Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Führerschein weg, Job weg? Landesarbeitsgericht prüft Kündigung nach vorläufigem Entzug
- Der Fall: Ein LKW-Fahrer zwischen Strafbefehl und Kündigung
- Der Weg durch die Instanzen
- Die zentralen Streitpunkte vor Gericht
- Das Urteil des Landesarbeitsgerichts: Berufung zurückgewiesen
- Warum die Kündigung hielt – und warum nicht ganz
- Corona-Prämie: Anspruch nicht ausreichend dargelegt
- Überstunden: Fehlender Nachweis für Mehrarbeit
- Die Fahrerlaubnis als Dreh- und Angelpunkt für Berufskraftfahrer
- Konsequenzen für Berufskraftfahrer und Arbeitgeber
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Unter welchen Umständen kann der Verlust der Fahrerlaubnis zu einer Kündigung führen?
- Was ist der Unterschied zwischen einer außerordentlichen und einer ordentlichen Kündigung im Zusammenhang mit dem Verlust der Fahrerlaubnis?
- Welche Rolle spielt es, ob der Führerscheinentzug nur vorläufig ist und später aufgehoben wird?
- Welche Pflichten hat der Arbeitnehmer, seinen Arbeitgeber über den Verlust der Fahrerlaubnis zu informieren?
- Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer, dem aufgrund des Verlusts der Fahrerlaubnis gekündigt wurde?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 7 Sa 209/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
- Datum: 12.06.2024
- Aktenzeichen: 7 Sa 209/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsrecht, Vergütungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein seit 2021 als Kraftfahrer tätiger Arbeitnehmer, dem nach einem Strafbefehl vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Er klagte gegen seine Kündigung und forderte zusätzlich eine Corona-Prämie sowie Überstundenvergütung.
- Beklagte: Das Unternehmen, bei dem der Kläger als Kraftfahrer angestellt war. Sie kündigte dem Kläger nach Entzug der Fahrerlaubnis und lehnte die Forderungen nach Prämie und Überstunden ab.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Einem Berufskraftfahrer wurde nach einem angeblichen Verkehrsunfall und Strafbefehl vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen. Sein Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Der Arbeitnehmer klagte dagegen und verlangte zusätzlich die Zahlung einer Corona-Prämie sowie Überstundenvergütung.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage, ob der vorläufige Entzug der Fahrerlaubnis die Kündigung rechtfertigte. Daneben ging es um Ansprüche des Arbeitnehmers auf eine Corona-Prämie und die Vergütung vermeintlicher Überstunden.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Arbeitsgericht entschied in erster Instanz, dass die fristlose Kündigung unwirksam, die ordentliche Kündigung aber wirksam war und wies die Zahlungsklagen ab. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte damit die erstinstanzliche Entscheidung vollständig.
- Begründung: Die fristlose Kündigung war unverhältnismäßig, da der Kläger kurzfristig hätte weiterbeschäftigt werden können. Die ordentliche Kündigung war wegen der fehlenden Fahrerlaubnis für die Tätigkeit und mangels alternativer Einsatzmöglichkeiten wirksam. Die Ansprüche auf Prämie und Überstunden scheiterten an der unzureichenden Darlegung durch den Kläger.
- Folgen: Das Arbeitsverhältnis endete wirksam durch die ordentliche Kündigung. Die finanziellen Forderungen des Arbeitnehmers auf Corona-Prämie und Überstunden wurden vom Gericht abgewiesen.
Der Fall vor Gericht
Führerschein weg, Job weg? Landesarbeitsgericht prüft Kündigung nach vorläufigem Entzug
Ein Berufskraftfahrer verliert vorläufig seine Fahrerlaubnis – ein Albtraum für jeden, der sein Geld hinter dem Steuer verdient. Doch rechtfertigt dieser Umstand, auch wenn die Fahrerlaubnis später wiedererteilt wird, eine sofortige Kündigung durch den Arbeitgeber? Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 7 Sa 209/23 vom 12.06.2024) die Grenzen ausgelotet und dabei wichtige Aspekte des Kündigungsrechts beleuchtet. Im Kern ging es um die Frage, ob der zwischenzeitlich aufgehobene, vorläufige Entzug der Fahrerlaubnis eine außerordentliche oder zumindest eine ordentliche Kündigung stützt.
Der Fall: Ein LKW-Fahrer zwischen Strafbefehl und Kündigung

Der Kläger, ein 1970 geborener Mann, war seit Anfang 2021 als Kraftfahrer bei einem größeren Unternehmen beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, die dem Arbeitgeber die Zuweisung einer anderen, gleichwertigen Arbeitsaufgabe vorbehielt, sowie eine Ausschlussfrist. Eine solche Frist bedeutet, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (z.B. Lohn, Überstunden) innerhalb einer bestimmten Zeit geltend gemacht werden müssen, sonst verfallen sie.
Im Januar 2021 soll der Kläger mit einem LKW seines Arbeitgebers auf der Autobahn A6 ein anderes Fahrzeug touchiert und sich anschließend unerlaubt vom Unfallort entfernt haben. Dies ist eine Straftat nach § 142 Strafgesetzbuch (StGB). Infolgedessen erging im Oktober 2022 ein Strafbefehl gegen ihn. Ein Strafbefehl ist eine Art schriftliches Urteil in einfacheren Strafsachen, das ohne mündliche Hauptverhandlung ergehen kann. Dieser Strafbefehl verhängte eine Geldstrafe und, was für das Arbeitsverhältnis entscheidend wurde, entzog ihm die Fahrerlaubnis, zog den Führerschein ein und setzte eine Sperrfrist für die Neuerteilung von sieben Monaten fest.
