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Führerscheinentzug wegen Nichtbeibringung einer Fahrprobe: Diese Folgen drohen

Ein 86-jähriger Autofahrer verlor seinen Führerschein aufgrund der Nichtbeibringung einer Fahrprobe, die wegen gefährlicher Schlangenlinienfahrten angeordnet wurde. Das Gericht musste entscheiden, ob der Schutz der Verkehrssicherheit zwingend über den persönlichen Mobilitätsinteressen des Betroffenen steht.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 11 ZB 24.2006 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
  • Datum: 14.05.2025
  • Aktenzeichen: 11 ZB 24.2006
  • Verfahren: Antrag auf Zulassung der Berufung
  • Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Verwaltungsrecht

  • Das Problem: Ein älterer Fahrer zeigte über Jahre hinweg wiederholt gravierende Fahrauffälligkeiten. Die Behörde ordnete deshalb ein Gutachten über eine Fahrprobe an. Er legte dieses Gutachten nicht fristgerecht vor und verlor daraufhin die Fahrerlaubnis.
  • Die Rechtsfrage: Darf die Behörde den Führerschein entziehen, nur weil ein Fahrer das geforderte Gutachten einer Fahrprobe nicht pünktlich abgibt? War diese Entziehung verhältnismäßig?
  • Die Antwort: Nein, die Zulassung der Berufung wurde abgelehnt. Die Entziehung war rechtmäßig und verhältnismäßig. Das Gericht sah die wiederholten Auffälligkeiten als Grund für erhebliche Eignungszweifel. Das fehlende Gutachten erlaubt rechtlich den Schluss auf die fehlende Fahrbefähigung.
  • Die Bedeutung: Wiederholte schwere Fahrauffälligkeiten rechtfertigen die Anordnung einer Fahrprobe. Wer diese behördliche Prüfung nicht fristgerecht erbringt, verliert die Fahrerlaubnis. Der Schutz von Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer steht über den Mobilitätsinteressen des Betroffenen.

Der Fall vor Gericht


Warum kann ein nicht eingereichtes Gutachten zum Führerscheinentzug führen?

Für den 86-jährigen Autofahrer war die Sache klar: Jahrzehntelang war er unfallfrei gefahren. Er war erfahren, er war vorsichtig. Die vereinzelten Meldungen über seine Fahrweise? Missverständnisse, anonyme Denunziationen.

Ein Polizist verfolgt einen Pkw, da die Fahrweise Eignungszweifel begründet und der Führerscheinentzug droht.
Weigerung des Gutachtens führt zur Annahme der Fahrunfähigkeit und zum Führerscheinentzug. | Symbolbild: KI

Für die Fahrerlaubnisbehörde zeichnete sich ein anderes Bild. Ein Muster aus Polizeiberichten über Schlangenlinien, Fahrten auf der Gegenfahrbahn und verwirrtes Verhalten. Zwischen diesen beiden Wahrheiten stand eine einzige, simple Anforderung: eine Fahrprobe. Ihre Nicht-Erbringung wurde zum Dreh- und Angelpunkt eines Rechtsstreits, der die Frage klären musste: Wann wiegt die Sicherheit aller schwerer als die Freiheit des Einzelnen?

Unter welchen Voraussetzungen darf die Behörde eine Fahrprobe verlangen?

Eine Behörde kann nicht willkürlich die Fahrtauglichkeit eines Bürgers anzweifeln. Sie benötigt Handfeste Tatsachen, die den Verdacht begründen, dass jemand nicht mehr zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet ist. Im Fall des 86-jährigen Fahrers sammelten sich über Jahre solche Tatsachen an. Es begann 2013 mit der Meldung über Schlangenlinienfahrten. Es folgten weitere Anzeigen und polizeiliche Beobachtungen in den Jahren 2019 und 2023. Ein Polizeibericht beschrieb eine Nachfahrt mit eindeutigen Schlangenlinien, dem Überqueren der Mittellinie und der fehlenden Reaktion auf Anhaltesignale.

