AG Neuruppin – Az.: 82.1 OWi 3421 Js-OWi 2986/17 (67/17) – Urteil vom 30.10.2017
Gegen den Betroffenen wird wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb der geschlossenen Ortschaft um 27 km/h eine Geldbuße in Höhe von 350,00 Euro festgesetzt.
Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Im Verkehrszentralregister sind für den – 46 jährigen Betroffenen vier vorwerfbare Eintragungen vorhanden laut Auszug vom 23.06.2017 welcher durch Verlesung zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden ist.
Am 09.10.2015 (rechtskräftig am 29.10.2015) wurde gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheid der Bußgeldbehörde Rheinpfalz in Speyer eine Geldbuße von 80,00 € verhängt wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h bei zulässigen 100 km/h am 10.08.2015.
Am 16.06.2016 (rechtskräftig am 06.07.2016) verhängte die Bußgeldbehörde der Stadt Köln gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 70,00 € wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h am 22.02.2016.
Am 26.08.2016 (rechtskräftig am 15.09.2016) verhängte die Bußgeldbehörde in Speyer erneut ein Bußgeld in Höhe von 100,00 € gegen den Betroffenen wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften am 07.06.2016.
Außerdem wurde ein Fahrverbot von 1 Monat angeordnet.
Am 18.10.2016 (rechtskräftig am 05.11.2016) verhängte die Bußgeldbehörde der Stadt Herne gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 115,00 € wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h am 17.08.2016.
II
Am 24.6.2016 befuhr der Betroffene gegen 14.57 Uhr mit einem PKW (amtl. Kennzeichen …) die Bundesautobahn 24 in Fahrtrichtung Hamburg.
Die Höchstgeschwindigkeit ist in dem hier interessierenden Autobahnabschnitt auf 100 km/h beschränkt, was durch am Fahrbahnrand aufgestellte Verkehrszeichen angezeigt wurde.
Die Beschilderung ist zweimal und zwar 1750 m und nochmals 300 m vor der Messstelle und jeweils beidseitig erfolgt.
Die Betroffene überschritt auf dem Abschnitt Dreieck Wittstock/Dosse bei km 172,986 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 27 km/h.
Die festgestellte Geschwindigkeit betrug 131 km/h, abzüglich der Toleranz von 3 % somit 127 km/h.
Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte ausweislich des beim Vorgang der Verwaltungsbehörde befindlichen Messprotokolls vom 24.06.2016 (Bl.5 d.VA.) mit der Geschwindigkeitsmessanlage Typ ES 3.0 des Herstellers Eso GmbH in Tettnang.
Aus den vorliegenden Eichunterlagen (Bl.6/7 d.VA.) ergibt sich, dass das Messgerät zum Tatzeitpunkt gültig geeicht war.
Vorliegend handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren, das dem Gericht aus einer Vielzahl von Parallelverfahren und in diesen eingeholten Sachverständigengutachten als zuverlässig arbeitend bekannt ist.
Das Messgerät wurde von dem Zeugen POM Haupt, B… bedient. Dieser ist laut Zertifikat vom 16.04.2010 (Bl.8 d.VA) befähigt das Messsystem zu bedienen und auszuwerten. Der Zeuge ist darüber hinaus dem Gericht als erfahrener und zuverlässiger Messbeamter bekannt durch zahlreiche andere Verfahren.
Ausweislich des Messprotokolls wurde die Geschwindigkeitsmessanlage entsprechend der Zulassung und der Gebrauchsanweisung des Herstellers zur Anwendung gebracht und die eichrechtlichen Sicherungsmarken überprüft. Die beidseitige Beschilderung wurde laut Messprotokoll ebenfalls vor und nach der Messung kontrolliert.
III
Die Feststellungen zur Person beruhen auf den Einlassungen des Verteidigers des Betroffenen und hinsichtlich der Vorbelastungen auf dem VZR-Auszug, welcher in der Hauptverhandlung verlesen und zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden ist.
