➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 729 OWi – 262 Js 1751/22 – 110/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Rentnerin (79) mit Tempo-Delikt: Gericht verhängt Bußgeld und Fahrverbot
- ✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Dortmund
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Welche Sanktionen drohen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung?
- Kann ich ein Fahrverbot umgehen, wenn ich die Geldbuße erhöhe?
- Welche Rolle spielt mein Alter bei der Bemessung der Strafe?
- Wie wirkt sich mein Einkommen auf die Höhe des Bußgeldes aus?
- Was kann ich tun, wenn ich die Geschwindigkeitsbegrenzung übersehen habe?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Dortmund
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Die Betroffene hat die zulässige Geschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 46 km/h überschritten.
- Als Sanktion wurde eine Geldbuße von 200 Euro verhängt.
- Zusätzlich wurde ein Fahrverbot von einem Monat ausgesprochen.
- Das Fahrverbot tritt erst in Kraft, wenn der Führerschein abgegeben wird, spätestens jedoch nach vier Monaten.
- Die Betroffene, eine Rentnerin ohne vorherige verkehrsrechtliche Verstöße, führte ein Fahrzeug mit eingeschränkter Geschwindigkeitserlaubnis.
- Das Gericht berücksichtigte, dass die Betroffene keine finanziellen Schwierigkeiten hat, die Geldbuße in einer Summe zu zahlen.
- Die Entscheidung des Gerichts zielte darauf ab, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und die allgemeine Einhaltung der Verkehrsregeln zu fördern.
- Das Urteil betont, dass auch ältere Verkehrsteilnehmer für Geschwindigkeitsüberschreitungen verantwortlich gemacht werden und dies Konsequenzen hat.
Rentnerin (79) mit Tempo-Delikt: Gericht verhängt Bußgeld und Fahrverbot
Geschwindigkeitsüberschreitungen im Straßenverkehr sind ein häufiges Problem und können für Autofahrer ernsthafte rechtliche Konsequenzen haben. Geschwindigkeitskontrollen und Sanktionen wie Bußgelder und Fahrverbote dienen dazu, die Sicherheit auf unseren Straßen zu erhöhen. Dabei spielen das Alter und die Erfahrung der Fahrer häufig eine entscheidende Rolle. In manchen Fällen können Gerichte bei Verstößen von älteren Verkehrsteilnehmern mit Fingerspitzengefühl urteilen, um eine angemessene Balance zwischen Strafmaß und persönlichen Umständen zu finden. Der folgende Gerichtsfall zeigt, wie ein Gericht mit dem Thema Geschwindigkeitsüberschreitung durch eine Rentnerin umgegangen ist.
Ihr Recht auf Mobilität: Wir setzen uns für Sie ein
Die Folgen eines Fahrverbots können einschneidend sein, besonders im fortgeschrittenen Alter. Wir von der Kanzlei Kotz verstehen die rechtlichen Feinheiten und die emotionalen Belastungen, die mit einem solchen Urteil einhergehen. Mit unserer langjährigen Erfahrung im Verkehrsrecht setzen wir uns engagiert für Ihre Rechte ein. Zögern Sie nicht und nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Gemeinsam finden wir eine Lösung, die Ihrer individuellen Situation gerecht wird.
✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Dortmund
79-jährige Rentnerin 46 km/h zu schnell – Gericht verhängt Fahrverbot und Geldbuße
In diesem Fall ging es um eine 79-jährige Rentnerin, die am 00.00.2022 um 11.38 Uhr auf der B 236 N in E in Richtung M mit ihrem Hyundai mit 46 km/h die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h überschritt. Die verkehrsrechtlich nicht vorbelastete Betroffene wurde dabei von einem geeichten Messgerät mit 110 km/h gemessen, was nach Abzug der Toleranz eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 106 km/h ergab.
