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Nichtanerkennung einer umgetauschten EU-Fahrerlaubnis

Oberverwaltungsgericht Thüringen – Az.: 2 EO 154/17 – Beschluss vom 20.06.2018

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung des Antragsgegners, dass er von seinem ausländischen Führerschein innerhalb der Bundesrepublik Deutschland keinen Gebrauch machen darf.

Dem im Jahr 1969 geborenen Antragsteller wurde die Fahrerlaubnis am 16. November 2011 entzogen und am 15. März 2012 für die Klassen B, BE, C1, C1E, CE/79, M, L, T/S neu erteilt. Mit Schreiben vom 10. Juni 2014 wurde der Antragsteller wegen des erreichten Punktestandes verwarnt. Durch Bescheid vom 20. August 2014 entzog ihm der Antragsgegner wegen Erreichens von 10 Punkten die Fahrerlaubnis. Gegen den Entziehungsbescheid erhob der Antragsteller am 29. September 2014 Widerspruch, den der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 16. März 2015 zurückwies. Die hiergegen erhobene Klage (Az.: 3 K 246/15 Ge) hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 18. November 2015 abgewiesen. Der Antragsteller hat gegen das Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, den der Senat durch Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt hat (Az. 2 ZKO 2/16).

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben seit dem 22. Januar 2015 in Großbritannien wohnhaft. In einem an den Antragsteller gerichteten Schreiben vom 18. November 2015 bestätigte der Antragsgegner unter Beifügung eines Auszugs aus dem Führerscheinregister, dass ihm, dem Antragsteller, unter dem 15. März 2012 eine Fahrerlaubnis erteilt worden war. Ein Antrag auf Wiedererteilung sei lediglich infolge des Wohnortwechsels nicht möglich.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2016 teilte die britische Driver and Vehicle Licensing Agency (DVLA) dem Kraftfahrt-Bundesamt mit, dass sie den Führerschein des Antragstellers in Übereinstimmung mit „article 8 of the Directive 91/439/EEC“ umgetauscht habe. Das Kraftfahrtbundesamt übermittelte dem Antragsgegner am 16. Juni 2016 eine Auskunft aus dem europäischen Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem EUCARIS bzw. RESPER, derzufolge die DVLA dem Antragsteller am 12. Januar 2016 eine Fahrerlaubnis der Klassen A, AM, B, B1, BE sowie der nationalen Klassen F, K, P, Q ausgestellt hatte (ebenso: Auskunft der DVLA vom 31. August 2016 an das Kraftfahrtbundesamt). Durch Bescheid vom 6. Juli 2016 stellte der Antragsgegner fest, dass der Antragsteller von seinem am 12. Januar 2016 im Ausland ausgestellten Führerschein innerhalb der Bundesrepublik Deutschland keinen Gebrauch machen dürfe (Nr. 1 des Bescheids) und forderte ihn auf, den Führerschein zur Anbringung eines Sperrvermerks spätestens 10 Werktage nach Bestandskraft des Bescheids vorzulegen (Nr. 2 des Bescheids). Der gegen diesen Bescheid am 13. Juli 2016 erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 9. Dezember 2016 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Führerschein zur Anbringung eines Sperrvermerks spätestens zehn Werktage nach Zustellung dieses Bescheids vorzulegen sei; ferner wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 2 des Ausgangsbescheids angeordnet. Am 20. Dezember 2016 hat der Antragsteller Klage erhoben und gleichzeitig einstweiligen Rechtsschutz beantragt.

Nichtanerkennung einer umgetauschten EU-Fahrerlaubnis
(Symbolfoto: Yau Ming Low/Shutterstock.com)

