themify_box color=“aufmacher“]Mit 80 Sachen durch die Ortschaft – Rasen kostet Autofahrerin 180 Euro. Amtsgericht Büdingen verhängt Bußgeld für 27 km/h zu schnell innerhalb geschlossener Ortschaft. Verteidiger scheitert mit Einwänden gegen Messung nahe Schulweg.[/themify_box]
➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 60 OWi 902 Js-OWi 29931/22 (29931/22) | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Amtsgericht bestätigt 180 Euro Bußgeld trotz Unterschreitung des Mindestabstands
- ✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Büdingen
- 80 km/h innerorts: Fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung um 27 km/h führt zu Bußgeld
- Gericht bestätigt Ordnungsgemäßheit der Messung trotz Einwänden der Verteidigung
- Geringfügige Unterschreitung des Mindestabstands zwischen Messbereich und Ortstafel unbeachtlich
- Urteil: 180 Euro Bußgeld wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Geschwindigkeitsmessung rechtlich einwandfrei ist?
- Kann ich mich gegen ein Bußgeld wehren, wenn der vorgeschriebene Mindestabstand zwischen Messbereich und Ortstafel geringfügig unterschritten wurde?
- Unter welchen Umständen kann von dem 100m-Mindestabstand zwischen Messbereich und Ortstafel abgewichen werden?
- Wie bewerten Gerichte Messungen, bei denen der Abstand zwischen Messbereich und Ortstafel etwas zu gering ist?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Büdingen
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Die Betroffene wurde wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h zu einer Geldbuße von 180 Euro verurteilt.
- Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit dem Gerät PoliScan FM1, das ordnungsgemäß geeicht und vom zuständigen Zeugen gemäß der Gebrauchsanweisung verwendet wurde.
- Der Messbereich endete 94 Meter vor der Ortstafel, was zu Diskussionen über die Korrektheit der Messung führte.
- Das Gericht stellte fest, dass das Messgerät und die Messung ordnungsgemäß waren und den Anforderungen entsprachen, trotz der Einwände des Verteidigers.
- Der Zeuge bestätigte in der Verhandlung die korrekte Durchführung der Messung und die einwandfreie Funktion des Gerätes.
- Ein privates Gutachten des Verteidigers konnte keine wesentlichen Fehler in der Messung nachweisen, da die festgestellten Einwände als unbeachtlich bewertet wurden.
- Die Argumente des Verteidigers bezüglich eines vermeintlich falschen Tokens und nicht eingetragener Messmethoden wurden als irrelevant eingestuft.
- Die ordnungsgemäße Schulung des Zeugen und die Einhaltung der vorgeschriebenen Messverfahren wurden durch vorgelegte Zertifikate belegt.
- Die Verhandlung ergab keine Hinweise auf eine fehlerhafte Messung oder eine notwendige weitere Beweiserhebung.
- Das Urteil bekräftigt die Rechtmäßigkeit standardisierter Messverfahren, wenn diese korrekt angewendet und dokumentiert werden.
Amtsgericht bestätigt 180 Euro Bußgeld trotz Unterschreitung des Mindestabstands
Geschwindigkeitsüberwachung ist ein komplexes Thema, das viele Menschen umtreibt. Gesetze und Regelungen legen fest, unter welchen Bedingungen Geschwindigkeitsmessungen zulässig sind. Dabei spielen Faktoren wie der Abstand zwischen Messgerät und Ortsschild eine wichtige Rolle. In der Rechtsprechung haben sich hierzu verschiedene Grundsätze entwickelt, die es zu beachten gilt. Nur wenn alle formalen Vorgaben erfüllt sind, können die Messergebnisse als rechtssicher gelten. Andernfalls können die Bußgelder unter Umständen angefochten werden. Im Folgenden wird ein aktuelles Gerichtsurteil vorgestellt, das einen solchen Sachverhalt zum Gegenstand hat.
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✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Büdingen
80 km/h innerorts: Fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung um 27 km/h führt zu Bußgeld
Am 15.03.2022 führte ein Ordnungspolizeibeamter der Gemeinde … Geschwindigkeitsmessungen in der … in … durch. Gemessen wurde mit dem geeichten digitalen Geschwindigkeitsmessgerät PoliScan FM1 im Zeitraum von 11:50 Uhr bis 17:00 Uhr. Der Messbereich endete 94 m vor der Ortstafel (Zeichen 311 StVO).
Als die Betroffene, eine 59-jährige Deutsche, diese Messstelle um 13:27 Uhr passierte, wurde für ihr Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 80 km/h gemessen. Nach Abzug der Toleranz von 3 km/h ergab sich eine vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften.
Gericht bestätigt Ordnungsgemäßheit der Messung trotz Einwänden der Verteidigung
Der Verteidiger der Betroffenen stellte die Ordnungsgemäßheit der Messung in Frage. Er legte eine privatgutachterliche Stellungnahme vor, die diverse Einwände gegen das Messverfahren enthielt.
