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Medikamentenklausel bei Führen eines Kraftfahrzeugs unter Einfluss von Cannabis

Freispruch für Cannabis-Patienten: Ein Autofahrer, der trotz nachgewiesener Cannabinoide im Blut vor Gericht stand, konnte sich erfolgreich auf seinen Cannabis-Pass berufen. Das Oberlandesgericht Oldenburg hob das Urteil des Amtsgerichts auf, das den Mann wegen Fahrens unter Drogeneinfluss verurteilt hatte. Nun muss erneut geprüft werden, ob die festgestellten Werte auf der bestimmungsgemäßen Einnahme des Medikaments beruhen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Urteil befasst sich mit der Verurteilung eines Betroffenen wegen des Führens eines Fahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis.
  • Der Fall ist relevant im Kontext der medizinischen Verwendung von Cannabis zur Behandlung von ADHS.
  • Schwierigkeiten ergeben sich durch die Einschätzung der Angemessenheit und Rechtmäßigkeit der ärztlichen Verschreibung von Cannabis und deren Anwendung.
  • Das Gericht hebt die ursprüngliche Verurteilung auf, behält jedoch die bisherigen objektiven Feststellungen bei.
  • Die ursprüngliche Strafe wird nicht als gerechtfertigt erachtet, da der Betroffene ein ärztliches Rezept für sein Medikament hatte.
  • Der Arzt hatte den Betroffenen persönlich konsultiert, was eine wichtige Grundlage für die Verschreibung darstellt.
  • Mangelnde Hinweise auf Missbrauch seitens des Betroffenen sprechen gegen die Verurteilung.
  • Der Fall muss nun erneut verhandelt werden, um weitere relevante Feststellungen zu klären.
  • Der Ausgang des Verfahrens kann Maßnahmen und Entscheidungen hinsichtlich der Verwendung von medizinischem Cannabis im Straßenverkehr beeinflussen.
  • Die Entscheidung könnte wichtige rechtliche Präzedenzfälle für zukünftige ähnliche Fälle schaffen.

Drogen am Steuer: Rechtliche Konsequenzen bei Cannabis-Konsum im Straßenverkehr

Das Führen eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss von Drogen, insbesondere von Cannabis, birgt erhebliche rechtliche Konsequenzen. Die Medikamentenklausel, ein wichtiger Bestandteil des Verkehrsrechts, regelt die Bedingungen, unter denen Personen, die Medikamente, inklusive psychoaktiver Substanzen wie THC, einnehmen, im Straßenverkehr teilnehmen dürfen. Die gesetzlichen Regelungen betonen die Notwendigkeit, die eigene Fahrtauglichkeit zu prüfen, da eine Beeinträchtigung durch Drogenkonsum nicht nur die persönliche Sicherheit gefährdet, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen kann.

Ein Fahrerlaubnisentzug kann die Folge sein, wenn der THC-Gehalt im Blut einen bestimmten Grenzwert überschreitet. In solchen Fällen kann es zudem zu einem Fahrverbot oder der Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) kommen. Das Verkehrssicherheitsgesetz verpflichtet Fahrer dazu, sich der Gesundheitsrisiken des Drogenkonsums bewusst zu sein und verantwortungsvoll mit ihrer Fahrerlaubnis umzugehen. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sind entscheidend, um den Straßenverkehr sicher zu gestalten und Unfälle zu vermeiden.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall besprochen, der die Anwendung der Medikamentenklausel im Kontext des Führens eines Kraftfahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis beleuchtet und die daraus resultierenden rechtlichen Folgen analysiert.

Der Fall vor Gericht


Cannabis-Konsument mit ärztlicher Verordnung vor Gericht

Im Fokus eines aktuellen Gerichtsfalls steht ein Autofahrer, der trotz nachgewiesener Cannabinoide im Blut einen Freispruch erwirken konnte.