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 16. Januar 2017 im Wesentlichen mit folgender Begründung abgelehnt: Nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) dürften Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland keine Kraftfahrzeuge führen, denen die Fahrerlaubnis im Inland sofort vollziehbar von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden sei. Dies sei hier geschehen. Die Anwendung der Vorschrift des § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FeV sei auch mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sehe zwar Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Einschränkung vor. Als Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine erlaube es aber die in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG getroffene Regelung den Mitgliedstaaten, die Gültigkeit eines Führerscheins nicht anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein in ihrem Hoheitsgebiet eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Soweit der Antragsteller geltend mache, das Ausstellungsverbot in Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG sei nur bis zum Ablauf einer Sperrfrist anwendbar, übersehe er, dass hier nicht die Wirkung eines nach Ablauf einer gerichtlichen Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Führerscheins zu beurteilen sei, sondern die Frage, ob ein während der Anhängigkeit eines Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat der EU ausgestellter Führerschein anerkannt werden müsse. Dem Antragsteller sei der britische Führerschein am 12. Januar 2016 und damit zu einem Zeitpunkt ausgestellt worden, als der Entziehungsbescheid vom 20. August 2014 noch nicht unanfechtbar gewesen sei und dessen Sofortvollzug noch angedauert habe. Damit habe nach Art. 11 Nr. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG weiterhin die Verpflichtung bestanden, dem Antragsteller keinen Führerschein auszustellen, sowie gemäß in Art. 11 Nr. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG die Verpflichtung des Antragsgegners, die Anerkennung des britischen Führerscheins abzulehnen.

Das von dem Antragsteller sinngemäß geltend gemachte Problem einer auf unbestimmte Zeit möglichen Nichtanerkennung seiner britischen Fahrerlaubnis durch den Antragsgegner bestehe nicht. Denn die Kammer lege Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG so aus, dass der Zeitraum der Entziehung des Rechts zum Gebrauchmachen einer ausländischen Fahrerlaubnis auf den Zeitraum eines laufenden Entziehungsverfahrens begrenzt sei. § 29 Abs. 4 FeV begrenze ebenfalls den Nichtanerkennungszeitraum im Inland auf den Zeitraum bis zum (nachgewiesenen) Entfall der Entziehungsvoraussetzungen und sehe eine Wiedererteilung des Rechts jedenfalls nach Ablauf der jeweiligen Tilgungsfrist vor.

Selbst wenn ein laufendes behördliches Fahrerlaubnisentziehungsverfahren nicht von Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG erfasst werden sollte, sei ein EU-Mitgliedstaat, der einem Fahrerlaubnisinhaber die Fahrerlaubnis wegen Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen habe, zur Anerkennung einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis nur verpflichtet, wenn bei der späteren Ausstellung des Führerscheins die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geprüft und hierdurch die mit der Entziehung der Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat geahndete Nichteignung behoben worden sei. Habe eine solche Überprüfung nach Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Behörden des anderen Mitgliedstaats nicht stattgefunden, sei der Beweis, dass der Betroffene zum Führen von Kraftfahrzeugen und zur Teilnahme am Straßenverkehr (wieder) geeignet ist, nicht erbracht. In solchen Fällen bestehe daher keine Anerkennungspflicht. Nach dem Entzug der Fahrerlaubnis habe durch die britischen Behörden keine Überprüfung der geistigen Fahreignung des Antragstellers stattgefunden. Es spreche alles dafür, dass es sich bei der Ausstellung des Führerscheins vom 12. Januar 2016 lediglich um den Umtausch einer – als bestehend angenommenen – deutschen Fahrerlaubnis gehandelt habe. Bei den Fahrerlaubnisklassen B und BE sei die Schlüsselzahl 70 eingetragen. Darüber hinaus lägen die aus Nr. 10 ersichtlichen Daten der Fahrerlaubniserteilung vor dem 12. Januar 2016 und bezögen sich auf die in der Vergangenheit (mehrfach) erfolgte Erteilung der Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland. Denn ein rechtswirksamer Umtausch setze die Gültigkeit des zum Umtausch gestellten Führerscheins bzw. der Fahrerlaubnis voraus. In Fällen wie hier dürfe der Betroffene von seiner ausländischen Fahrerlaubnis erst dann wieder Gebrauch machen, wenn er den Nachweis der Wiedererlangung seiner Fahreignung geführt habe.

Der Antragsgegner hat gegen den am 24. Januar 2017 zugestellten Beschluss am 3. Februar 2017 Beschwerde eingelegt und diese am 22. Februar 2017 begründet.

II.

Das in der Beschwerdebegründung und der weiteren Begründung – soweit sie außerhalb der Begründungsfrist zulässige Ergänzungen bringt – enthaltene Vorbringen, auf dessen Nachprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führt nicht zum Erfolg. Die Beschwerdegründe ergeben nicht, dass das Verwaltungsgericht den Antrag zu Unrecht abgelehnt hätte. Die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach summarischer Prüfung sprechen überwiegende Gründe dafür, dass der angegriffene Bescheid des Antragsgegners rechtmäßig ist. Danach kommt dem Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs Vorrang zu.