Das Gericht wies die Einwände jedoch nach sorgfältiger Prüfung zurück. Es sah aufgrund der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise, insbesondere der Aussage des messenden Polizeibeamten, keine Zweifel an einer korrekten Messung. Der Beamte konnte glaubhaft darlegen, dass er die Messung entsprechend der Gebrauchsanweisung durchgeführt hatte. Auch die vorgelegten Lichtbilder und Skizzen zum Messvorgang bestätigten dies.
Geringfügige Unterschreitung des Mindestabstands zwischen Messbereich und Ortstafel unbeachtlich
Verteidiger und Gutachter kritisierten, dass sich der Messbereich nur 94 m vor der Ortstafel befand und damit den im Erlass als Regel vorgesehenen Mindestabstand von 100 m geringfügig unterschritt.
Das Gericht sah darin jedoch keinen relevanten Verstoß. Zum einen handelte es sich nur um eine minimale Unterschreitung. Zum anderen führte der offizielle Schulweg parallel zur Messstelle, weshalb eine Kontrolle der zulässigen 50 km/h gerade hier besonders wichtig war, um Schulkinder zu schützen. Eine Unterschreitung des 100m-Abstands ist laut Erlass aus solch besonderen Gründen zulässig.
Urteil: 180 Euro Bußgeld wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung
Im Ergebnis verurteilte das Amtsgericht Büdingen die Betroffene wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 27 km/h zu einer Geldbuße von 180 Euro.
Bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte die Betroffene die Beschilderung (Zeichen 310 StVO) wahrnehmen und ihre Geschwindigkeit auf maximal 50 km/h drosseln können und müssen. Dies gilt umso mehr, da der Schulweg in unmittelbarer Nähe zur Messstelle verlief und dort besondere Vorsicht angebracht war. Die verhängte Regelbuße von 180 Euro entsprach der Bußgeldkatalog-Ziffer 11.3.5 für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h innerorts.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil zeigt, dass eine geringfügige Unterschreitung des 100m-Abstands zwischen Messbereich und Ortstafel eine Geschwindigkeitsmessung nicht unzulässig macht, wenn besondere Gründe wie ein naher Schulweg vorliegen. Trotz Einwänden der Verteidigung bestätigte das Gericht die Ordnungsgemäßheit der Messung. Die fahrlässige Überschreitung der zulässigen 50 km/h innerorts um 27 km/h rechtfertigt ein Bußgeld von 180 Euro. Sorgfaltspflichten und Verkehrssicherheit haben gerade im Bereich von Schulwegen höchste Priorität.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Rechtmäßige Geschwindigkeitsmessung wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Geschwindigkeitsmessung rechtlich einwandfrei ist?
- Kann ich mich gegen ein Bußgeld wehren, wenn der vorgeschriebene Mindestabstand zwischen Messbereich und Ortstafel geringfügig unterschritten wurde?
- Unter welchen Umständen kann von dem 100m-Mindestabstand zwischen Messbereich und Ortstafel abgewichen werden?
- Wie bewerten Gerichte Messungen, bei denen der Abstand zwischen Messbereich und Ortstafel etwas zu gering ist?
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Geschwindigkeitsmessung rechtlich einwandfrei ist?
Damit eine Geschwindigkeitsmessung rechtlich einwandfrei ist, müssen folgende wichtige Voraussetzungen erfüllt sein
Die Messgeräte müssen von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen und geeicht sein. Die PTB prüft im Rahmen einer Bauartzulassung, ob die Geräte den anerkannten Regeln der Technik entsprechen und die Messsicherheit gewährleisten. Zugelassene Geräte gelten dann als standardisierte Messverfahren, bei denen zunächst von einer korrekten Messung ausgegangen wird.
Darüber hinaus müssen die Messgeräte jährlich geeicht werden, um mögliche Ungenauigkeiten auszugleichen. Die Eichung bestätigt die Messgenauigkeit innerhalb der zulässigen Fehlergrenzen.
Die Geschwindigkeitsmessung muss von geschultem Personal der Polizei oder zuständigen Behörden durchgeführt werden. Es handelt sich um eine hoheitliche Aufgabe, die nicht an private Dienstleister übertragen werden darf. Die Auswerter müssen für den Umgang mit den komplexen Geräten qualifiziert sein und einen Schulungsnachweis besitzen.
Beim Aufbau und der Durchführung der Messung sind die Vorgaben der Hersteller und Richtlinien der Bundesländer zu beachten. Die Gebrauchsanweisung des Messgeräts macht konkrete Vorgaben zur korrekten Aufstellung, zu Testmessungen und zu berücksichtigenden Umgebungsbedingungen. Zusätzlich haben die Bundesländer eigene Richtlinien erlassen, die den Einsatz regeln.
