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Geschwindigkeitsüberschreitung: Verteidiger muss Einsicht in die Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgeräts gewährt werden

AG Wennigsen, Az.: 16 OWi 125/13

Beschluss vom 19.06.2013

1.

Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 06.05.2013 wird der Verwaltungsbehörde … aufgegeben, dem Verteidiger des Betroffenen Einsicht in die Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgerätes Riegel LR 90-235/P durch kostenpflichtige Übersendung in dessen Kanzleiräume zum Zwecke des Selbstablichtens zu gewähren.

2.

Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 06.05.2013 als unbegründet zurückgewiesen.

3.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit notwendigen Auslagen des Betroffenen tragen die Verwaltungsbehörde und der Antragsteller jeweils zur Hälfte.

Gründe

Der zulässige Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung hat in der Sache teilweise Erfolg.

1.

Soweit der Verteidiger des Betroffenen Einsicht in die Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgerätes Riegel LR 90-235/P begehrt, ist der Antrag begründet. Nur die Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgerätes ermöglicht es dem Verteidiger, die ordnungsgemäße Inbetriebnahme und Bedienung des Geschwindigkeitsmessgerätes nachzuvollziehen und zu überprüfen, insbesondere diejenigen Polizeibeamten, die die Messung vorgenommen haben, sachgerecht als Zeugen zu der ordnungsgemäßen Durchführung der Messung zu befragen. Hieran ändert nichts, dass es sich vorliegend um ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren und damit um ein vereinheitlichtes technisches Verfahren handelt, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Denn die Annahme eines standardisierten Messverfahrens erfordert nicht, dass die Messung durch ein vollautomatisiertes, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließendes Verfahren durchgeführt wird. Ausreichend ist vielmehr ein durch Normen vereinheitlichtes technisches Verfahren, bei welchem Bedienungs- und Handhabungsfehler der messenden Polizeibeamten jedoch nicht von vornherein ausgeschlossen werden können. Ob die messenden Polizeibeamten das Geschwindigkeitsmessgerät indes entsprechend der Bedienungsanleitung aufgestellt und gebraucht haben, kann nur anhand der Bedienungsanleitung des Messgerätes sachgerecht überprüft und nachvollzogen werden. Dem Verteidiger ist daher – zumindest auf seinen Antrag – Einsicht in die Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgerätes zu gewähren.

Dem stehen urheberrechtliche Gesichtspunkte nicht entgegen. Selbst wenn man der Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgerätes die Eigenschaft als urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne von § 2 UrhG zuspricht, ist es nach § 45 Abs. 1 UrhG gleichwohl zulässig, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde herzustellen oder herstellen zu lassen. Zur Verwertung des Werkes bzw. seiner Vervielfältigung sind dabei insbesondere die Parteien des Verfahrens, aber auch deren Prozess- und Verfahrensbevollmächtigte und die sonstigen am Verfahren Beteiligten (Gutachter, Zeugen etc.) berechtigt.

2.

Soweit der Betroffene darüber hinaus Einsicht in die Lebensakte bzw. Auskunft über Reparaturen und Wartungen des Geschwindigkeitsmessgerätes begehrt, war der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hingegen zurückzuweisen. Gerichtsbekannt werden sog. Lebensakten nicht mehr geführt. Für die Auskunft über Reparaturen und Wartungen besteht kein Bedürfnis, da die Ordnungsgemäßheit der Messeinrichtung als solche durch die Eichung hinreichend dokumentiert ist. Insoweit bedarf es erst bei Vorliegen konkreter Zweifel weitergehender Ermittlungen hinsichtlich etwaiger Reparaturen.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 62 Abs. 2 Satz 2 OWiG i. v. m. § 473 StPO.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 62 Abs. 2 Satz 3 OWiG).

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