Der mit der Beschwerde weiterverfolgte Antrag ist zunächst nach dem erkennbaren Rechtsschutzziel des Antragstellers sachgerecht auszulegen (§ 88 VwGO). Dessen Interesse besteht darin, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Ausgangsbescheid vom 6. Juli 2016 wiederherzustellen, soweit dieser durch den Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2016 für sofort vollziehbar erklärt wurde. Zwar hat die Widerspruchsbehörde nach dem Wortlaut im Tenor des Widerspruchsbescheids nur im Hinblick auf die geänderte Regelung in Nr. 2 des Ausgangsbescheids die sofortige Vollziehung angeordnet, nämlich für die Pflicht zur Vorlage des Führerscheins, um den Sperrvermerk anzubringen. Allerdings ist diese Anordnung des Sofortvollzugs nach dem erkennbaren Zweck und auf der Grundlage der dafür gegebenen Begründung auszulegen. Die sofort vollziehbare Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins schließt nach ihrer Zweckbestimmung ein, dass sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch – sofern die Fahrerlaubnisbehörde einen solchen feststellenden Verwaltungsakt erlässt – in Nr. 1 des Ausgangsbescheids auf die Aberkennung des Rechts erstreckt, von dem Führerschein im Inland Gebrauch zu machen; das gilt unabhängig davon, dass sich die fehlende Berechtigung unmittelbar aus der Regelung des § 29 Abs. 3 FeV ergibt und der feststellende Verwaltungsakt der Nichtgeltung gemäß § 29 Abs. 3 Satz 2 FeV nur deklaratorischen Charakter hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. August 2011 – 3 C 28/10 – Juris, Rn. 12 ff., zur entspr. Regelung in § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV; vgl. BayVGH, Beschluss vom 20. Februar 2012 – 11 ZB 11.2621 – Juris, Rn. 24). Dass dies so gemeint war, wird aus der Begründung des Sofortvollzugs unter Nr. II. 3. des Widerspruchsbescheids deutlich; denn es sollte noch vor Eintritt der Bestandskraft der Eindruck vermieden werden, der Antragsteller sei zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich die angegriffene Verfügung nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis im Umfang ihrer Berechtigung im Inland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie hier keinen ordentlichen Wohnsitz haben. Die Berechtigung nach § 29 Abs. 1 FeV gilt jedoch nicht für Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben (§ 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FeV). In diesen Fällen kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 29 Abs. 3 Satz 2 FeV). Die vorgenannten Voraussetzungen für den Erlass des angegriffenen Verwaltungsakts sind voraussichtlich erfüllt. Dem Antragsteller, der seinen ordentlichen Wohnsitz nach seinen unbestrittenen Angaben in Großbritannien hat, wurde durch Bescheid vom 20. August 2014 die Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) entzogen. Der Bescheid ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar, weil Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben (§ 4 Abs. 9 StVG). Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wurde durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. November 2015 abgewiesen; hiergegen hat der Antragsteller Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, so dass die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangs- bzw. Widerspruchsbescheids noch nicht bestandskräftig war.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers steht die Aberkennung des Rechts, von der ihm durch die DVLA unter dem 12. Januar 2016 ausgestellten britischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, auch mit Unionsrecht in Einklang.

Unionsrechtlicher Maßstab für die Anerkennung der dem Antragsteller in Großbritannien ausgestellten Führerschein ist, wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, die Richtlinie 2006/126/EG (ABl. L 403 vom 30. Dezember 2006, S. 18 – 3. Führerscheinrichtlinie), weil die Fahrerlaubnis bzw. der Führerschein nach dem 19. Januar 2009 erteilt wurde (Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sieht Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG (zuvor Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/429/EWG) die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vor. Es ist Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats zu prüfen, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenigen hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein gemäß der Richtlinie ausgestellt haben, sind die anderen Mitgliedstaaten nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist nämlich als Beweis dafür anzusehen, dass sein Inhaber am Tag der Ausstellung diese Voraussetzungen erfüllte (vgl. u. a. EuGH, Urteile vom 26. Juni 2008 – C-329/06 und C-343/06 – Wiedemann u. a., Juris, Rn. 50 ff.; Urteil vom 19. Mai 2011 – C-184/10 – Grasser, Juris, Nr. 19 ff.; Urteil vom 1. März 2012 – C-467/10 – Akyüz, Juris, Rn. 40 ff.; Urteil vom 23. April 2015 – C-260/13 – Aykul, Juris, Rn. 45 ff.).