Die Rentnerin gab in der Verhandlung an, die Geschwindigkeitsbegrenzung schlicht übersehen zu haben, obwohl ihr die Strecke gut bekannt sei. Die zahlreichen Geschwindigkeitsbegrenzungen und Warnschilder im Bereich der Messstelle waren laut Beschilderungsplan korrekt aufgestellt. Das Gericht konnte durch Verlesung der Messdaten und Inaugenscheinnahme des Messfotos zweifelsfrei feststellen, dass die Betroffene den Verstoß begangen hat.
Gericht wendet Bußgeldkatalog an – Fahrverbot und Geldbuße die Folge
Da die Rentnerin nach Überzeugung des Gerichts fahrlässig gehandelt hat, war der Verstoß entsprechend zu ahnden. Der Bußgeldkatalog sieht für eine solche Geschwindigkeitsüberschreitung von 46 km/h außerorts ein Regelfahrverbot von einem Monat und eine Regelgeldbuße von 320 Euro vor. Gründe, die ein Absehen vom Fahrverbot gerechtfertigt hätten, konnte das Gericht nicht erkennen.
Auch die von der Verteidigung angeregte Verdopplung der Geldbuße, um das Fahrverbot zu vermeiden, lehnte die Betroffene selbst ab. Sie erklärte, dann lieber das Fahrverbot hinzunehmen als so viel für den Verstoß zu bezahlen. Eine besondere Härte durch das Fahrverbot war nicht ersichtlich, da der Ehemann bei Bedarf fahren könne und Rentner grundsätzlich nicht zwingend auf eine Fahrerlaubnis angewiesen seien.
Gericht berücksichtigt wirtschaftliche Verhältnisse bei Geldbuße
Angesichts der bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse der Rentnerin, die lediglich 800 Euro Rente monatlich bezieht, und der nach ihren Angaben stark gestiegenen Lebenshaltungskosten entschied sich das Gericht jedoch, die Geldbuße auf 200 Euro abzusenken. Eine Ratenzahlung hielt die Betroffene trotz ihrer finanziell angespannten Lage nicht für nötig.
Das Amtsgericht Dortmund verurteilte die Rentnerin im Ergebnis wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 200 Euro und verhängte zudem ein einmonatiges Fahrverbot. Die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen wurden der Betroffenen auferlegt. Das Fahrverbot wird wirksam, sobald der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch vier Monate nach Rechtskraft.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil verdeutlicht, dass auch bei Rentnern erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen konsequent geahndet werden. Weder das hohe Alter noch eine Unachtsamkeit schützen vor einem Fahrverbot. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können allenfalls bei der Höhe der Geldbuße mildernd berücksichtigt werden. Letztlich gilt der Bußgeldkatalog für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen, unabhängig von Alter und Lebensumständen. Jeder trägt Verantwortung, sich an die Regeln zu halten und aufmerksam zu fahren.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil zeigt, dass selbst ein Augenblick der Unachtsamkeit am Steuer, wie das Übersehen eines Verkehrsschildes, zu spürbaren Konsequenzen führen kann. Auch wenn das Gericht das Alter und die wirtschaftliche Situation der Fahrerin berücksichtigt hat, wurde dennoch ein Fahrverbot verhängt – ein deutliches Zeichen dafür, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen ernst genommen werden. Für ältere Verkehrsteilnehmer bedeutet dies, dass sie besonders aufmerksam sein müssen, um solche Verstöße zu vermeiden, da auch sie mit Fahrverboten und Bußgeldern rechnen müssen. Das Urteil unterstreicht auch, dass selbst Reue und Einsicht nicht zwangsläufig zu einer milderen Strafe führen. Es ist daher ratsam, sich rechtzeitig über die geltenden Verkehrsregeln zu informieren und diese stets einzuhalten, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Haben Sie sich schon einmal über die Konsequenzen einer Geschwindigkeitsüberschreitung Gedanken gemacht? Unser umfangreiches FAQ-Angebot gibt Ihnen die Antworten, die Sie suchen! Hier erfahren Sie alles Wichtige zu den rechtlichen Grundlagen und möglichen Sanktionen. Profitieren Sie von unserer Expertise und gewinnen Sie wertvolle Erkenntnisse, die Ihnen in Zukunft helfen werden, sicher und verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilzunehmen. Lassen Sie sich von diesem Urteil dazu inspirieren, sich eingehend mit dem Thema Geschwindigkeitsüberschreitung auseinanderzusetzen – Ihre Sicherheit und das Wohlergehen anderer Verkehrsteilnehmer stehen an oberster Stelle.