Gleichzeitig erging ein gerichtlicher Beschluss nach § 111a der Strafprozessordnung (StPO), der die Fahrerlaubnis bereits vorläufig entzog. In diesem Beschluss wurde festgestellt, dass dringende Gründe für die Annahme bestünden, dem Kläger werde die Fahrerlaubnis endgültig entzogen. Der Kläger informierte seinen Arbeitgeber Anfang November 2022 über den Strafbefehl und teilte wenige Tage später mit, dass er ab sofort kein Fahrzeug mehr führen dürfe.
Die Reaktion des Arbeitgebers folgte prompt: eine außerordentliche, fristlose Kündigung, hilfsweise eine ordentliche, fristgerechte Kündigung. Der Kläger legte gegen den Strafbefehl Einspruch ein. Tatsächlich hob das Amtsgericht Saarbrücken bereits im Dezember 2022 den Beschluss über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wieder auf. Der Kläger war also während des laufenden Kündigungsschutzprozesses wieder im Besitz seiner Fahrerlaubnis.
Der Weg durch die Instanzen
Der Kläger zog vor das Arbeitsgericht Mainz und wehrte sich gegen die Kündigung. Zusätzlich forderte er die Zahlung einer Corona-Prämie von 1.000 Euro brutto für 2022 und die Vergütung von über 3.000 Euro für angebliche Überstunden. Das Arbeitsgericht entschied: Die außerordentliche Kündigung war unwirksam, die ordentliche Kündigung jedoch wirksam. Die Zahlungsklagen wies es ab. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz ein.
Die zentralen Streitpunkte vor Gericht
Das Landesarbeitsgericht musste mehrere Kernfragen klären:
- War die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt, obwohl der Führerscheinentzug nur vorläufig war und später aufgehoben wurde?
- Falls nein, war zumindest die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wirksam?
- Hatte der Kläger einen Anspruch auf die Corona-Prämie, auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes?
- Bestand ein Anspruch auf Überstundenvergütung aufgrund der vom Kläger vorgelegten Aufzeichnungen?
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts: Berufung zurückgewiesen
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz wies die Berufung des Klägers vollumfänglich zurück und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz. Die ordentliche Kündigung zum 15. Dezember 2022 beendete das Arbeitsverhältnis wirksam. Die Klagen auf Zahlung der Corona-Prämie und der Überstundenvergütung blieben ebenfalls erfolglos.
Warum die Kündigung hielt – und warum nicht ganz
Die Richter begründeten ihre Entscheidung detailliert und differenzierten zwischen der außerordententlichen und der ordentlichen Kündigung.
Die außerordentliche Kündigung: Ein zu harter Schnitt
Eine außerordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis fristlos und ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig (§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Ein solcher Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Zwar kann der Entzug der Fahrerlaubnis bei einem Berufskraftfahrer grundsätzlich einen solchen wichtigen Grund darstellen. Entscheidend ist aber immer der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Zu diesem Zeitpunkt (10. November 2022) war dem Kläger die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen, und die Prognose des Strafgerichts im Beschluss nach § 111a StPO lautete, dass ein endgültiger Entzug wahrscheinlich sei. Dass der Beschluss über den vorläufigen Entzug später aufgehoben wurde, war für die Rechtmäßigkeit der Kündigung zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs unerheblich.
Dennoch sah das Gericht die außerordentliche Kündigung als unverhältnismäßig an. Dem Arbeitgeber sei es zwar nicht zuzumuten gewesen, den Kläger bis zu einem damals ungewissen Zeitpunkt der Wiedererlangung der Fahrerlaubnis anderweitig zu beschäftigen. Aber: Der Arbeitgeber hätte den Kläger zumindest bis zum Ablauf der kurzen ordentlichen Kündigungsfrist (hier bis zum 15. Dezember 2022) mit anderen Aufgaben weiterbeschäftigen können. Diese Frist ergibt sich aus § 622 Abs. 1 BGB und ist relativ kurz. Daher war die fristlose Beendigung ein zu drastischer Schritt.
Die ordentliche Kündigung: Der Verlust der Fahrerlaubnis wiegt schwer
Anders beurteilte das Gericht die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung. Diese war sozial gerechtfertigt. Der Kläger war aufgrund des Fahrerlaubnisentzugs nicht mehr in der Lage, seine vertraglich geschuldete Hauptleistung – das Fahren eines LKW – zu erbringen. Juristisch spricht man hier von einem personenbedingten Kündigungsgrund. Dieser liegt vor, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen (z.B. Krankheit, Verlust einer erforderlichen Erlaubnis), seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann.
Der Kläger hatte zwar auf alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen verwiesen (z.B. als handwerklicher Allrounder, in der Fahrzeugpflege oder im Fuhrpark). Das Gericht folgte jedoch dem Vortrag des Arbeitgebers, dass auch diese Tätigkeiten eine Fahrerlaubnis erforderten, da das Betriebsgelände zum öffentlichen Verkehrsraum zähle und das Bewegen von Fahrzeugen notwendig sei. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Betriebsabläufe unzumutbar einzuschränken oder für den Arbeitnehmer einen völlig neuen, auf seine veränderten Bedürfnisse zugeschnittenen Arbeitsplatz zu schaffen. Eine dauerhafte Bereitstellung eines zweiten Mitarbeiters, der Fahrzeuge für den Kläger bewegt, sei betrieblich nicht vorgesehen und unzumutbar gewesen.
