Wegen akuter Ausfallerscheinungen und 37 ng/ml THC im Blut ordnete die Behörde beim Drogenfahrer sofort die Medizinisch-Psychologische Untersuchung an. Seine Verweigerung, das Gutachten vorzulegen, führte daraufhin zum unmittelbaren Führerscheinverlust – selbst bei erstmaliger Auffälligkeit.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Bei welchem konkreten THC-Wert droht mir direkt die MPU-Anordnung?
- Wie lange dauert die Sperrfrist, bis ich den Führerschein neu beantragen kann?
- Mit welchen Nachweisen widerlege ich die Nichteignung nach einer MPU-Weigerung?
- Welche rechtlichen Schritte habe ich nach der Ablehnung meines Eilantrags?
- Hat der Führerscheinentzug wegen Cannabis auch Auswirkungen auf meine Zuverlässigkeit in anderen Bereichen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 L 1934/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Verwaltungsgericht Düsseldorf
- Datum: 04.07.2025
- Aktenzeichen: 14 L 1934/25
- Verfahren: Beschluss im vorläufigen Rechtsschutzverfahren
- Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Verkehrssicherheit, Verwaltungsrecht
- Das Problem: Ein Autofahrer verlor seinen Führerschein wegen Fahrens unter starkem Cannabiseinfluss. Er klagte gegen den sofortigen Führerscheinentzug.
- Die Rechtsfrage: Muss der Führerscheinentzug gestoppt werden, bis über die Hauptklage entschieden ist?
- Die Antwort: Nein, der sofortige Entzug bleibt bestehen. Der Fahrer legte kein gefordertes Gutachten zur Fahreignung vor.
- Die Bedeutung: Hohe Drogenwerte und deutliche Ausfallerscheinungen im Verkehr führen sofort zum Verlust der Fahrerlaubnis. Wer ein angeordnetes medizinisches Gutachten nicht vorlegt, gilt als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Der Fall vor Gericht
Warum wurde der Führerschein sofort entzogen?
Eine Polizeikontrolle am frühen Morgen. Zitternde Hände, glasige Augen, verlangsamte Bewegungen. Auf die Frage nach Drogenkonsum: Schweigen.

Die Bitte um einen freiwilligen Test: eine klare Ablehnung. Für einen Autofahrer in Düsseldorf war diese Strategie des Nicht-Mitwirkens der erste Schritt auf einem Weg, der direkt zum Entzug seines Führerscheins führte. Er glaubte, ein einmaliger Fehler dürfe keine so harten Konsequenzen haben. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf sah das anders – und zwar wegen genau dieses Schweigens und weiterer verräterischer Details.
Der Fahrer wurde am 7. April 2024 kontrolliert. Seine Ausfallerscheinungen waren unübersehbar. Eine später angeordnete Blutanalyse brachte extreme Werte zutage: 37 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Zum Vergleich: Der gesetzliche Grenzwert für eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) liegt bei 3,5 ng/ml. Die Behörde reagierte. Sie ordnete am 17. Februar 2025 die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) an. Die Begründung: Es bestehe der Verdacht auf Cannabismissbrauch, der die Fahreignung ausschließt.
Der Fahrer hatte eine Frist von zwei Monaten, um das Gutachten beizubringen. Er tat es nicht. Stattdessen ging bei der Behörde am 5. Mai 2025 eine Eidesstattliche Versicherung ein, er habe sein Führerscheindokument verloren. Die Behörde wertete die Nichtvorlage der MPU als Beleg für die fehlende Fahreignung. Nach dem Gesetz durfte sie das. Die Vorschrift des § 11 Absatz 8 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) erlaubt es der Behörde, bei einer rechtmäßigen MPU-Anordnung aus der Weigerung des Betroffenen auf dessen Nichteignung zu schließen. Die logische Konsequenz: Der Entzug der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Weil die Behörde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sah, ordnete sie die Sofortige Vollziehung an. Der Führerschein war weg – ohne die übliche aufschiebende Wirkung einer Klage abzuwarten.