- Welche Sanktionen drohen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung?
- Kann ich ein Fahrverbot umgehen, wenn ich die Geldbuße erhöhe?
- Welche Rolle spielt mein Alter bei der Bemessung der Strafe?
- Wie wirkt sich mein Einkommen auf die Höhe des Bußgeldes aus?
- Was kann ich tun, wenn ich die Geschwindigkeitsbegrenzung übersehen habe?
Welche Sanktionen drohen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung?
Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung können je nach Schwere des Verstoßes verschiedene Sanktionen verhängt werden. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Überschreitungen innerhalb und außerhalb geschlossener Ortschaften.
Innerorts drohen bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h folgende Strafen:
- Bis 10 km/h zu schnell: 30 Euro Bußgeld
- 11 bis 15 km/h zu schnell: 50 Euro
- 16 bis 20 km/h zu schnell: 70 Euro
- 21 bis 25 km/h zu schnell: 115 Euro und 1 Punkt in Flensburg
- 26 bis 30 km/h zu schnell: 180 Euro, 1 Punkt und 1 Monat Fahrverbot bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen
- 31 bis 40 km/h zu schnell: 260 Euro, 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot
- 41 bis 50 km/h zu schnell: 400 Euro, 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot
- 51 bis 60 km/h zu schnell: 560 Euro, 2 Punkte und 2 Monate Fahrverbot
- 61 bis 70 km/h zu schnell: 700 Euro, 2 Punkte und 3 Monate Fahrverbot
- Über 70 km/h zu schnell: 800 Euro, 2 Punkte und 3 Monate Fahrverbot
Außerorts, wo eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gilt, fallen die Sanktionen etwas geringer aus. Hier drohen bei Überschreitung:
- Bis 10 km/h zu schnell: 20 Euro Bußgeld
- 11 bis 15 km/h zu schnell: 40 Euro
- 16 bis 20 km/h zu schnell: 60 Euro
- 21 bis 25 km/h zu schnell: 100 Euro und 1 Punkt
- 26 bis 30 km/h zu schnell: 150 Euro, 1 Punkt und 1 Monat Fahrverbot bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen
- 31 bis 40 km/h zu schnell: 200 Euro, 1 Punkt und 1 Monat Fahrverbot
- 41 bis 50 km/h zu schnell: 320 Euro, 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot
- 51 bis 60 km/h zu schnell: 480 Euro, 2 Punkte und 1 Monat Fahrverbot
- 61 bis 70 km/h zu schnell: 600 Euro, 2 Punkte und 2 Monate Fahrverbot
- Über 70 km/h zu schnell: 700 Euro, 2 Punkte und 3 Monate Fahrverbot
Entscheidend für die Höhe der Strafe ist neben der Überschreitung auch, ob es sich um einen Erstoverstoß handelt oder ob in den letzten 12 Monaten bereits eine Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h geahndet wurde. In letzterem Fall droht in der Regel ein Fahrverbot bereits ab 26 km/h Überschreitung.
Generell zeigt sich, dass die Sanktionen bei Überschreitung innerorts deutlich höher ausfallen als außerorts. Dies liegt an der erhöhten Gefährdung von Fußgängern und Radfahrern in Ortschaften. Auch Fahrverbote werden bei gleicher Überschreitung innerorts eher verhängt.
Kann ich ein Fahrverbot umgehen, wenn ich die Geldbuße erhöhe?