Die genauen Hintergründe des Unfalls oder angebliche Widersprüche im Verhalten des Arbeitgebers in einem parallelen zivilrechtlichen Verfahren spielten für die Kündigungsentscheidung keine Rolle. Entscheidend war allein der Fakt des Fahrerlaubnisentzugs und die damit verbundene Unmöglichkeit, die geschuldete Arbeit als Kraftfahrer zu leisten.
Corona-Prämie: Anspruch nicht ausreichend dargelegt
Den Anspruch auf eine Corona-Prämie von 1.000 Euro für das Jahr 2022 wies das Gericht ebenfalls ab. Der Kläger hatte behauptet, seine Kollegen hätten eine solche Prämie erhalten, und berief sich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser besagt, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern nicht willkürlich schlechter stellen darf als andere in vergleichbarer Lage.
Das Gericht befand jedoch, der Kläger habe seine Behauptung nicht ausreichend substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Ein substantiierter Vortrag erfordert konkrete Angaben, wer wann was erhalten haben soll. Ein pauschaler Verweis auf Gespräche mit Kollegen in Pausen genügte den Richtern nicht. Ob die im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist dem Anspruch ohnehin entgegengestanden hätte, musste das Gericht daher nicht mehr abschließend klären.
Überstunden: Fehlender Nachweis für Mehrarbeit
Auch die Forderung nach Überstundenvergütung in Höhe von über 3.000 Euro scheiterte. Der Kläger hatte zwar abfotografierte Stundenlisten eingereicht, diese waren nach Ansicht des Gerichts aber kaum lesbar, unübersichtlich und ersetzten keinen ordnungsgemäßen Sachvortrag.
Für einen Anspruch auf Überstundenvergütung muss ein Arbeitnehmer konkret darlegen und im Streitfall beweisen:
- An welchen Tagen er von wann bis wann gearbeitet hat.
- Welche Pausen eingehalten wurden.
- Vor allem aber, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder zumindest zur Erledigung der geschuldeten Arbeit objektiv notwendig waren.
Diese detaillierten Angaben fehlten im Vortrag des Klägers. Eine bloße Auflistung von Anwesenheitszeiten reicht nicht aus. Auch hier spielte die vertragliche Ausschlussfrist letztlich keine Rolle mehr, da der Anspruch bereits mangels ausreichender Darlegung abgewiesen wurde.
Die Fahrerlaubnis als Dreh- und Angelpunkt für Berufskraftfahrer
Dieses Urteil unterstreicht einmal mehr die immense Bedeutung der Fahrerlaubnis für Berufskraftfahrer. Der Verlust, auch nur ein vorläufiger, kann erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
§ 111a StPO: Die vorläufige Entziehung als „Warnschuss“
Der § 111a StPO erlaubt es einem Gericht, die Fahrerlaubnis schon vor einem rechtskräftigen Urteil vorläufig zu entziehen, wenn „dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, daß die Fahrerlaubnis [endgültig] entzogen werden wird.“ Dies ist oft bei schwerwiegenden Verkehrsdelikten der Fall, wie dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort, insbesondere wenn erhebliche Schäden entstanden sind oder der Verdacht auf Alkohol- oder Drogeneinfluss besteht. Für den Arbeitgeber ist ein solcher Beschluss ein starkes Indiz dafür, dass der Arbeitnehmer für längere Zeit nicht als Fahrer eingesetzt werden kann.
Personenbedingte Kündigung und Alternativen
Die Personenbedingte Kündigung ist ein komplexes Feld. Sie ist möglich, wenn der Arbeitnehmer die Fähigkeit oder Eignung zur Erbringung der Arbeitsleistung verloren hat. Bevor ein Arbeitgeber jedoch kündigen darf, muss er prüfen, ob nicht eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen, freien Arbeitsplatz möglich ist – gegebenenfalls auch zu geänderten Bedingungen oder nach einer zumutbaren Umschulung. Die Grenzen dieser Pflicht hat das Gericht hier aufgezeigt: Der Arbeitgeber muss keine unzumutbaren betrieblichen Umstrukturierungen vornehmen oder neue Stellen schaffen.
Ausschlussfristen und die Pflicht zur sorgfältigen Geltendmachung
Die im Arbeitsvertrag enthaltene Ausschlussfrist (auch Verfallklausel genannt) ist ein häufiger Stolperstein. Sie verpflichtet Arbeitnehmer (und Arbeitgeber), Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer relativ kurzen Frist (oft drei Monate) schriftlich geltend zu machen. Wird diese Frist versäumt, ist der Anspruch in der Regel verloren, selbst wenn er ursprünglich berechtigt war. Dies betrifft Lohnnachforderungen, Überstunden, aber auch Urlaubsabgeltung oder Prämien.
Konsequenzen für Berufskraftfahrer und Arbeitgeber
Das Urteil verdeutlicht die schwierige Interessenabwägung im Falle eines Führerscheinentzugs.
- Für Berufskraftfahrer ist die oberste Priorität, die Fahrerlaubnis zu behalten bzw. so schnell wie möglich wiederzuerlangen und den Arbeitgeber umgehend und umfassend über die Situation zu informieren.
- Arbeitgeber müssen bei einem (vorläufigen) Entzug der Fahrerlaubnis eines als Fahrer beschäftigten Mitarbeiters sorgfältig prüfen, welche Kündigungsart in Frage kommt. Die außerordentliche Kündigung ist nur bei sehr engen Voraussetzungen gerechtfertigt. Eine ordentliche Kündigung ist oft der sicherere Weg, setzt aber eine Prüfung voraus, ob nicht eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht.
