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Nichtanmeldung von Barmitteln bei der Verbringung in die Europäische Union

OLG Karlsruhe – Az.: 1 (8) SsBs 533/13 – AK180/13 – Beschluss vom 18.07.2014

1. Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 05. August 2013 wird als unbegründet verworfen.

2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

I.

Nichtanmeldung von Barmitteln bei der Verbringung in die Europäische Union
Symbolfoto: Von Michaelspb /Shutterstock.com

Das Amtsgericht Karlsruhe verurteilte den Betroffenen am 05.08.2013 wegen vorsätzlicher Nichtanmeldung von Barmitteln bei der Verbringung in die Europäische Union zu einer Geldbuße von 800 Euro, weil er bei seiner Einreise am 14.12.2012 im Reisezug ICE 72 von der Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland die von ihm mitgeführten Barmittel in Höhe von 10.000 Euro anlässlich einer Zollkontrolle nicht angemeldet und auf wiederholte Nachfrage des Zollbeamten angegeben hatte, keine Barmittel im Gesamtwert von 10.000 Euro oder mehr bei sich zu führen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit welcher sie mit der Sachrüge die Aufhebung des Urteils im Rechtsfolgenausspruch anstrebt. Sie ist der Ansicht, dass die vom Senat im Beschluss vom 12.12.2001 (1 Ss 212/01) aufgestellten Maßstäbe bezüglich der Festsetzung von Bußgeldern nach Inkrafttreten des § 31 b ZollVG nicht mehr maßgeblich seien und die vom Bundesministerium der Finanzen erarbeiteten Regelsätze, anhand derer eine bundesweit einheitliche Behandlung der Verfahren erreicht werden soll, bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße hätten berücksichtigt werden müssen.

II.

Der Rechtsbeschwerde – aufgrund der wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen – muss ein Erfolg versagt bleiben.

1. Allerdings teilt der Senat die Ansicht der Staatsanwaltschaft, dass die vom Senat mit Beschluss vom 12.12.2001 (1 Ss 212/01) aufgestellten allgemeinen Regelsätze bei der Bemessung von Geldbußen nach § 12 c Abs. 1 FVG, wonach bei Vorsatz bis zu 8% und bei Fahrlässigkeit bis zu 3% der mitgeführten und nicht angezeigten Barmittel als Ausgangspunkt des im Einzelnen dann noch auszugestaltenden richterlichen Zumessungsaktes herangezogen werden können, mit Außerkrafttreten des Finanzverwaltungsgesetzes bzw. der Nachfolgevorschrift des § 31a Abs. 2 und 3 ZollVG und der seit 15.12.2005 ununterbrochen gültigen Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.10.2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden (ABL. L 309 vom 25.11.2005), spätestens mit den am 15.06.2007 in Kraft getretenen Regelungen der §§ 12a Abs. 1, 31b ZollVG ihre Grundlage verloren haben. Dies ergibt sich auch daraus, dass durch die Neuregelung der Bußgeldrahmen geändert wurde, dieser nun nicht mehr, wie dies bei § 12c Abs. 2 FVG bzw. bei § 31a Abs. 2 ZollVG i.d.F. v. 21.06.2005 der Fall war, an die Höhe des mitgeführten Betrages gekoppelt ist, sondern nunmehr nach § 31b Abs. 2 ZollVG bei Vorsatz von 5 Euro bis zu 1.000.000 Euro und bei Fahrlässigkeitstaten (§ 17 Abs. 2 OWiG) bis zu 500.000 Euro reicht. Für die Annahme, dass hierdurch neben einer Anpassung an die übliche Gesetzessystematik auch eine Anhebung des Bußgeldniveaus erreicht werden soll, spricht die Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.10.2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden (ABL. L 309 vom 25.11.2005; Erwägungsgründe 2, 5, und 6) i.V.m. §§ 1 Abs. 3, 12a Abs. 1 ZollVG. Danach sind die Mitgliedsstaaten zur Verhinderung und Verfolgung vor allem der Geldwäsche gemäß Art. 9 Abs. 1 der Verordnung zur Festlegung von wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen gehalten.