Ein Fahrverbot kann in bestimmten Fällen in ein erhöhtes Bußgeld umgewandelt werden, wenn die Verhängung des Fahrverbots für den Betroffenen eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Voraussetzung dafür ist, dass der Führerschein für die berufliche Tätigkeit benötigt wird und der Verlust der Fahrerlaubnis die wirtschaftliche Existenz gefährden würde. In der Regel muss das Fahrverbot jedoch angetreten werden. Nur in Ausnahmefällen, wenn der Betroffene glaubhaft darlegen kann, dass ein Fahrverbot für ihn eine besondere Härte bedeuten würde, kann das Gericht oder die Behörde davon absehen. Dabei kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an.
Wird vom Fahrverbot abgesehen, muss stattdessen ein deutlich erhöhtes Bußgeld gezahlt werden. In der Regel wird das Bußgeld verdoppelt, in Einzelfällen kann es auch noch höher ausfallen. Entscheidend ist, dass die sanktionierende Wirkung der Strafe erhalten bleibt.
Ob ein Fahrverbot in ein Bußgeld umgewandelt werden kann, hängt auch vom Verstoß selbst ab. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 21 km/h innerorts bzw. 31 km/h außerorts ist ein Fahrverbot vorgesehen. Je höher die Überschreitung, desto wahrscheinlicher ist ein Fahrverbot. Lag keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vor, kann dies die Entscheidung beeinflussen.
Welche Rolle spielt mein Alter bei der Bemessung der Strafe?
Bei der Bemessung der Strafe spielt das Alter des Angeklagten eine wichtige Rolle. Grundsätzlich kann ein hohes Alter des Täters zu einer milderen Bestrafung führen. Allerdings hängt dies von den Umständen des Einzelfalls ab und es gibt keine pauschale Regel.
Entscheidend sind insbesondere der Gesundheitszustand und die Lebensumstände des älteren Straftäters. Wenn aufgrund des hohen Alters eine Freiheitsstrafe für den Täter eine besonders schwere Belastung darstellen würde, kann dies strafmildernd berücksichtigt werden. Auch wenn der Täter aufgrund seines Alters in Zukunft keine Straftaten mehr begehen wird, kann dies ein Grund für eine mildere Strafe sein.
Allerdings ist das Alter allein noch kein Grund für eine Strafmilderung. Entscheidend sind immer die Umstände der konkreten Tat und die Persönlichkeit des Täters. Wenn die Schwere der Schuld überwiegt, kann auch bei älteren Straftätern eine empfindliche Strafe angemessen sein.
Bei Jugendlichen und Heranwachsenden unter 21 Jahren hat das Alter sogar eine besonders große Bedeutung. Hier steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Das Jugendstrafrecht sieht daher mildere Strafen und erzieherische Maßnahmen vor. Auch bei Heranwachsenden kann das Jugendstrafrecht angewendet werden, wenn ihre Persönlichkeitsentwicklung der von Jugendlichen entspricht.
Wie wirkt sich mein Einkommen auf die Höhe des Bußgeldes aus?
Die Höhe des Bußgeldes bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung richtet sich in erster Linie nach der Schwere des Verstoßes. So sieht der Bußgeldkatalog für Pkw-Fahrer bei einer Überschreitung von 61-70 km/h außerorts ein Bußgeld von 600 Euro vor.
Allerdings berücksichtigen Gerichte bei der Festsetzung der Geldbuße auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen. Liegt ein Bußgeld über 250 Euro vor, müssen die Einkommensverhältnisse ermittelt werden. Dabei spielen Faktoren wie Einkommen, Vermögen, Schulden und Unterhaltsverpflichtungen eine Rolle.
Personen mit geringem Einkommen können die Zahlung einer hohen Geldbuße oft nur schwer leisten. In solchen Fällen kann das Gericht die Buße reduzieren und dem Betroffenen Ratenzahlung gewähren. Allerdings darf die Geldbuße auch bei schlechter Zahlungsfähigkeit nicht unangemessen niedrig ausfallen.
Umgekehrt führt ein hohes Einkommen nicht automatisch zu einer Erhöhung des Bußgeldes. Maßgeblich ist, dass die Strafe den Betroffenen spürbar trifft und eine abschreckende Wirkung entfaltet. Daher orientiert sich die Höhe der Geldbuße am Einkommen, ohne jedoch unverhältnismäßig zu sein.