Reichte eine einzige Fahrt für eine MPU-Anordnung?
Der entscheidende Punkt des Falles war die Frage, ob die Behörde überhaupt eine MPU anordnen durfte. Der Autofahrer argumentierte, eine einmalige Fahrt unter Cannabiseinfluss rechtfertige einen so tiefen Eingriff nicht. Das Gericht stimmte diesem Grundsatz sogar zu. Eine erstmalige Auffälligkeit allein begründet in der Regel noch keinen Verdacht auf Cannabismissbrauch im Sinne der Nummer 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV. Die Rechtsprechung verlangt für eine MPU-Anordnung nach § 13a der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) mehr – sie verlangt aussagekräftige „Zusatztatsachen„.
Genau diese Zusatztatsachen sah das Gericht hier als gegeben an. Es war eine ganze Kette von Indizien, die das Misstrauen der Behörde rechtfertigten:
Erstens, der extrem hohe THC-Wert von 37 ng/ml. Ein solcher Wert deutet auf einen zeitnahen Konsum vor Fahrtantritt hin. Er sprengte den Grenzwert um mehr als das Zehnfache.
Zweitens, der ebenfalls sehr hohe THC-COOH-Wert von rund 300 ng/ml. Dieser Abbauwert gilt als Indikator für das Konsumverhalten. Solch hohe Konzentrationen lassen auf einen regelmäßigen, fast chronischen Konsum schließen. Das Bild des reinen „Gelegenheitskonsumenten“ wurde dadurch pulverisiert.
Drittens, die bei der Kontrolle dokumentierten, massiven Ausfallerscheinungen. Der Fahrer zeigte Koordinations-, Gleichgewichts- und Konzentrationsstörungen. Er konnte nicht einmal das Geburtsdatum seines Kindes korrekt nennen. Diese Symptome belegten eine akute rauschmittelbedingte Beeinträchtigung. Sie zeigten, dass der Fahrer die Gefahr seiner Fahrt komplett unterschätzte.
Viertens, das Verhalten des Fahrers. Seine Weigerung, Angaben zum Konsum zu machen und an freiwilligen Tests teilzunehmen, rundete das Bild für die Behörde und das Gericht ab.
Die Kombination dieser vier Faktoren – der Rauschwert, der Langzeitwert, die sichtbare Fahruntüchtigkeit und das unkooperative Verhalten – begründete den Verdacht auf Cannabismissbrauch. Die Anordnung der MPU war damit rechtmäßig.
Warum lehnte das Gericht den Eilantrag des Fahrers ab?
Der Autofahrer hatte beim Verwaltungsgericht Düsseldorf einen Eilantrag gestellt. Sein Ziel: die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gemäß § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Im Klartext wollte er seinen Führerschein zurückhaben, bis in einem Hauptverfahren endgültig über seinen Fall entschieden wird. Ein solcher Antrag hat Erfolg, wenn die Anordnung der Behörde offensichtlich rechtswidrig ist oder das private Interesse des Betroffenen am Abwarten das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt.
Das Gericht führte diese Interessenabwägung durch – und kam zu einem klaren Ergebnis. Die Entziehung der Fahrerlaubnis war nach der Prüfung des Gerichts voraussichtlich rechtmäßig. Die MPU-Anordnung war es auch. Der Schluss der Behörde aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf die Nichteignung des Fahrers war gesetzlich gedeckt (§ 11 Abs. 8 FeV). Da die Nichteignung feststand, war die Entziehung der Fahrerlaubnis für die Behörde zwingend. Sie hatte kein Ermessen.