Die Messung und Auswertung muss lückenlos dokumentiert werden. Über die Schulung des Personals, den Aufbau und die technischen Voraussetzungen wie Eichsiegel ist ein Protokoll in der Messakte zu führen. So lässt sich im Zweifelsfall die Korrektheit der Messung nachvollziehen.
Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, bestehen gute Chancen, die Messung anzufechten. Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann prüfen, ob bei der Geschwindigkeitsmessung Gesetze oder Richtlinien verletzt wurden und Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen.
Kann ich mich gegen ein Bußgeld wehren, wenn der vorgeschriebene Mindestabstand zwischen Messbereich und Ortstafel geringfügig unterschritten wurde?
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt eine geringfügige Unterschreitung des vorgeschriebenen Mindestabstands zwischen Messbereich und Ortstafel nicht zwangsläufig zur Unverwertbarkeit der Messung.
Der erforderliche Mindestabstand beträgt innerorts 100 Meter und außerorts 150 Meter hinter dem Ortsschild. Dieser Abstand soll gewährleisten, dass sich die Fahrzeuge bereits mit einer der Ortschaft angepassten Geschwindigkeit bewegen.
Geringe Abweichungen von wenigen Metern sind in der Regel unbeachtlich, solange die Messstelle nicht unmittelbar hinter dem Ortsschild liegt. Denn auch bei einer leichten Unterschreitung des Abstands ist davon auszugehen, dass die Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit bereits angepasst haben.
Weicht der Abstand jedoch erheblich nach unten ab, kann dies die Messung angreifbar machen. Als Faustregel gilt eine Toleranz von bis zu 20% des Mindestabstands als unschädlich. Wird diese überschritten, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Messung noch verwertbar ist.
Entscheidend sind dabei die konkreten Umstände wie die Länge der Unterschreitung, die Übersichtlichkeit der Strecke und die gefahrene Geschwindigkeit. Je gravierender die Abweichung und je weniger Zeit die Fahrer zum Anpassen der Geschwindigkeit hatten, desto eher ist von einer unzulässigen Messung auszugehen.
Eine minimale Unterschreitung des Abstands zur Ortstafel macht die Messung in den meisten Fällen nicht angreifbar. Nur bei erheblichen Abweichungen über 20% des Mindestabstands bestehen gute Erfolgsaussichten, sich gegen das Bußgeld zu wehren. Letztlich kommt es aber immer auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an.
Unter welchen Umständen kann von dem 100m-Mindestabstand zwischen Messbereich und Ortstafel abgewichen werden?
Laut den Richtlinien der meisten Bundesländer soll der Abstand zwischen einem Verkehrszeichen bzw. einer Ortstafel und der Messstelle für Geschwindigkeitskontrollen mindestens 100-150 Meter betragen. Dieser Mindestabstand dient dazu, gefährliche Bremsmanöver im Bereich der Beschilderung zu vermeiden.
In begründeten Ausnahmefällen kann jedoch von diesem Mindestabstand abgewichen werden:
- An besonderen Gefahrenstellen wie Straßeneinmündungen mit erhöhter Unfallhäufigkeit kurz nach der Beschilderung
- Im Bereich von schützenswerten Einrichtungen wie Schulen und Altenheimen
- An sogenannten „Geschwindigkeitstrichtern“, wo die zulässige Höchstgeschwindigkeit stufenweise reduziert wird
In solchen Fällen ist es zulässig, den Messbereich näher an der Beschilderung einzurichten, um die Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung zu überwachen. Die grundsätzlich beruhigte Verkehrslage an diesen sensiblen Stellen lässt eine Unterschreitung des üblichen Mindestabstands zu.
Generell gilt aber: Auch wenn in manchen Bundesländern wie z.B. Baden-Württemberg, Hamburg, NRW oder dem Saarland gar kein verbindlicher Mindestabstand vorgegeben ist, darf nicht völlig willkürlich direkt hinter Verkehrsschildern gemessen werden. Es muss immer der Einzelfall betrachtet werden, ob eine Messung noch verhältnismäßig war oder Autofahrer zu einer unzumutbaren Vollbremsung gezwungen hätte.
Wie bewerten Gerichte Messungen, bei denen der Abstand zwischen Messbereich und Ortstafel etwas zu gering ist?
Gerichte bewerten Geschwindigkeitsmessungen, bei denen der Abstand zwischen Messbereich und Ortstafel etwas zu gering ist, differenziert. Eine geringfügige Unterschreitung des vorgeschriebenen Mindestabstands führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheids. Allerdings kann sich die Unterschreitung in bestimmten Fällen auf den Schuldvorwurf und damit auf die Rechtsfolgen auswirken.