Diese wiederholten, von unabhängigen Quellen – darunter direkt von Polizeibeamten – dokumentierten Vorfälle bildeten für die Behörde einen ausreichenden Anfangsverdacht. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte diese Einschätzung. Das Gericht stellte fest, dass die Summe der Beobachtungen die Annahme rechtfertigte, die praktischen Fahrfertigkeiten des Mannes könnten mangelhaft sein. Um diesen Verdacht zu klären, sah das Gesetz eine konkrete Maßnahme vor: Die Anordnung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen, also eine Fahrprobe nach § 46 Abs. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Diese Fahrprobe galt als das mildeste Mittel – weniger eingreifend und kostspieliger als beispielsweise eine umfassende medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU).

Welche Konsequenzen hat die Weigerung, das Gutachten vorzulegen?

Der Autofahrer brachte das geforderte Gutachten nicht innerhalb der gesetzten Frist bei. Er argumentierte, die Weihnachtszeit und der Jahreswechsel hätten es ihm unmöglich gemacht, rechtzeitig eine Fahrschule zu finden. Das Gericht ließ dieses Argument nicht gelten. Eine gesetzte Frist ist kein unüberwindbares Hindernis. Der Mann hätte eine Fristverlängerung beantragen können. Er tat es nicht. Auch im späteren Widerspruchsverfahren hätte er das Gutachten noch nachreichen können. Auch das geschah nicht.

Hier greift eine klare gesetzliche Regelung. Weigert sich ein Betroffener, ein zu Recht angefordertes Eignungsgutachten beizubringen, darf die Behörde daraus einen Schluss ziehen. § 11 Abs. 8 FeV erlaubt es der Behörde, aus der Weigerung auf die Nichteignung des Fahrers zu schließen. Im Klartext: Wer seine Fahrtauglichkeit nicht beweisen will oder kann, obwohl begründete Zweifel bestehen, dem wird unterstellt, dass er sie nicht besitzt. Die Nichtvorlage des Gutachtens heilte den Mangel an Beweisen nicht – sie zementierte den Verdacht der Behörde. Die anschließende Entziehung der Fahrerlaubnis war damit die logische und gesetzlich vorgesehene Folge. Die informelle „Probefahrt“ in einer Fahrschule, bei der dem Fahrer ohnehin mangelnde Fähigkeiten bescheinigt wurden, konnte das geforderte amtliche Gutachten nicht ersetzen.

Warum war eine räumliche Beschränkung des Führerscheins keine Option?

Der Fahrer schlug als mildere Maßnahme vor, seine Fahrerlaubnis auf einen Umkreis von 30 oder 50 Kilometern um seinen Wohnort zu beschränken. Damit, so sein Gedanke, wäre seine Mobilität gesichert und das Risiko für andere minimiert. Die Richter des Verwaltungsgerichtshofs sahen das anders. Eine solche Beschränkung wäre ungeeignet gewesen. Der Denkfehler lag auf der Hand: Die gefährdenden Fahrmanöver wie Schlangenlinien oder das Fahren auf der Gegenfahrbahn wurden gerade im unmittelbaren Wohnumfeld des Mannes beobachtet.

Die Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ist im Nahbereich nicht geringer als auf Fernstraßen – im Gegenteil. Die festgestellten Mängel betrafen die grundsätzliche Fähigkeit, ein Fahrzeug sicher zu steuern. Es ging nicht darum, ob der Mann lange Strecken bewältigen kann, sondern ob er überhaupt noch die Kontrolle über sein Auto hat. Eine räumliche Beschränkung löst dieses Kernproblem nicht. Sie verlagert die Gefahr nur. Die Sicherheit von Fußgängern, Radfahrern und anderen Autofahrern im Wohngebiet wäre weiterhin gefährdet gewesen.

Steht die Verkehrssicherheit immer über der persönlichen Mobilität?

Am Ende stand eine Abwägung zweier hochrangiger Güter. Auf der einen Seite das Interesse des Mannes an seiner persönlichen Freiheit und Mobilität, die im hohen Alter eine zentrale Rolle für die Lebensführung spielt. Auf der anderen Seite der Schutz von Leben und Gesundheit aller anderen Verkehrsteilnehmer. Die Gerichte positionierten sich hier unmissverständlich. Sie verwiesen auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dem Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit kommt ein überragendes Gewicht zu.