Die Entscheidung betont, dass der Zeitpunkt der Kündigung und die zu diesem Zeitpunkt vorliegende Prognose über die Dauer des Fahrerlaubnisentzugs maßgeblich sind. Spätere Entwicklungen, wie die überraschende Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, können eine einmal wirksam ausgesprochene Kündigung in der Regel nicht mehr unwirksam machen. Gleichzeitig zeigt das Urteil, dass selbst bei einem gravierenden Vorfall wie dem (vorläufigen) Entzug der Fahrerlaubnis die kurze Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung oft abgewartet werden muss, wenn in dieser Zeit eine alternative, wenn auch nicht gleichwertige, Beschäftigung möglich wäre.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass der vorläufige Führerscheinentzug bei einem Berufskraftfahrer zwar eine ordentliche, nicht aber eine Außerordentliche (fristlose) Kündigung rechtfertigt, wobei der Arbeitgeber keine komplett neuen Arbeitsplätze schaffen oder Betriebsabläufe unzumutbar umstrukturieren muss. Für Arbeitnehmer unterstreicht das Urteil die Bedeutung ihrer Fahrerlaubnis als existenzielle Arbeitsgrundlage und zeigt, dass der Zeitpunkt der Kündigung für deren rechtliche Bewertung entscheidend ist – spätere Entwicklungen wie eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ändern nichts an der Wirksamkeit einer einmal rechtmäßig ausgesprochenen Kündigung. Die Entscheidung verdeutlicht auch die Beweispflicht des Arbeitnehmers bei Ansprüchen auf Sonderzahlungen oder Überstundenvergütung, die detailliert dargelegt werden müssen.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Unter welchen Umständen kann der Verlust der Fahrerlaubnis zu einer Kündigung führen?
Der Verlust der Fahrerlaubnis kann unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben und im äußersten Fall zu einer Kündigung führen. Ob dies möglich ist, hängt stark davon ab, welche Rolle das Fahren im Beruf spielt und wie lange die Fahrerlaubnis entzogen ist.
Stellen Sie sich vor, Sie sind Berufskraftfahrer oder Ihre Tätigkeit erfordert das Fahren eines Fahrzeugs unverzichtbar und täglich, zum Beispiel als Lieferfahrer oder Monteur, der immer mit dem Dienstwagen unterwegs ist. In solchen Fällen ist der Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis eine Grundvoraussetzung für die Ausübung Ihrer Arbeit. Wenn diese Voraussetzung wegfällt, können Sie Ihre vertraglich geschuldete Leistung nicht mehr erbringen. Dies kann für den Arbeitgeber ein Grund sein, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Oft spricht man hier von einer sogenannten personenbedingten Kündigung, weil der Grund in Ihrer Person liegt (nämlich im fehlenden Führerschein).
Ist das Fahren hingegen nur gelegentlich oder gar nicht Teil Ihrer Tätigkeit, zum Beispiel in einem Bürojob, bei dem Sie nur ausnahmsweise ein Firmenfahrzeug nutzen müssten, hat der Verlust der Fahrerlaubnis in der Regel keine direkten Auswirkungen auf Ihre Hauptarbeit. Eine Kündigung wäre hier normalerweise nicht gerechtfertigt, da Sie Ihre vertragliche Leistung weiterhin erbringen können.
Wichtig ist auch die Dauer des Führerscheinentzugs. Ein nur kurzzeitiger Entzug (z. B. wenige Wochen) hat oft weniger schwerwiegende Folgen als ein langfristiger oder endgültiger Verlust. Bei einem kurzen Zeitraum kann der Arbeitgeber vielleicht eine Übergangslösung finden, zum Beispiel durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder eine vorübergehende andere Aufgabe. Bei einem langen Entzug ist dies schwieriger.
Bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann, muss der Arbeitgeber prüfen, ob es andere freie Arbeitsplätze im Unternehmen gibt, die Sie auch ohne Fahrerlaubnis besetzen könnten. Man spricht hier von einer sogenannten Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Gibt es eine solche Position, die Ihren Fähigkeiten entspricht und die zumutbar ist, muss der Arbeitgeber Ihnen diese in der Regel anbieten, bevor eine Kündigung wegen des fehlenden Führerscheins wirksam wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Je wichtiger das Fahren für Ihre spezifische Tätigkeit ist und je länger die Fahrerlaubnis fehlt, desto wahrscheinlicher kann der Verlust arbeitsrechtliche Folgen haben. Eine Kündigung ist oft nur der letzte Schritt, wenn andere Lösungen nicht möglich sind und das Fahren für die Erfüllung Ihrer Aufgaben unverzichtbar ist.
Was ist der Unterschied zwischen einer außerordentlichen und einer ordentlichen Kündigung im Zusammenhang mit dem Verlust der Fahrerlaubnis?
Wenn Sie angestellt sind und Ihre Arbeit wesentlich davon abhängt, dass Sie ein Fahrzeug führen dürfen – denken Sie an Berufe wie Berufskraftfahrer, Vertriebsmitarbeiter mit Außendienst oder Zusteller – kann der Verlust der Fahrerlaubnis erhebliche Folgen für Ihr Arbeitsverhältnis haben. In solchen Fällen kann eine Kündigung durch den Arbeitgeber drohen. Das Gesetz unterscheidet hier hauptsächlich zwischen zwei Arten der Kündigung: der ordentlichen Kündigung und der außerordentlichen Kündigung.
