Kfz-Halter vs. Fahrzeugführer: Rechtliche Herausforderungen bei Verkehrsverstößen
In der Welt des Verkehrsrechts gibt es viele Nuancen und Feinheiten, die oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen können. Ein solcher Fall wurde kürzlich vor dem AG Tiergarten verhandelt, wobei es um den Halt- oder Parkverstoß eines Fahrzeugführers und die Kostentragungspflicht des Kfz-Halters ging.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die rechtzeitige Befragung des Fahrzeughalters ist entscheidend, wenn es darum geht, ihm die Kosten und Auslagen eines Halt- oder Parkverstoßes aufzuerlegen.
- Das Urteil betrifft den Halt- oder Parkverstoß eines Fahrzeugführers und die Kostentragungspflicht des Kfz-Halters.
- Laut § 25a Abs. 1 StVG muss der Fahrzeughalter innerhalb von zwei Wochen befragt werden, bevor ihm Kosten und Auslagen auferlegt werden.
- Im besprochenen Fall wurde die Anhörung des Betroffenen nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist durchgeführt.
- Das Gericht entschied, dass die Kosten und Auslagen nicht auf den Fahrzeughalter übertragen werden konnten, da die rechtzeitige Befragung nicht stattfand.
- Die Verwaltungsbehörde muss ihre Entscheidungspraxis überdenken, um Ressourcen der Justiz und die Kasse des Landes Berlin nicht unnötig zu belasten. -Das Gericht stützte seine Entscheidung auf frühere Urteile und Rechtsansichten.
- Die Kostenentscheidung basiert auf § 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG i.V.m. 473 Abs. 1 StPO.
- Die Entscheidung des Gerichts ist endgültig und nicht anfechtbar.
Übersicht
Wer trägt die Kosten bei einem Verstoß?

Der Kern des Falles drehte sich um die Frage, wer die Kosten und Auslagen nach einem Halt- oder Parkverstoß tragen sollte. Laut § 25a Abs. 1 StVG muss der Fahrzeughalter rechtzeitig befragt werden, bevor ihm die Kosten und Auslagen auferlegt werden. Diese Befragung sollte grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Im vorliegenden Fall argumentierte der Betroffene, dass seine Anhörung nicht innerhalb dieser Zwei-Wochen-Frist, sondern erst mit einem Schreiben vom 28.12.15 erfolgte, obwohl die Ordnungswidrigkeit bereits am 15.10.15 begangen wurde.
Rechtliche Herausforderungen und Interpretationen
Das rechtliche Problem und die Herausforderung in diesem Fall lagen in der Interpretation und Anwendung des § 25a Abs. 1 StVG. Es ging darum, ob der Fahrzeughalter rechtzeitig befragt wurde und ob die Kosten und Auslagen korrekt auf ihn übertragen wurden. Die Zusammenhänge sind klar: Wenn der Fahrzeughalter nicht rechtzeitig befragt wird, kann er argumentieren, dass er nicht für die Kosten des Verstoßes verantwortlich gemacht werden sollte.
Das Urteil des Gerichts
Das Gericht entschied zugunsten des Betroffenen. Es wurde festgestellt, dass die rechtzeitige Befragung des Fahrzeughalters nicht erfolgt war und daher die Kosten und Auslagen nicht auf ihn übertragen werden konnten. Das Gericht hob den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 21.3.16 auf und entschied, dass die Kasse des Landes Berlin die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen tragen muss.
Schlussfolgerungen und Auswirkungen des Urteils
Die Entscheidung des Gerichts basierte auf der Interpretation des § 25a Abs. 1 StVG und der Tatsache, dass der Fahrzeughalter nicht rechtzeitig befragt wurde. Es wurde auch auf frühere Entscheidungen und Rechtsansichten verwiesen, die die Position des Betroffenen stützten. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Verwaltungsbehörde ihre Entscheidungspraxis überdenken muss, da sie die Ressourcen der Justiz und die Kasse des Landes Berlin nicht unnötig belasten sollte. Das Fazit dieses Urteils ist, dass die rechtzeitige Befragung des Fahrzeughalters von entscheidender Bedeutung ist, wenn es darum geht, ihm die Kosten und Auslagen eines Halt- oder Parkverstoßes aufzuerlegen. Das Gericht hat klargestellt, dass die Rechte des Fahrzeughalters geschützt werden müssen und dass die Verwaltungsbehörden sicherstellen müssen, dass sie die gesetzlichen Bestimmungen korrekt anwenden.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Halt- oder Parkverstoß gemäß § 25a Abs. 1 StVG
Gemäß § 25a Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) kann die Verwaltungsbehörde dem Halter eines Fahrzeugs die Kosten des Bußgeldverfahrens auferlegen, wenn ein Halt- oder Parkverstoß festgestellt wird und der Fahrer, der den Verstoß begangen hat, nicht innerhalb der Verfolgungsfrist ermittelt werden kann. Dieser Abschnitt des Gesetzes bezieht sich ausschließlich auf den ruhenden Verkehr und nicht auf den fließenden Verkehr. Das bedeutet, dass die Regelung nur bei Halt- oder Parkverstößen und nicht bei Verstößen im fließenden Verkehr Anwendung findet.