Die jahrzehntelange unfallfreie Fahrpraxis des Klägers konnte an dieser Abwägung nichts ändern. Das Gericht argumentierte, das Ausbleiben von Unfällen könne auch auf Glück, geringe Verkehrsdichte oder das vorausschauende Verhalten anderer zurückzuführen sein. Es widerlegt nicht die konkret dokumentierten, gefährlichen Fahrauffälligkeiten. Angesichts der belegten Risiken musste das persönliche Interesse des Fahrers zurücktreten. Der Schutz der Allgemeinheit hatte Vorrang. Die Zulassung zur nächsten Instanz, der Berufung, wurde abgelehnt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis war damit rechtskräftig.

Die Urteilslogik

Die Verkehrssicherheit erzwingt den Entzug der Fahrerlaubnis, sobald begründete Zweifel an der Fahreignung bestehen bleiben.

  • [Begründeter Anfangsverdacht]: Die Fahrerlaubnisbehörde darf eine Eignungsprüfung anordnen, sobald wiederholte, von unabhängigen Quellen (etwa Polizeibeamten) dokumentierte Fahrauffälligkeiten die Annahme einer mangelnden praktischen Fahrfertigkeit rechtfertigen.
  • [Vermutung der Nichteignung]: Verweigert der Betroffene die Beibringung eines berechtigt angeordneten Eignungsgutachtens, darf die Behörde aus dieser Nichtvorlage direkt auf die fehlende Fahreignung schließen.
  • [Vorrang der Schutzgüter]: Der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit Dritter besitzt im Abwägungsprozess ein überragendes Gewicht und verdrängt die persönlichen Mobilitätsinteressen des Betroffenen.

Die Pflicht zur Beweisführung liegt beim Fahrer, sobald die Behörde substantielle Zweifel an seiner Eignung plausibel belegen kann.


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Experten Kommentar

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, man könne eine behördliche Anforderung zur Fahrtauglichkeit einfach ignorieren oder aussitzen. Dieses Urteil ist eine konsequente Klarstellung: Sobald die Behörde aufgrund dokumentierter Vorfälle berechtigte Zweifel an der Eignung hat, wird die Nichtvorlage der Fahrprobe automatisch zur Bestätigung der Fahrunfähigkeit. Die Gerichte machen hier unmissverständlich deutlich, dass der Schutz der Allgemeinheit vor der individuellen Mobilität steht, selbst wenn der Fahrer über eine lange unfallfreie Karriere verfügt. Wer eine rechtmäßig angeordnete Fahrprobe nicht beibringt, liefert der Behörde den finalen, wasserdichten Grund für den Führerscheinentzug freiwillig auf dem Silbertablett.


Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann darf die Behörde mein Eignungsgutachten verlangen und den Führerschein entziehen?

Die Behörde darf Ihre Fahreignung niemals willkürlich anzweifeln. Zuerst muss ein konkreter Anfangsverdacht auf Basis handfester Tatsachen bestehen. Diese Tatsachen sind meist wiederholte, von unabhängigen Quellen wie Polizeibeamten dokumentierte Vorfälle, etwa Schlangenlinienfahrten oder verwirrtes Fahrverhalten. Die jahrzehntelange unfallfreie Fahrpraxis zählt dabei nicht als Gegenbeweis, wenn aktuell belegbare Gefährdungen vorliegen.

Die gesetzliche Anforderung an die Tatsachen ist hoch, denn sie müssen dokumentiert und beweisbar sein. Eine anonyme Denunziation reicht nicht aus, um ein behördliches Verfahren zu starten. Das angeordnete Eignungsgutachten, oft in Form einer Fahrprobe nach § 46 Abs. 4 FeV, dient als mildestes Mittel. Die Behörde versucht damit, den begründeten Zweifel zu klären, bevor härtere Maßnahmen wie eine MPU notwendig werden.

Der eigentliche Führerscheinentzug erfolgt formal nicht direkt aufgrund der Fahrauffälligkeiten, sondern wegen Ihrer fehlenden Kooperation. Weigern Sie sich, das rechtmäßig angeforderte Gutachten fristgerecht vorzulegen, schließt die Behörde gesetzlich auf Ihre Nichteignung. Gemäß § 11 Abs. 8 FeV greift dann die sogenannte Eignungsfiktion. Die Behörde muss die ursprünglichen Zweifel nicht länger beweisen, da Sie durch die Nichtvorlage den Verdacht untermauert haben.