Ordentliche Kündigung: Kündigung mit Frist
Eine ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis mit einer bestimmten Kündigungsfrist. Diese Frist kann im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder im Gesetz (im Bürgerlichen Gesetzbuch) festgelegt sein und richtet sich oft danach, wie lange Sie schon im Unternehmen beschäftigt sind.
Für eine ordentliche Kündigung braucht der Arbeitgeber in der Regel einen Grund. Wenn der Job ohne Fahrerlaubnis nicht mehr ausgeübt werden kann und auch keine alternative, zumutbare Arbeit im Unternehmen möglich ist, kann dies ein solcher Grund sein. Man spricht hier von einer personenbedingten Kündigung – einem Grund, der in Ihrer Person liegt und dazu führt, dass Sie die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen können. Der Arbeitgeber muss dabei aber prüfen, ob es wirklich keine andere Möglichkeit gibt, Sie zu beschäftigen. Wenn der Verlust der Fahrerlaubnis nur vorübergehend ist und absehbar endet, oder wenn Sie währenddessen andere Aufgaben übernehmen könnten, ist eine ordentliche Kündigung möglicherweise nicht gerechtfertigt.
Außerordentliche Kündigung: Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Eine außerordentliche Kündigung, oft auch als fristlose Kündigung bezeichnet, beendet das Arbeitsverhältnis sofort – ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Dafür ist ein wichtiger Grund erforderlich. Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn es dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist fortzusetzen.
Der Verlust der Fahrerlaubnis kann ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung sein, aber nur unter sehr strengen Voraussetzungen. Das ist typischerweise der Fall, wenn:
- Die Fahrerlaubnis für die Ausübung Ihrer Tätigkeit unverzichtbar ist.
- Der Verlust dauerhaft ist oder über einen sehr langen, nicht absehbaren Zeitraum andauert.
- Es keine Möglichkeit gibt, Sie auf einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen zu beschäftigen, selbst wenn dies nur vorübergehend wäre.
- Möglicherweise kommt es auch auf den Grund für den Verlust der Fahrerlaubnis an, vor allem wenn dieser in direktem Zusammenhang mit der Arbeitspflicht stand (z.B. Trunkenheit am Steuer während einer Dienstfahrt).
Die Anforderungen an einen wichtigen Grund sind also deutlich höher als bei einer ordentlichen Kündigung. Eine fristlose Kündigung wegen Verlusts der Fahrerlaubnis ist nur die ultima ratio, das letzte Mittel, wenn keine andere Lösung möglich ist.
Der Hauptunterschied im Überblick
Der wesentliche Unterschied liegt also in der Frist: Eine ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis mit einer gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Kündigungsfrist, während eine außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis sofort beendet. Eine außerordentliche Kündigung setzt zudem einen wesentlich schwerwiegenderen Grund voraus, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, die Kündigungsfrist einzuhalten. Im Zusammenhang mit dem Verlust der Fahrerlaubnis kommt es stark auf die Dauer des Verlusts, die Wichtigkeit des Fahrens für die konkrete Stelle und die Möglichkeit alternativer Beschäftigung an, welche Art der Kündigung überhaupt in Betracht kommt.
Welche Rolle spielt es, ob der Führerscheinentzug nur vorläufig ist und später aufgehoben wird?
Wenn Ihnen der Führerschein vorläufig entzogen wird, handelt es sich um eine zeitlich begrenzte Maßnahme während eines laufenden Verfahrens, oft nach einem Verkehrsdelikt. Dies ist noch keine endgültige Entscheidung darüber, ob Sie Ihren Führerschein dauerhaft verlieren.
Vorläufiger Entzug und Kündigung
Hat Ihr Arbeitgeber Sie gekündigt, weil Sie aufgrund des vorläufigen Entzugs Ihren Führerschein nicht nutzen durften und dieser für Ihre Arbeit unverzichtbar ist (z.B. als Berufskraftfahrer), dann kann dieser vorläufige Entzug zunächst ein Grund für eine Kündigung sein. Man spricht hier oft von einer Kündigung, weil Sie die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung wegen des fehlenden Führerscheins nicht erbringen können.
Die Aufhebung des vorläufigen Entzugs
Wird der vorläufige Entzug später aufgehoben, bedeutet das, dass die Grundlage für diese vorläufige Maßnahme entfallen ist oder in dem Verfahren entschieden wurde, dass Ihr Recht, ein Kraftfahrzeug zu führen, doch nicht endgültig entzogen wird. Ihr Führerschein „lebt wieder auf“ oder die Einschränkung endet.
Auswirkung auf die Kündigung
Die Aufhebung des vorläufigen Entzugs hat wesentliche Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer darauf gestützten Kündigung. Insbesondere in einem Gerichtsverfahren, das Sie gegen die Kündigung anstrengen (einer sogenannten Kündigungsschutzklage), prüft das Gericht, ob die Kündigung zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung noch gerechtfertigt ist.
- Wenn die Kündigung allein darauf basierte, dass Sie wegen des vorläufigen Entzugs nicht fahren konnten, und dieser Entzug später aufgehoben wird, fällt der Kündigungsgrund unter Umständen weg.
- Das Gericht könnte dann entscheiden, dass die Kündigung unwirksam ist, weil die ursprüngliche Begründung (fehlende Fahrberechtigung) zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung nicht mehr zutrifft.