Nach Artikel 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG hat ein Mitgliedstaat jedoch die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins abzulehnen, der in einem anderen Mitgliedstaat von einer Person erworben wurde, auf die im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats eine Maßnahme der Einschränkung, der Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung des Führerscheins angewendet wurde. Die in Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG vorgesehene Befugnis ist eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Fahrerlaubnisse und aus diesem Grund eng auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 26. April 2012 – C-419/10 – Hofmann, Juris, Rn. 43 ff.; Urteil vom 21. Mai 2015 – C-339/14 – Wittmann, Juris, Rn. 24; zu Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/429/EWG: EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 – C-329/06 und C-343/06 – Wiedemann u. a., Juris, Rn. 60; Beschluss vom 3. Juli 2008 – C-225/07 – Möginger, Juris, Rn. 37; Urteil vom 1. März 2012 – C-467/10 – Akyüz, Juris, Rn. 43 ff.). Dabei unterscheidet sich Artikel 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG von der Vorläuferregelung in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/429/EWG nur dahin, dass die Mitgliedstaaten nunmehr verpflichtet sind, die Anerkennung eines solchen Führerscheins abzulehnen, während Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439 EWG ihnen insoweit ein Ermessen beließ (vgl. EuGH, Urteil vom 26. April 2012 – C-419/10 – Hofmann, Juris, Rn. 43 ff.).

Im vorliegenden Streitfall wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis durch sofort vollziehbaren Bescheid vom 20. August 2014 entzogen und der Führerschein von der Staatsanwaltschaft Gera am 16. September 2014 an den Antragsgegner übersandt (Eingang 18. September 2014). Sowohl die sofort vollziehbare, noch nicht bestandskräftige Entziehung als auch die amtliche Verwahrung sind jedenfalls als Aussetzung im Sinne des Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG zu werten (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 – C-224/10 – Apelt, Juris, Rn. 33).

Dagegen kann sich ein Mitgliedstaat nicht auf Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126 (bzw. vormals Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/429 EWG) berufen, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis angewandt wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit jedes Führerscheins zu versagen, der ihr nach Ablauf der Sperrfrist von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird. Andernfalls könnte ein Unionsbürger nur noch in dem Mitgliedstaat eine Fahrerlaubnis erlangen, in dem sie zuvor beschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist, und zwar ohne zeitliche Begrenzung dieser Einschränkung. Ein Mitgliedstaat, der die Erteilung einer Fahrerlaubnis – insbesondere nach Entzug einer früheren Fahrerlaubnis – von strengeren nationalen Voraussetzungen abhängig macht, kann die Anerkennung eines zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins auch nicht allein mit der Begründung ablehnen, dass der Inhaber diesen neuen Führerschein gemäß einer nationalen Regelung erlangt hat, die nicht dieselben Anforderungen aufstellt, wie sie der Aufnahmemitgliedstaat vorsieht. Diese Auslegung gilt auch für die Richtlinie 2006/126/EG, die wie die Richtlinie 91/439/EWG eine Mindestharmonisierung der innerstaatlichen Vorschriften über die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis vorschreibt (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Juni 2008 – C-329/06 und C-343/06 – Wiedemann u. a., Juris, Rn. 54; Urteil vom 1. März 2012 – C-467/10 – Akyüz, Juris, Rn. 54 ff.; Urteil vom 26. April 2012 – C-419/10 – Hofmann, Juris, Rn. 50 ff., 84).