Auf der einen Seite der Waagschale lag das Interesse des Fahrers, mobil zu bleiben und berufliche oder private Nachteile zu vermeiden. Auf der anderen Seite lag das überragende öffentliche Interesse, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Kraftfahrern zu schützen. Angesichts eines Fahrers, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer ausging, wog das Schutzinteresse der Allgemeinheit schwerer. Die bloße Behauptung des Fahrers, seit der Kontrolle abstinent zu leben, reichte nicht aus, um die Zweifel an seiner Eignung auszuräumen. Dafür wäre das positive MPU-Gutachten nötig gewesen.
Der Antrag des Autofahrers wurde abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens musste er tragen. Der Führerschein blieb entzogen.
Die Urteilslogik
Die behördliche Feststellung mangelnder Fahreignung zwingt zur sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn die Kombination von Rauschzustand und Verweigerung behördlicher Mitwirkung vorliegt.
- Chronischer Konsum entkräftet die Einmaligkeit: Extreme Konzentrationen von THC und seinen Abbauprodukten (THC-COOH), die den gesetzlichen Grenzwert um ein Vielfaches übersteigen, belegen einen regelmäßigen Konsum und rechtfertigen die MPU-Anordnung, selbst wenn nur eine einzige Fahrt unter Drogeneinfluss nachgewiesen wurde.
- Die Verweigerung liefert den Beweis: Wer die Vorlage eines rechtmäßig angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens verweigert oder die gesetzte Frist verstreichen lässt, liefert der Behörde automatisch den gesetzlichen Beweis für die fehlende Fahreignung.
- Öffentliche Sicherheit geht vor: Steht die Nichteignung eines Fahrers fest, muss das Gericht das überragende öffentliche Interesse am Schutz der Allgemeinheit höher gewichten als das private Bedürfnis des Betroffenen nach Mobilität.
Die Justiz duldet keine Gefährdung der Verkehrssicherheit und zieht die Fahrerlaubnis sofort ein, sobald die behördlichen Zweifel an der Eignung untermauert sind.
Benötigen Sie Hilfe?
Wurde Ihnen die Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage der MPU entzogen? Erhalten Sie eine vertrauliche erste juristische Einschätzung Ihres Falles.
Experten Kommentar
Viele Autofahrer glauben, wenn sie nur einmal erwischt werden, sei der Führerschein noch sicher. Dieses Urteil zeigt: Ein extrem hoher THC-Wert in Kombination mit offensichtlichen Ausfallerscheinungen macht eine Fahrt sofort zu mehr als einem Kavaliersdelikt, weil er den Verdacht auf regelmäßigen Konsum zwingend erhärtet. Die Behörde muss bei solch klaren „Zusatztatsachen“ nicht monatelang warten, um die Fahreignung anzuzweifeln und eine MPU anzuordnen. Wer dann diese MPU verweigert, liefert der Fahrerlaubnisbehörde die perfekte gesetzliche Begründung, den Führerschein ohne weitere Prüfung und auf der Stelle zu entziehen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Bei welchem konkreten THC-Wert droht mir direkt die MPU-Anordnung?
Die MPU-Anordnung ist in der Regel nicht an einen einzigen festen THC-Grenzwert gekoppelt, sondern an den behördlichen Verdacht auf Cannabismissbrauch. Entscheidend ist das festgestellte Konsummuster. Obwohl die Ordnungswidrigkeit oft schon ab 3,5 ng/ml THC beginnt, droht die MPU erst, wenn Zusatztatsachen vorliegen – insbesondere ein sehr hoher Wert des Abbauprodukts (THC-COOH), der regelmäßigen, fast chronischen Konsum indiziert.
Viele Betroffene glauben, es gäbe eine magische Zahl, die sie nicht überschreiten dürfen. Die Wahrheit ist komplexer. Die Behörde muss Ihnen nicht nur eine Fahrt unter Einfluss nachweisen, sondern begründete Zweifel an Ihrer generellen Fahreignung haben. Juristen nennen das Cannabismissbrauch. Ein aktiver THC-Wert von 37 ng/ml, wie im Fall Düsseldorf, deutet zwar auf eine akute Beeinträchtigung hin. Weitaus wichtiger ist jedoch der Langzeitmetabolit THC-COOH, der Abbauwert.