Aber Vorsicht: Andere Kündigungsgründe
Allerdings ist zu beachten, dass die Kündigung auch auf anderen Gründen basieren kann. Zum Beispiel auf dem Verhalten, das überhaupt erst zum vorläufigen Entzug geführt hat (wie z.B. Trunkenheit am Steuer). Auch wenn der Führerschein später zurückgegeben wird, kann das Verhalten selbst als vertragsverletzend angesehen werden und eine eigenständige Basis für eine Kündigung darstellen.
Das Gericht wird in einem solchen Fall alle Umstände berücksichtigen: Wie lange dauerte der vorläufige Entzug? Wie wichtig ist der Führerschein tatsächlich für die konkrete Tätigkeit? Was war der Anlass für den Entzug und seine spätere Aufhebung? Nur die Aufhebung des vorläufigen Entzugs allein macht eine Kündigung nicht automatisch unwirksam; es kommt immer auf die genauen Umstände des Einzelfalls und die Begründung der Kündigung an.
Welche Pflichten hat der Arbeitnehmer, seinen Arbeitgeber über den Verlust der Fahrerlaubnis zu informieren?
Im deutschen Arbeitsrecht gibt es keine einzelne Vorschrift, die ausdrücklich regelt, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber über den Verlust der Fahrerlaubnis informieren müssen. Eine solche Pflicht ergibt sich aber aus der sogenannten arbeitsvertraglichen Nebenpflicht oder auch Treuepflicht.
Die Treuepflicht bedeutet vereinfacht, dass Sie als Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis bestimmte Pflichten haben, die über die reine Arbeitsleistung hinausgehen. Dazu gehört auch, die Interessen Ihres Arbeitgebers angemessen zu berücksichtigen und ihn nicht zu schädigen.
Wann müssen Sie Ihren Arbeitgeber informieren?
Eine Informationspflicht besteht immer dann, wenn der Besitz und die Nutzung der Fahrerlaubnis für Ihre Arbeit wichtig oder sogar notwendig sind.
- Stellen Sie sich vor: Ihre Arbeit erfordert regelmäßig, dass Sie ein Fahrzeug fahren, sei es ein Firmenwagen, ein Dienst-Lkw oder auch Ihr Privatauto für dienstliche Fahrten (zum Beispiel als Lieferfahrer, Vertriebsmitarbeiter im Außendienst, Handwerker, der zu Kunden fährt). In solchen Fällen ist der Führerschein eine wesentliche Voraussetzung für Ihre Arbeitsleistung. Wenn diese Voraussetzung wegfällt, müssen Sie Ihren Arbeitgeber informieren.
- Auch wenn das Fahren nicht Ihre Hauptaufgabe ist, aber regelmäßig Teil Ihrer Tätigkeit ist (z.B. gelegentliche Kurierfahrten, Fahrten zu Besprechungen), sollten Sie Ihren Arbeitgeber informieren.
- Wenn Ihre Arbeit keinerlei Autofahren erfordert, müssen Sie Ihren Arbeitgeber in der Regel nicht über den Verlust des Führerscheins informieren.
Warum ist die Information wichtig?
Die Information ist wichtig, weil Ihr Arbeitgeber wissen muss, ob Sie die vereinbarte Arbeitsleistung noch erbringen können. Wenn Sie zum Beispiel als Kurierfahrer arbeiten und Ihren Führerschein verlieren, können Sie Ihre Hauptaufgabe nicht mehr erfüllen.
Zudem hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, zu verhindern, dass Sie ohne gültige Fahrerlaubnis dienstliche Fahrten durchführen. Dies könnte für den Arbeitgeber rechtliche Konsequenzen haben, etwa bei Unfällen oder im Rahmen der Haftung. Indem Sie informieren, ermöglichen Sie Ihrem Arbeitgeber, passende Maßnahmen zu ergreifen (z.B. Zuweisung anderer Aufgaben, Klärung der weiteren Beschäftigung).
Was passiert, wenn Sie nicht informieren?
Eine unterlassene oder verspätete Information über den Verlust der Fahrerlaubnis kann ernste Folgen haben.
- Wenn der Führerschein für Ihre Arbeit notwendig ist und Sie den Arbeitgeber nicht informieren, kann dies als Verletzung Ihrer Treuepflicht angesehen werden.
- Dies kann zu einer Abmahnung führen.
- Im schlimmsten Fall kann eine solche Pflichtverletzung eine Kündigung rechtfertigen, insbesondere wenn das Fahren zentral für Ihre Tätigkeit ist oder wenn Sie trotz fehlenden Führerscheins weiterhin dienstliche Fahrten durchführen.
Welche Folgen hat Schweigen im Gerichtsverfahren?
Wenn Sie nach einer Kündigung gegen diese Kündigung gerichtlich vorgehen (im sogenannten Kündigungsschutzprozess), prüft das Gericht, ob die Kündigung rechtlich wirksam ist.
- Das Gericht berücksichtigt dabei alle Umstände des Einzelfalls, auch das Verhalten des Arbeitnehmers.
- Wenn Sie Ihren Arbeitgeber nicht oder erst sehr spät über den Verlust des Führerscheins informiert haben, obwohl dieser für Ihre Arbeit wichtig war, kann dies Ihre Position im Gerichtsverfahren schwächen.
- Das Gericht kann Ihr Schweigen als erhebliche Pflichtverletzung und als Vertrauensbruch werten. Dies kann dazu führen, dass das Gericht die Kündigung eher als gerechtfertigt ansieht, da Sie dem Arbeitgeber die Möglichkeit genommen haben, rechtzeitig auf die Situation zu reagieren und möglicherweise eine Lösung zu finden (z.B. eine andere Aufgabe).