Der Antragsteller kann jedoch eine derart weitreichende Anerkennungspflicht nicht für die auf einem Umtausch gemäß Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG beruhende Fahrerlaubnis in Anspruch nehmen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats zu prüfen, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere die Voraussetzungen in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126 hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 26. April 2012 – C-419/10 – Hofmann, Juris, Rn. 45, 47; Urteil vom 23. April 2015 – C-260/13 – Aykul, Juris, Rn. 46). Nur durch die von einem anderen Mitgliedstaat bei der späteren Ausstellung eines Führerscheins durchgeführte Eignungsprüfung wird die mit der Entziehung der Fahrerlaubnis in einem Mitgliedstaat geahndete Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen behoben. Könnte eine nationale Maßnahme dadurch umgangen werden, dass man von einem Führerschein Gebrauch machen kann, ohne dass der Beweis erbracht wird, dass derjenige, der diesen alten Führerschein vorlegt, zu dem Zeitpunkt, zu dem er von ihm Gebrauch macht, zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, würde dies die Sicherheit im Straßenverkehr gefährden (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Februar 2009 – C-321/07 – Schwarz, Juris, Rn. 92 ff.). Eine Anerkennungspflicht gilt nur für solche in einem anderen Mitgliedstaat neu erworbenen Fahrerlaubnisse, deren Erteilung – auch nach den unionsrechtlichen Vorgaben – eine Eignungsüberprüfung des Bewerbers vorangegangen sein muss. Das ist bei der bloßen Ausstellung eines neuen Ausweises über die alte, (im Inland) entzogene Fahrerlaubnis oder einem bloßen Umtausch einer deutschen Fahrerlaubnis in eine Fahrerlaubnis des ausstellenden Mitgliedsstaats nicht der Fall (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 – 3 C 31/07 – Juris, Rn. 19; Beschluss vom 8. September 2011 – 3 B 19/11 – Juris, Rn. 4).

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, die unionsrechtlichen Regelungen legten nahe, dass der Umtausch eines Führerscheins als Neuerteilung im Sinne einer neuen materiellen Berechtigung zu werten sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2012 – 3 C 34/11 – Juris, Rn. 14 ff.). Dabei ist zu beachten, dass die Richtlinie 91/439/EWG und ebenso die nachfolgende Richtlinie 2006/126/EG nicht in der Weise zwischen einer „Fahrerlaubnis“ und einem „Führerschein“ unterscheiden, wie dies im deutschen Fahrerlaubnisrecht der Fall ist. In den Richtlinien wird in aller Regel derselbe Begriff verwendet, obwohl es sich nach dem jeweiligen Sachzusammenhang in einigen Bestimmungen eindeutig um die materielle Berechtigung und an anderer Stelle ebenso klar um das Ausweispapier handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2012 – 3 C 34/11 – Juris, Rn. 18). Daraus folgt jedoch noch nicht, dass es dem Antragsgegner verwehrt wäre, die Anerkennung der vom umtauschenden Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis abzulehnen. Dies deshalb, weil der Umtausch keine vollständige, originäre Neuerteilung der materiellen Fahrberechtigung darstellt, der eine umfassende Eignungsprüfung gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG vorausgeht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. September 2011 – 3 B 19/11 – Juris, Rn. 4; BayVGH, Urteil vom 21. März 2017 – 11 B 16.2007 – Juris, Rn. 34). Vielmehr ist der Umtausch einer Fahrerlaubnis aus dem Besitz einer bereits vorhandenen, wirksamen Fahrerlaubnis abgeleitet, die lediglich an die gleichwertigen Fahrerlaubnisklassen des ausstellenden Mitgliedstaats angepasst wird (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2006/126/EG). Nach Art. 11 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG ist es Sache des umtauschenden Mitgliedstaats zu prüfen, für welche Fahrzeugklasse der vorgelegte Führerschein tatsächlich noch gültig ist. Ein Mangel der Gültigkeit der umzutauschenden Fahrerlaubnis schlägt daher auf die – unionsrechtlich zu Unrecht – umgetauschte Fahrerlaubnis durch. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch dadurch, dass der Europäische Gerichtshof einem Mitgliedstaat erlaubt hat, die Anerkennung einer – für sich genommen – in Einklang mit unionsrechtlichen Vorschriften erteilten Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Klasse D abzulehnen, der Führerschein aber auf der Grundlage eines Führerscheins für Fahrzeuge der Klasse B ausgestellt wurde, der mit einer Unregelmäßigkeit (Wohnsitzverstoß) behaftet war, die die Nichtanerkennung des ersten Führerscheins rechtfertigt (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 – C-224/10 – Apelt, Juris, Rn. 34 ff.; Beschluss des Senats vom 29. April 2016 – 2 EO 563/15 – Juris, Rn. 19; vgl. insoweit auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27. Juni 2017 – 10 S 1716/15 – Juris, Rn. 51).