Medizinisches Cannabis und Fahrerlaubnisrecht
Ein Autofahrer erhielt einen Freispruch, da seine nachgewiesenen Cannabinoide auf der medizinischen Verschreibung für ADHS beruhten, was die Anwendung der Medikamentenklausel bestätigte. (Symbolfoto:olegmalyshev 123rf.com)

Das Oberlandesgericht Oldenburg hob das Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst auf, das den Betroffenen zunächst zu einer Geldbuße von 1500 Euro und einem dreimonatigen Fahrverbot verurteilt hatte.

Medizinisches Cannabis als Schutzschild?

Der Angeklagte berief sich auf einen Cannabis-Pass, der ihm die medizinische Nutzung von Cannabis zur Behandlung einer ADHS-Erkrankung erlaubte. Das Amtsgericht Delmenhorst zweifelte zunächst an der Rechtmäßigkeit dieser Verordnung. Es kritisierte, dass der ausstellende Arzt den Patienten nur einmal persönlich gesehen und die folgenden Verschreibungen lediglich telefonisch oder per E-Mail vorgenommen habe. Zudem sei keine regelmäßige Überprüfung der Medikamenteneinnahme erfolgt.

OLG Oldenburg: Verschreibung schützt vor Strafe

Das Oberlandesgericht Oldenburg sah die Sachlage anders. Es betonte, dass der Betroffene sich auf den Ausnahmetatbestand der „Medikamentenklausel“ (§ 24a Abs. 2 Satz 3 StVG) berufen könne. Diese Klausel besagt, dass kein Vorwurf erhoben werden kann, wenn die festgestellte Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

Ärztliche Verantwortung und Patientenschutz

Das Gericht unterstrich, dass die „Letztverantwortung für die Indikationsstellung und Verschreibung“ beim behandelnden Arzt liege. Es gebe keine Hinweise darauf, dass der Arzt ein falsches Gesundheitszeugnis ausgestellt hätte. Auch wenn möglicherweise Verstöße gegen Verschreibungsrichtlinien vorlagen, könne dem Patienten nicht vorgeworfen werden, dies erkannt haben zu müssen.

Offene Fragen und weitere Untersuchungen

Das OLG Oldenburg verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurück. Dabei soll geklärt werden, ob die bei dem Betroffenen festgestellten Cannabinoid-Werte tatsächlich auf einer bestimmungsgemäßen Einnahme des verschriebenen Medikaments beruhten. Das Gericht empfahl die Einholung eines Sachverständigengutachtens, um diese Frage zu klären.

Dieser Fall verdeutlicht die komplexe Rechtslage bei der Verwendung von medizinischem Cannabis im Straßenverkehr und zeigt, dass eine ärztliche Verordnung unter Umständen vor strafrechtlichen Konsequenzen schützen kann.


Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung verdeutlicht die schützende Wirkung der „Medikamentenklausel“ für Patienten mit ärztlich verschriebenem Cannabis im Straßenverkehr. Sie betont die ärztliche Verantwortung bei der Verschreibung und entlastet den Patienten von der Pflicht, die Rechtmäßigkeit der Verordnung zu prüfen. Gleichzeitig zeigt der Fall die Notwendigkeit, die bestimmungsgemäße Einnahme des Medikaments im Einzelfall zu überprüfen, um einen Missbrauch der Klausel auszuschließen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie medizinisches Cannabis verschrieben bekommen haben und am Straßenverkehr teilnehmen, stärkt dieses Urteil Ihre Position. Es zeigt, dass ein gültiger Cannabis-Pass Sie vor Strafen schützen kann, selbst wenn Cannabinoide in Ihrem Blut nachgewiesen werden. Allerdings müssen Sie das Medikament bestimmungsgemäß einnehmen. Beachten Sie, dass die Art der Verschreibung – ob persönlich oder telefonisch – für Sie als Patient zunächst keine Rolle spielt. Im Zweifelsfall kann ein Sachverständigengutachten nötig sein, um die korrekte Einnahme zu bestätigen. Halten Sie daher Ihre Verschreibungen und Dosierungsanweisungen stets griffbereit und informieren Sie sich über die genaue Anwendung Ihres Medikaments.


