeltlicher Beförderung zu bestellen. Wurde so von einem Nutzer der Mobile-App eine Fahrt über „U. POP“ angefragt und das gewünschte Fahrziel eingegeben, wurde der voraussichtliche Fahrpreis angezeigt. Bestätigte der Nutzer sodann die Fahrtbestellung, erhielt er eine Mitteilung über das Fahrzeug, den Fahrer, den Anfahrtsweg und die voraussichtliche Anfahrtszeit, soweit auch der Fahrer die Fahrt annahm. Nach Beendigung der Fahrt wurden dem Nutzer die gefahrenen Kilometer, die Fahrtzeit und die Aufschlüsselung des Fahrpreises in einer Rechnungsmail von U. mitgeteilt. Als Fahrer für U. wurden dabei nur solche Privatfahrer aufgenommen, die ein Führungszeugnis, eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister, einen Nachweis über eine Haftpflichtversicherung sowie eine gültige Fahrerlaubnis vorlegten. Nach dieser sog. Sicherheitsprüfung wurde mit dem jeweiligen Fahrer durch einen Mitarbeiter der U. B.V. vor Ort abschließend ein Gespräch geführt, auch ließ sich der entsprechende Mitarbeiter das Fahrzeug zeigen, damit sichergestellt werden konnte, dass es sich um ein solches mit fünf Türen handelte, welches gut in Stand gehalten ist. Nach Beendigung der Fahrt konnte der Nutzer die Fahrt bewerten, wobei schlechte Bewertungen an die Mitarbeiter der U. B.V. vor Ort weitergeleitet wurden, damit diese ggf. hierauf reagieren konnten. Das entsprechende Münchner Büro der U. B.V. befand sich im Jahr 2014 in der L.-U.-Straße … in München Die U.-Privatfahrer erhielten im Jahr 2014 in der Regel Zweidrittel des abgerechneten Fahrpreises, das restliche Drittel des Umsatzes ging an die Firma U. B.V. Die Abrechnung des Fahrpreises erfolgte über die Mobile-App, also die U. B.V., mittels des Zahlungsservices Paypal oder über die von dem Nutzer angegebene Kreditkarte. Wollte der Nutzer die veranschlagte Fahrtgebühr nicht bezahlen, konnte er dieser widersprechen.

In den von U. B.V. nach Beendigung der jeweiligen Fahrt an die Nutzer übersandten Rechnungsmails hieß es dabei es unter anderem:

Personenbeförderung ohne Genehmigung
Symbolfoto: : uatp1/Bigstock

„Betreff: Deine Fahrt mit U. am… sowie „Danke für Dein Vertrauen in U.“. Ferner enthielten die Emails in der Zusammenfassung der Fahrtdetails folgende Angabe: „Auto u.POP“.

Über die Mobile-App „U. Pop“ wurden im Zeitraum vom 07.07.2014 bis zum 20.08.2014 folgende elf, durch Mitarbeiter der Taxi M. e.G. initiierte (Test-)Fahrten durch Fahrer der Firma U. B.V. durchgeführt:

1. Am 07.07.2014 nahm der Fahrer Herr Benjamin Sch. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt von der Garmischer Straße …, … München, in die Lindwurmstraße …, … München, insgesamt ca. 4,23 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 9,75 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

2. Am 24.07.2014 (Uhrzeit: 11:23 bis 11:31) nahm der Fahrer Herr Robert B. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt vom Oskar-Maria-Graf-Ring … , … München, zum Pfanzeltplatz …, … München, insgesamt ca. 2,7 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 4,86 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

3. Am 24.07.2014 nahm der Fahrer Herr Peter G. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt von der Implerstraße …, … München, in die Karolingerallee …, … München, insgesamt ca. 4,0 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 7,88 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

4. Am 06.08.2014 nahm die Fahrerin Frau Annemie E. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Sie beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt von der Zentralländstraße …, … München, in die Dreimühlenstraße …, … München, insgesamt ca. 2,9 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 5,78 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete sie das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen…-… …