So entschied beispielsweise das Amtsgericht Büdingen, dass eine geringe Unterschreitung des Mindestabstands zur Ortstafel für das Urteil nicht relevant war. Auch das Bayerische Oberste Landesgericht sah in einem Fall von der Verhängung eines Fahrverbots ab, weil die Messung entgegen den innerdienstlichen Richtlinien unmittelbar nach dem Ortsschild an der Ortseinfahrt stattfand.
Andererseits bestätigte das Oberlandesgericht Hamm eine Geldbuße mit Fahrverbot, obwohl der vorgegebene Abstand von 200 Metern zwischen Temposchild und Messwagen auf 70 Meter unterschritten wurde. Das Gericht begründete dies mit der Nähe zu einem Kindergarten und der damit verbundenen besonderen Schutzwürdigkeit der Zone.
Für die Verteidigung kann es sich lohnen, die geltenden Abstandsregeln und Richtlinien im jeweiligen Bundesland prüfen zu lassen. Denn es gibt etliche Ausnahmen von den Abstandsregeln, etwa in Tempo-30-Zonen oder vor Schulen. Auch Fehler beim Messverfahren können ein Ansatzpunkt sein, um Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen.
Letztlich kommt es bei der Bewertung einer geringfügigen Abstandsunterschreitung immer auf den Einzelfall an. Pauschale Aussagen sind schwierig. Grundsätzlich müssen Autofahrer aber damit rechnen, dass Gerichte moderate Abweichungen vom Mindestabstand tolerieren, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die für den Betroffenen sprechen. Eine Anfechtung des Bußgeldbescheids kann dennoch erfolgversprechend sein, wenn die Unterschreitung sachlich nicht gerechtfertigt erscheint.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 41 Abs. 1 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung): Regelt die Bedeutung und Anbringung von Verkehrszeichen, insbesondere Geschwindigkeitsbegrenzungen. Hier relevant, da das Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften festgestellt wurde.
- § 49 StVO: Beinhaltet die Bestimmungen zur Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten, wie Geschwindigkeitsüberschreitungen. Dient als Grundlage für die Verhängung des Bußgeldes.
- § 24 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Legt die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr fest und definiert Bußgelder. Hier angewandt für die Ahndung der Geschwindigkeitsüberschreitung.
- BKatV (Bußgeldkatalog-Verordnung): Enthält den Bußgeldkatalog, der die Höhe der Bußgelder für Verkehrsverstöße festlegt. Ziffer 11.3.5 ist für die Berechnung der Geldbuße bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h innerorts relevant.
- Mess- und Eichgesetz (MessEG): Regelt die Anforderungen an Messgeräte, deren Eichung und Überprüfung. Relevant, da das verwendete Messgerät PoliScan FM1 ordnungsgemäß geeicht sein muss, um die Messung als Beweismittel zuzulassen.
- § 37 Abs. 4 MessEG: Bestimmt, dass Messgeräte regelmäßig geeicht werden müssen und nur dann verwendet werden dürfen, wenn sie den eichrechtlichen Anforderungen entsprechen. Hierdurch wird die Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung sichergestellt.
- Rechtsprechung des OLG Zweibrücken: Anerkennt das Messgerät PoliScan FM1 als standardisiertes Messverfahren. Dies unterstreicht die Rechtmäßigkeit der Messung und die Verwertbarkeit der Messergebnisse vor Gericht.
- Zeichen 310 und 311 StVO: Verkehrszeichen für Beginn und Ende einer geschlossenen Ortschaft. Wichtig, um festzustellen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften stattfand, wo strengere Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Büdingen
AG Büdingen – Az.: 60 OWi 902 Js-OWi 29931/22 (29931/22) – Urteil vom 27.02.2023
Die Betroffene wird wegen fahrlässiger Höchstgeschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h zu einer Geldbuße i.H.v. 180 € verurteilt.
Die Betroffener hat die Kosten des Verfahrens und ihre Auslagen zu tragen.
Angewandte Vorschriften: § 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, § 49 StVO; § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG; Nr. 11.3.5 BKat
Gründe
I.
Die 59 Jahre alte Betroffene ist deutsche Staatsangehörige und in … wohnhaft. Das Fahreignungsregister enthält über die Betroffene keine Eintragungen.
II.
Am 15.03.2022 nahm der Zeuge …, der Ordnungspolizeibeamter bei dem Ordnungsbehördenbezirk … ist, für die Gemeinde … Geschwindigkeitsmessungen vor. Gemessen wurden an diesem Tag mit dem digitalen Geschwindigkeitsmessgerät Polyscan FM 1 im Zeitraum von 11:50 Uhr bis 17:00 Uhr die in Fahrtrichtung … fahrenden Fahrzeuge. Die Messstelle befand sich in … in der …, in Höhe der Hausnummer …. Der Messbereich endete 94 m vor der Ortstafel (Zeichen 311 StVO).