Der Verteidiger hat die Fahrereigenschaft der Betroffenen ausdrücklich eingeräumt.
Die tatsächlichen Feststellungen zur begangenen Ordnungswidrigkeit beruhen auf den in der Akte befindlichen Beweismitteln, welche sämtlich durch Verlesung bzw. durch Inaugenscheinnahme zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden sind. So insbesondere durch die Verlesung des Messprotokolls, des Eichscheins, des Ausbildungsnachweises des Messbeamten sowie die Inaugenscheinnahme der Messfotos (Bl.10-12.VA und Bl.13 d.A) und der Fotoliniendokumentation (Bl.9 d.VA ) sowie des Beschilderungsplanes (Bl.8-11 d.A).
Die nach der vollen Überzeugung des Gerichts ordnungsgemäß arbeitende Messanlage hat die von dem Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit zutreffend ermittelt.
Zur Überzeugung des Gerichts ist die Messung ordnungsgemäß erfolgt und auch verwertbar.
Es handelt sich vorliegend um ein standardisiertes Messverfahren mit einer staatlicherseits von der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) zugelassenen Messanlage. Das Messgerät war zum Tatzeitpunkt mit der Softwareversion 1.007.1 durch das Landesamt für Mess- und Eichwesen Berlin-Brandenburg geeicht .Der Messbeamte ist qualifiziert und hat das Gerät nach den Vorgaben des Herstellers und der PTB vorschriftsmäßig aufgebaut und die Fotolinie ordnungsgemäß dokumentiert.. Die plausible Fahrzeugposition, welche mit Kamera 2 dokumentiert worden ist ermöglicht eine zweifelsfreie Zuordnung des gemessenen Geschwindigkeitswertes zum Fahrzeug des Betroffenen ebenso wie die festgestellten Seitenabstände.
IV
Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Annahme einer fahrlässig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit.
Der Betroffene überschritt außerhalb der Ortschaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 27 km/h.
Hierbei ist das Gericht noch von einer fahrlässigen Begehungsweise ausgegangen. Der Betroffene hat jedenfalls wegen nicht ausreichender Aufmerksamkeit seine Geschwindigkeit nicht in der gebotenen Art und Weise an die zulässige Höchstgeschwindigkeit angepasst.
V
Das Gericht hält eine Gesamtgeldbuße in Höhe von 350,00 € für geboten und erforderlich aber auch ausreichend um die Verkehrsordnungswidrigkeit zu ahnden.
Dabei geht das Gericht von folgenden Erwägungen aus.
Die laut Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße für die Geschwindigkeitsüberschreitung um 27 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften beträgt 80,00 € (Bkat Nr. 11.3.5 ).
Außerdem liegt ein Regelfall für ein Fahrverbot nach § 25 StVG vor, da durch die Erfüllung des Tatbestandes nach § 4 Abs. 2 BKatV. (eine Überschreitung der Geschwindigkeit um mindestens 26 km/h innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft einer vorhergehenden Buße wegen einer Überschreitung um mindestens 26 km/h) grundsätzlich eine beharrliche Pflichtverletzung zu vermuten ist, welche ein Fahrverbot indiziert.
Diese Vermutung lässt jedoch nicht die Pflicht zur Einzelfallprüfung entfallen.
Als beharrlich zählen Verkehrsverstöße, die zwar nicht zu den groben Verkehrsverstößen zählen, aber wiederholt begangen werden und die darauf schließen lassen, dass es dem Betroffenen an der für Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und notwendigen Einsicht in zuvor begangenes und geahndetes Unrecht fehlt (BGHSt 38,231).
Es handelt sich um eine wiederholte Geschwindigkeitsübertretung.
Gegen den Betroffenen ist vor dieser Tat am 24.06.2016 wegen einer einschlägigen Tat rechtskräftig bereits am 29.10.2015 ein Bußgeld verhängt worden.