Fordern Sie umgehend Einsicht in Ihre Fahrerlaubnisakte an, um das genaue Bündel an Tatsachen zu identifizieren, welches den behördlichen Verdacht begründet.


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Welche Konsequenzen drohen mir, wenn ich das Gutachten zur Fahreignung nicht fristgerecht vorlege?

Wenn Sie das zu Recht angeforderte Eignungsgutachten nicht fristgerecht vorlegen, löst dies gravierende rechtliche Konsequenzen aus. Juristisch wird Ihre passive Haltung als Weigerung interpretiert. Nach § 11 Abs. 8 FeV greift die sogenannte Eignungsfiktion, die den Führerscheinentzug unmittelbar nach sich zieht. Die Behörde darf dann unwiderlegbar auf Ihre Nichteignung schließen, ohne weitere Beweise vorlegen zu müssen.

Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Behörde bei dieser Weigerung unwiderlegbar auf Ihre Nichteignung schließen darf. Sie muss die ursprünglichen Zweifel, die zur Anordnung des Gutachtens führten, nicht länger beweisen. Der Gesetzgeber geht in diesem Fall automatisch davon aus, dass Sie mangelnde Fähigkeiten nicht beweisen wollen oder können. Ausreden vor Gericht, etwa dass Sie in der Weihnachtszeit keinen schnellen Termin bei einer Fahrschule fanden, werden nicht akzeptiert, wenn Sie keine formelle Fristverlängerung beantragt haben.

Die logische und gesetzlich vorgesehene Folge dieser Fiktion ist die anschließende Entziehung der Fahrerlaubnis. Selbst wenn Sie nachträglich eine informelle Probefahrt oder ein privates ärztliches Attest vorlegen, erfüllt dies die amtliche Anforderung nicht. Die Fahrerlaubnisbehörde stützt sich auf die gesetzliche Annahme, dass der Fahrer seine Tauglichkeit nicht nachweisen konnte. Ein Versäumnis bei der Fristwahrung gilt daher als Bestätigung der vorliegenden Bedenken.

Prüfen Sie sofort, ob das Widerspruchsverfahren noch offen ist, und reichen Sie das geforderte Gutachten in diesem Rahmen unverzüglich nach, um den Schluss auf die Nichteignung nachträglich zu kippen.


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Wie kann ich eine Fristverlängerung für mein Eignungsgutachten beantragen, um den Entzug zu vermeiden?

Die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung der Weigerungsfiktion ist der sofortige, proaktive Antrag auf Fristverlängerung. Reichen Sie diesen Antrag unbedingt schriftlich bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde ein, bevor die ursprüngliche Frist abläuft. Nachträgliche Erklärungen über Schwierigkeiten bei der Terminfindung werden von Gerichten nicht akzeptiert, wenn Sie diesen formal korrekten Schritt versäumt haben. Die Verantwortung für die Einhaltung der gesetzten Frist liegt allein beim Betroffenen.

Die Frist zur Vorlage des Eignungsgutachtens ist zwar bindend, aber grundsätzlich kein unüberwindbares Hindernis. Wenn Sie jedoch die Frist einfach verstreichen lassen, schließt die Behörde nach § 11 Abs. 8 FeV unwiderlegbar auf Ihre Nichteignung. Die Versäumnis, eine Fristverlängerung zu beantragen, wird juristisch als der entscheidende Fehler gewertet. Dieser Schluss auf die Nichteignung zementiert den Verdacht der Behörde und führt unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis.

Begründen Sie Ihren Verlängerungsantrag deshalb so detailliert und nachvollziehbar wie möglich. Dokumentieren Sie Ihre vergeblichen Bemühungen um einen zeitnahen Termin bei Prüfstellen oder Fahrschulen. Konkret: Legen Sie dem Schreiben Beweise bei, etwa E-Mails, die Absagen bestätigen. Bitten Sie um eine definierte, angemessene Verlängerung der Frist, zum Beispiel um vier Wochen. So zeigen Sie der Fahrerlaubnisbehörde Ihren ernsthaften Willen zur Mitarbeit.

