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Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit ungeeichtem Tacho – hoher Toleranzabzug

Raser auf der AVUS geblitzt! Doch das Amtsgericht Tiergarten zeigte sich bei der Urteilsfindung gnädig – sehr zum Missfallen der Amtsanwaltschaft und des Kammergerichts Berlin. Letzteres rügte nun die „lückenhafte Beweiswürdigung“ des Amtsgerichts und verwies den Fall zurück. Nun muss neu verhandelt werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Urteil betrifft eine Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch Nachfahren mit einem ungeeichten Tachometer festgestellt wurde.
  • Der Tatrichter muss selbstständig die Höhe des Sicherheitsabschlags bestimmen, da es sich nicht um ein standardisiertes Messverfahren handelt.
  • Bei Abweichung von üblichen Toleranzwerten muss das Tatgericht dies detailliert und tatsachenbasiert begründen.
  • Das Amtsgericht Tiergarten urteilte teilweise abweichend vom Bußgeldbescheid und setzte eine geringere Geschwindigkeit und Geldbuße fest.
  • Die Amtsanwaltschaft erhob erfolgreich eine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten.
  • Das Gericht stellt fest, dass die Beweiswürdigung des Amtsgerichts Berlin unklar und lückenhaft ist.
  • Es fehlt an ausreichenden Angaben darüber, wie die Beweise erhoben und gewürdigt wurden, insbesondere der Verzicht auf Zeugenvernehmungen bleibt unerklärt.
  • Die festgesetzten Toleranzabweichungen wurden nicht ausreichend begründet, insbesondere der hohe Toleranzabzug für die Messung bei Nacht.
  • Die Voraussetzungen für eine Geschwindigkeitsmessung wie gleichbleibender Abstand und Beobachtungsmöglichkeiten wurden nicht ausreichend thematisiert.
  • Das Urteil wurde aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Geschwindigkeitsmessung im Fokus

Die Geschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr spielt eine entscheidende Rolle für die Verkehrsüberwachung und die Einhaltung der Verkehrsregeln. Oftmals erfolgt diese Messung durch verschiedene Systeme, die entweder analoge oder digitale Tachometer verwenden. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung können Fahrern durch Maßnahmen wie die Toleranzabzüge für Tachowerte, die möglicherweise durch technische Mängel wie ein ungeeichter Tacho beeinflusst werden, höhere Strafen drohen. Diese Abzüge sind wichtig, um die Genauigkeit der Tempomessung zu gewährleisten.

Ein immer wiederkehrendes Problem sind die rechtlichen Auswirkungen von Geschwindigkeitsmessungen, die unter ungenauen Bedingungen durchgeführt werden, wie beispielsweise dem Nachfahren eines anderen Fahrzeugs. In den folgenden Abschnitten wird ein konkreter Fall zu diesem Thema näher betrachtet, um zu verstehen, wie solche Messungen in der Praxis rechtlich beurteilt werden.

Der Fall vor Gericht


Nachfahrmessung auf der AVUS: Gericht bemängelt Ermittlung der Geschwindigkeitsüberschreitung

Ein Autofahrer wurde auf der AVUS in Berlin bei einer nächtlichen Geschwindigkeitsmessung mit 180 km/h gemessen.

Rechtliche Bewertung von Geschwindigkeitsmessungen
Das Kammergericht Berlin hob das Urteil des Amtsgerichts auf, da die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mangelhafte Beweisführung und einen zu hohen Toleranzabzug aufwies. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Die Polizei Berlin verhängte daraufhin mit Bußgeldbescheid vom 29. Juni 2023 eine Geldbuße von 1.000 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung um 44 km/h innerorts.

Amtsgericht reduziert Bußgeld und hebt Fahrverbot auf

Nach Einspruch des Betroffenen reduzierte das Amtsgericht Tiergarten am 30. Januar 2024 die Geldbuße auf 500 Euro und sah von einem Fahrverbot ab. Das Gericht ging von einer geringeren Geschwindigkeitsüberschreitung von nur 26 km/h aus und stufte die Tat als fahrlässig ein. Dabei brachte es einen außergewöhnlich hohen Toleranzabzug von 30 Prozent vom gemessenen Wert in Anschlag.

