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Notwendige Auslagen des Betroffenen bei Verfahrenseinstellung

nach § 47 Abs. 1 Satz 2 OWiG

AG Eilenburg – Az.: 8 OWi 809/20 – Beschluss vom 09.12.2020

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unbegründet verworfen.

2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen aufgrund des gerichtlichen Verfahrens hat der Betroffene zu tragen.

Gründe

I.

Dem Betroffenen lag zur Last, am 24.01.2020 eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 48 km/h außerorts begangen zu haben.

Nachdem zunächst der Fahrzeughalter zeugenschaftlich vernommen wurde, welcher über seine Beschäftigte den Betroffenen als verantwortlichen Fahrzeugführer mitteilen ließ, wurde der Betroffene mit Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 06.02.2020 angehört. Mit Schreiben vom 19.02.2020 zeigte sich der Verteidiger gegenüber der Verwaltungsbehörde unter Beantragung von Akteneinsicht an, die ihm umgehend gewährt wurde. Mit weiterem Schreiben vom 02.03.2020 teilte der Verteidiger gegenüber der Verwaltungsbehörde u. a. mit, dass der Betroffene seine Eigenschaft als Fahrzeugführer bestreitet. Nachdem sich die Verwaltungsbehörde eine Passfotokopie des Betroffenen bei dem zuständigen Einwohnermeldeamt zuschicken ließ, erging gegen den Betroffenen am 09.03.2020 ein Bußgeldbescheid des Landkreises …, mit dem ihm die o. g. Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt wurde. Gegen diesen Bußgeldbescheid legte der Verteidiger mit am 12.03.2020 bei der Verwaltungsbehörde eingegangenem Schreiben form- und fristgerecht Einspruch ein.

Mit Verfügung vom 08.09.2020 stellte der Landkreis … das gegen den Betroffenen geführte Bußgeldverfahren gemäß § 47 Abs. 1 OWiG ein und legte die Kosten des Verfahrens nach § 105 Abs. 1 OWiG dem Landratsamt … auf. Jedoch sah die Verwaltungsbehörde gemäß § 105 OWiG i. V. m. §§ 467a Abs. 1 Satz 2, 467 Abs. 4 StPO davon ab, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Kreiskasse aufzuerlegen. Der Verteidiger erhielt wie auch der Betroffene eine Einstellungsmitteilung.

Mit Schreiben vom 14.09.2020 beantragte der Verteidiger unter Stellung seiner Kostennote, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.

Mit Kostenbescheid vom 14.09.2020 lehnte die Verwaltungsbehörde diesen Antrag ab.

Gegen diesen Kostenbescheid hat der Verteidiger mit am 23.09.2020 bei der Verwaltungsbehörde eingegangenem Schreiben einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 OWiG gestellt. Mit Entscheidung vom 28.09.2020 hat die Verwaltungsbehörde diesem Antrag nicht abgeholfen und die Sache an das Amtsgericht Eilenburg abgegeben.

II.

Der gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG i. V. m. § 62 OWiG zulässige Antrag ist unbegründet. Die Verwaltungsbehörde durfte gemäß § 105 OWiG i. V. m. §§ 467a Abs. 1 Satz 2, 467 Abs. 4 StPO davon absehen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Kreiskasse aufzuerlegen.

Der im Falle einer behördlichen Einstellungsverfügung gemäß § 105 OWiG i. V. m. § 467a Abs. 1 Satz 2 StPO anwendbare § 467 Abs. 4 StPO sieht vor, dass die Behörde, sofern sie das Verfahren nach einer Vorschrift einstellt, die dies nach ihrem Ermessen zulässt, davon absehen kann, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen. Die Behörde hat die Einstellung des Verfahrens weder auf § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 170 Abs. 2 StPO noch auf § 109a Abs. 2 OWiG – wie vom Verteidiger (sinngemäß) vorgetragen – gestützt. Vielmehr hat sie hierbei von § 47 Abs 1 Satz 2 OWiG Gebrauch gemacht, die als Ermessensnorm den Anwendungsbereich von § 467 Abs. 4 StPO eröffnet.

Unter Zugrundelegung dessen wäre eine wenigstens knappe Begründung zwar wünschenswert gewesen. Jedoch führt die fehlende Begründung der Kostenentscheidung hier aus Sicht des Gerichts nicht dazu, dass die Vorschrift des § 467 Abs. 4 StPO fehlerhaft angewandt wurde, da sich Kostenentscheidungen zum einen regelmäßig in der Aufzählung der maßgebenden Normen erschöpfen und zum anderen das der Behörde zustehende Ermessen hier nicht fehlerhaft ausgeübt wurde. Denn anders als der Verteidiger vorträgt hat die Behörde vor Erlass des Bußgeldbescheides eine Passfotokopie des Betroffenen angefordert, die aus Sicht des Gerichts durchaus den Schluss zulässt, dass es sich bei dem verantwortlichen Fahrzeugführer um den Betroffenen handeln dürfte. Von einer übereilten Bußgeldentscheidung auf „bloßen Verdacht“ kann daher keine Rede sein. Auch musste sich die Behörde nicht veranlasst sehen, weitere Ermittlungen vorzunehmen. Das Gericht geht auch unter Zugrundelegung des weiteren Akteninhalts mit der Behörde davon aus, dass der Betroffene der ihm zur Last gelegten Tat als hinreichend verdächtig mit der Folge angesehen werden konnte, dass er – wie hier – bei Einstellung des Verfahrens nach einer Vorschrift, deren Anwendung in das Ermessen der Behörde gestellt ist, seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen hat.

Dafür spricht im Übrigen auch der Rechtsgedanke des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO, wonach sinngemäß die Behörde davon absehen kann, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Kreiskasse aufzuerlegen, wenn er wegen einer Ordnungswidrigkeit nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht. Im vorliegenden Fall drohte im Hinblick auf die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG mit Ablauf des 09.09.2020 gemäß § 31 OWiG i. V. m. § 26 Abs. 3 StVG das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung. Es darf davon ausgegangen werden, dass im Zeitpunkt der behördlichen Einstellungsverfügung die nächste (potentiell gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 OWiG verjährungsunterbrechende) Maßnahme – nämlich der Eingang der Akten beim Amtsgericht Eilenburg (§ 69 Abs. 3 Satz 1 OWiG) – nicht rechtzeitig hätte bewirkt werden können und dass die Ordnungswidrigkeit dann nur deshalb nicht verurteilt hätte werden können, weil ein Verfahrenshindernis bestanden hätte.

Die Kostenentscheidung zu Ziff. 2 folgt aus § 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG i. V. m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Die Entscheidung ist gemäß §§ 62 Abs. 2 Satz 3, 108 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 OWiG unanfechtbar.

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