Senden Sie das Schreiben an die Fahrerlaubnisbehörde heute noch als dokumentiertes Einschreiben oder Fax, um den rechtzeitigen Eingang lückenlos zu belegen.


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Kann ich meinen Führerschein behalten, wenn ich ihn nur auf mein Wohnumfeld räumlich beschränken lasse?

Eine räumliche Beschränkung der Fahrerlaubnis wird von den Gerichten in aller Regel abgelehnt. Obwohl dieser Kompromiss als milderes Mittel erscheint, löst er das zentrale juristische Problem der Eignungszweifel nicht. Wenn festgestellte Mängel die grundsätzliche Fähigkeit zur sicheren Fahrzeugkontrolle betreffen, verlagert eine Begrenzung der Fahrstrecke das Sicherheitsrisiko lediglich in Ihr direktes Wohngebiet. Die Gefahr bleibt bestehen, weil die Ursache ungelöst ist.

Die Richter argumentieren, dass die Gefährdung nicht von der Entfernung abhängt, sondern von der Art der dokumentierten Mängel. Fahrmanöver wie Schlangenlinien oder das Fahren auf der Gegenfahrbahn werden oft gerade im Nahbereich beobachtet, wo Fußgänger und Radfahrer besonders gefährdet sind. Solche Vorfälle beweisen, dass die elementare Kontrolle über das Auto fehlt. Eine Begrenzung auf 30 Kilometer um den Wohnort beseitigt dieses Kernproblem nicht, da die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer im Wohngebiet juristisch das gleiche hohe Gewicht hat.

Die Rechtsprechung betrachtet eine räumliche Beschränkung daher als ungeeignet, wenn das Fahren selbst – unabhängig von der Distanz – eine konkrete Gefahr darstellt. Das Ziel der Fahrerlaubnisbehörde ist die Gefahrenabwehr. Sie müssen beweisen, dass Sie generell zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet sind. Statt auf diesen aussichtslosen Kompromiss zu setzen, sollten Sie die Anordnung der Fahrprobe als das mildestes Mittel zur Klärung des Verdachts akzeptieren.


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Steht die Verkehrssicherheit juristisch immer über meiner persönlichen Freiheit und Mobilität?

Die klare Antwort lautet Ja. Der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit aller Verkehrsteilnehmer ist juristisch ein Überragendes Rechtsgut. Die ständige Rechtsprechung in Deutschland, basierend auf dem Bundesverfassungsgericht, gibt der öffentlichen Verkehrssicherheit im Konfliktfall fast immer Vorrang. Diese juristische Abwägung stellt sicher, dass das private Interesse an Mobilität und Freiheit zurücktreten muss, sobald eine konkrete und belegte Gefährdung Dritter entsteht.

Gerichte bestätigen, dass dem Schutz des Lebens nach dem Grundgesetz das höchste Gewicht zukommt. Das bedeutet: Wenn die Zweifel an der Fahreignung begründet sind, muss das Interesse des Einzelnen an seiner Fahrerlaubnis weichen. Weder die Abhängigkeit von Mobilität im hohen Alter noch die zentrale Rolle des Autofahrens für die persönliche Lebensführung können diese juristische Priorität verschieben. Entscheidend ist allein die aktuell dokumentierte Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug sicher zu steuern und niemanden zu gefährden.

Selbst eine jahrzehntelange unfallfreie Fahrpraxis kann aktuell dokumentierte, gefährliche Fahrauffälligkeiten nicht widerlegen. Richter argumentieren, das Ausbleiben früherer Unfälle könne auch auf Glück oder das vorausschauende Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer zurückzuführen sein. Die Behörde muss für die Anordnung des Gutachtens lediglich handfeste Tatsachen vorlegen, die einen Verdacht der Nichteignung begründen.