Kammergericht Berlin hebt Urteil auf

Die Amtsanwaltschaft Berlin legte gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde ein. Das Kammergericht Berlin gab dem Rechtsmittel statt und hob das Urteil des Amtsgerichts auf. Die Richter kritisierten insbesondere die Lückenhafte Beweiswürdigung bei der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren.

Mängel in der Beweisführung

Das Kammergericht bemängelte, dass aus dem Urteil nicht hervorgeht, auf welche Beweismittel sich die Feststellungen stützen. Unklar blieb, ob Zeugen vernommen wurden und wie sich diese zu den problematischen Umständen der Messung äußerten. Besonders kritisch sah das Gericht den hohen Toleranzabzug von 30 Prozent. Das Amtsgericht hatte diesen mit der nächtlichen Messung und möglichen Ungenauigkeiten beim Einhalten des Abstands begründet.

Das Kammergericht betonte, dass bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit ungeeichtem Tachometer üblicherweise ein Toleranzabzug von 20 Prozent ausreichend ist. Will ein Gericht davon abweichen, muss es dies ausführlich und auf Basis konkreter Tatsachen begründen. Dies sei hier nicht geschehen. Erschwerend komme hinzu, dass die Messung auf der schnurgeraden AVUS stattfand, die als idealtypisch für Nachfahrmessungen gilt.

Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen. Dabei muss auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde neu entschieden werden.


Die Schlüsselerkenntnisse


Bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit ungeeichtem Tachometer muss das Gericht die Höhe des Toleranzabzugs konkret und nachvollziehbar begründen. Will ein Gericht vom üblichen Toleranzwert von 20% abweichen, muss es dafür stichhaltige und auf den Einzelfall bezogene Gründe anführen. Die Grundlagen der Messung müssen im Urteil detailliert dargelegt werden, insbesondere bei erschwerenden Bedingungen wie Nachtfahrten.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn bei Ihnen eine Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahren festgestellt wurde, können Sie die Messmethode und den angewandten Toleranzabzug kritisch hinterfragen. Achten Sie besonders auf die konkreten Umstände der Messung – etwa Streckenlänge, Abstand zum Messfahrzeug und Sichtverhältnisse. Wurden Sie nachts oder bei schlechter Sicht gemessen, müssen die Beobachtungsmöglichkeiten der Polizeibeamten im Urteil genau beschrieben sein. Bei Geschwindigkeiten über 100 km/h muss die Messstrecke mindestens 500 Meter betragen haben. Ein Einspruch kann erfolgversprechend sein, wenn diese Voraussetzungen nicht ausreichend dokumentiert sind.


Benötigen Sie Hilfe?

Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren erfordern eine präzise rechtliche Bewertung der Messmethodik und angewandten Toleranzwerte. Unsere langjährige Erfahrung im Verkehrsrecht zeigt, dass besonders bei Nachtfahrten und hohen Geschwindigkeiten oft entscheidende Details übersehen werden. Wir analysieren für Sie die konkreten Umstände Ihres Falls – von der korrekten Dokumentation der Messstrecke bis hin zur Nachvollziehbarkeit des Toleranzabzugs. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


FAQ - Häufig gestellte Fragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welchen Toleranzabzug muss die Polizei bei einer Nachfahrmessung mindestens berücksichtigen?

Bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit geeichtem Tachometer ist ein Mindesttoleranzabzug von 10% plus 4 km/h von der abgelesenen Geschwindigkeit vorzunehmen.

Erhöhte Toleranzabzüge bei ungeeichtem Tachometer

Bei Verwendung eines ungeeichten Tachometers (zum Beispiel in einem Privatfahrzeug) ist ein Toleranzabzug von 20% der gemessenen Geschwindigkeit erforderlich. Dieser erhöhte Abzug berücksichtigt alle technischen und menschlichen Fehlerquellen bei guten Sichtverhältnissen.