Entgegen dem Standpunkt des Antragstellers ist nicht zu erkennen, dass der ihm von der DVLA unter dem Datum vom 12. Januar 2016 ausgestellten Fahrerlaubnis eine Prüfung im oben beschriebenen Sinn zugrunde liegt. Dies ist weder den vorliegenden Akten noch seinem Vorbringen mit Anlagen zu entnehmen. Daraus geht allenfalls hervor, dass die DVLA prüfte, ob der Antragsteller eine gültige deutsche Fahrerlaubnis besitzt. Diese Verfahrensweise deckt sich mit den unionsrechtlichen Vorschriften, nach Art. 11 Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie 2006/126/EG zu prüfen, für welche Fahrzeugklasse der vorgelegte Führerschein tatsächlich noch gültig ist. Es muss bei einem Umtausch aber keine Prüfung nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG durchgeführt werden. Dies ergibt sich auch aus Anhang 1 zur Richtlinie 2006/126/EG („Bestimmungen zum EG-Muster des Führerscheins“, Nr. 3, Seite 2, Buchst. a, und der Liste der harmonisierten Gemeinschaftscodes), wonach bei jeder späteren Ersetzung oder jedem späteren Umtausch in Spalte 10 des Führerscheins erneut das Datum der ersten Fahrerlaubniserteilung für jede Klasse und der Code 70 für einen Umtausch einzutragen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2012 – 3 C 34/11 – Juris, Rn. 16; BayVGH, Urteil vom 21. März 2017 – 11 B 16.2007 – Juris, Rn. 34 f., mit weitgehenden Forderungen an eine erneute Eignungsprüfung). So teilte die DVLA dem Kraftfahrt-Bundesamt durch Schreiben vom 13. Mai 2016 mit, dass sie den Führerschein des Antragstellers in Übereinstimmung mit „article 8 of the Directive 91/439/EEC“ umgetauscht habe. Des Weiteren hat bereits das Verwaltungsgericht festgestellt, dass bei den Fahrerlaubnisklassen B und BE der Code 70 eingetragen ist und die ausgewiesenen Daten der jeweiligen Fahrerlaubniserteilung vor dem 12. Januar 2016 liegen, d. h. sich auf in der Vergangenheit erfolgte Erteilungen beziehen müssen (mit Ausnahme der Fahrerlaubnisklasse AM, deren Erteilungsdatum am 12. Januar 2016 lediglich auf die einschließenden Fahrerlaubnisklassen zurückzuführen ist, Art. 6 Nr. 2 Buchst. d der 2006/126/EG). Wäre dem Antragsteller nach vorausgegangener umfassender Eignungsprüfung eine vollständig neue Fahrerlaubnis erteilt worden, hätte kein Anlass bestanden, Erteilungsdaten einzutragen, die zeitlich vor dem 12. Januar 2016 und noch vor der Wiedererteilung der deutschen Fahrerlaubnis am 15. März 2012 liegen. Vielmehr ist diesen Daten zu entnehmen, dass der Umtausch lediglich auf einer vormals in der Bundesrepublik Deutschland erteilten Fahrerlaubnis beruht und aus deren Wirksamkeit abgeleitet ist.

Nicht stichhaltig ist das Argument des Antragstellers, dass ihm kein effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gewährt werde, weil ihm das noch anhängige Fahrerlaubnisentziehungsverfahren entgegengehalten werde, er wegen seines Wohnsitzwechsels ins Ausland in Deutschland keine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis beantragen könne und das Verfahren nur unter Inkaufnahme fehlerhafter Bescheide beenden müsse. Es ist Sache des – anwaltlich vertretenen – Antragstellers abzuwägen, ob er gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis und die Aberkennung des Rechts, von seiner britischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, vorgeht, und die Erfolgsaussichten und Risiken abzuschätzen, die mit einem komplexen Rechtsschutzverfahren verbunden sind.