Dieser Wert bleibt lange im Blut. Wird er als extrem hoch festgestellt (beispielsweise rund 300 ng/ml), dann widerlegt dies sofort die Schutzbehauptung, es handle sich nur um einen einmaligen oder seltenen Gelegenheitskonsum. Solche chemischen Belege in Kombination mit sichtbaren Ausfallerscheinungen bei der Kontrolle (Koordinationsstörungen, Verwirrtheit) verfestigen den behördlichen Schluss. Die MPU-Anordnung dient dann als zwingende Maßnahme, um die Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwenden, da die Nichteignung vermutet wird.
Denken Sie an die Situation eines Bluttests beim Arzt: Der aktive THC-Wert ist wie ein akuter Fieberwert, der nur den momentanen Zustand zeigt. Der THC-COOH-Wert hingegen ist wie der Langzeitzuckerwert (HbA1c). Er verrät, ob Sie in den letzten Wochen oder Monaten chronisch konsumiert haben. Nur die Kombination beider Werte liefert der Behörde den objektiven Beweis, dass Ihr Konsumstil regelmäßiger Natur ist und eine Eignungsprüfung (MPU) nötig macht.
Fordern Sie umgehend die vollständigen Laborprotokolle Ihrer Blutuntersuchung an. Lassen Sie diese spezifisch auf das Verhältnis von aktivem THC zu THC-COOH durch einen Fachanwalt prüfen. Dieses Verhältnis ist die einzige objektive Messgröße, um das Konsummuster zu beurteilen und die Darstellung des „Gelegenheitskonsumenten“ gegebenenfalls gerichtlich zu untermauern.
Wie lange dauert die Sperrfrist, bis ich den Führerschein neu beantragen kann?
Entgegen der verbreiteten Annahme gibt es nach einem behördlichen Führerscheinentzug aufgrund fehlender Eignung – beispielsweise wegen der Nichtvorlage der MPU – keine feste Sperrfrist. Die Dauer des Entzugs ist nicht zeitlich begrenzt, sondern eignungsabhängig. Ihr Führerschein bleibt so lange entzogen, bis Sie die Zweifel an Ihrer Fahreignung durch die Vorlage eines positiven, formell korrekten Gutachtens ausgeräumt haben.
Sie müssen hier klar zwischen zwei juristischen Pfaden unterscheiden: dem strafrechtlichen und dem administrativen Entzug. Bei einer strafrechtlichen Verurteilung, etwa wegen Trunkenheit im Verkehr, setzt das Gericht eine feste Sperrfrist fest. Das Ende dieser Frist markiert den Zeitpunkt, an dem Sie einen Antrag auf Neuerteilung stellen dürfen. Im Falle einer administrativen Entziehung, wie sie typischerweise nach einer MPU-Weigerung gemäß § 11 Abs. 8 FeV erfolgt, handelt die Behörde jedoch präventiv. Sie bestraft Sie nicht, sondern schützt die Allgemeinheit.
Juristen nennen diesen Zustand „Nichteignung“. Die Behörde musste im Düsseldorfer Fall zwingend auf die Nichteignung schließen, weil der Fahrer das geforderte Gutachten nicht beibrachte. Die logische Konsequenz war die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis. Folglich ist die Dauer des Entzugs direkt an Ihre Fähigkeit gebunden, die Eignung wiederherzustellen und dies formal zu beweisen.
Ein passender Vergleich ist das Bestehen einer Prüfung. Es genügt nicht, darauf zu warten, dass der Entzug nach sechs Monaten automatisch endet. Sie müssen aktiv die erforderlichen Nachweise (Abstinenz) erbringen und die medizinisch-psychologische Untersuchung erfolgreich bestehen, um die fehlende Eignung erneut attestiert zu bekommen. Nur dieses positive Gutachten beendet den Zustand der Nichteignung.