FAQ – Häufige Fragen

In unserer FAQ-Rubrik finden Sie wertvolle Informationen zu häufig gestellten Fragen rund um das Thema medizinisches Cannabis und Fahrerlaubnisrecht. Hier erhalten Sie prägnante Antworten zu rechtlichen Rahmenbedingungen, Nutzungsmöglichkeiten und möglichen Auswirkungen auf Ihre Fahrerlaubnis. Tauchen Sie ein in die aktuellen rechtlichen Aspekte und gewinnen Sie Klarheit zu einem oft kontrovers diskutierten Thema.

 

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um sich auf die Medikamentenklausel bei der Nutzung von medizinischem Cannabis im Straßenverkehr zu berufen?

Um sich auf die Medikamentenklausel bei der Nutzung von medizinischem Cannabis im Straßenverkehr berufen zu können, müssen Sie mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllen:

Ärztliche Verordnung

Eine gültige ärztliche Verordnung für medizinisches Cannabis ist die Grundvoraussetzung. Diese Verordnung muss von einem approbierten Arzt ausgestellt sein und sich auf Ihre spezifische Erkrankung beziehen. Wenn Sie medizinisches Cannabis einnehmen, sollten Sie stets eine Kopie des Rezepts oder ein ausführliches ärztliches Attest bei sich führen.

Bestimmungsgemäße Einnahme

Die Einnahme des medizinischen Cannabis muss bestimmungsgemäß erfolgen. Das bedeutet, Sie müssen sich genau an die vom Arzt verordnete Dosierung und Einnahmeform halten. Eine Überschreitung der verschriebenen Dosis oder eine Einnahme zu anderen als den verordneten Zwecken kann dazu führen, dass Sie sich nicht mehr auf die Medikamentenklausel berufen können.

Keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit

Trotz der Einnahme von medizinischem Cannabis müssen Sie in der Lage sein, das Fahrzeug sicher zu führen. Die Medikamentenklausel schützt Sie nicht, wenn Sie aufgrund der Cannabiseinnahme fahruntüchtig sind. Vor jeder Fahrt sind Sie verpflichtet, Ihre Fahrtüchtigkeit selbst kritisch einzuschätzen.

Einhaltung der Wartezeit

Wenn Ihr Arzt eine Wartezeit zwischen der Einnahme des medizinischen Cannabis und dem Führen eines Fahrzeugs empfohlen hat, müssen Sie diese unbedingt einhalten. In der Regel wird eine Wartezeit von etwa drei Stunden empfohlen, um sicherzustellen, dass die akuten Wirkungen des Cannabis abgeklungen sind.

Dokumentation und Nachweis

Im Falle einer Verkehrskontrolle müssen Sie in der Lage sein, Ihre medizinische Cannabisnutzung nachzuweisen. Es ist ratsam, neben dem Rezept oder ärztlichen Attest auch ein Fahrtenbuch zu führen, in dem Sie Ihre Einnahmen und Fahrten dokumentieren. Dies kann bei späteren Überprüfungen hilfreich sein.

Keine Mischung mit anderen Substanzen

Die Medikamentenklausel gilt nur für die verordnete Einnahme von medizinischem Cannabis. Wenn Sie zusätzlich Alkohol oder andere Drogen konsumieren, können Sie sich nicht mehr auf diese Ausnahmeregelung berufen.

Wenn Sie diese Voraussetzungen erfüllen, können Sie sich im Falle einer Kontrolle auf die Medikamentenklausel berufen. Beachten Sie jedoch, dass die endgültige Entscheidung über Ihre Fahrtüchtigkeit im Einzelfall von den Behörden getroffen wird. Die Medikamentenklausel bietet Ihnen als Cannabispatient zwar einen gewissen Schutz, entbindet Sie aber nicht von der Verantwortung, nur dann zu fahren, wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen.


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Wie kann man nachweisen, dass die festgestellten Cannabinoid-Werte auf der bestimmungsgemäßen Einnahme von medizinischem Cannabis beruhen?