Dem Antragsteller ist es auch nicht auf Dauer verwehrt, in der Bundesrepublik Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Allerdings kann er sich nicht auf das von ihm mehrfach ins Feld geführte Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. April 2012 stützen. Darin hatte der Gerichtshof entschieden, dass sich ein Mitgliedstaat nicht auf Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG berufen kann, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis angewandt wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit jedes Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später, nämlich nach Ablauf der Sperrfrist, von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 26. April 2012 – C-419/10 – Hofmann, Juris, Rn. 50 ff.). Denn im dort entschiedenen Fall ist dem Betroffenen nach Ablauf der inländischen Sperrfrist durch einen anderen Mitgliedstaat – anders als hier – eine unionsrechtskonforme, vollständig neue Fahrerlaubnis erteilt worden. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist zu schließen, dass ein Führerschein bzw. eine Fahrerlaubnis, der keine Eignungsprüfung vorausging und die lediglich im Wege des Umtauschs erteilt wurde, nicht schon anzuerkennen ist, wenn eine Sperrfrist oder, wie das Verwaltungsgericht an einer Stelle erwogen hat, das laufende Entziehungsverfahren bestandskräftig abgeschlossen ist. Die vorliegende Konstellation, in der die umgetauschte deutsche Fahrerlaubnis sofort vollziehbar entzogen und mit einer Unregelmäßigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 13. Oktober 2011 – C-224/10 – Apelt, Juris, Rn. 47) behaftet war, ist damit vergleichbar, dass während des Laufs einer verhängten Sperrfrist von einem anderen Mitgliedstaat eine Fahrerlaubnis erteilt wurde. Bei einer solchen Sachlage gilt die Befugnis der zuständigen Behörden und der Gerichte eines Mitgliedstaats, die Anerkennung der Gültigkeit einer Fahrerlaubnis abzulehnen, die in einem anderen Mitgliedstaat von einer Person erworben wurde, der im ersten Mitgliedstaat die Fahrerlaubnis entzogen und für die dort eine Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet wurde, uneingeschränkt und endgültig, auch wenn diese Person von diesem im zweiten Mitgliedstaat erlangten Führerschein erst nach Ablauf dieser Sperrfrist Gebrauch gemacht haben sollte und auch wenn dieser Ablehnung der Anerkennung kein Verhalten nach der Erteilung der neuen Fahrerlaubnis zugrunde liegen sollte (vgl. EuGH, Beschluss vom 3. Juli 2008 – C-225/07 – Möginger, Juris, Rn. 41). Der Gerichtshof hat dabei allerdings hervorgehoben, dass sich ein Mitgliedstaat nicht auf Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG berufen kann, um einer Person, auf die eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird. Wurde auf eine Person in einem Mitgliedstaat eine Maßnahme des Entzugs der Fahrerlaubnis in Verbindung mit einer Sperrfrist für deren Neuerteilung angewendet, so erlaubt es Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie 91/439/EWG bzw. Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG diesem Mitgliedstaat nicht, nach Ablauf der Sperrfrist die Anerkennung der Gültigkeit des Führerscheins, der dieser Person nach Ablauf dieser Frist von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurde, abzulehnen (vgl. EuGH, Beschluss vom 3. Juli 2008 – C-225/07 – Möginger, Juris, Rn. 43 f.; Urteil vom 26. April 2012 – C-419/10 – Hofmann, Juris, Rn. 50 ff.).