2. Soweit danach die Bundesfinanzdirektion Südwest des Zolls infolge einer bundesweiten Dienstbesprechung Straf- und Bußgeldangelegenheiten Sachgebiete Ahndung-Fachgebiete 2/3 der Hauptzollämter vom 04./05.08.2010 in Piessow – TOP 16 – in einem Erlass vom 03.02.2011 (S 0730 B – 10/11 – RF 2203) und nach dem Schreiben des Hauptzollamtes Karlsruhe vom 09.07.2013 (BL 11/13 – F 2213 Z) auch auf Anordnung des Bundesministeriums der Finanzen bundesweite Maßstäbe erlassen hat, wonach Zollbehörden bei Vorsatztaten 25% und bei Fahrlässigkeitstaten 12% des mitgeführten Betrages zugrunde legen sollen, binden diese Regelsätze die Gerichte nicht. Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats und ist auch obergerichtlich geklärt, dass solche Verwaltungsrichtlinien anders als der nach § 26a StVG erlassene Bußgeldkatalog (vgl. hierzu Göhler, OWiG, 16. Auflage § 2012, § 17 Rn. 32; Rn. 168 vor § 59), für Gerichte nicht verbindlich sind, sondern lediglich als verwaltungsinterne Weisung für die gleichmäßige Ahndung gleich gelagerter Verstöße sorgen sollen, Diese Sätze sind aber vor allem wegen der gebotenen Gleichbehandlung ähnlicher Verstöße auch nicht völlig unbeachtlich, sondern in jedem Einzelfall – auch durch die Behörde – auf ihre Angemessenheit bezüglich der Höhe der zu verhängenden Sanktion hin zu überprüfen. Die Heranziehung derartiger Verwaltungsanweisungen darf aber nicht dazu führen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen außer Betracht bleiben und gegen diesen eine unverhältnismäßige und vom ihm nicht mehr leistbare Sanktion verhängt wird (vgl. hierzu Senat NZV 2005, 329; Göhler, a.a.O, § 17 Rn. 32).

Hält danach das zu entscheidende Gericht die von der Bußgeldbehörde nach verwaltungsinternen Anweisungen nach Prozentzahlen – wie vorliegend im Erlass der Bundesfinanzdirektion Südwest des Zolls vom 03.02.2011 vorgeschlagen – angenommene Bußgeldhöhe im Einzelfall für angemessen, kann es auf diese erkennen, andernfalls muss es nach unten oder oben hiervon abweichen. Daher kann auch ein Bußgeld in Höhe von 25% des nicht deklarierten Betrages bei Vorsatzdelikten angemessen erscheinen (vgl. auch AG Saarbrücken, Urteil vom 03.03.2010, 43 OWi 33 Js 797/0, abgedruckt bei juris; dass Urteil vom 24.04.2009, 43 OWi 448/08 u.a., abgedruckt bei juris). Einer abschließenden und rechtsgrundsätzlichen Klärung der sich insoweit stellenden Fragen, auch im Hinblick auf die für die Bußgeldbemessung nach dem ZollVG noch weiter maßgeblichen Bemessungskriterien, bedurfte es jedoch nicht, da es im vorliegenden Einzelfall hierauf nicht ankommt.

3. Insoweit ergibt nämlich die Überprüfung des angefochtenen Urteils anhand der vom Senat bereits früher aufgestellten Gesichtspunkte (Senat NZV 2005, 329), dass das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht von dem von der Bußgeldbehörde zugrunde gelegten Maßstab abgewichen und eine wesentlich niedrigere Sanktion verhängt hat. Bei dem Betroffenen handelt es sich nämlich ausweislich der Urteilsgründe um einen zwischenzeitlich 69-jährigen Rentner, welcher seinen Lebensunterhalt von monatlich 753 Euro Rente sowie einem monatlichen Zusatzverdienst von 400 Euro bestreitet. Da etwaige Erschwerungsgründe aus den Urteilsgründen nicht ersichtlich sind und auch keine Feststellungen zu vorhandenen Vermögenswerten des Betroffenen getroffen wurden, erscheint in Anbetracht vor allem dieser Einkommenslage, des Geständnisses des Betroffenen sowie naheliegender sprachlicher Verständigungsschwierigkeiten die vom Amtsgericht vorgenommene Bemessung der Geldbuße mit 800 Euro im Ergebnis als angemessen und innerhalb des tatrichterlichen Bewertungsspielraums liegend, auch wenn der Tatrichter zur Begründung der Bußgeldhöhe auf die vom Senat früher (Senat, Beschluss vom 12.12.2001, 1 Ss 212/01) unter Geltung des Finanzverwaltungsgesetzes aufgestellten Regelsätze mit abgestellt hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 und 2 StPO i.V.m. § 79 Abs 3 OWiG.

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