Voraussetzungen für den Standardtoleranzabzug

Der Standardtoleranzabzug von 20% gilt nur, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug beträgt maximal den Tachowert in Metern
  • Der Abstand bleibt während der Messung konstant
  • Die Nachfahrstrecke beträgt mindestens das Fünffache des Abstands
  • Der Tachometer wird in kurzen Abständen abgelesen

Weitere Erhöhung der Toleranz

Der Toleranzabzug muss noch weiter erhöht werden bei:

  • Schlechten Sichtverhältnissen
  • Schwankendem Abstand zwischen den Fahrzeugen
  • Verwendung eines Navigationsgeräts statt Tachometer
  • Zu kurzer Messstrecke

In diesen Fällen kann der Toleranzabzug auf bis zu 27% der gemessenen Geschwindigkeit steigen.


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Was sind die Voraussetzungen für eine rechtlich verwertbare Nachfahrmessung?

Eine Nachfahrmessung ist nur dann rechtlich verwertbar, wenn bestimmte technische und verfahrensrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind.

Messstrecke und Abstände

Die Länge der Messstrecke muss je nach Geschwindigkeit folgende Mindestanforderungen erfüllen:

  • Bei 40-60 km/h mindestens 150 Meter
  • Bei 61-90 km/h mindestens 250 Meter
  • Bei über 90 km/h mindestens 500 Meter

Der Verfolgungsabstand zwischen den Fahrzeugen darf bei Geschwindigkeiten über 90 km/h nicht größer als 100 Meter sein und muss während der gesamten Messung möglichst konstant bleiben.

Technische Anforderungen

Bei Verwendung eines nicht geeichten Tachometers sind folgende Toleranzabzüge vorzunehmen:

  • 10% der gemessenen Geschwindigkeit plus 4 km/h für mögliche Tachometerfehler
  • Zusätzlich 6-12% der gemessenen Geschwindigkeit für weitere Fehlerquellen

Bei standardisierten Messverfahren wie ProVida oder Police-Pilot-Systems gelten geringere Toleranzabzüge, da diese Systeme als besonders zuverlässig eingestuft werden.

Dokumentationspflichten

Das Messprotokoll muss folgende Angaben zwingend enthalten:

  • Exakte Länge der Messstrecke
  • Größe des gleichbleibenden Abstands
  • Beobachtungsmöglichkeiten der Polizeibeamten
  • Status der Tachometer-Justierung/Eichung
  • Gefahrene Geschwindigkeiten

Bei Messungen zur Nachtzeit sind zusätzlich die Beleuchtungsverhältnisse und Orientierungspunkte genau zu dokumentieren.

Besondere Anforderungen

Eine Nachfahrmessung ist nur bei wesentlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen von mindestens 20 km/h zulässig. Die Messung muss mit äußerster Sorgfalt durchgeführt werden, da es sich bei der Tachometerablesung nicht um ein standardisiertes Messverfahren handelt.

Bei Messungen mit Videoaufzeichnung muss das verfolgte Fahrzeug am Ende der Messung nicht breiter abgebildet sein als am Anfang. Die Einhaltung des Abstands kann durch die Videoaufnahme überprüft werden.


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Wann kann ein Gericht von den standardmäßigen Toleranzwerten abweichen?

Ein Gericht kann von den standardmäßigen Toleranzwerten nur dann abweichen, wenn besondere Umstände vorliegen und diese im Urteil ausführlich begründet werden.