Der Zeuge … führte die Messungen mit dem Messgerät PoliScan FM1 durch. Das Messgerät wurde am 14.01.2022 durch die Hessische Eichdirektion geeicht. Dabei wurde festgestellt, dass das Messgerät den Anforderungen des § 37 Abs. 4 des Mess- und Eichgesetzes entspricht. Die Eichfrist endet am 31.12.2023. Der Zeuge … wurde für dieses Messverfahren am 16.04.2019 und erneut vom 11.02.2021 bis 12.02.2021 geschult. Gegenstand der Schulung waren Vorstellung der Gerätekomponenten, Aufbau und Funktion des Messgerätes, Auswahl und Anforderung von Messplätzen, Einrichten und Messen, mobile Verwendung, Eichung, Auswertung der Falldaten mit POLISCAN Tuff-Viewer, schriftliche und praktische Erfolgskontrolle.
Seit Beginn der Eichfrist sind an dem Messgerät keine Reparaturen oder Wartungen vorgenommen worden. Der Zeuge … stellte vor Beginn der Messung sicher, dass die gerätespezifischen eichrechtlichen Sicherungs- und Eichkennzeichen vollständig, aktuell und unbeschädigt waren. Auch kontrollierte er, dass das Messgerät äußerlich unbeschädigt war. Weiterhin überprüfte er vor und nach der Messung das Verkehrszeichen (310 StVO). Der Zeuge nahm das Gerät als Fahrzeugeinbau in Betrieb. Die Aufbauhöhe betrug zwischen 0,5 und 1,8 m. Der seitliche Abstand wurde manuell bestimmt. Die Schenkelwinkelbestimmung erfolgte automatisch.
Als die Betroffene diese Messstelle am 15.03.2022 um 13:27 Uhr passierte, wurde die Geschwindigkeit ihres Fahrzeuges mit 80 km/h gemessen. Nach Abzug einer Toleranz i.H.v. 3 km/h betrug die von der Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit 77 km/h, so dass sich eine Geschwindigkeitsüberschreitung i.H.v. 27 km/h ergab.
Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte die Betroffene erkennen können, dass sie sich innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 310 StVO) befand und die Geschwindigkeit auf maximal 50 km/h drosseln können.
III.
Die Angaben zur Person beruhen auf den Angaben des Verteidigers. Da die Betroffene an der Hauptverhandlung nicht teilnahm und dem Verteidiger keine weiteren Informationen vorlagen, konnten keine weitere Feststellung getroffen werden. Weitere Feststellung waren allerdings im Hinblick auf den Tatvorwurf auch nicht erforderlich.
Die Feststellungen im Übrigen beruhen auf den in der Hauptverhandlung verwerteten Beweismitteln, die sich aus dem Protokoll ergeben
Dass die Betroffenen das Fahrzeug steuerte, hat diese über ihren Verteidiger eingeräumt. Darüber hinaus hat die Betroffene keine Angaben gemacht.
Daran, dass die Betroffene das Fahrzeug zur Tatzeit steuerte, bestehen auch keine Zweifel. Ein Abgleich der Messbilder Bl. 6 und 7 der Akte mit dem Personalausweisfoto der Betroffenen, dass auf Bl. 41 Rückseite der Akte zu sehen ist, bestätigt dies. Auf diese Bilder wird gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 S. 3 StPO verwiesen und sie werden zum Gegenstand des Urteils gemacht.
Nach der Beweisaufnahme bestehen auch keine Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Messung. Das Messgerät PoliScan FM1 ist als standardisiertes Messverfahren anerkannt (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.01.2022 – 1 OWi 2 SsBs 109/21 -, Rn. 7). Der gemessene Wert von 80 km/h konnte aus dem Messbild Bl. 6 unten einwandfrei abgelesen werden.
Die ordnungsgemäße Eichung des Messgerätes ergibt sich aus dem Eichschein, Bl. 9 der Akte. Darüber hinaus lagen auch die Konformitätserklärung (Bl. 9 Rückseite der Akte ) sowie die Konformitätsbescheinigung (Bl. 10 der Akte) vor, wenngleich es auf diese, aufgrund der wirksamen Eichung, nicht ankommt. Denn der Umstand, dass das Messgerät geeicht war, impliziert, dass der Eichbehörde die Konformitätsbescheinigung und die Konformitätserklärung vorgelegen haben und das Messgerät ordnungsgemäß in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.01.2021 – 2 RBs 1/21 -, BeckRS 2021, 476 Rn 11 ff.).
Die oben festgestellte und hinreichende Schulung des Zeugen …, ergibt sich aus den Zertifikaten, Bl. 13, 13 Rückseite, 14,14 Rückseite, 15,15 Rückseite, 16 der Akte. Daraus ist ersichtlich, dass der Betroffene nicht nur für das verwendete Messgerät sondern darüber hinaus auch zum Thema WLAN und Netzwerkanbindung sowie zu „Polyscan Office Pro“ geschult worden ist.