Um nachzuweisen, dass festgestellte Cannabinoid-Werte von der bestimmungsgemäßen Einnahme medizinischen Cannabis stammen, können Sie folgende Dokumente und Nachweise vorlegen:

Ärztliche Verordnung und Rezept

Das wichtigste Dokument ist die ärztliche Verordnung oder das Rezept für medizinisches Cannabis. Führen Sie stets eine Kopie des aktuellen Rezepts mit sich, wenn Sie am Straßenverkehr teilnehmen. Dies belegt, dass Sie Cannabis legal und unter ärztlicher Aufsicht einnehmen.

Ärztliche Bescheinigung

Eine zusätzliche ärztliche Bescheinigung kann hilfreich sein. Darin sollte Ihr behandelnder Arzt die Notwendigkeit der Cannabistherapie, die verordnete Dosierung und die Einnahmeempfehlungen detailliert darlegen. Diese Bescheinigung sollte auch Angaben zur Fahrtüchtigkeit unter der verordneten Dosierung enthalten.

Einnahmeprotokoll

Führen Sie ein genaues Protokoll über Ihre Cannabiseinnahme. Notieren Sie Datum, Uhrzeit und Dosierung jeder Einnahme. Ein solches Protokoll kann bei einer Kontrolle die bestimmungsgemäße Einnahme belegen und zeigen, dass Sie verantwortungsvoll mit der Medikation umgehen.

Laborergebnisse

Wenn Sie regelmäßige Blutuntersuchungen durchführen lassen, können diese Laborergebnisse ebenfalls als Nachweis dienen. Sie zeigen den typischen Verlauf Ihrer Cannabinoid-Werte unter der verordneten Therapie.

Patientenausweis

Einige Ärzte oder Apotheken stellen spezielle Patientenausweise für Cannabispatienten aus. Dieser Ausweis kann bei einer Verkehrskontrolle schnell vorgezeigt werden und bestätigt Ihren Status als Patient mit medizinischer Cannabisverordnung.

Wenn Sie diese Dokumente bei sich führen und vorzeigen können, erleichtern Sie im Falle einer Kontrolle den Nachweis, dass die festgestellten Cannabinoid-Werte auf einer legalen, ärztlich verordneten Einnahme beruhen. Beachten Sie jedoch, dass die bestimmungsgemäße Einnahme allein nicht automatisch Ihre Fahrtüchtigkeit garantiert. Sie müssen stets selbst einschätzen, ob Sie in der Lage sind, sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.


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Welchen Einfluss hat eine ärztliche Verordnung auf mögliche Geldbußen und Fahrverbote im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis?

Eine ärztliche Verordnung von medizinischem Cannabis kann erheblichen Einfluss auf mögliche Geldbußen und Fahrverbote haben. Die sogenannte „Medikamentenklausel“ im § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG schließt die Strafbarkeit aus, wenn das Cannabis aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

Auswirkungen auf Geldbußen

Wenn Sie medizinisches Cannabis ärztlich verordnet bekommen haben und es bestimmungsgemäß einnehmen, sind Sie grundsätzlich vor Geldbußen nach § 24a StVG geschützt. Dies bedeutet, dass Sie nicht automatisch mit einem Bußgeld rechnen müssen, wenn bei einer Verkehrskontrolle THC in Ihrem Blut nachgewiesen wird. Allerdings müssen Sie in der Lage sein, die ärztliche Verordnung nachzuweisen, beispielsweise durch Vorlage des Rezepts oder einer ärztlichen Bescheinigung.

Einfluss auf Fahrverbote

Auch hinsichtlich möglicher Fahrverbote kann eine ärztliche Verordnung von Cannabis schützend wirken. Solange Sie das Medikament wie verschrieben einnehmen und Ihre Fahrtüchtigkeit nicht beeinträchtigt ist, droht Ihnen in der Regel kein Fahrverbot. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Sie trotz ärztlicher Verordnung eigenverantwortlich einschätzen müssen, ob Sie in der Lage sind, sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.