Besondere Fehlerquellen

Bei der Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit einem ungeeichten Tacho sind erhöhte Toleranzabzüge erforderlich, wenn:

  • Der Tacho des Messfahrzeugs nicht geeicht ist
  • Schlechte Sichtverhältnisse herrschen
  • Der Abstand zwischen den Fahrzeugen schwankt

Erforderliche Toleranzabzüge

Bei einem ungeeichten Tacho ist ein Sicherheitsabschlag von mindestens 20% des abgelesenen Wertes vorzunehmen. Dieser Abzug setzt sich zusammen aus:

  • 10% des Skalenwertes des Messfahrzeugs
  • Weitere 15% der abgelesenen Geschwindigkeit als Messtoleranz

Begründungspflicht des Gerichts

Will das Gericht von diesen Toleranzwerten abweichen, muss es:

  • Konkrete Anhaltspunkte für die Abweichung darlegen
  • Die besonderen Umstände des Einzelfalls ausführlich dokumentieren
  • Die Zuverlässigkeit der Messung nachvollziehbar begründen

Bei Messungen zur Nachtzeit oder bei Dunkelheit müssen zusätzlich die Sicht- und Beleuchtungsverhältnisse detailliert dargestellt werden.


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Welche Beweismittel sind bei einer Nachfahrmessung vor Gericht erforderlich?

Bei einer Nachfahrmessung müssen mehrere dokumentierte Nachweise vorliegen, damit das Gericht die Messung als Beweismittel anerkennt.

Grundlegende Dokumentation

Die Messstrecke muss präzise dokumentiert sein. Bei Geschwindigkeiten über 90 km/h ist eine Mindestlänge von 500 Metern erforderlich. Der Abstand zum verfolgten Fahrzeug muss ebenfalls protokolliert werden und darf bei Geschwindigkeiten über 90 km/h maximal 100 Meter betragen.

Protokollierung der Messbedingungen

Im Messprotokoll müssen die Sichtverhältnisse detailliert festgehalten werden. Bei Nachtfahrten sind zusätzliche Angaben über Beleuchtung und Beobachtungsmöglichkeiten der Beamten notwendig. Die konstante Geschwindigkeit und der gleichbleibende Abstand zum verfolgten Fahrzeug müssen nachvollziehbar dokumentiert sein.

Qualifikationsnachweise

Die durchführenden Beamten müssen ihre Schulung und Qualifikation für Nachfahrmessungen nachweisen können. Bei Verwendung eines Navigationsgeräts statt eines Tachos sind zusätzlich Angaben zum Gerätetyp und dessen Funktionsweise erforderlich.

Technische Dokumentation

Das Gericht benötigt Angaben darüber, ob der verwendete Tachometer innerhalb der letzten 12 Monate justiert oder geeicht wurde. Bei der Verwendung von Videoaufzeichnungen müssen diese lückenlos die gesamte Messstrecke dokumentieren.


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Welche Rechte haben Betroffene bei Zweifeln an der Messgenauigkeit?

Bei Zweifeln an der Messgenauigkeit haben Sie das Recht auf Einspruch innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Bußgeldbescheids. Dieser Einspruch muss schriftlich bei der zuständigen Bußgeldstelle eingehen.

Zugang zu Messdaten und Dokumenten

Sie haben das Recht auf Einsicht in:

  • Die Lebensakte des Messgeräts
  • Den Eichschein
  • Die Rohmessdaten der Messung

Dieses Recht basiert auf dem verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

Überprüfung der Messung

Bei standardisierten Messverfahren müssen Sie konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vortragen. Solche können vorliegen bei:

  • Nicht vorschriftsgemäß geeichten Geräten
  • Mehreren Fahrzeugen auf einem Bild
  • Spiegelnden Oberflächen im Messbereich
  • Fehlerhafter Aufstellung oder Bedienung des Messgeräts

Dokumentation und Nachweise

Das Messgerät muss bestimmten technischen Anforderungen entsprechen. Dazu gehören:

  • Eine gültige Konformitätsprüfung durch zugelassene Prüfstellen
  • Die korrekte Eichung des Geräts
  • Die Einhaltung der Herstellervorgaben bei der Aufstellung

Bei der Geschwindigkeitsmessung werden standardmäßig Toleranzwerte abgezogen. Bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h beträgt dieser Abzug 3 km/h, darüber 3 Prozent der gemessenen Geschwindigkeit.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Lückenhafte Beweiswürdigung