- Eine unterlassene Information kann also dazu beitragen, dass das Gericht die Kündigung zu Ihren Lasten beurteilt.
Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer, dem aufgrund des Verlusts der Fahrerlaubnis gekündigt wurde?
Wenn ein Arbeitnehmer seine Fahrerlaubnis verliert und diese für die Ausübung seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit zwingend notwendig ist, kann dies unter Umständen ein Grund für eine Kündigung durch den Arbeitgeber sein. Eine solche Kündigung wird rechtlich als personenbedingte Kündigung betrachtet. Das bedeutet, der Kündigungsgrund liegt in persönlichen Eigenschaften oder Fähigkeiten des Arbeitnehmers, die ihn daran hindern, seine Arbeit ordnungsgemäß zu erfüllen.
Nicht jede Kündigung ist automatisch gültig
Wichtig ist zu wissen: Auch wenn die Fahrerlaubnis verloren geht, bedeutet das nicht, dass eine Kündigung immer automatisch wirksam ist. Das deutsche Arbeitsrecht schützt Arbeitnehmer durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (z.B. Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter, Arbeitnehmer länger als sechs Monate beschäftigt). Unter dem Schutz des KSchG muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein.
Für eine personenbedingte Kündigung wegen des Verlusts der Fahrerlaubnis muss der Arbeitgeber zeigen, dass:
- Die Fahrerlaubnis tatsächlich eine zwingende Voraussetzung für die vertraglich vereinbarte Tätigkeit ist.
- Der Verlust der Fahrerlaubnis dazu führt, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten nicht mehr erfüllen kann.
- Es keine milderen Mittel gibt, um das Problem zu lösen (Prinzip der „Ultima Ratio“ – letztes Mittel). Das bedeutet, der Arbeitgeber muss prüfen, ob es eine andere Stelle im Unternehmen gibt, auf die der Arbeitnehmer umgesetzt werden könnte, auch wenn diese vielleicht anders bezahlt wird. Er muss auch prüfen, ob eine vorübergehende Lösung möglich ist, wenn der Verlust der Fahrerlaubnis absehbar nur für eine kurze Zeit besteht.
- Bei der Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers (der Interessenabwägung) die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar wäre. Hierbei spielen Faktoren wie die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Alter des Arbeitnehmers und die voraussichtliche Dauer des Fahrerlaubnisentzugs eine Rolle.
Welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer?
Ein Arbeitnehmer, der eine solche Kündigung erhält, hat das Recht, die Wirksamkeit der Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Das geschieht in der Regel durch eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht.
Achtung: Für eine Kündigungsschutzklage gibt es eine sehr kurze Frist. Sie muss in der Regel innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Wird diese Frist versäumt, wird die Kündigung – auch wenn sie unwirksam gewesen wäre – rechtswirksam.
Was kann das Ergebnis einer Kündigungsschutzklage sein?
Das Gericht prüft im Rahmen der Klage, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war und alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Mögliche Ergebnisse sind:
- Das Gericht stellt fest, dass die Kündigung unwirksam ist. In diesem Fall besteht das Arbeitsverhältnis fort, und der Arbeitnehmer hat grundsätzlich einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung und gegebenenfalls auf Nachzahlung des Lohns für die Zeit nach der Kündigung.
- Das Gericht stellt fest, dass die Kündigung wirksam ist. Das Arbeitsverhältnis endet dann zu dem im Kündigungsschreiben genannten Zeitpunkt.
- Oft einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer während des Verfahrens auf einen Vergleich. Ein solcher Vergleich sieht häufig die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung vor. Ein gesetzlicher Anspruch auf Abfindung bei Kündigung besteht normalerweise nicht automatisch, er ergibt sich oft erst aus einem solchen Vergleich oder selten auch ausnahmsweise durch ein Gerichtsurteil, wenn das Arbeitsverhältnis aus bestimmten Gründen nicht fortgesetzt werden kann, obwohl die Kündigung unwirksam war.
Die Möglichkeit, die Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen, ist somit der zentrale rechtliche Weg für den Arbeitnehmer, um seine Rechte geltend zu machen und die Wirksamkeit der Kündigung anzufechten.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Ausschlussfrist
Eine Ausschlussfrist ist eine vertragliche Vereinbarung, die vorschreibt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (wie z. B. Lohnansprüche oder Forderungen aus Überstunden) innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden müssen. Wird diese Frist versäumt, verfallen die Ansprüche in der Regel und können nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden. Ausschlussfristen sollen Klarheit und Rechtssicherheit schaffen, indem sie eine zeitnahe Klärung von Forderungen erzwingen. Typischerweise findet man Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen, oft mit einer Dauer von drei Monaten.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer muss seine Überstundenforderung innerhalb von drei Monaten nach Ende des Jahres schriftlich anmelden, sonst verliert er seinen Anspruch auf Vergütung dieser Stunden.
Strafbefehl
Ein Strafbefehl ist ein schriftlicher gerichtlicher Beschluss im Strafverfahren, der in einfach gelagerten Fällen ergehen kann, ohne dass eine öffentliche Hauptverhandlung stattfindet. Er wird vom Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassen und enthält eine Strafe, meist Geldstrafe oder Freiheitsstrafe auf Bewährung. Der Strafbefehl ist eine vereinfachte Form der Rechtsprechung, die den Ablauf verkürzt und Ressourcen schont. Betroffene haben die Möglichkeit, durch Einspruch ein reguläres Gerichtsverfahren zu erwirken, was im vorliegenden Fall auch geschehen ist.
