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Geschwindigkeitsüberschreitung – Berechnung Verjährungsfrist – materielle Frist

Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung eingestellt

In einem Fall von Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden, das Verfahren einzustellen. Grund dafür ist die eingetretene Verfolgungsverjährung.

Direkt zum Urteil: Az.: 4 ORbs 31 SsBs 1/23 springen.

Grund für Einstellung des Verfahrens

Der Betroffene hatte wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h eine Geldbuße in Höhe von 180 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt bekommen. Nach Einspruch wurde die Geldbuße vom Amtsgericht Daun auf 160 Euro reduziert, das Fahrverbot blieb bestehen. Die Verteidigung legte Rechtsbeschwerde ein, welche zur Einstellung des Verfahrens führte.

Verfolgungsverjährung eingetreten

Das OLG Koblenz stellte fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts Daun die Verfolgungsverjährung bereits eingetreten war. Laut § 33 Abs. 3 Satz 2 OWiG i.V.m. § 26 Abs. 3 StVG beträgt die absolute Verjährungsfrist für Verkehrsordnungswidrigkeiten zwei Jahre. In diesem Fall war die Geschwindigkeitsüberschreitung am 10. November 2020 begangen worden, sodass die Verjährung am 9. November 2022 endete. Da der Beschluss des Amtsgerichts erst am 10. November 2022 unterzeichnet wurde, konnte das Ruhen der Verjährung gemäß § 32 Abs. 2 OWiG nicht herbeigeführt werden.

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Das vorliegende Urteil

OLG Koblenz – Az.: 4 ORbs 31 SsBs 1/23 – Beschluss vom 08.02.2023

In dem Bußgeldverfahren wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hat der 5. Strafsenat – 4. Senat für Bußgeldsachen – des Oberlandesgerichts Koblenz am Oberlandesgericht pp. am 08. Februar 2023 beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichtes Daun nach § 72 OWiG vom 10. November 2022 aufgehoben und das Verfahren gemäß § 206a StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG eingestellt.

Die Staatskasse hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Außerdem werden ihr die notwendigen Auslagen des Betroffenen mit Ausnahme der notwendigen Auslagen des Verfahrens vor dem Amtsgericht, die der Betroffene selbst zu tragen hat, auferlegt.

Gründe:

I.

Geschwindigkeitsüberschreitung - Berechnung Verjährungsfrist - materielle Frist
(Symbolfoto: FooTToo/Shutterstock.com)

Durch Bußgeldbescheid der Zentralen Bussgeldstelle in Speyer vom 22. Januar 2021 wurde gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h, begangen am 10. November 2020, eine Geldbuße in Höhe von 180,– € verhängt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.

Auf seinen form und -fristgerechten Einspruch wurde gegen den Betroffenen wurde durch das Amtsgericht Daun mit Beschluss vom 10. November 2022 nach § 72 Abs. 1 OWiG wegen fahr-lässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h eine Geldbuße von 160,– Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Die Entscheidung ist dem Verteidiger am 10. November 2022 zugestellt worden. Am 14. November 2022 legte der Verteidiger beim Amtsgericht Daun Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung ein und begründete diese mit der Verletzung sachlichen Rechts. Die Begründungsschrift ist am 19. Dezember 2022 bei Gericht eingegangen.

II.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 10. November 2022 ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthaft. Sie ist auch gemäß § 79 Abs. 3 und Abs. 4 OWiG i. V. m. § 341 Abs. 2 StPO form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich der Sachrüge auch gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. §§ 344 f. StPO form- und fristgerecht begründet worden.

Das Rechtsmittel der Betroffenen führt zu einer Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung und zu einer Einstellung des Verfahrens aufgrund des Verfahrenshindernisses der Verfolgungsverjährung.

Die korrekt erhobene Sachrüge führt zur Prüfung des Fehlens von Verfahrensvoraussetzungen und des Vorliegens eines Verfahrenshindernisses (vgl. BGH NStZ 2001, 440; OLG Koblenz, Beschluss v. 12.08.2008 – 2 SsBs 54/08; OLG Hamm NZV 2003, 396; OLG Köln NZV 2002, 241). Wenn eine Rechtsbeschwerde in zulässiger Weise erhoben wurde, kann auch im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Einstellung wegen Verjährung erfolgen (vgl. BGH a. a. O., OLG Koblenz MDR 1977, 954; König in: Göhler, a. a. O., § 31m Rn. 19). Denn der Ablauf der Verjährung ist -so eine gerichtliche Prüfungsmöglichkeit besteht- von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen, auch noch im Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. BGH NStZ 2001, 440; BGHSt 16, 115).