Was kann ich tun, wenn ich die Geschwindigkeitsbegrenzung übersehen habe?
Wenn man die Geschwindigkeitsbegrenzung unbeabsichtigt übersehen hat, kann man sich in bestimmten Fällen darauf berufen und so möglicherweise ein Fahrverbot abwenden. Allerdings ist dies nicht immer einfach.
Grundsätzlich muss man als Autofahrer die geltenden Tempolimits kennen und einhalten. Wer eine Geschwindigkeitsüberschreitung begeht, handelt fahrlässig. Nur in Ausnahmefällen wird ein unbeabsichtigtes Übersehen der Begrenzung als sogenanntes „Augenblicksversagen“ anerkannt.
Voraussetzung dafür ist, dass es dafür greifbare Anhaltspunkte gibt oder der Betroffene glaubhaft darlegen kann, dass er die Beschränkung tatsächlich übersehen hat. Beispiele wären eine unübersichtliche Beschilderung oder wenn das Schild durch parkende Fahrzeuge verdeckt war.
Auch wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung nur einmal aufgestellt war, kann dies ein Indiz für ein Augenblicksversagen sein. Wurde sie jedoch mehrfach und gut sichtbar angezeigt, ist es für Gerichte schwieriger, das Argument zu akzeptieren.
Letztlich entscheidet das Gericht im Einzelfall, ob es die Einlassung des Betroffenen für glaubhaft hält. Wird ein Augenblicksversagen bejaht, kann dies dazu führen, dass von einem Fahrverbot abgesehen wird. Stattdessen wird dann oft nur ein Bußgeld verhängt.
Allerdings ist die Hürde dafür hoch. Nur in wirklich begründeten Ausnahmefällen wird ein unbeabsichtigtes Übersehen der Geschwindigkeitsbegrenzung anerkannt. Unwissenheit schützt in der Regel nicht vor Strafe.
Daher ist es ratsam, als Autofahrer stets aufmerksam zu sein, die Beschilderung zu beachten und sich an die geltenden Tempolimits zu halten. Nur so lässt sich ein Bußgeld oder gar ein Fahrverbot vermeiden.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2: Die Vorschrift regelt die Bedeutung und Rechtswirkung der Verkehrszeichen nach der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Im konkreten Fall kennzeichnet das Zeichen 274 die zulässige Höchstgeschwindigkeit, welche hier auf 60 km/h beschränkt war. Die Betroffene hat diese Geschwindigkeitsbegrenzung um 46 km/h überschritten.
- § 49 StVO – Überwachung des Straßenverkehrs: Diese Vorschrift bestimmt, dass Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr, wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, mit Geldbußen geahndet werden. Der konkrete Fall betraf eine erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, was zu einer Geldbuße führte.
- § 24 StVG – Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr: Diese Vorschrift sieht bei Verstößen gegen die StVO Geldbußen vor. Im einzigartigen Fall wurde die Betroffene zu einer Geldbuße von 200,00 EUR verurteilt.
- § 25 StVG – Fahrverbot: Diese Regelung ermöglicht das Verhängen eines Fahrverbots bei schwerwiegenden Verkehrsverstößen. Hier wurde der Betroffenen ein einmonatiges Fahrverbot auferlegt, das wirksam wird, sobald der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt.
- Zeichen 274 StVO: Dieses Verkehrszeichen steht für eine Geschwindigkeitsbegrenzung. In diesem Fall war die Höchstgeschwindigkeit durch Beschilderung entlang der Strecke mehrfach auf 60 km/h beschränkt, was die Betroffene ignorierte und somit wesentlich überschritt.
- Monatliches Einkommen der Betroffenen (800,00 EUR Rente): Das Einkommen der Betroffenen wurde bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt. Auch wenn keine Ratenzahlung erforderlich war, wirkt sich die wirtschaftliche Situation auf die Bemessung der Geldbuße aus.