Der Zeuge … hat in seiner Vernehmung glaubhaft bekundet, dass er die Messung entsprechend der Gebrauchsanweisung durchgeführt hat und dass die Angaben im Messprotokoll (Bl.12, 12 Rückseite der Akte) zutreffend sind. Auch hat er bestätigt, dass er umfangreich für das Messgerät geschult worden ist, zuletzt im Jahr 2021. Insbesondere hat er auch bekundet, dass keine Reparaturen seit der letzten Eichung vorgenommen worden sind.
Er habe aus dem VW … herausgemessen. Zur Verdeutlichung der Messstelle hat der Zeuge in der Hauptverhandlung einen Kartenausdruck (Anl. 1 zum Protokoll), auf dem er mit einem Kreuz die Messstelle markiert hat sowie eine Übersichtsaufnahme (Anl. 2 zum Protokoll) und darüber hinaus Bilder von dem VW … am Messtag an der Messstelle (Anl. 3 und 4 zum Protokoll) zur Akte gereicht, die in Augenschein genommen wurden sind. Darüber hinaus hat der Zeuge eine Skizze von der Messstelle am Tattag vorgelegt (Anl. 4 zum Protokoll), die auch in Augenschein genommen worden ist. Schließlich hat der Zeuge noch bekundet, auch das Messgerät mit den eichrechtlichen Sicherungs- und Eichkennzeichen am Tattag fotografiert zu haben, wobei er die Fotografien ebenfalls zur Akte gereicht hat (Anl. 5 und Anl. 6 zum Protokoll). Die plausible Aussage des Zeugen wird durch diese Lichtbilder und Skizzen bestätigt.
Auch erläuterte der Zeuge, dass entlang der Straße, an der gemessen wurde, Schulkinder laufen. Dort gehe der offizielle Schulweg entlang. Diesen, grün markierten, Weg hat er auf der Übersichtskarte (Anl. 1 zum Protokoll), aufgezeigt. Weiterhin hat er anhand dieser Übersichtskarte erläutert, wo sich Bushaltestelle, Schule etc. befinden. Weiter hat der Zeuge bekundet, dass die Aufbauhöhe des Gerätes etwa 1,35 gewesen sei. Er habe zum ersten Mal aus dem … dort gemessen. Es habe keinerlei Probleme oder Auffälligkeiten gegeben, ansonsten hätte er die ganze Messreihe verworfen.
Deshalb ist von einer standardisierten, ordnungsgemäßen Messung auszugehen.
Zweifel an der Messung oder die Erforderlichkeit für eine weitere Beweisaufnahme hinsichtlich der Messung ergeben sich auch nicht aus der vom Verteidiger vorgelegten privatgutachterlichen Stellungnahme vom 07.11.2022.
Dies gilt zunächst, soweit der Privatsachverständige grundsätzliche, allgemeine Bedenken hinsichtlich des Messverfahrens hat, weil in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung von einem verwertbaren standardisierten Messverfahren auszugehen ist (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.01.2022 – 1 OWi 2 SsBs 109/21 -, Rn. 7). Dass die Stellungnahme erst in der Hauptverhandlung und erst nach der Entlassung des Zeugen vorgelegt worden ist, verwundert allerdings. Sofern darin gerügt wird, das falsche Token (zur Signaturprüfung) übersandt worden seien, hätte dies früher geltend gemacht werden können und müssen. Das Gericht hatte hierauf keinen Einfluss und sieht keine Veranlassung, das Verfahren durch Einholung weiterer (nicht notwendigen) Informationen zu verzögern. Die verwerteten Beweismittel sind ausreichend und belegen eine ordnungsgemäße Messung.
Fehlende Reparatur- oder Wartungsnachweise sind ebenfalls unerheblich. Aus den Feststellungen im Messprotokoll sowie der Zeugenaussage ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass seit der letzten Eichung keine Reparaturen oder Wartungen stattgefunden haben. Das Führen einer Lebensakte ist nicht zwingend.
Ein Beschilderungsplan ist überflüssig. Wie sich aufgrund der Beweisaufnahme, insbesondere der Zeugenvernehmung sowie der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder gezeigt hat, befindet sich die Messstelle innerhalb geschlossener Ortschaften (weit hinter dem Zeichen 310 StVO und) 94 m vor dem Zeichen 311 StVO. Sofern gerügt wird, dass im Messprotokoll die Aufstellhöhe des Messgerätes nicht angegeben sei, ist dies ebenfalls unbeachtlich. Die Feststellungen im Messprotokoll, wonach die Aufbauhöhe zwischen 0,5 m 1,8 m lag, ist ausreichend. Es handelt sich um ein Musterprotokoll, das nicht zu beanstanden ist. Darüber hinaus hat der Zeuge in der Hauptverhandlung plausibel bekundet, dass die Aufbauhöhe etwa 1,35 m betrug. Dies ist auch plausibel, da aus dem VW … heraus gemessen worden ist.