5. Am 06.08.2014 nahm der Fahrer Herr Argim A. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt von der Dreimühlenstraße …, … München, in die Conwentzstraße …, … München, insgesamt ca. 4,38 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 7,81 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

6. Am 18.08.2014 nahm der Fahrer Herr Andriy L. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt von der Ruppertstraße …, … München, in die Balanstraße …, … München, insgesamt ca. 7,98 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 13,64 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

7. Am 18.08.2014 nahm der Fahrer Herr Dominik W. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt von der Orleansstraße …, … München, in die Implerstraße …, … München, insgesamt ca. 5,7 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 10,59 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

8. Am 20.08.2014 nahm der Fahrer Herr Peter G. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt vom Georg-Brauchle-Ring …, … München, in die Lazarettstraße …, … München, insgesamt ca. 3,21 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 6,00 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

9. Am 19.08.2014 nahm der Fahrer Herr Bo. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt von der Reichenbachstraße …, … München, in die Leopoldstraße …, … München, insgesamt ca. 4,44 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 8,94 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

10. Am 20.08.2014 (Uhrzeit: 09:51 bis 10:02) nahm der Fahrer Herr Osman Hakan Ka. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt von der Schwanthalerstraße …, … München, zum Sendlinger-Tor-Platz …, … München, insgesamt ca. 4,10 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 8,17 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

11. Am 20.08.2014 (Uhrzeit: 10:06 bis 10:14) nahm der Fahrer Herr Osman Hakan Ka. einen Auftrag zur Personenbeförderung von der Online-Plattform „U. Pop“ entgegen. Er beförderte daraufhin auftragsgemäß Personen gegen Entgelt vom Sendlinger-Tor-Platz …, … München, in die Implerstraße …, … München, insgesamt ca. 2,84 km. Für die Beförderung wurde ein Entgelt von 5,95 EUR über Kreditkarte abgerechnet. Dabei verwendete er das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …-… …

Die Firma U. B.V. verfügte im o.g. Zeitraum nicht über eine Genehmigung zur entgeltlichen Personenbeförderung im Gelegenheitsverkehr mittels Taxi oder Mietwagen. Auch hatte sie nicht den Beginn eines Gewerbes bei der zuständigen Verwaltungsbehörde, namentlich der Landeshauptstadt München, Kreisverwaltungsreferat, Hauptabteilung I/43, angezeigt.

Mit Schreiben der die Interessen der Firma U. B.V. wahrnehmenden Cor. AG vom 11.06.2014 an die Landeshauptstadt München wurde angesichts eines in München für den 11.06.2014 geplanten sog. „Action Days“ einiger Münchner Taxiunternehmen u.a. auch gegen die Firma U. B.V. als neuen Marktteilnehmer die Unternehmensstrategie der Firma U. B.V. im Hinblick auf die Personenbeförderung bzw. das Taxigewerbe dargelegt und auf deren Vorzüge hingewiesen. In diesem Zusammenhang wies die Landeshauptstadt als Antwort mit Schreiben vom 14.07.2014 ihrerseits die Firma Cor. AG in ihrer Eigenschaft als Interessenvertreterin der Firma U. B.V. darauf hin, dass erhebliche Bedenken bestünden, ob die Vorschriften des PBefG durch die Firma U. B.V. eingehalten werden.

II.

Der unter Ziffer I. dargestellte Sachverhalt steht fest aufgrund der insoweit unstreitigen Aktenlage.

Soweit die Betroffenen einwenden, die Aussagen der jeweiligen Fahrer seien nicht verwertbar, da diese mangels Belehrung unter Verstoß gegen den nemo-tenetur-Grundsatz erlangt worden seien, so kommt es hierauf vorliegend nicht an. Die tatsächliche Durchführung der (Test-)Fahrten ist unstreitig, zudem wird diese auch durch die Angaben der entsprechenden Mitarbeiter der Taxi M. e.G. belegt. Auf den Inhalt der Angaben der jeweiligen Fahrer kommt es hingegen für die Beurteilung der hier maßgeblichen Rechtsfragen im Ergebnis nicht an.