Für den Parkverstoß haftet grundsätzlich der Fahrer und nicht der Fahrzeughalter. Die Behörde muss daher den Fahrer ermitteln, um den Parkverstoß ahnden zu können. Wenn die Behörde den Fahrer nicht ermitteln kann, kann der Parkverstoß nicht geahndet werden. Allerdings kann in solchen Fällen der Fahrzeughalter für die Kosten des Verfahrens herangezogen werden, wenn der verantwortliche Fahrer nicht oder nur unter unangemessenem Aufwand ermittelt werden kann.
Es besteht für den Halter die Möglichkeit, gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Dies kann relevant sein, wenn der Halter nachweisen kann, dass er nicht der Fahrer zum Zeitpunkt des Verstoßes war oder wenn er den tatsächlichen Fahrer benennen kann.
Die Regelung soll sicherstellen, dass die Kosten des Verfahrens gedeckt sind, insbesondere in Fällen, in denen der verantwortliche Fahrer nicht ermittelt werden kann. Oftmals ist es bei Parkverstößen schwierig, den verantwortlichen Fahrer zu ermitteln, weshalb die Möglichkeit besteht, dem Halter des Fahrzeugs die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Halterkostenbescheid ist ein Instrument, um die Verfahrenskosten bei Halt- oder Parkverstößen zu decken, wenn der verantwortliche Fahrer nicht ermittelt werden kann. Die Regelung unter § 25a StVG ist dabei auf den ruhenden Verkehr beschränkt.
- Kostentragungspflicht des Kfz-Halters: Die Kostentragungspflicht des Kfz-Halters bezieht sich auf die gesetzliche Verpflichtung des Halters eines Kraftfahrzeugs, die Kosten und Auslagen zu tragen, die im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) entstehen. Dies kann beispielsweise bei Verstößen wie falschem Parken, Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Nichtbeachtung von Verkehrsschildern der Fall sein. Der Halter muss auch dann für die Kosten aufkommen, wenn er nicht selbst der Fahrer war, es sei denn, er kann nachweisen, dass er nicht in der Lage war, den Verstoß zu verhindern.
- Rechtzeitige Befragung des Fahrzeughalters: Die rechtzeitige Befragung des Fahrzeughalters ist ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit der Kostentragungspflicht. Nach einem Verkehrsverstoß müssen die Behörden den Halter eines Fahrzeugs in der Regel innerhalb einer bestimmten Frist befragen, um festzustellen, wer zum Zeitpunkt des Verstoßes das Fahrzeug geführt hat. Wenn diese Frist nicht eingehalten wird, kann das Konsequenzen für das Verfahren haben und gegebenenfalls dazu führen, dass der Halter nicht zur Zahlung der Kosten herangezogen werden kann.
- Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung: Wenn ein Kfz-Halter mit einem Kostenbescheid nicht einverstanden ist, hat er das Recht, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen. Mit diesem Schritt kann der Betroffene das Gericht dazu auffordern, den Fall zu prüfen und eine Entscheidung zu treffen. Dies kann beispielsweise dann relevant sein, wenn der Halter der Meinung ist, dass die rechtzeitige Befragung nicht stattgefunden hat oder dass er nicht in der Lage war, den Verkehrsverstoß zu verhindern. Die gerichtliche Entscheidung kann dann dazu führen, dass der Kostenbescheid aufgehoben oder abgeändert wird.
§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil:
- Straßenverkehrsrecht: Das Straßenverkehrsrecht in Deutschland regelt die Nutzung von Straßen und Verkehrswegen sowie die damit verbundenen Vorschriften und Regeln. Im vorliegenden Fall ist insbesondere die Straßenverkehrsordnung (StVO) relevant, die die Grundlage für Verkehrsregeln und -vorschriften bildet.
- Kostenbescheid und Kostentragungspflicht: Dies bezieht sich auf die rechtlichen Bestimmungen, die festlegen, wer die Kosten und Auslagen im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die StVO tragen muss. In diesem Fall wird auf § 25a Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) Bezug genommen, der die Kostentragungspflicht des Fahrzeughalters regelt.