Die Rüge unter 4.3.9 der privatgutachterlichen Stellungnahme, dass im System nicht eingetragen sei, dass die Messung als Linksmessung durchgeführt worden sei, ist ebenfalls unbeachtlich. Denn wie der Privatsachverständige ebenfalls festgestellt hat, ergibt sich bereits aus dem Messfoto, dass es sich um eine so genannte Linksmessung handelt. Aus dem bloßen Fehlen dieser Angabe im Messsystem erfolgen keine Zweifel hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit der Messung.
Sofern es unter 4.3.10 der privatgutachterlichen Stellungnahme heißt, dass zur Verfahrensweise beim Einrichten das Messpersonal zu befragen sei, hätte und hat der Verteidiger ausreichend Gelegenheit in der Hauptverhandlung gehabt. Anhaltspunkte für eine unsachgemäße Messung haben sich aber nicht gezeigt.
Entgegen der Auffassung des Privatsachverständigen bestehen auch keine Zweifel hinsichtlich der Integrität und Authentizität der Falldatei. Regelmäßig genügt der in der Akte befindliche Ausdruck, so wie er hier auf Bl. 6 vorhanden ist. Der Verteidiger bzw. der Sachverständige hätten auch hinreichend Gelegenheit gehabt, die signierte Falldatei in Augenschein zu nehmen. Sofern erstmals in der Hauptverhandlung gerügt worden ist, dass die Signaturprüfung wegen des veralteten Tokens fehlgeschlagen sei, ist daran zu erinnern, dass die Verwaltungsbehörde bei früherer Nachfrage (oder ggfs. nach Antrag auf gerichtliche Entscheidung) die signierte Falldatei mit aktuellen Token zugänglich gemacht hätte. Sofern der Privatsachverständige ausführt, dass für Messgeräte andere Hersteller gravierende Lücken im Signierungsverfahren demonstriert werden konnten, ist auch dies ohne Relevanz. Eine konkrete Sicherheitslücke bei dem hier in Einsatz gekommenen Messverfahren wurde nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.
Auch soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass die Auswertung der XML-Daten ergebe, dass ein verspäteter Erfassungsbeginn bei 43,55 m statt der typischen 60-70 m und somit ein verkürzter Erfassungsbereich vorliege, was erfahrungsgemäß auf Hindernisse im Erfassungsbereich zurückzuführen sei, führt dies zu keinen Zweifeln hinsichtlich der konkreten Messung. So hat der Privatsachverständige in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgestellt, dass im Messfoto keine Hindernisse zu erkennen seien. Dies wird auch aus den in Augenschein genommenen weiteren Bildern und Übersichtsaufnahmen bestätigt. Darüber hinaus hat der Sachverständige selbst den Inhalt der Gebrauchsanweisung (7.1.1) diesbezüglich in seiner Stellungnahme wie folgt zitiert: „Hindernisse im Messbereich können zu Unterbrechung oder erhöhte Anzahl von annullierten Messungen führen. Hindernisse im Erfassungsbereich das Messgerät sind daher zu vermeiden.“ Aus der Vernehmung des Zeugen hat sich jedoch ergeben, dass es an diesem Tag gerade keine Unterbrechung oder erhöhte Anzahl von Annullierung gegeben hat.
Schließlich ist auch die Tatsache, dass dem Privatsachverständigen bzw. dem Verteidiger nicht die gesamte Messreihe des Tattages zur Verfügung gestellt worden ist, ohne Relevanz. Aufgrund der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Fehlmessung oder für weitere Beweiserhebungen. Auch wird der Grundsatz des fairen Verfahrens nicht tangiert. Der Verteidiger hätte, da die privatgutachterliche Stellungnahme vom 07.11.2022 datiert, ohne weiteres Einsicht in die Messreihe beantragen und gegebenenfalls Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen können.
Die Ansicht des Verteidigers, dass die Messung nicht verwertbar sei, da das Messerverfahren keine hinreichenden Rohmessdaten speichert, folgt das Gericht, in Anlehnung an die herrschende obergerichtliche Rechtsprechung hierzu, nicht, weshalb diese Beanstandung in der Hauptverhandlung durch Beschluss gemäß § 238 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG zurückgewiesen wurde. Die oft herangezogene Entscheidung Lv 7/17 des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs vom 05.07.2919 (NZV 2019, 414 ff.) betrifft die Verwertbarkeit von Geschwindigkeitsmessgeräten, die überhaupt keine Rohmessdaten speichern und dem Betroffenen also keine Möglichkeit geben, die Plausibilität des Messergebnisses nachträglich zu überprüfen. Dies ist auf Messungen mit dem Geschwindigkeitsmessgerät Poliscan Speed der Firma … nicht zu übertragen (OLG Koblenz, Beschluss vom 09.07.2020 – 3 OWi 6 SsRs 189/20 -, BeckRS 2020, 20132 Rn. 9).