Auch dem Antragsteller ist nicht auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis zu versagen. Sollte der Entzug seiner deutschen Fahrerlaubnis, der durch den Beschluss des Senats vom heutigen Tage im Klageverfahren gegen die Entziehungsverfügung vom 20. August 2014 bestandskräftig wird, dazu führen, dass er auch die von der DVLA erteilte Fahrerlaubnis verliert, oder würde er auf diese ausländische Fahrerlaubnis verzichten, verfügt er über die Möglichkeit, im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes eine vollständige Neuerteilung seiner Fahrerlaubnis zu beantragen, die ihn auch wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt (vgl. EuGH, Urteil vom 1. März 2012 – C-467/10 – Akyüz, Juris, Rn. 40 ff.). Auch wenn ihm die von der DVLA erteilte Fahrerlaubnis belassen werden sollte, ist er nicht darauf verwiesen, bis zum Ablauf der Tilgungsfrist im Fahreignungs-Bewertungssystem zu warten, um die Fahrberechtigung in Deutschland zu erlangen. Entgegen seiner Ansicht sind die Eintragungen im Fahreignungsregister jedoch noch nicht getilgt. Vielmehr gilt für die Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b, Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 3 Nr. 6 Buchst. a StVG eine Tilgungsfrist von zehn Jahren. Dabei stellt sich mit Blick auf das Unionsrecht die Frage, ob eine so erhebliche zeitliche Ausdehnung der Ungültigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis (§ 29 Abs. 3 Satz 3 FeV) einer Nichtanerkennung auf unbestimmte Zeit zumindest nahekommt (vgl. EuGH, Urteil vom 23. April 2015 – C-260/13 – Aykul, Juris Rn. 81, zur Tilgungsfrist von fünf Jahren) und ob die von ihrer Funktion mit einer Sperrfrist nicht vergleichbare Tilgungsfrist zur Grundlage der Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis gemacht werden kann. Diesen Konflikt hat das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf § 28 Abs. 5 FeV ausgeräumt. Es hat damit zugleich einem etwaigen Verstoß gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot Rechnung getragen, weil ebenso, wie nach Ablauf der Sperrfrist bei gegebener Fahreignung auf Antrag eine deutsche Fahrerlaubnis wiederzuerteilen ist, eine nach Ablauf der Sperrfrist neu erteilte EU- oder EWR-Fahrerlaubnis anzuerkennen ist. In diesen Fällen ist keine vollständige Neuerteilung der Fahrerlaubnis erforderlich, sondern nur eine (Wieder-)Anerkennung der Fahrberechtigung für Deutschland. Der Überprüfungsmaßstab wiederum unterscheidet nicht danach, ob es um die (Wieder-)Anerkennung einer ausländischen oder um die Neuerteilung einer inländischen Fahrerlaubnis geht, was aus der in § 28 Abs. 5 Satz 2 FeV enthaltenen Verweisung auf § 20 Abs. 1 und 3 FeV folgt (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 – 3 C 1/13 – Juris, Rn. 33 ff.). Dieser Lösungsansatz ist auf die vorliegende Fallkonstellation zu übertragen. Gemäß § 29 Abs. 4 FeV wird das Recht, von einer ausländischen Fahrerlaubnis nach einer der in § 29 Abs. 3 Nr. 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung nicht mehr bestehen. Bei Personen, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Ausland haben, gelten für diese Prüfung nach § 3 Abs. 6 StVG die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung entsprechend. Damit ist im Fall des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 10 Satz 4 StVG nach vorangegangener Fahrerlaubnisentziehung wegen Erreichens von acht Punkten im Fahreignungs-Bewertungssystem zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen (vgl. insoweit VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27. Juni 2017 – 10 S 1716/15 – Juris, Rn. 53, zur Beibringung einer MPU bei alkoholbedingter Fahrerlaubnisentziehung). Dadurch wäre gewährleistet, dass der Antragsteller nicht unbegrenzt auf die Anerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis verzichten muss (vgl. EuGH, Urteil vom 23. April 2015 – C-260/13 – Aykul, Juris, Rn. 80, 83). Entgegen der Auffassung des Antragstellers genügt hierfür allerdings nicht das Gutachten über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen des T… GmbH … vom 8. März 2012, weil es vor dem Zeitpunkt der Entziehung der Fahrerlaubnis erstellt wurde und noch nicht alle Ordnungswidrigkeiten des Antragstellers Grundlage des Gutachtens waren. Eine andere Einschätzung der Eignung ist auch nicht aus dem Schreiben des Antragsgegners vom 18. November 2015 zu schließen, in dem die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis bestätigt wurde. Denn aus der Anlage war ersichtlich, dass dem Antragsteller diese Fahrerlaubnis entzogen wurde. Zudem erklärte der Antragsgegner darin, dass eine „Wiedererteilung“ infolge des Wohnortwechsels nicht möglich sei, was beinhaltet, dass die Fahrerlaubnis nicht mehr gültig ist und auch nicht Grundlage eines Umtauschs sein kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 und 2 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts.

Hinweis:

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG in entsprechender Anwendung).

 

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