III.

Die Betroffenen waren daher wegen vorsätzlicher Personenbeförderung ohne Genehmigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Nichtanzeige des Beginns eines Gewerbes gem. §§ 61 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4, 46, 47 PBefG, 146 Abs. 2 Nr. 2b), 14 Abs. 1 S. 1 GewO, 14 Abs. 1, 17, 19 OWiG, sowie bei der Betroffenen U. B.V. zusätzlich §§ 30 Abs. 1 und 2 OWiG, zu ahnden.

1. Vorsätzliche Personenbeförderung ohne Genehmigung §§ 61 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 2 Abs. 1 Nr. 4, 46, 47 PBefG

Die Firma U. B.V. verfügte bei den o.g. Fahrten trotz bestehender Genehmigungspflicht als verantwortliche Unternehmerin nicht über eine erforderliche Genehmigung nach dem PBefG.

Bei den o.g. elf Fahrten wurden jeweils Personen mittels Kraftfahrzeugen durch München befördert. Dies geschah auch entgeltlich, wobei der errechnete Fahrpreis unmittelbar nach der Fahrt von der Firma U. B.V. über die von den Fahrgästen jeweils angegebene Kreditkarte abgebucht wurde. Dieser wirtschaftliche Vorteil resultierte auch unmittelbar aus der erfolgten Beförderungsleistung. Für die Frage der Entgeltlichkeit ohne Bedeutung ist, dass der Fahrgast grundsätzlich der Zahlung bzw. Höhe des Fahrpreises widersprechen konnte. Ausreichend ist bereits, wenn der Unternehmer die Beförderung in der konkreten Erwartung einer Gegenleistung durchführt, wenn und soweit diese Erwartung, wie hier durch Berechnung des voraussichtlichen Fahrpreises, dem Fahrgast gegenüber deutlich wird, vgl. auch Bidinger, PBefG, § 1 Rn. 143 sowie VG Aachen, Urteil vom 09.07.2007, Az.: 2 K 4309/04.

a) Betroffene U. B.V. als „Beförderer“ iSv. § 1 PBefG und „Unternehmerin“ iSd. § 3 PBefG

Die Firma U. B.V. ist vorliegend hinsichtlich der durchgeführten Fahrten auch als „Beförderer“ iSv. § 1 PBefG und „Unternehmerin“ iSd. § 3 PBefG anzusehen. Genehmigungspflichtiger Unternehmer nach dem PBefG ist, wer die Beförderung eigenverantwortlich, mithin im eigenen Namen, unter eigener Verantwortung und für eigene Rechnung durchführt. Dies ist vorliegend aus folgenden Gründen der Fall:

Zunächst tritt die Firma U. B.V. gegenüber den Nutzern der Mobile-App „U. Pop“ als Vertragspartnerin auf, so dass aus Sicht dieser Nutzer eine Geschäftsbeziehung allein mit der Firma U. B.V. und gerade nicht mit dem jeweiligen Fahrer des bestellten Fahrzeugs entsteht. Dafür sprechen neben dem Internetauftritt der Firma U. B.V., insbesondere auch die dem Fahrgast übersandten Rechnungsmails. Darin heißt es unter anderem „Betreff: Deine Fahrt mit U. am …“ sowie „Danke für Dein Vertrauen in U., …“ Ferner enthielten die Emails in der Zusammenfassung der Fahrtdetails die Angabe „Auto u.POP“. Hier kann für den Fahrgast nur der Eindruck entstehen, dass die Firma U. B.V. die Fahrt im eigenen Namen und in eigener Verantwortung organisiert und zur Verfügung stellt. Der jeweilige Fahrer oder das jeweilige Fahrzeug werden hierbei gerade nicht benannt oder in Bezug genommen. Lediglich am Ende der Mail wird im Rahmen einer – ebenfalls offensichtlich über die Firma U. B.V. gesteuerten – Bewertungsmöglichkeit der Vorname des Fahrers sowie ein Profilbild desselben angegeben. Auch die Bestellmodalitäten im Einzelnen lassen allein den Schluss auf die Unternehmereigenschaft der U. B.V. zu. Dem Fahrgast stehen hinsichtlich Person des Fahrers sowie beförderndes Fahrzeug gerade keinerlei Auswahlmöglichkeiten zu. Der Fahrgast kann lediglich über die Mobile-App „U. Pop“ eine konkrete Fahrstrecke sowie ggf. die gewünschte Fahrzeit anfragen. Die Mobile-App zeigt ihm sodann lediglich den voraussichtlichen Fahrpreis an. Erst wenn der Fahrgast sodann die Fahrtbestellung (verbindlich) bestätigt, erhält er eine Mitteilung über das Fahrzeug, den Fahrer, den Anfahrtsweg und die voraussichtliche Anfahrtszeit, soweit auch der jeweilige Fahrer die Fahrt annimmt. Nach Beendigung der Fahrt werden dem Nutzer die gefahrenen Kilometer, die Fahrtzeit und die Aufschlüsselung des Fahrpreises in einer Rechnungsmail der Firma U. B.V. mitgeteilt. Es wäre gänzlich lebensfremd bei einem derartigen Geschäftsmodell allein von einer Beförderung durch die jeweiligen Fahrer auszugehen, zumal hinzukommt, dass als eben jene Fahrer für U. nur solche Privatfahrer aufgenommen werden, die ein Führungszeugnis, eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister, einen Nachweis über eine Haftpflichtversicherung sowie eine gültige Fahrerlaubnis vorlegen. Nach dieser sog. Sicherheitsprüfung wird mit dem jeweiligen Fahrer durch einen Mitarbeiter der U. B.V. vor Ort abschließend ein Gespräch geführt, auch lässt sich der entsprechende Mitarbeiter das Fahrzeug zeigen, damit sichergestellt werden kann, dass es sich um ein solches mit fünf Türen handelt, welches gut in Stand gehalten ist. Nach Beendigung der Fahrt kann der Nutzer die Fahrt bewerten, wobei schlechte Bewertungen an die Mitarbeiter der U. B.V. vor Ort weitergeleitet wurden, damit diese ggf. hierauf reagieren können. Auch diese Kontrolle der Fahrer spricht eindeutig für die Unternehmereigenschaft der Firma U. B.V. und gerade gegen eine eigenständige Beförderung allein durch die jeweiligen Fahrer. Schließlich erhielt die Firma U. B.V. für ihre Tätigkeit bei jeder Fahrt auch eine finanzielle Beteiligung von etwa einem Drittel des Umsatzes, wobei die Abrechnung des gesamten Fahrpreises ebenfalls bargeldlos von der Firma U. B.V. und gerade nicht direkt zwischen Fahrgast und Fahrer erfolgte. Schließlich legt die Firma U. B.V. nicht nur den jeweiligen Fahrpreis, sondern auch die Person des Fahrers für die betreffenden Fahrten fest, so dass es auch insoweit an der Unabhängigkeit der Fahrer fehlt. Aufgrund sämtlicher genannter Umstände betrieb die Firma U. B.V. bei den o.g. Fahrten, auch wenn sie versuchte, diesen Eindruck zu erwecken, keine bloße Vermittlungsplattform für eigenständige Beförderungsfahrten von Privatfahrern, sondern vielmehr ein eigenständiges Beförderungsunternehmen im Sinne des PBefG, wobei sich entsprechender Privatfahrer zur Durchführung der von ihr angebotenen Beförderungen bediente.

b) Keine verfassungswidrige Auslegung des Begriffs des „Beförderers“

Soweit die Betroffenen einwenden, eine Auslegung des PBefG dahingehend, dass es sich bei der Firma U. B.V. nicht um eine bloße Vermittlerin, sondern einen Beförderer iSd. PBefG handele, verstoße gegen Verfassungsrecht, da es einem nicht gerechtfertigten faktischen Berufsverbot für die Firma U. B.V. gleichkomme, so greift dieser Einwand hier nicht durch.