Eine lückenhafte Beweiswürdigung liegt vor, wenn ein Gericht die Beweise in einem Fall nicht vollständig oder korrekt abwägt und würdigt. Das bedeutet, dass wichtige Beweismittel unberücksichtigt geblieben oder nicht ausreichend analysiert wurden. Dadurch kann kein klares Urteil über den Sachverhalt gefällt werden. Im deutschen Recht ist die Beweiswürdigung Kernstück der Urteilserarbeitung, wobei alle verfügbaren Beweismittel sorgfältig in die Entscheidungsfindung einbezogen werden müssen. Im vorliegenden Fall kritisierte das Kammergericht, dass nicht klar war, auf welche Beweismittel sich das Amtsgericht stützte, was zur Aufhebung des Urteils führte.


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Toleranzabzug

Ein Toleranzabzug ist ein Abzug, der bei der Geschwindigkeitsmessung vorgenommen wird, um mögliche Ungenauigkeiten und Messfehler auszugleichen. Er stellt sicher, dass nur solch eine Geschwindigkeitsüberschreitung sanktioniert wird, die sicher über dem erlaubten Limit liegt. Im deutschen Verkehrsrecht gibt es festgelegte Standards für Toleranzabzüge, die abhängig von der Messmethode variieren. Beispielsweise wird bei einer Nachfahrmessung mit einem ungeeichten Tachometer oftmals ein Abzug von 20 Prozent vorgenommen. Das Kammergericht kritisierte im Text den außergewöhnlich hohen Toleranzabzug von 30 Prozent, da dieser nicht ausreichend begründet wurde.


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Fahrlässigkeit

Fahrlässigkeit beschreibt imistischen Kontext das Verhalten, bei dem jemand unbewusst die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, sodass eine unerwünschte Rechtsfolge wie ein Unfall oder ein Verstoß gegen Verkehrsregeln entsteht. Es unterscheidet sich von Vorsatz, bei dem die Person bewusst oder gewollt handelt. Im Fall wurde die Geschwindigkeitsüberschreitung als fahrlässig gewertet, was zu einer milderen Sanktion führte als bei einer vorsätzlichen Tat. Nach § 276 BGB wird Fahrlässigkeit durch das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt definiert.


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Nachfahrmessung

Eine Nachfahrmessung ist eine Methode der Geschwindigkeitsüberwachung, bei der die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs durch das Nachfahren eines Polizeifahrzeugs ermittelt wird. Dabei wird die Geschwindigkeit des verfolgenden Fahrzeugs mithilfe eines Tachometers gemessen und auf das verfolgte Fahrzeug übertragen. Da es hierbei zu Ungenauigkeiten durch variable Abstände kommen kann, wird ein Toleranzabzug angewendet. Die AVUS wurde als idealtypische Strecke für diese Messengel einstuft, da sie schnurgerade verläuft und somit eine verlässlichere Messung ermöglicht.


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Amtsanwaltschaft

Die Amtsanwaltschaft ist die Behörde, die in minder schweren Strafsachen oder Ordnungswidrigkeiten Bußgeldbescheide erlässt und die Interessen der Staatsanwaltschaft in bestimmten Verfahren vertritt. Sie unterscheidet sich von der Staatsanwaltschaft hauptsächlich durch den eingeschränkten Aufgabenkreis und ist an Amtsgerichten tätig. In dem beschriebenen Fall legte die Amtsanwaltschaft Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten ein, da sie mit der Entscheidung nicht einverstanden war.


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Rechtsbeschwerde

Eine Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel im deutschen Recht, das gegen Entscheidungen in Ordnungswidrigkeiten oder anderen Untergerichtsangelegenheiten eingelegt werden kann. Sie ermöglicht eine Überprüfung der Entscheidung hinsichtlich der rechtlichen Aspekte, also der korrekten Anwendung des Rechts, nicht aber der Tatsachenfeststellungen. Im Text wurde die Rechtsbeschwerde von der Amtsanwaltschaft genutzt, um die Entscheidung des Amtsgerichts durch das Kammergericht prüfen zu lassen. Dies führte zur Aufhebung und Zurückverweisung des Falles zur erneuten Verhandlung.