Vor dieser Tat am 24.06.2016 hatte der Betroffene bereits am 07.06.2016 die Geschwindigkeit um 30 km/h überschritten und wurde dafür am 26.08.2016 mit Rechtskraft am 15.09.2016( also nach der hier in Rede stehenden Tat !) zu einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt.
Dieses Fahrverbot hat er in der Zeit vom 26.11.2016 – 26.12.2016 angetreten.
Die hier zu beurteilende Tat vom 24.06.2016 erfolgte also in Kenntnis nur der geahndeten Tat mit Rechtskraft vom 29.10.2015.
Alle weiteren Taten wurden erst nach dem vorliegenden Tatdatum später rechtskräftig.
Voraussetzung für die Annahme der Beharrlichkeit und die daraus folgende Anordnung eines Fahrverbots aus diesem Grunde ist die Begehung einer neuen Tat in Kenntnis von begangenem und geahndeten Unrecht (BGH a.a.O.)
Zur Überzeugung des Gerichts haben die Auswirkungen des bereits vollstreckten Fahrverbots vom 26.11. – 26.12.2016 bereits eine ausreichende erzieherische Wirkung auf den Betroffenen erzielt.
Der Betroffene ist seit dem verbüßten Fahrverbot nicht mehr auffällig geworden.
Die Anordnung eines an sich nach dem Regelsatz der Bußgeldverordnung gebotenen weiteren Fahrverbotes (wegen einer geahndeten Tat von 2015 ) ist zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr erforderlich (vgl.OLG Brandenburg 19.03.2015 – (2b) 53 Ss-OWi 62/15(38/15) – und vom 16.09.2014 – (2B) 53 SsOWi 456/14(217/14) m.w.N.
Umstände dahingehend, dass die Verhängung eines Fahrverbotes für den Betroffenen eine unbillige Härte gem. § 4 (4) BKatV darstellen würde und daher aus diesen Gründen von der Verhängung hätte abgesehen werden müssen hatte das Gericht ebenfalls vorsorglich hilfsweise zu prüfen.
Von einem erforderlichen Regelfahrverbot kann nach § 4 (4) BKaTV unter Erhöhung der Geldbuße abgesehen werden, wenn es zu einer unangemessenen und damit unzumutbaren Härte bei dem Betroffenen führen würde. Das ist dann der Fall wenn er – im Vergleich mit anderen Betroffenen – stärker vom Fahrverbot beeinträchtigt würde.
Dem Fahrverbot immanente Erschwernisse und Unannehmlichkeiten beruflicher oder sonstiger Art, wie sie jeden vergleichbaren Betroffenen ebenso treffen würden, sind dabei als selbstverschuldet hinzunehmen (OLG Hamm Beschl. v.23.2.06, 3 Ss OWi 39/06)
Der Verteidiger hat vorgetragen der Betroffene sei Außendienstler bei der Firma … GmbH in Hamburg.
Für die Verbüßung des letzten Fahrverbots habe er nur mit viel Ärger bei seinem Arbeitgeber ausnahmsweise die Möglichkeit erhalten Urlaub anzusparen. Ein weiteres Mal würde das nicht genehmigt werden sondern die Kündigung bedeuten, da seine Mobilität unabdingbar für seine Tätigkeit sei. Zur Glaubhaftmachung legte der Verteidiger eine Erklärung des Arbeitgebers vom 18.07.2017 vor. (Anlage A 1)
Zur Überzeugung des Gerichts läge hier auch Fall der unbilligen Härte vor deren näherer Prüfung es aber aus den o.g. Erwägungen nicht bedarf, da ein Fahrverbot nicht erforderlich ist.
Die Erhöhung der Regelgeldbuße von 80,00 € auf 320,00 € um das Vierfache sowie einen Aufschlag von 30,00 € wegen der vorhandenen weiteren einschlägigen Voreintragung erscheint dem Gericht als erforderlich spürbar schmerzhaft aber auch ausreichend um die Tat zu ahnden und erzieherisch auf den Betroffenen einzuwirken.
VI
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46(1) OWiG,465(1) stopp