Grenzen des Schutzes

Der Schutz durch die ärztliche Verordnung hat Grenzen. Wenn Sie trotz Medikation Ausfallerscheinungen zeigen oder in Schlangenlinien fahren, können Sie dennoch wegen Trunkenheit im Verkehr oder Straßenverkehrsgefährdung belangt werden. In solchen Fällen schützt Sie die ärztliche Verordnung nicht vor strafrechtlichen Konsequenzen oder einem Fahrverbot.

Bedeutung der bestimmungsgemäßen Einnahme

Entscheidend ist, dass Sie das Cannabis genau nach ärztlicher Anweisung einnehmen. Eine Überdosierung oder missbräuchliche Verwendung kann dazu führen, dass der Schutz der Medikamentenklausel entfällt. In einem solchen Fall drohen Ihnen dieselben Konsequenzen wie bei illegalem Cannabiskonsum, einschließlich Geldbußen und Fahrverboten.

Empfehlungen für den Straßenverkehr

Wenn Sie medizinisches Cannabis verordnet bekommen haben und am Straßenverkehr teilnehmen möchten, sollten Sie stets Ihr Rezept oder eine ärztliche Bescheinigung mit sich führen. Im Falle einer Verkehrskontrolle können Sie so nachweisen, dass Sie das Cannabis aus medizinischen Gründen einnehmen. Zudem ist es ratsam, besonders in der Eingewöhnungsphase vorsichtig zu sein und Ihre Fahrtüchtigkeit kritisch zu hinterfragen.


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Was sind die Verantwortlichkeiten des Arztes bei der Verschreibung von medizinischem Cannabis und wie beeinflusst dies die rechtlichen Konsequenzen für Patienten?

Bei der Verschreibung von medizinischem Cannabis trägt der Arzt eine besondere Verantwortung, die sich direkt auf die rechtliche Situation des Patienten auswirkt. Als Patient sollten Sie folgende Aspekte beachten:

Ärztliche Sorgfaltspflicht

Ihr Arzt muss vor der Verschreibung von medizinischem Cannabis sorgfältig prüfen, ob diese Therapie für Sie geeignet ist. Er hat die Pflicht, Sie über mögliche Nebenwirkungen und Risiken aufzuklären, insbesondere im Hinblick auf Ihre Fahrtüchtigkeit. Diese Aufklärung ist entscheidend für Ihre rechtliche Absicherung im Straßenverkehr.

Dosierung und Einnahmeempfehlung

Der Arzt legt die individuelle Dosierung fest und gibt Ihnen genaue Anweisungen zur Einnahme. Diese Vorgaben sind für Sie bindend. Wenn Sie sich nicht daran halten, riskieren Sie den Verlust des rechtlichen Schutzes durch die Medikamentenklausel im Straßenverkehrsgesetz.

Regelmäßige Kontrollen

Ihr Arzt ist verpflichtet, die Wirkung des medizinischen Cannabis regelmäßig zu überprüfen. Diese Kontrollen dienen dazu, die Dosierung anzupassen und mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Nehmen Sie diese Termine unbedingt wahr, da sie Ihre Fahrtauglichkeit beeinflussen können.

Dokumentation und Bescheinigungen

Für Ihre rechtliche Sicherheit ist es wichtig, dass Ihr Arzt die Behandlung sorgfältig dokumentiert. Er sollte Ihnen eine Bescheinigung ausstellen, die Sie im Straßenverkehr mitführen können. Diese Bescheinigung kann im Falle einer Kontrolle Ihre ordnungsgemäße Einnahme belegen.

Aufklärung über rechtliche Konsequenzen

Ihr Arzt sollte Sie darüber informieren, dass Sie trotz der Medikamentenklausel nicht automatisch fahrtüchtig sind. Er muss Sie darauf hinweisen, dass Sie vor jeder Fahrt Ihre Fahrtüchtigkeit selbst einschätzen müssen. Wenn Sie sich unsicher fühlen oder Nebenwirkungen bemerken, dürfen Sie nicht fahren.