Verschwenden Sie keine Zeit mit der mentalen Fixierung auf eine Wartezeit, die nicht existiert. Beginnen Sie unverzüglich damit, die Grundlage für die MPU zu schaffen. Starten Sie ein anerkanntes Abstinenzprogramm (Urin- oder Haar-Screening) bei einer forensisch gesicherten Stelle. Da für die MPU Nachweise über 6 bis 12 Monate notwendig sind, setzen Sie mit dem sofortigen Beginn dieser Dokumentation die einzige Frist in Gang, die für Ihre Wiedererteilung zählt. Jeder Tag, den Sie früher starten, ist ein Tag, den Sie früher wieder fahren dürfen.
Mit welchen Nachweisen widerlege ich die Nichteignung nach einer MPU-Weigerung?
Die gesetzlich vermutete Nichteignung nach Verweigerung der MPU ist ein ernstes Problem. Sie können diese Vermutung ausschließlich durch die Vorlage eines positiven MPU-Gutachtens widerlegen. Bloße Behauptungen oder eidesstattliche Versicherungen über Abstinenz reichen juristisch nicht aus. Das Gutachten ist der zentrale Nachweis, der belegt, dass Sie eine stabile Verhaltensänderung vollzogen und Ihre Fahreignung wiederhergestellt haben.
Durch die Nichtvorlage des Gutachtens schließt die Fahrerlaubnisbehörde nach Paragraf 11 Absatz 8 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zwingend auf Ihre mangelnde Eignung. Dieser Schluss ist nicht einfach durch ein formloses Schreiben aus der Welt zu schaffen. Juristen nennen dies eine „unwiderlegliche Vermutung“, solange Sie den geforderten Nachweis schuldig bleiben. Die Behörde muss bei festgestellter fehlender Eignung die Fahrerlaubnis entziehen.
Die Regel lautet: Was gesetzlich vermutet wird, muss mit formellen, forensisch gesicherten Beweisen widerlegt werden. Das wichtigste Beweisstück ist das positive MPU-Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle. Dieses Gutachten wiederum stützt sich bei Drogenauffälligkeiten fast immer auf lückenlose Drogen-Abstinenznachweise über einen Zeitraum von mindestens sechs, oft zwölf Monaten. Sie müssen nicht nur abstinent sein, sondern dies durch anerkannte Haar- oder Urin-Screenings beweisen, da diese die erforderliche forensische Sicherheit bieten.
Denken Sie an die Situation, als würde man einen Bauingenieur bitten, die Statik eines Gebäudes zu beweisen: Es reicht nicht, dass er verspricht, das Fundament sei in Ordnung. Er muss ein zertifiziertes Gutachten vorlegen, das die Belastbarkeit objektiv belegt. Genauso funktioniert es bei der MPU: Das Gericht ignoriert einfache Beteuerungen, weil sie die behördlich festgestellten Zweifel an der psychologischen Eignung nicht ausräumen können.
Starten Sie unverzüglich ein anerkanntes, forensisch gesichertes Drogen-Abstinenzprogramm (Urin- oder Haar-Screening) bei einer zugelassenen Stelle. Kontaktieren Sie parallel einen Verkehrspsychologen oder eine MPU-Vorbereitungsstelle. Nur durch einen strukturierten Plan, der Abstinenzzeiträume lückenlos dokumentiert und die psychologische Aufarbeitung beinhaltet, setzen Sie die notwendige Frist in Gang und bereiten sich effektiv auf das MPU-Gespräch vor.
Welche rechtlichen Schritte habe ich nach der Ablehnung meines Eilantrags?
