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Geschwindigkeits­überschreitung – Absehen von Fahrverbot bei Existenzgefährdung

AG Zeitz – Az.: 13 OWi 730 Js 204871/17 – Beschluss vom 14.09.2017

In der Bußgeldsache ist der Betroffene gemäß dem Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Technischen Polizeiamt vom 21.02.2017 – 3877-355501-8 – der fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 74 km/h schuldig.

Gegen den Betroffenen wird eine Geldbuße von € 1.800,- festgesetzt. Dem Betroffenen wird gestattet, die Geldbuße in monatlichen Teilbeträgen von € 600,-, fällig am ersten Tag eines jeden Monats, beginnend am 01.11.2017, zu zahlen. Diese Vergünstigung entfällt, wenn ein Teilbetrag nicht rechtzeitig gezahlt wird.

Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen zu tragen.

Angewandte Vorschriften: §§ 24 StVG, 41 Abs.1 i.V.m. Anlage 2, 49 StVO, 46 OWiG, 465 StPO, BKat Nr. 11.3.10.

Gründe

I. Verkehrsrechtlich ist der Betroffene nach der Auskunft aus dem Fahreignungsregister nach dem Jahr 2012 nicht mehr in Erscheinung getreten.

II. Der Betroffene ist gemäß dem Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Technischen Polizeiamt vom 21.02.2017 – 3877-355501-8 – der fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 74 km/h schuldig.

III. Der Betroffene, der seinen zunächst unbeschränkten Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt hat, hat beantragt, gegen Erhöhung der Geldbuße vom Fahrverbot abzusehen, weil außergewöhnliche Umstände vorlägen und das Fahrverbot für ihn unverhältnismäßig sei.

Die Staatsanwaltschaft hat ein Absehen vom Fahrverbot mit gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße um das Doppelte für vertretbar erachtet.

Gegen Verdreifachung der Regelgeldbuße von € 600,- ist hier gemäß § 4 Abs.4 BKatV ausnahmsweise vom dreimonatigen Regelfahrverbot gemäß § 4 Abs.1 BKatV, Nr.11.3.10 BKat abzusehen, weil die für den Betroffenen aus einem Fahrverbot resultierenden Folgen unverhältnismäßig wären.

Der Betroffene, der Gewerbe und versteuertes Einkommen mit Belegen nachgewiesen und seine Angaben durch konkrete Angaben von Geschäftspartnern und Fahrten vereinzelt hat, betreibt selbständig einen Großhandel mit Bekleidung, Schuhen, Beratung von Modefirmen. Er betreibt sein Büro vom Wohnort aus. Dabei erhält er Anfragen von Bekleidungsunternehmen, die größere Warenteile veräußern möchten. Er überprüft das Angebot und vermittelt die Ware dann weiter vorwiegend an ein Handelsunternehmen in … mit dem er zusammenarbeitet. Ebenso erkundigt er sich auch aktiv bei Bekleidungsunternehmen in Deutschland und anderen Ländern in Europa, um Ware für die mit ihm in Verbindung stehende Handelsfirma in … zu vermitteln. Dabei ist es erforderlich, dass er die angebotene Ware schnell begutachtet, denn andernfalls erhält den Zuschlag ein anderes Unternehmen, dem ebenfalls die Ware angeboten wird.

Dies hat zur Folge, dass der Betroffene zwei- bis dreimal in der Woche kurzfristig mit seinem Firmenfahrzeug die Bekleidungsfirmen anfährt, um dann vor Ort die Ware zu prüfen und sogleich telefonisch mit seinem in Verbindung stehenden Handelsunternehmen festzulegen, ob die Ware übernommen wird.

Die Entscheidung, ob die Ware vor Ort zu begutachten ist, lässt sich nicht vorhersehen. Insofern können auch die Fahrten zu den jeweiligen Bekleidungsfirmen nicht geplant werden, sondern hängen ab von den kurzfristig zur Verfügung gestellten Angeboten. Dazu kommen diverse Modemessen, die mehr als einen Tag dauern und somit auch Übernachtungen erfordern. Es ist ein schneller Geschäftsablauf für das Gelingen notwendig.

Die Ehefrau des Betroffenen ist nicht berufstätig. Sie versorgt und betreut die drei noch im Haushalt des Betroffenen lebenden minderjährigen Kinder. Die Familie ist abhängig von dem Einkommen des Betroffenen, das im Jahr 2015 vor Steuern € 33.236,- betrug. Finanzielle Mittel für die Einstellung eines Fahrers sind nicht vorhanden.

Es ist naheliegend anzunehmen, dass der Betroffene keine Anfragen mehr erhält, wenn er nicht in der Lage ist, unmittelbar nach Eingang der Anfrage vor Ort zu kommen, um die Ware zu überprüfen. Es liegt nicht fern anzunehmen, dass er in diesem Fall auch zukünftig nicht mehr angefragt wird und auf Dauer die Vermittlungstätigkeit nicht mehr ausüben kann. Das geht über die in Kauf zu nehmenden üblichen Beschwerlichkeiten, die mit einem Fahrverbot verbunden sind, weit hinaus.

Die erhebliche Erhöhung der ohnehin hohen Regelgeldbuße um das Doppelte dieser auf insgesamt das Dreifache der Regelgeldbuße – 1.800,- € – erscheint angesichts dessen als notwendig, aber auch ausreichend, um auf den Betroffenen dahingehend einzuwirken, dass er die Verkehrsvorschriften künftig beachtet. Ratenzahlung war zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 OWiG i.V. mit § 465 Abs. 1 StPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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