Einfluss auf Ihre rechtliche Situation

Die sorgfältige Erfüllung der ärztlichen Pflichten hat direkten Einfluss auf Ihre rechtliche Situation:

  • Ordnungsgemäße Verschreibung: Nur wenn Ihr Arzt alle Sorgfaltspflichten erfüllt, können Sie sich im Falle einer Verkehrskontrolle auf die Medikamentenklausel berufen.
  • Nachweis der bestimmungsgemäßen Einnahme: Die ärztliche Dokumentation und Bescheinigung sind entscheidend, um bei einer Kontrolle nachzuweisen, dass Sie das Cannabis als Medikament und nicht missbräuchlich konsumieren.
  • Schutz vor strafrechtlichen Konsequenzen: Wenn Sie die ärztlichen Anweisungen genau befolgen und dies nachweisen können, sind Sie vor strafrechtlicher Verfolgung wegen Fahrens unter Drogeneinfluss geschützt.

Beachten Sie, dass die Verantwortung des Arztes Ihre eigene Verantwortung im Straßenverkehr nicht ersetzt. Sie müssen stets selbst einschätzen, ob Sie fahrtüchtig sind. Im Zweifelsfall sollten Sie auf das Führen eines Fahrzeugs verzichten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.


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Welche Schritte sollten unternommen werden, um sich rechtlich bei einem Verstoß gegen das Straßenverkehrsgesetz im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis zu verteidigen?

Bei einem Verstoß gegen das Straßenverkehrsgesetz im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis sollten Sie folgende Schritte unternehmen:

Dokumentation der medizinischen Verordnung

Bewahren Sie stets eine Kopie Ihres aktuellen Cannabisrezepts und eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit der Einnahme bei sich. Diese Dokumente können bei einer Verkehrskontrolle oder im Falle eines Verfahrens als wichtige Beweismittel dienen. Notieren Sie sich zudem genau, wann und in welcher Dosierung Sie das Medikament eingenommen haben.

Blutprobe und Gegengutachten

Wenn Sie zu einer Blutprobe aufgefordert werden, bestehen Sie auf einer zweiten Blutprobe für ein mögliches Gegengutachten. Diese kann später von einem unabhängigen Labor untersucht werden, um die Ergebnisse der polizeilichen Untersuchung zu überprüfen.

Protokollierung des Vorfalls

Fertigen Sie unmittelbar nach dem Vorfall ein detailliertes Gedächtnisprotokoll an. Notieren Sie den genauen Ablauf der Kontrolle, die Namen der beteiligten Beamten und eventuelle Zeugen. Achten Sie besonders darauf, ob die Polizei Auffälligkeiten in Ihrem Fahrverhalten oder körperliche Ausfallerscheinungen festgestellt hat.

Einholung eines medizinischen Gutachtens

Lassen Sie sich von Ihrem behandelnden Arzt ein ausführliches Gutachten über Ihre Erkrankung, die Notwendigkeit der Cannabistherapie und Ihre Fahrtauglichkeit ausstellen. Dieses Gutachten kann in einem möglichen Verfahren von großer Bedeutung sein.

Überprüfung der Messverfahren

Hinterfragen Sie die verwendeten Messverfahren und -geräte. Informieren Sie sich über mögliche Fehlerquellen bei THC-Messungen und lassen Sie die Kalibrierung und korrekte Anwendung der Messgeräte überprüfen.

Berufung auf die Medikamentenklausel

Berufen Sie sich auf die Medikamentenklausel des § 24a Abs. 2 Satz 3 StVG. Diese besagt, dass keine Ordnungswidrigkeit vorliegt, wenn das Cannabis als Medikament verschrieben und bestimmungsgemäß eingenommen wurde. Weisen Sie nach, dass Sie das Medikament gemäß der ärztlichen Verordnung eingenommen haben.