Die Ablehnung Ihres Eilantrags ist kein juristisches Endurteil über die Rechtmäßigkeit des Führerscheinentzugs, sondern lediglich eine Interessenabwägung zur Frage der Sofortvollziehung. Ihr zentraler rechtlicher Schritt ist die intensive Fortführung der Hauptsacheklage gegen den Entziehungsbescheid. Ziel dieser Klage ist es, die ursprüngliche MPU-Anordnung selbst als rechtswidrig zu beweisen. Eine sofortige Beschwerde gegen den Eilbeschluss ist zwar möglich, aber oft nur bei gravierenden Verfahrens- oder Rechtsfehlern des Verwaltungsgerichts sinnvoll.
Viele Mandanten erleben große Frustration nach einem verlorenen Eilverfahren. Wichtig: Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO sind sogenannte summarische Verfahren. Das bedeutet, das Verwaltungsgericht nimmt nur eine überschlägige Prüfung der Sach- und Rechtslage vor, um festzustellen, ob die behördliche Entscheidung voraussichtlich rechtmäßig ist. Das Gericht wägt dabei primär das überragende öffentliche Schutzinteresse gegen Ihr privates Mobilitätsinteresse ab.
Da die Behörde bei Nichtvorlage der geforderten MPU gemäß § 11 Abs. 8 FeV gesetzlich zwingend von Ihrer Nichteignung ausgehen musste, wird die Entziehung im Eilverfahren meistens bestätigt. Die eigentliche Chance liegt nun darin, im Hauptsacheverfahren umfassend darzulegen, dass bereits die Anordnung der MPU von Anfang an rechtswidrig war. Diese Hauptklage läuft unbeeindruckt vom Eilbeschluss weiter. Hier werden neue Beweise und tiefere juristische Argumente zugelassen.
Denken Sie an die Situation eines Fußballspiels: Der Eilantrag war die erste Halbzeit. Der Schiedsrichter (das Verwaltungsgericht) hat entschieden, dass die Entziehung in der Pause bestehen bleibt (Sofortvollzug). Das Spiel ist aber noch nicht zu Ende. Die Hauptsacheklage ist die zweite Halbzeit und bietet Ihnen die volle Zeit, alle Beweise und Argumente lückenlos vorzulegen, um das Ergebnis noch zu drehen.
Konzentrieren Sie sich darauf, die Urteilsbegründung des Eilantrags detailliert zu analysieren. Das Gericht hat dort unmissverständlich dargelegt, welche „Zusatztatsachen“ (wie extrem hohe THC-Werte oder unkooperatives Verhalten) ausschlaggebend für die Bestätigung der MPU-Anordnung waren. Passen Sie in Absprache mit Ihrem Fachanwalt die juristische Strategie für das Hauptsacheverfahren gezielt an diese Schwachstellen an. Nur die Entkräftung dieser Kernpunkte kann die behördliche Entziehung letztlich zu Fall bringen.
Hat der Führerscheinentzug wegen Cannabis auch Auswirkungen auf meine Zuverlässigkeit in anderen Bereichen?
Ja, der Führerscheinentzug wegen festgestellten Cannabismissbrauchs hat weitreichende administrative Folgen. Da der Entzug aufgrund fehlender Fahreignung erfolgt, wird dieser Sachverhalt im Zentralen Fahrerlaubnisregister (ZFER) dokumentiert. Andere Verwaltungsstellen, insbesondere Waffenbehörden oder Luftsicherheitsbehörden, greifen auf diese Daten zu, um Ihre allgemeine behördliche Zuverlässigkeit zu prüfen. Ein solcher Eintrag kann dort schnell zum Ablehnungsgrund für Lizenzen führen.
Juristen nennen das das Prinzip der allgemeinen behördlichen Zuverlässigkeit. Wenn die Fahrerlaubnisbehörde feststellt, dass Sie aufgrund von Drogenkonsum nicht geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu führen, impliziert dies eine tiefgreifende Störung der Selbstkontrolle. Diese Feststellung ist nicht isoliert, sondern wirkt sich auf alle Bereiche aus, in denen der Staat ein hohes Maß an Vertrauenswürdigkeit und Verantwortung verlangt. Der Missbrauch von Betäubungsmitteln stellt nach vielen Fachgesetzen, wie etwa dem Waffengesetz, einen Regelausschlussgrund für Zuverlässigkeit dar.