Im Ergebnis steht deshalb die Ordnungsgemäßheit der Messung fest. Eine weitere Beweiserhebung, die im Übrigen auch nicht beantragt worden ist, war deshalb nicht geboten.
Die Betroffene hätte auch ohne weiteres erkennen können, dass sie sich noch innerhalb der geschlossenen Ortschaft befindet und die gefahrene Geschwindigkeit auch entsprechend auf unter 50 km/h beschränken können. Zwar befand sich der Messbereich lediglich 94 m vor dem Zeichen 311 StVO (Ortstafel). Jedoch befanden sich auf der rechten Fahrbahnseite noch Häuser, so dass es sich für die Betroffene aufdrängte, dass sie sich noch innerhalb der geschlossenen Ortschaft befindet.
IV.
Nach den getroffenen Feststellungen hat sich die Betroffene wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h gemäß § 41 Abs. 1 i.V.m. Anl. 2, § 49 StVO; § 24 StVG; 11.3.5 BKat schuldig gemacht.
Der Verstoß ist der Betroffenen auch vorwerfbar. Sie handelte hierbei fahrlässig. Bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte sie Die Beschilderung (Zeichen 310 StVO) wahrnehmen und ihre Geschwindigkeit auf die innerhalb geschlossener Ortschaften zulässige maximale Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h einrichten können.
Das sich der Messbereich nicht wie im einschlägigen Erlass in der Regel vorgesehen, mindestens 100 m vor der Ortstafel, sondern 94 m davor befand, ändert hieran nichts. Zum einen handelt es sich nur um eine ganz geringfügige Unterschreitung und zum anderen liegt eine nicht unerhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor, so dass auszuschließen ist, dass die festgestellte Höchstgeschwindigkeitsüberschreitung maßgeblich hierauf beruht. Im Übrigen heißt es unter 4.1 im einschlägigen Erlass vom 05.02.2015 wie folgt:
„Messstellen sollen in der Regel so eingerichtet werden, dass Beginn beziehungsweise Ende des gerätespezifischen Messbereichs mindestens 100 Meter vom Beginn beziehungsweise Ende einer vorhandenen Geschwindigkeitsbeschränkung oder vorhandenen Ortstafeln (Zeichen 310 beziehungsweise 311 StVO) entfernt sind. Diese Entfernung kann aus besonderem Grund (zum Beispiel Unfallhäufungspunkt, besonders schutzwürdige Örtlichkeiten, vorhandene vorgelagerte Geschwindigkeitstrichter) unterschritten werden.“
Insbesondere da der Schulweg parallel zur Straße in Höhe der Messstelle führt, ist die Unterschreitung der 100 m vorliegend nicht zu beanstanden, zumal es sich nur um eine ganz geringfügige Unterschreitung handelt. Weil Schulkinder erfahrungsgemäß nicht immer auf den vorbeifahrenden Autoverkehr achten und sich auch mal gegenseitig auf die Straße schubsen, ist es besonders wichtig, dass auch im Bereich der Messstelle die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h eingehalten und auch kontrolliert wird. Dass sich in unmittelbarer Nähe zur Messstelle keine Schule oder Ähnliches befindet, ist insofern unbeachtlich. Denn auch der Weg dorthin ist im vorliegenden Fall besonders schutzwürdig.
Sie hat die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt, zu der sie nach den Umständen und ihren persönlichen Fähigkeiten als Inhaberin einer Fahrerlaubnis verpflichtet und in der Lage war, außer Acht gelassen.
Für ein vorsätzliches Handeln der Betroffenen liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.
V.
Gemäß § 24 Abs. 2 StVG i. V. m. § 17 OWiG kann die von der Betroffenen begangene fahrlässige Verkehrsordnungswidrigkeit im Höchstmaß mit einer Geldbuße bis zu 1.000 Euro geahndet werden. Zur Ahndung der Tat und zur Einwirkung auf die Betroffene hat das Gericht eine Geldbuße in Höhe von 180 € für tat- und schuldangemessen erachtet.
Gemäß Ziffer 11.3.5 des zur Tatzeit gültigen Bußgeldkataloges, Tabelle 1 Buchstabe c) des Anhangs ist in Fällen, in denen die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft um 27 km/h überschritten wird, regelmäßig eine Geldbuße in Höhe von 180 Euro zu verhängen. Faktoren, die zu einer Erhöhung oder Verringerung der Geldbuße führen, sind nicht ersichtlich. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen sind bei einer Geldbuße in dieser Höhe ohne Belang. Deshalb war es angemessen, diese Regelbuße zu verhängen.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 465 Abs. 1 StPO. Da der Betroffene verurteilt worden ist, hat er die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen zu tragen.