- Fristen und rechtzeitige Befragung: Die Rechtsnormen und Regelungen bezüglich Fristen und der rechtzeitigen Befragung des Fahrzeughalters sind von Bedeutung. Hier geht es darum, innerhalb welcher Frist die Behörden den Fahrzeughalter befragen müssen, um die Kostentragungspflicht gemäß § 25a Abs. 1 StVG festzustellen. Es wird betont, dass dies normalerweise innerhalb von zwei Wochen geschehen sollte.
- Rechtsmittel und Anfechtbarkeit: Die Passage am Ende des Textes, die auf die Kostenentscheidung gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) und die Nichtanfechtbarkeit dieser Entscheidung hinweist, weist auf die Möglichkeit von Rechtsmitteln und die rechtliche Bindungswirkung hin. Dieser Bereich des Rechts betrifft die rechtlichen Schritte, die nach einer Entscheidung wie dieser unternommen werden können oder eben nicht.
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Das vorliegende Urteil
AG Tiergarten- Az.: 290 OWi 389/16 – Beschluss vom 27.04.2016
Leitsatz
Die Überbürdung der Kosten und Auslagen nach § 25a Abs. 1 StVG auf den Fahrzeughalter setzt dessen rechtzeitige Befragung voraus, die grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen hat.
1. Auf den Antrag des Betroffenen vom 5.4.16 auf gerichtliche Entscheidung wird der Kostenbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 21.3.16 aufgehoben.
2. Die Kasse des Landes Berlin hat die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen.
Gründe
Zur Begründung seines Antrags macht der Betroffene geltend, seine Anhörung sei nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Begehung der ihm zur Last gelegten Zuwiderhandlung gegen die StVO erfolgt, sondern erst mit Schreiben vom 28.12.15. Die Ordnungswidrigkeit sollte am 15.10.15 begangen worden sein.
Die Auffassung des Betroffenen, nach Ablauf der genannten Frist könne von einem Fahrzeughalter nicht mehr verlangt werden, der Verwaltungsbehörde den Fahrer seines Kraftfahrzeugs zum Tatzeitpunkt mitzuteilen, trifft nach Auffassung des beschließenden Gerichts zu. Der Verwaltungsbehörde ist die Rechtsansicht des Gerichts bereits aus seinem Beschluß vom 4.8.15 – 290 Owi 675/15 – bekannt, worauf der Betroffene über seinen Verteidiger zu Recht hinweist.
Die Überbürdung der Kosten und Auslagen nach § 25 a Abs. 1 StVG auf den Fahrzeughalter setzt dessen rechtzeitige Befragung voraus. Diese hat grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen (vgl. AG Minden, Beschluß vom 14.4.88 – 15 Owi 334/88 -, veröffentlicht bei Juris m.w.N.; AG Bergisch-Gladbach NZV 1989, 366; AG Warendorf DAR 1989, 392; König in Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., 2013, § 25 a, Rdnr. 7m.w.N.). Auf eine etwaige schriftliche Verwarnung am Fahrzeug kann nicht abgestellt werden. Voraussetzung für die Kostenfolge des § 25 a StVG ist vielmehr die rechtzeitige Zusendung des Anhörungsbogens, d.h. dessen Zugang innerhalb von zwei Wochen (vgl. AG Zossen, Beschluß vom 8.2.94 – 10 Owi 52/93 -, bei Juris m.w.N.).
Die Anhörung des Betroffenen erfolgte im vorliegenden Falle nicht etwa nur unwesentlich nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist, sondern erst über zwei Monate nach dem Vorfallstag.
Der Verwaltungsbehörde ist die Rechtsansicht des Amtsgerichts Tiergarten auch aus einer Vielzahl von weiteren Verfahren bekannt. So hat der Polizeipräsident in Berlin nach entsprechender Intervention durch das Amtsgericht Tiergarten – 317 Owi 1528/14 – in dem Verfahren – 58.55.963594.2 – den dort erlassenen Kostenbescheid am 4.2.15 zurückgenommen. Wie das vorliegende Verfahren belegt, wird die Auffassung des Gerichts allerdings in anderen Verfahren, so auch im vorliegenden, ignoriert und an der eigenen Rechtsansicht festgehalten und diese auch der vorliegend angefochtenen Entscheidung vom 21.3.16 zugrundegelegt.
Die Verwaltungsbehörde wird ihre Entscheidungspraxis einer gründlichen Revision zu unterziehen haben, denn sie hat die Pflicht, die Ressourcen der Justiz sowie die Kasse des Landes Berlin nicht mutwillig zu belasten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG i.V.m. 473 Abs. 1 StPO.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 62 Abs. 2 Satz 3 OWiG).