Sammlung von Beweisen zur Fahrtüchtigkeit

Sammeln Sie Beweise, die Ihre Fahrtüchtigkeit zum Zeitpunkt der Kontrolle belegen. Dazu können Zeugenaussagen von Mitfahrern oder Personen, die Sie kurz vor oder nach der Fahrt gesehen haben, dienen. Dokumentieren Sie auch Ihre regelmäßigen Aktivitäten und Arbeitsleistungen, um Ihre allgemeine Leistungsfähigkeit zu demonstrieren.

Wenn Sie diese Schritte befolgen, schaffen Sie eine solide Grundlage für Ihre rechtliche Verteidigung. Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell ist und die spezifischen Umstände berücksichtigt werden müssen.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Cannabis-Pass: Ein Cannabis-Pass ist ein Dokument, das Patienten mit bestimmten gesundheitlichen Beschwerden erlaubt, medizinisches Cannabis legal zu konsumieren. Er dient als Nachweis dafür, dass die Verwendung von Cannabis auf einer ärztlichen Verschreibung basiert. In rechtlichen Auseinandersetzungen kann der Cannabis-Pass als Beweis dafür dienen, dass der Patient das Medikament bestimmungsgemäß eingenommen hat. Beispielsweise schützt er einen Patienten im Straßenverkehr vor Strafen, selbst wenn nachgewiesene Cannabinoide im Blut vorhanden sind, solange die Einnahme medizinisch gerechtfertigt ist.
  • Medikamentenklausel: Die Medikamentenklausel ist eine Regelung im Verkehrsrecht, die besagt, dass Fahrer nicht bestraft werden können, wenn die nachgewiesene berauschende Substanz aus der bestimmten medizinischen Einnahme eines verschriebenen Medikaments stammt. Diese Klausel schützt Patienten, die aus medizinischen Gründen auf Betäubungsmittel wie Cannabis angewiesen sind, vor strafrechtlichen Konsequenzen beim Fahren. Zum Beispiel kann ein Patient mit einem gültigen Cannabis-Pass trotz eines positiven Drogentests strafrechtlich nicht belangt werden, wenn er nachweisen kann, dass er das Medikament korrekt eingenommen hat.
  • Bestimmungsgemäße Einnahme: Die bestimmungsgemäße Einnahme beschreibt die ordnungsgemäße und geplante Verwendung eines Arzneimittels entsprechend der ärztlichen Verschreibung. Bei medizinischem Cannabis ist es entscheidend, dass der Patient die empfohlenen Dosierungen einhält und das Medikament für den vorgesehenen Zweck verwendet. Ein Beispiel dafür wäre, dass ein Patient bei ADHS Cannabis nur während der Einnahmezeiten konsumiert, die der Arzt festgelegt hat. Bei einem positiven Drogentest muss der Nachweis erbracht werden, dass die Werte aus der bestimmungsgemäßen Einnahme resultieren, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
  • Ärztliche Verantwortung: Die ärztliche Verantwortung bezieht sich auf die Pflicht des Arztes, sicherzustellen, dass die Verschreibung von Medikamenten medizinisch notwendig und korrekt erfolgt. Dies umfasst auch das gründliche Prüfen der Gesundheit des Patienten und das Berücksichtigen aller relevanten Faktoren, bevor ein Medikament verschrieben wird. Bei medizinischem Cannabis muss der Arzt die Indikation für die Verwendung erkennen und sicherstellen, dass der Patient regelmäßig betreut wird. In Streitfällen kann diese Verantwortung entscheidend dafür sein, ob der Patient von rechtlichen Konsequenzen entlastet wird.
  • Sachverständigengutachten: Ein Sachverständigengutachten ist ein fachkundiges Gutachten, das auf Anforderung des Gerichts erstellt wird, um eine spezielle Fragestellung zu klären, die Expertenwissen erfordert. Im Kontext des hier diskutierten Falls kann ein solches Gutachten Aufschluss darüber geben, ob die im Blut des Patienten nachgewiesenen Cannabinoide tatsächlich aus der bestimmungsgemäßen Einnahme des Medikaments stammen. Diese Gutachten sind wichtig, um die Gerichte bei Entscheidungen über mutmaßliche Verstöße gegen das Recht zu unterstützen und in Zweifelsfällen eine objektive Bewertung zu ermöglichen.