- Keine verkehrsrechtlichen Vorbelastungen: Der Umstand, dass die Betroffene keine Vorbelastungen hatte, könnte theoretisch strafmildernd wirken, wurde jedoch im aktuellen Urteil nicht explizit mildernd herangezogen, was zeigt, wie strikt die Regelungen bei Geschwindigkeitsüberschreitungen sind.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Dortmund
AG Dortmund – Az.: 729 OWi – 262 Js 1751/22 – 110/22 – Urteil vom 11.10.2022
Die Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 200,00 EUR verurteilt.
Der Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
Die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen trägt die Betroffene.
Angewendete Vorschriften: §§ 41 Abs. I in Verbindung mit Anlage 2, 49 StVO, 24, 25 StVG.
Gründe
Die verkehrsrechtlich nicht vorbelastete Betroffene ist verheiratet und Mutter eines erwachsenen Sohnes. Als Rentnerin erhält sie 800,00 EUR Rente monatlich. Einer Ratenzahlung bedürfe es nach den Angaben der Betroffenen in der Hauptverhandlung gleichwohl nicht.
Am 00.00.2022 befuhr die Betroffene um 11.38 Uhr in E die B 236 N in Fahrtrichtung M in Höhe Kilometer 6,770 als Führerin eines PKW mit dem amtlichen Kennzeichen01, Fabrikat Hyundai, und überschritt hierbei die dort zugelassene Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 46 km/h, wobei die zulässige Höchstgeschwindigkeit an der Tatörtlichkeit durch Beschilderung mit Zeichen 274 beidseitig auf 60 km/h geregelt war. Die jeweils beidseitig aufgestellte Beschilderung in einem Bereich etwa 2 Kilometer vor der Messstelle und 470 Meter nach der Messstelle stellte sich wie folgt dar:
Km 8,950 VZ 274 100 km/h
Km 8,500 VZ 277 LKW-Überholverbot
Km 8,000 VZ 274 80 km/h
Km 7,750 VZ 274 60 km/h „Straßenschäden
Km 7,500 VZ 277 LKW-Überholverbot
Km 7,470 VZ 112 „Unebene Fahrbahn auf 800 m“
Km 7,360 VZ 274 60 km/h „Straßenschäden“
Km 6,800 VZ 274 60 km/h
Km 7,770 Messstelle
Km 6,300 VZ 274 120 km/h.
Die Betroffene wurde mittels des Messgerätes Poliscan Speed gemessen, das in gültig geeichtem Zustand entsprechend der Bedienungsanleitung am Tattage durch den Polizeibeamten H eingesetzt wurde. Die Betroffene wurde durch dieses Gerät mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h gemessen, so dass sich nach Abzug einer Toleranz von 4 km/h eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 106 km/h ergab, die zu der dargestellten Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von 46 km/h führte.
Die Betroffene war geständig. Die Betroffene gestand ihre Fahrereigenschaft zu. Das Gericht konnte sich insoweit von der Richtigkeit ihres Geständnisses überzeugen durch Inaugenscheinnahme des Messfotos Bl. 40 d.A., welches das Fahrzeug mittig auf der genannten Bundesstraße zeigt und die Betroffene als Fahrerzeugführerin. Wegen des Aussehens des Fahrzeuges, des im Rahmen der Auswertung eingespiegelten Messrahmens des Messgerätes im Frontbereich des Fahrzeuges und der Fahrzeugposition in der Mitte des Fahrzeugs wird auf das Messfoto Bl. 40 d.A. gemäß § 267 Abs. I Satz 3 StPO Bezug genommen. Die Betroffene war im Rahmen der Inaugenscheinnahme des Messfotos als Fahrzeugführerin erkennbar. Die Betroffene erklärte, sie sei tatsächlich zu schnell gefahren. Sie habe einfach die Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder nicht bemerkt. Die Strecke sei ihr gut bekannt, da sie regelmäßig die Strecke befahre. U.a. fahre sie mit ihrem Ehemann gerne nach P zum Spazierengehen. Auch Arztbesuche im Norden E nehme sie wahr und müsse