Beispiel: Nach einem Verkehrsdelikt erlässt das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl, der eine Geldstrafe vorsieht – der Beschuldigte kann dagegen innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen.
§ 111a StPO (Strafprozessordnung)
§ 111a StPO erlaubt es einem Gericht, die Fahrerlaubnis einer Person vorläufig zu entziehen, bevor ein endgültiges Urteil in einem Strafverfahren vorliegt. Voraussetzung ist, dass dringende Gründe vorliegen, anzunehmen, die Fahrerlaubnis werde endgültig entzogen (z. B. wegen schwerwiegender Verkehrsverstöße). Der vorläufige Entzug dient dem Schutz der Allgemeinheit und kann schnell umgesetzt werden. Im Arbeitsrecht kann ein solcher Beschluss für den Arbeitgeber ein wichtiges Indiz sein, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit (z. B. als Fahrer) vorübergehend nicht ausüben kann.
Beispiel: Ein Fahrer beschädigt einen Unfallwagen und flüchtet unerlaubt vom Unfallort; das Gericht ordnet daher gemäß § 111a StPO die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis an.
Außerordentliche (fristlose) Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Nach § 626 BGB ist sie nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Dabei werden alle Umstände des Einzelfalls sowie die Interessen beider Parteien abgewogen. Der Verlust der Fahrerlaubnis kann ein solcher Grund sein, wenn die Haupttätigkeit des Arbeitnehmers (z. B. Fahrdienst) dadurch unmöglich wird und keine andere Lösung zumutbar ist.
Beispiel: Ein Berufskraftfahrer verliert dauerhaft den Führerschein und der Arbeitgeber kann ihn weder anderweitig beschäftigen noch zumutbare Übergangslösungen anbieten; daher spricht der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aus.
Personenbedingte Kündigung
Eine personenbedingte Kündigung ist eine Kündigung, die aufgrund von Gründen erfolgt, die in der Person des Arbeitnehmers liegen und die seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Dies kann z. B. der Verlust einer notwendigen Qualifikation oder Erlaubnis sein, die für die Arbeitsausführung erforderlich ist, wie im Fall des Entzugs der Fahrerlaubnis eines Kraftfahrers. Dabei muss der Arbeitgeber prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen geeigneten Arbeitsplatz möglich ist und ob die Kündigung verhältnismäßig ist. Liegt keine zumutbare Alternative vor und ist die Arbeitsleistung dauerhaft nicht erbringbar, ist die personenbedingte Kündigung in der Regel sozial gerechtfertigt.
Beispiel: Ein LKW-Fahrer verliert seinen Führerschein und kann daher keine Fahreraufgaben mehr übernehmen; mangels anderer zumutbarer Tätigkeiten im Unternehmen kündigt der Arbeitgeber personenbedingt.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 626 BGB (Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund): Diese Vorschrift erlaubt eine fristlose Kündigung, wenn Tatsachen vorliegen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar machen. Ein wichtiger Grund muss stets zum Zeitpunkt der Kündigung bestehen und gut begründet sein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die außerordentliche Kündigung war wegen des vorläufigen Führerscheinentzugs möglich, stellte sich aber als unverhältnismäßig heraus, da der Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung bis Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hätte anbieten können.
- § 622 BGB (Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen): Dieser Paragraph regelt die ordentlichen Kündigungsfristen, die je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses variieren können. Die Einhaltung dieser Fristen ist Voraussetzung für eine wirksame ordentliche Kündigung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die ordentliche Kündigung mit kurzer Frist war sozial gerechtfertigt und wirksam, da der Arbeitgeber dem Kläger keine zumutbare alternative Beschäftigung anbieten konnte.
- Personenbedingte Kündigung: Diese Kündigungsart beruht darauf, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aus persönlichen Gründen dauerhaft oder vorübergehend nicht mehr erbringen kann. Voraussetzung ist die negative Prognose hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit und Prüfung zumutbarer Alternativen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Entzug der Fahrerlaubnis führte zu einem personenbedingten Kündigungsgrund, weil der Kläger seine Haupttätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr erfüllen konnte und keine zumutbare anderweitige Tätigkeit angeboten werden konnte.
- § 111a StPO (Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis): Das Gericht kann die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen, wenn dringende Gründe nahelegen, dass ein endgültiger Entzug zu erwarten ist. Dies dient dem Schutz Dritter und ist ein starkes Indiz für eine längerfristige Arbeitsunfähigkeit im Fahrerberuf. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der vorläufige Entzug war die Grundlage für die Kündigung und stellte eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Klägers dar, selbst wenn der Entzug später aufgehoben wurde.
- Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz: Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandeln. Ansprüche müssen jedoch konkret vorgetragen und nachgewiesen werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anspruch auf die Corona-Prämie wurde abgelehnt, da der Kläger seinen Gleichbehandlungsanspruch nicht ausreichend belegen konnte.
- Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen: Diese Fristen begrenzen die Zeit zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis; verpasst der Arbeitnehmer die Frist, sind Forderungen grundsätzlich ausgeschlossen. Eine klare und rechtzeitige Darlegung ist erforderlich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klagen auf Corona-Prämie und Überstundenvergütung scheiterten unter anderem, weil der Kläger diese Fristen nicht beachtete und seine Ansprüche zudem unzureichend substantiiert nachwies.
Das vorliegende Urteil
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 7 Sa 209/23 – Urteil vom 12.06.2024
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