Die Firma U. B.V. ist entgegen ihrer Auffassung eben nicht als bloßer Vermittler zu qualifizieren, welcher gerade nicht von Anwendungsbereich des PBefG erfasst wird, sondern als Unternehmen, welches tatsächlich Personenbeförderungen iSd. PBefG durchführt und dadurch eben auch in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt. Maßgeblich ist insoweit nicht das Selbstverständnis eines Unternehmens bzw. seiner Gründer, sondern die tatsächlichen Gegebenheiten bzw. die tatsächliche Umsetzung eines Geschäftsmodells. Die Firma U. B.V. tritt als Unternehmerin auf und bietet Beförderungsleistungen im Geltungsbereich des PBefG an und ist damit auch an die Vorgaben dieses Gesetzes gebunden, wie dies bei jedem anderen Beförderer auch der Fall ist, da sie gerade nicht, wie dies bei sog. Mitfahrzentralen der Fall ist, den Beruf des bloßen Vermittlers gewählt hat.

c) Kein Verstoß gegen europäisches Recht

Hinsichtlich der Frage, ob das PBefG und damit der gegenständliche Bußgeldbescheid gegen die Dienstleistungs- und/oder Niederlassungsfreiheit verstoße, wird zunächst vollumfänglich Bezug genommen auf die Ausführungen des LG Frankfurt in seinem Urteil vom 18.03.2015, Az. 3-08 O 136/14, denen sich das Gericht anschließt. Dieses führt in seinen Gründen zutreffend aus, dass etwaige Eingriffe in die Dienstleistungs- und/oder Niederlassungsfreiheit durch die Anwendung des PBefG jedenfalls in nicht diskriminierender Weise erfolgen, da die Regelungen des PBefG für alle Akteure am Markt gleichermaßen gelten und sich auch nicht gezielt gegen Wettbewerber aus anderen Mitgliedsstaaten richten. Eine Beschränkung der genannten Freiheiten wäre darüber hinaus durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt, da die Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme und eines gerechten Steueraufkommens existentiell für das Allgemeinwohl seien. Auch Schutz und Sicherheit der zu befördernden Fahrgäste stellen einen Rechtfertigungsgrund dar. Insbesondere der etwaige Einsatz nicht versicherter Fahrzeuge rechtfertigt die Anwendung des PBefG.

Hieran vermag auch der Einwand der Betroffenen, die Europäische Kommission habe ein Pilotverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet, nichts zu ändern. Die Einleitung des Pilotverfahrens dient der Sachverhaltsermittlung und Anhörung und legt nicht bereits verbindlich fest, dass und aus welchen Gründen Europarecht verletzt wurde. Das Gericht geht aus den o.g. Gründen davon aus, dass gerade kein Verstoß gegen Europarecht vorliegt.