Da die Abwägung Mobilität vs. Sicherheit fast immer zugunsten der Sicherheit ausfällt, sollten Sie stattdessen prüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die dem Verdacht zugrunde liegen, juristisch korrekt und verhältnismäßig dokumentiert hat.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Eignungsfiktion

Die Eignungsfiktion ist eine scharfe gesetzliche Annahme, die es der Behörde erlaubt, unwiderlegbar auf die Nichteignung eines Fahrers zu schließen, wenn dieser ein zu Recht angefordertes Gutachten nicht fristgerecht vorlegt.
Juristen nennen diese Regelung nach § 11 Abs. 8 FeV auch Weigerungsfiktion. Das Gesetz bezweckt damit, dass Betroffene ihrer Pflicht zur Klärung von Eignungszweifeln nachkommen müssen und nicht durch passives Verhalten die behördliche Gefahrenabwehr blockieren können.

Beispiel: Im vorliegenden Fall trat die Eignungsfiktion in Kraft, weil der 86-jährige Fahrer sein Gutachten nicht innerhalb der von der Fahrerlaubnisbehörde gesetzten Frist beibrachte.

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Fahrprobe

Eine Fahrprobe ist ein speziell angeordnetes Eignungsgutachten, das unter Aufsicht eines amtlich anerkannten Sachverständigen durchgeführt wird, um die aktuellen praktischen Fahrfähigkeiten eines Fahrers objektiv zu überprüfen.
Die Fahrprobe nach § 46 Abs. 4 FeV wird häufig als das mildeste Mittel gewählt, wenn die Fahrerlaubnisbehörde begründete Zweifel an der Fahrtauglichkeit hat, da sie weniger eingreifend ist als eine vollständige medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU).

Beispiel: Aufgrund der wiederholten Polizeiberichte über Schlangenlinienfahrten ordnete die Behörde die Durchführung einer Fahrprobe an, um festzustellen, ob der Mann sein Kraftfahrzeug sicher steuern kann.

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Handfeste Tatsachen

Juristen sprechen von handfesten Tatsachen, wenn die Fahrerlaubnisbehörde dokumentierte und beweisbare Vorfälle vorlegen kann, die einen konkreten Anfangsverdacht auf die fehlende Fahreignung begründen und eine behördliche Maßnahme rechtfertigen.
Die Behörde darf die Rechte des Bürgers nicht willkürlich einschränken; deshalb muss sie vor jeder Anordnung eines Eignungsgutachtens einen hohen Schwellenwert an belastbaren Beweisen, wie etwa detaillierten Polizeiberichten, erreichen.

Beispiel: Die anonymen Denunziationen allein reichten nicht aus, aber die konkreten Berichte von Polizeibeamten über das Überqueren der Mittellinie galten als ausreichende handfeste Tatsachen, um die Fahrprobe zu verlangen.

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Mildestes Mittel

Das mildeste Mittel beschreibt im Verwaltungsrecht die juristische Pflicht der Behörde, stets diejenige Maßnahme zur Gefahrenabwehr zu wählen, die den Bürger am wenigsten in seinen Rechten einschränkt, aber trotzdem den angestrebten behördlichen Zweck erfüllt.
Dieses Prinzip der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Behörde prüfen muss, ob nicht eine geringere Beeinträchtigung, wie etwa die Anordnung einer Fahrprobe, zur Klärung der Zweifel ausreicht, bevor härtere Sanktionen angewandt werden.

Beispiel: Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete die Fahrprobe als mildestes Mittel an, um den Anfangsverdacht der mangelnden praktischen Fahrfertigkeiten zu klären, bevor der Führerscheinentzug als ultima ratio erfolgte.

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Überragendes Rechtsgut

Als überragendes Rechtsgut bezeichnet man ein rechtlich geschütztes Interesse, dem in einer juristischen Abwägung mit anderen Rechten, wie der persönlichen Freiheit und Mobilität, aufgrund seiner fundamentalen Bedeutung stets Vorrang gewährt werden muss.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit aller Verkehrsteilnehmer ein besonders hohes Gewicht und muss deshalb im Konfliktfall über das individuelle Interesse des Einzelnen gestellt werden.

Beispiel: Die Richter stellten fest, dass die Verkehrssicherheit als überragendes Rechtsgut immer Vorrang vor dem persönlichen Interesse des Klägers an der Beibehaltung seiner Fahrerlaubnis hatte, sobald konkrete Gefährdungen belegt waren.

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Das vorliegende Urteil


VGH München – Az.: 11 ZB 24.2006 – Beschluss v. 14.05.2025


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