Das Verfahren gegen den Betroffenen war unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 206 a StPO einzustellen, da hinsichtlich des gegen ihn erhobenen Vorwurfs der fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung bereits am 10. November 2022 Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrem, dem Verteidiger bekannt gegeben Votum wie folgt ausgeführt:

Die Verkehrsordnungswidrigkeiten weisen eine absolute Verjährungsfrist von 2 Jahren auf (§ 33 Abs. 3 Satz 2 OWiG i.V.m. § 26 Abs. 3 StVG). Die Verjährung beginnt, sobald die Handlung beendet ist (§ 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG). Vorliegend wurde die in Rede stehende Geschwindigkeitsüberschreitung am 10.11.2020 begangen und beendet. Der Tag, an dem die Verjährung mit Eintritt des Ereignisses beginnt, ist der 1. Tag der Verjährungsfrist, hier also der 10.11.2020. Der letzte Tag der Verjährungsfrist ist der im Kalender vorhergehende Tag (Göhler § 31 Rn. 16; OLG Karlsruhe vom 28.06.2019 – 2 RB 8 Ss 486/19; OLG Bamberg vom 12.12.2005 – 3 Ss OWi 1354/05), vorliegend demnach der 09.11.2022. Die Fristberechnung nach § 43 StPO kommt bei Fristen des materiellen Rechtes, wie den Verjährungsfristen, hingegen nicht in Betracht, da diese Norm aus-schließlich auf Fristen prozessualer Natur beschränkt ist (KK-Schneider-Glockzin, § 43 StPO, Rn. 6 m. w. N.). Die absolute Verfolgungsverjährung ist daher vorliegend mit Ab-lauf des 09.11.2022 eingetreten. Der Beschluss nach § 72 OWiG ist indes erst am 10.11.2022 unterzeichnet worden, sodass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Verjährung der Ordnungswidrigkeit eingetreten ist und nicht das Ruhen der Verjährung gemäß § 32 Abs. 2 OWiG herbeigeführt werden konnte.

Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO StPO.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung geht der Senat davon aus, dass gegen den Betroffenen ohne Eintritt des Verfahrenshindernisses zu Recht wegen einer fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h eine Geldbuße von 160,– Euro festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden wäre.

Das Amtsgericht hat sich rechtsfehlerfrei mit den Einwendungen gegen die Geschwindigkeitsmessung auseinandergesetzt. Es hat die technischen und personellen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Messung überprüft, keine Fehler festgestellt und auch zutreffend begründet, warum die Beiziehung der weiteren von der Verteidigung angeforderten Unterlagen wie das Erstinbetriebnahmeprotokoll, Fotos von der Messstelle mit Trailer, die Verwendungsanzeige und die fehlende Speicherung der Rohmessdaten mit einem Verweis auf die hierzu ergangene Rechtsprechung ebenso wenig erforderlich war, wie die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Es hat auch die Höhe der festgesetzten Geldbuße und die Verhängung eines einmonatigen Fahr-verbotes rechtsfehlerfrei begründet, indem es zutreffend besonderes Gewicht auf eine einschlägige Tatwiederholung hinsichtlich einer weiteren unzulässigen Geschwindigkeitsüberschreitung (dort um 29 Kmh) vom 20. Juli 2020 (Rechtskraft der verhängten Geldbuße in Höhe von 80 € am 17. September 2020, knapp zwei Monate vor der hiesigen Tat) gelegt und hierbei die besondere berufliche Situation des Betroffenen (Umfangreiche Kundenbesuche in weiten Teilen Deutschlands für sein Unternehmen) berücksichtigt hat.

Das Verfahren hätte jedoch am 10. November 2022 aufgrund der eingetretenen Verfolgungsverjährung durch das Amtsgericht eingestellt werden müssen, so dass es nicht zu einer rechtsmittelfähigen Sachentscheidung hätte kommen dürfen. Die notwendigen Auslagen für das Rechtsbeschwerdeverfahren wären dann nicht angefallen.

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