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Fahrverbot

Ein Fahrverbot ist eine zeitlich begrenzte Untersagung des Führens eines Kraftfahrzeugs und stellt eine Sanktion im Straßenverkehrsrecht dar. Es kann neben einer Geldstrafe verhängt werden, um bestimmte Verhaltensweisen im Verkehr zu sanktionieren, wie etwa eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung. Im beschriebenen Fall verhängte die Polizei zunächst ein einmonatiges Fahrverbot, das das Amtsgericht jedoch aufhob, nachdem es die Geschwindigkeitsüberschreitung als weniger schwerwiegend einstufte. Ein Fahrverbot ist eine ernste Strafe und bezieht sich auf das Führen von Kraftfahrzeugen, die Fahrerlaubnis bleibt jedoch bestehen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 4 Abs. 1 BKatV: Diese Vorschrift regelt die Höhe der Bußgelder bei Verkehrsverstößen, einschließlich Geschwindigkeitsüberschreitungen. Sie legt fest, welche Bußgelder bei bestimmten Geschwindigkeitsübertretungen anzuwenden sind und bildet die Grundlage für die Geldstrafe, die im vorliegenden Fall gegen den Betroffenen verhängt wurde. Im Zusammenhang mit dem Fall wurde eine Geldbuße von 1.000 Euro aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 44 km/h angeordnet, was auf den erhöhten Bußgeldrahmen hinweist.
  • § 77 Abs. 2 OWiG: Dieser Paragraph ermöglicht die Verlesung von Urkunden und Dokumenten im Ordnungswidrigkeitenverfahren, ohne dass Zeugen vernommen werden müssen. Die Vorschrift ist relevant, weil die Amtsanwaltschaft rügte, dass das Tatgericht keine Zeugen befragt habe, was für die Annahme der Geschwindigkeit von entscheidender Bedeutung sein könnte. Hier könnte die Frage aufgeworfen werden, ob die gemessene Geschwindigkeit durch die zulässige Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt werden konnte.
  • Beweiswürdigung (BGH-Rechtsprechung): Die Beweiswürdigung ist die zentrale Aufgabe des Tatgerichts, in der es beurteilt, ob die Beweise ausreichen, um einen Schuldspruch zu rechtfertigen. Diese Grundsätze betreffen insbesondere die Klarheit und Vollständigkeit der Beweisaufnahme. Im aktuellen Fall hat das Tatgericht möglicherweise die Beweiswürdigung nicht ausreichend durchgeführt, was zur Aufhebung des Urteils führte, da entscheidungserhebliche Indizien nicht genügend gewürdigt wurden.
  • Messverfahren bei Geschwindigkeitsüberschreitungen (Rechtsgrundlagen): Die spezifischen Anforderungen an die Messmethoden, wie z.B. die Verwendung eines ungeeichten Tachometers, sind erheblich, da kein standardisiertes Verfahren zugrunde liegt. Diese Umstände wirken sich auf die Verwertbarkeit der Ergebnisse aus. Der Fall illustriert dies durch die Notwendigkeit, dass das Gericht die Zuverlässigkeit der Messung und die Einhaltung spezifischer Voraussetzungen sorgfältig prüft.
  • Toleranzwerte und deren Abweichung: In der Rechtsprechung gibt es festgelegte Toleranzwerte für Geschwindigkeitsmessungen, die eingehalten werden müssen. Diese Werte können jedoch in Ausnahmefällen angepasst werden, wenn dies gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall war der Tatrichter verpflichtet, eine eingehende Begründung vorzulegen, wenn er von diesen Toleranzwerten abweichen wollte, was für die anschließende Beurteilung des gesamten Verfahrens von Bedeutung ist.

Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: ORbs 100/24 – 162 SsBs 18/24 – Beschluss vom 14.06.2024


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