VG Gelsenkirchen, Az.: 7 L 2547/15
1. Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.
2. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage des Antragstellers gegen die Entziehungsverfügung des Antragsgegners vom 17. Dezember 2015 wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig, aber unbegründet.
Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit im Ergebnis rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen in der angegriffenen Verfügung (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend ist mit Rücksicht auf das Klage- und Antragsvorbringen Folgendes auszuführen: Maßgebend ist im vorliegenden Fall, dass der Antragsteller am Montag, 19. Oktober 2015 gegen 23 Uhr ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr geführt hat. Der im Blut des Antragstellers nach dem Ergebnis des toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums N. vom 16. November 2015 festgestellte THC-Wert von 14 ng/ml (THC-COOH: 75 ng/ml) übersteigt den zu § 24 a Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz – StVG – durch die Grenzwertkommission festgesetzten Wert von 1 ng/ml bei weitem und rechtfertigt die Annahme eines zeitnahen Konsums mit entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit.
Die Kammer geht davon aus, dass der Antragsteller im zeitlichen Zusammenhang mit der Fahrt Cannabis konsumiert hat und die festgestellten Werte nicht etwa – wie er geltend macht – durch passive Aufnahme aufgrund eines Aufenthalts in Räumen, wo andere Personen Cannabis konsumiert haben, erreicht worden sind.
Bei einer Untersuchung unter üblichen Raumverhältnissen wurde durch passive Cannabisaufnahme eine Konzentration von THC-COOH im Blut von höchstens 2 ng/ml 6 Stunden nach Expositionsbeginn erreicht.
Hierzu und zum Stand der Forschung: Schimmel/Drobnik/ Röhrich/Becker/Zörntlein/Urban, Passive Cannabisexposition unter realistischen Bedingungen – Untersuchungen in einem Coffee- Shop, Blutalkohol 47 (2010), 269 ff., sowie OVG NRW, Beschluss vom 14. November 2014 – 16 B 1202/14 u.a. -, juris, Rn. 4.; Beschluss vom 11. Februar 2015 – 16 B 50/15 – juris Rdnr. 10 ff.
Diese Werte hat der Antragsteller deutlich überschritten.
Unabhängig davon ist das Vorbringen des Antragstellers, Cannabis nicht selbst konsumiert, sondern nur über die Raumluft inhaliert zu haben, unglaubhaft und als Schutzbehauptung zu werten, weil es im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vage und unsubstantiiert geblieben ist. Nähere Einzelheiten schildert der Antragsteller hierzu nicht. Die Behauptung, die Werte könnten durch „bloßes Einatmen“ erreicht werden, trifft nach o.a. Erkenntnissen nicht zu. Im Übrigen hat der Antragsteller nach dem ärztlichen Bericht zur Blutentnahme deutliche Ausfallerscheinungen gezeigt. Ausweislich der Anzeige der Polizei war aus dem Inneren des PKW des Antragstellers bei der Fahrzeugkontrolle und an seiner Kleidung „deutlich der typische Geruch verbrannten Cannabis/Marihuanas“ wahrzunehmen.
Durch das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss hat der Antragsteller bewiesen, dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Februar 2015 – 16 B 8/15 – juris, 1. August 2014 – 16 A 2806/13 -, juris und 21. Mai 2014 – 16 B 436/14 -, juris, jeweils m. w. N.
Der Antragsteller hat auch bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung am 26. April 2014 eingeräumt, in der Vergangenheit anlässlich einer Belastungssituation mehrfach Cannabis konsumiert zu haben. Seine dortige Angabe, er habe sich nachhaltig und längerfristig von einem Drogen konsumierenden Umfeld gelöst, trifft dagegen nicht zu.
Aufgrund des gelegentlichen Cannabiskonsums und des fehlenden Trennungsvermögens ist der Antragsteller nach Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Bei feststehender Ungeeignetheit steht dem Antragsgegner kein Ermessen zu. Angesichts dessen bestehen keine Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung.
Zudem ergibt auch eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache losgelöste Interessenabwägung, dass das Interesse des Antragstellers daran, seine Fahrerlaubnis wenigstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu können, hinter dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Entziehungsverfügung zurückstehen muss. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für den Antragsteller sind vergleichsweise gering. Ihnen steht das öffentliche Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Kraftfahrern gegenüber, das eindeutig überwiegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG -. Der Streitwert eines Klageverfahrens, das die Erteilung einer Fahrerlaubnis betrifft, ist ungeachtet der im Streit stehenden Fahrerlaubnisklassen, nach dem Auffangwert zu bemessen. Dieser ist im vorliegenden Eilverfahren zu halbieren.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2009 – 16 E 550/09 – juris.