im Rahmen dieser Fahrten die Tatörtlichkeit regelmäßig passieren. Die Betroffene bezweifelte die Richtigkeit der Beschilderung. Das Gericht konnte die Richtigkeit der Beschilderung feststellen durch Verlesung des Beschilderungsplans der genannten Messstelle, der von dem Zeugen H am Tattage erstellt wurde und von diesem auch am Tattage nochmals überprüft wurde. Das Gericht hat diesen Beschilderungsplan urkundsbeweislich verlesen können gemäß § 256 Abs. Nr. 5 StPO. Ferner hat das Gericht nach derselben Vorschrift urkundsbeweislich das Messprotokoll des Messgeräteeinsatzes verlesen können. Dieses ergab einen Einsatz am Tattage von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr. Auf dem Messprotokoll findet sich die Unterschrift des Zeugen H und dessen Erklärung durch Ankreuzen, dass er das Messgerät entsprechend der Gebrauchsanweisung am Tattage in geeichtem Zustand eingesetzt habe. Die Eichung des Messgerätes Poliscan FM 1 mit der Nr. 961440 konnte das Gericht feststellen durch urkundsbeweisliche Verlesung des Eichscheines der Hessischen Eichdirektion vom 21.09.2021, der eine Eichung am selben Tage, gültig bis zum 31.112.2022, auswies.
Schließlich hat das Gericht die Datenfelder des Messfotos urkundsbeweislich verlesen können. Aus diesen ergab sich, dass für die Tatzeit das Fahrzeug der Betroffenen mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h gemessen wurde. Wie bereits dargestellt, konnte im Rahmen der Inaugenscheinnahme eine ordnungsgemäße Position des Messrahmens im Bereich der Fahrzeugfront festgestellt werden, so dass kein Zweifel an der Richtigkeit der Messung bestand.
Die Betroffene hat dementsprechend einen fahrlässigen Geschwindigkeitsverstoß begangen, da sie bei Beachtung der von ihr als Fahrzeugführerin einzuhaltenden Sorgfaltspflichten die Geschwindigkeitsbeschränkung hätte erkennen können und müssen und zudem ihre eigene Fahrgeschwindigkeit hierauf hätte einstellen können und müssen. Der Verstoß war dementsprechend gemäß den §§ 41 Abs. I in Verbindung mit Anlage 2, 49 StVO, 24, 25 StVG zu ahnden.
Der Bußgeldkatalog sieht für einen derartigen Verstoß in 11.3.7 eine Regelgeldbuße von 320,00 EUR und ein Fahrverbot von 1 Monat vor. Umstände, die ein Absehen vom Regelfahrverbot hätten nahelegen können, waren nicht erkennbar und wurden auch nicht weiter geltend gemacht. Der Verteidiger regte zwar im Rahmen der Hauptverhandlung die Verdopplung der Geldbuße gegen ein Absehen vom Fahrverbot an. Die Betroffene erklärte jedoch darauf, dass sie dann lieber für die Zeit eines Fahrverbotes laufe aber nicht so viel für einen derartigen Verstoß zahlen wolle. Die Anwendung des § 4 Abs. 4 BKatV hat das Gericht daher dem Betroffenenwillen entsprechend ausgeschlossen. Etwaige Härten wurden seitens der Betroffenen nicht geltend gemacht. Insbesondere schieden diese auch deshalb aus, weil der Ehemann der Betroffenen selbst Führerscheininhaber ist und die Betroffene erklärte, bei Bedarf könne er sie fahren. Überdies sind Rentner*innen ebenso wie etwa Arbeitslose und natürlich auch Beamt*innen grundsätzlich in keinster Weise auf die Existenz einer Fahrerlaubnis zwingend angewiesen.
Angesichts der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse und von der Betroffenen dargestellter erheblicher Erhöhungen der derzeitigen Lebenshaltungskosten, insbesondere der Energiekosten, hat das Gericht die Geldbuße auf 200,00 EUR abgesenkt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO in Verbindung mit § 46 OWiG.