  • Fahrerlaubnisentzug: Ein Fahrerlaubnisentzug ist eine Maßnahme, bei der einem Fahrer das Recht entzogen wird, ein Fahrzeug zu führen. Dies kann aufgrund von verschiedenen Gründen geschehen, wie beispielsweise dem Nachweis von Drogenkonsum hinter dem Steuer oder anderen schweren Verstößen gegen die Verkehrsregeln. Ein Fahrerlaubnisentzug beeinflusst das tägliche Leben erheblich, da der Betroffene keine Fahrzeuge mehr fahren darf. Im Kontext der Medikamentenklausel bedeutet dies, dass Patienten, die Cannabis aus medizinischen Gründen nutzen, besonderen Schutz genießen, solange sie nachweisen können, dass sie das Medikament ordnungsgemäß und medizinisch notwendig verwendet haben.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 24a StVG (Straßenverkehrsgesetz): Dieser Paragraph regelt den Umgang mit der Einnahme von Betäubungsmitteln im Straßenverkehr. Insbesondere wird hier die sogenannte „Medikamentenklausel“ angesprochen, die besagt, dass ein Fahrer nicht bestraft werden kann, wenn die berauschende Wirkung auf die bestimmungsgemäße Einnahme eines medizinisch verschriebenen Arzneimittels zurückzuführen ist. Im vorliegenden Fall konnte der Betroffene geltend machen, dass sein Konsum von Cannabis auf eine ärztliche Verordnung zurückgeht.
  • § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG (Betäubungsmittelgesetz): Hier wird das Verbot behandelt, Betäubungsmittel zu verwenden, es sei denn, die Verwendung ist medizinisch gerechtfertigt. Es muss geprüft werden, ob der Behandlungszweck auch ohne das in Frage stehende Betäubungsmittel erreicht werden konnte. Der Fall zeigt, dass die Feststellungen des Amtes bezüglich der Angemessenheit der Verschreibung des Cannabis nicht ausreichend klar sind, um einen Verstoß gegen dieses Gesetz zu belegen.
  • § 9 Abs. 1 Nr. 5 BtMVV (Betäubungsmittelverkehrsverordnung): Diese Vorschrift regelt die Anforderungen an die Verschreibung von Betäubungsmitteln, einschließlich der Pflicht zur Angabe von Dosierungen. Im konkreten Fall wird angeführt, dass bei der letzten Verschreibung keine Dosierung angegeben wurde, was einen Verstoß darstellen könnte. Trotzdem bleibt offen, ob dem Betroffenen bekannt war, dass diese Information erforderlich war.
  • § 79 Abs. 1 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Dieser Paragraph betrifft die Regelung der Rechtsbeschwerde im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten. Der Betroffene hat hier eine zulässige Rechtsbeschwerde eingelegt, die als begründet angesehen wurde. Dies ist entscheidend, da es zeigt, dass die vorangegangene Verurteilung möglicherweise nicht rechtmäßig war.
  • Ärztliche Verantwortung: Die allgemeine rechtliche Verantwortung eines Arztes bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln ist von großer Bedeutung, insbesondere in Bezug auf die Indikationsstellung. Der Arzt muss sicherstellen, dass die Verschreibung medizinisch notwendig ist und dass er die Patienten angemessen untersucht. Im vorliegenden Fall wird die angestellte Kritik des Amtsgerichts bezüglich der Sorgfalt des Arztes erörtert, das Urteil lässt jedoch die Frage offen, ob der Arzt korrekt gehandelt hat, was entscheidend für die Entlastung des Betroffenen sein könnte.

Das vorliegende Urteil

 

OLG Oldenburg – Az.: 2 ORbs 16/23 (660 Js 40646/22) – Beschluss vom 14.03.2023


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