d) Vorsatz und Verantwortlichkeit der Betroffenen

Die Betroffenen W. und Ma. handelten vorliegend im o.g. Zeitraum jedenfalls mit bedingtem Vorsatz. Selbst wenn sich die Verantwortlichen der Firma U. B.V. im hier maßgeblichen Zeitraum vom 07.07.2014 bis zum 20.08.2014 in einem Verbotsirrtum befunden haben sollte, so war dieser jedenfalls vermeidbar. Im Juli 2014 war bereits vielfach kontrovers diskutiert worden, ob die Tätigkeit der Firma U. B.V. als bloße Vermittlertätigkeit genehmigungsfrei ist oder ob die Firma U. B.V. als Beförderer iSd. PBefG einer Genehmigung für Ihre Tätigkeit in München bedarf. Bereits mit Schreiben der die Interessen der Firma U. B.V. wahrnehmenden Co. AG vom 11.06.2014 an die Landeshauptstadt München wurde angesichts eines in München für den 11.06.2014 geplanten sog. „Action Days“ einiger Münchner Taxiunternehmen u.a. auch gegen die Firma U. B.V. als neuen Marktteilnehmer die Unternehmensstrategie der Firma U. B.V. im Hinblick auf die Personenbeförderung bzw. das Taxigewerbe dargelegt und auf deren Vorzüge hingewiesen. Bereits in diesem Zusammenhang wies die Landeshauptstadt als Antwort mit Schreiben vom 14.07.2014 (Bl. 434/438 der Akte) darauf hin, dass erhebliche Bedenken bestünden, ob die Vorschriften des PBefG durch die Firma U. B.V. eingehalten werden. Wenig später ergingen diverse Urteile unterschiedlicher deutscher Gerichte in dieser Causa. Der Firma U. B.V. und ihren Geschäftsführern mussten sich die entsprechenden Probleme mit dem PBefG mithin bereits im Juli 2014 ganz offensichtlich aufdrängen, ein etwaiges Vertrauen in eine vorangegangene rechtliche Auskunft wäre jedenfalls nachhaltig erschüttert gewesen. Es liegen hier jedoch auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Firma U. B.V. auf eine vorangegangene, zuverlässige, anderslautende anwaltliche oder sonstige rechtliche Beratung verlassen hätte und dies auch tatsächlich durfte. Die Firma U. B.V. und ihre Geschäftsführer hätten daher nicht ohne weitere Prüfung den Geschäftsbetrieb unverändert fortsetzen dürfen. Verstöße gegen das PBefG wurden mithin jedenfalls vorhergesehen und billigend in Kauf genommen.

Die Betroffenen W. und Ma. waren als Geschäftsführer der Firma U. B.V. verantwortlich für die Einhaltung der Vorschriften des PBefG.

2. Nichtanzeige des Beginns eines Gewerbes gem. § 14 Abs. 1 S. 1 GewO

Da die Firma U. B.V. aus den o.g. Gründen als Unternehmerin, welche Beförderungsleistungen anbietet, und gerade nicht als bloße Vermittlerin von Beförderungsleistungen einzustufen ist, ist hier auch der Betrieb eines Gewerbes gegeben. Somit traf die Firma U. B.V. auch die gem. § 14 Abs. 1 S. 1 GewO bestehende Anzeigepflicht, welcher die Firma U. B.V., jedenfalls im hier maßgeblichen Tatzeitraum, jedoch unstreitig nicht nachgekommen ist.

Auch greift hier nicht die Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 S. 2 1. Hs GewO, da die vorliegende Tätigkeit gem. Art. 2 Abs. 2 Lit. d der Richtlinie 2006/123/EG als Verkehrsdienstleistung, welche ausweislich Erwägungsgrund 21 der Richtlinie auch den Personennahverkehr und das Taxiwesen erfasst, vom Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen ist und damit § 14 GewO anwendbar bleibt.

IV.

Aufgrund tateinheitlicher Begehungsweise war in Abweichung zu den Bußgeldbescheiden hinsichtlich aller drei Betroffener nur eine einheitliche Geldbuße zu verhängen.

Das Gericht hat dabei unter Zugrundelegung eines Bußgeldrahmens gem. § 61 Abs. 2 PBefG von bis zu 20.000,00 EUR berücksichtigt, dass die betreffende Ordnungswidrigkeit bereits einige Zeit zurückliegt und die Betroffenen nicht vorgeahndet waren. Auch haben die Betroffenen den Sachverhalt grundsätzlich nicht in Abrede gestellt. Umgekehrt ist jedoch auch zu sehen, dass die Taten auf Dauer angelegt und insgesamt betrachtet auf eine erhebliche Gewinnerzielung gerichtet waren.

Die Betroffenen haben sich nicht zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen geäußert, jedoch ist angesichts der erheblichen weltweiten Betätigung der Firma U. B.V. von zumindest durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen. Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte erschien hinsichtlich der Betroffenen W. und Ma. eine Geldbuße von jeweils 2.750,00 EUR und hinsichtlich der Firma U. B.V. eine solche von 12.800,00 EUR für insgesamt tat- und schuldangemessen.

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