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Geschwindigkeitsüberschreitung – Fahrverbotswegfall bei Zeitablauf

OLG Dresden – Az.: OLG 23 Ss 80/19 (B) – Beschluss vom 11.03.2019

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Zittau vom 09. Oktober 2018 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass das angeordnete Fahrverbot entfällt.

2. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

I.

Mit Bußgeldbescheid des Landkreises Görlitz – Landratsamt – vom 24. Januar 2017 wurde gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße in Höhe von 160,00 € verhängt sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat unter Zubilligung einer Abgabefrist für den Führerschein von vier Monaten angeordnet.

Dagegen hat der Betroffene Einspruch eingelegt, welchen er mit Schriftsatz vom 06. März 2018 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.

Das Amtsgericht Zittau hat den Betroffenen, nachdem das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2018 durch Senatsbeschluss vom 21. August 2018 auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden war, durch Urteil vom 09. Oktober 2018 wegen fahrlässiger Überschreitung der innerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160,00 € verurteilt sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt, welches erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Hiergegen hat der Betroffene durch seinen Verteidiger form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt, mit welcher er den Wegfall des Fahrverbotes begehrt und die Verletzung materiellen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts Zittau vom 09. Oktober 2018 aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Amtsgericht Zittau zurückzuverweisen.

II.

Die zulässige und auf die Sachrüge gestützte Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat Erfolg. Der – nach wirksamer Einspruchsbeschränkung auf die Rechtsfolge einzig noch verfahrensgegenständliche – Rechtsfolgenausspruch hält hinsichtlich des verhängten Fahrverbotes rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Verhängung des Fahrverbotes war deshalb aufzuheben. Der Senat entscheidet diesbezüglich in der Sache selbst (§ 79 Abs. 6 OWiG), da bei einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht keine weiteren Feststellungen, die für den Rechtsfolgenausspruch wesentlich sind, zu erwarten sind.

Das Fahrverbot nach § 25 StVG hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt (vgl. BVerfGE 27, 36, 42; OLG Brandenburg, Beschluss vom 26. Februar 2019, Az.: (1B) 53-Ss-Owi-608/18 – juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. Januar 2017, Az.: 2 Ss 762/16 – juris). Von ihm soll eine warnende Wirkung auf den Betroffenen ausgehen und ihn anhalten, sich künftig verkehrsordnungsgemäß zu verhalten. Das Fahrverbot kann deshalb seinen Sinn verlieren, wenn die zu ahndende Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände auch außerhalb des Einflussbereiches des Betroffenen liegen und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten des Betroffenen im Straßenverkehr festgestellt worden ist (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O., m.w.N.). Wann bei langer Verfahrensdauer der Zeitablauf entweder allein oder zusammen mit anderen Umständen ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen kann, ist zwar grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls, die einen gewissen Beurteilungsspielraum eröffnet. In der obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat, ist allerdings die Tendenz erkennbar, den Sinn eines Fahrverbotes in Frage zu stellen, wenn die zu ahndende Tat mehr als zwei Jahre zurückliegt.

Hier liegen zwischen der dem Betroffenen zur Last gelegten Tat vom 28. September 2016 und der Verurteilung durch des Amtsgerichts Zittau vom 09. Oktober 2018 mehr als zwei Jahre, nämlich zwei Jahre und elf Tage, ohne dass durch den Tatrichter ausweislich der Urteilsgründe in dem Zeitraum ein weiteres Fehlverhalten des Betroffenen im Straßenverkehr festgestellt werden konnte. Zudem beruht die lange Verfahrensdauer auch auf Gründen, die außerhalb des Einflussbereiches des Betroffenen lagen. Denn hätte das erste Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2018 nicht wegen Verletzung des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO durch Senatsbeschluss vom 21. August 2018 aufgehoben werden müssen, hätte der Senat bereits mit vorgenanntem Beschluss eine materiell-rechtliche Überprüfung vornehmen können. Vor diesem Hintergrund erscheint die Anordnung eines Fahrverbotes gegen den Betroffenen nicht mehr geboten, vielmehr konnte das Fahrverbot entfallen.

Im Hinblick auf die Geldbuße hat das Amtsgericht dagegen zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen der Nr. 11.3.6 der Tabelle 1 c der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV vorliegen. Es hat die zur Tatzeit geltende Regelbuße von 160,00 € zu Recht verhängt. Dies wird auch vom Betroffenen mit der Rechtsbeschwerde nicht beanstandet.

Scheidet die Verhängung eines Fahrverbotes wegen Zeitablaufs aus, führt dies auch nicht zur Erhöhung der Geldbuße, vielmehr findet § 4 Abs.4 BKatV insoweit grundsätzlich keine Anwendung (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 07. Mai 2014, Az. 2 SsBs 22/14 – juris; OLG Hamm, Beschluss vom 02. Juli 2007, Az. 3 SsOWi 360/07 – juris).

III.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 3 StPO. Nachdem der Betroffene sein von vornherein mit der Rechtsbeschwerdebegründung erklärtes Ziel, den Wegfall des Fahrverbotes, erreicht hat, erweist sich die Rechtsbeschwerde in vollem Umfang erfolgreich, so dass der Staatskasse die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die insoweit notwendigen Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen waren (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 23. November 2012, Az.: 3 Ss OWi 1576/12 – juris).

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