Der entscheidende Punkt: Die Tatsache, dass Sie bereits eine wichtige staatliche Erlaubnis – den Führerschein – aufgrund dieser Mängel verloren haben, dient anderen Behörden als objektiver Beleg für die mangelnde Eignung. Ihr Verhalten während des Entzugsverfahrens, beispielsweise die Weigerung an freiwilligen Tests teilzunehmen oder Täuschungsversuche, kann diesen negativen Eindruck zusätzlich verstärken und die Wiedererlangung anderer Lizenzen erschweren.
Betrachten Sie das positive MPU-Gutachten daher als eine Art generelles behördliches Gesundheitszeugnis der charakterlichen Eignung. Solange dieses Zeugnis in Bezug auf Drogenkonsum negativ oder gar nicht erst beigebracht wurde, geht der Staat von einem andauernden Eignungsmangel aus. Sie müssen erst beweisen, dass die ursprüngliche Ursache – der festgestellte Drogenmissbrauch – vollständig und stabil behoben ist, bevor Sie neue oder alte Lizenzen erhalten.
Verschaffen Sie sich sofort einen Überblick über alle Lizenzen und Erlaubnisse, die eine behördliche Zuverlässigkeitsprüfung erfordern – dazu gehören oft Jagdscheine oder auch bestimmte berufliche Zertifikate. Holen Sie proaktiv juristischen Rat ein. Die Strategie muss darauf abzielen, die Nichteignung nicht nur gegenüber der Führerscheinstelle, sondern gegenüber allen betroffenen Behörden durch lückenlose Abstinenznachweise und ein positives MPU-Gutachten schnellstmöglich zu widerlegen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Eidesstattliche Versicherung
Juristen verstehen unter einer Eidesstattlichen Versicherung eine schriftliche Erklärung, in der jemand an Eides statt versichert, dass seine gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen. Das Gesetz nutzt dieses strenge Mittel, um besonders wichtige Sachverhalte zu bestätigen, wobei das Bewusstsein der Strafbarkeit bei Falschaussagen (Meineid) die Ehrlichkeit sicherstellen soll.
Beispiel: Obwohl der Fahrer im vorliegenden Fall eine Eidesstattliche Versicherung über den Verlust seines Führerscheindokuments abgab, entband dies ihn nicht von der Pflicht, die behördlich angeordnete MPU beizubringen.
Interessenabwägung
Die Interessenabwägung ist ein juristischer Prozess, bei dem ein Gericht das private Anliegen des Bürgers gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung einer behördlichen Maßnahme gewichtet. Dieser Vorgang ist zwingend erforderlich, wenn eine Behörde die sofortige Vollziehung anordnet, denn die Gerichte müssen prüfen, ob die Gefahr für die Allgemeinheit schwerer wiegt als der Nachteil für den Betroffenen.
Beispiel: Im Rahmen des Eilantrags führte das Verwaltungsgericht Düsseldorf eine Interessenabwägung durch und stellte fest, dass das Schutzinteresse der Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Fahrer das Mobilitätsinteresse des Betroffenen klar überwog.
Medizinisch-Psychologisches Gutachten (MPU)
Das Medizinisch-Psychologische Gutachten (MPU) ist eine formelle Begutachtung der Verkehrstauglichkeit einer Person durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen, um tiefergehende Zweifel an der Fahreignung auszuräumen. Der Zweck der MPU ist es, sicherzustellen, dass Personen, die im Straßenverkehr auffällig geworden sind, ihr Verhalten stabil geändert haben und keine Gefahr mehr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen.
Beispiel: Da der Autofahrer das von der Behörde geforderte Medizinisch-Psychologische Gutachten nicht fristgerecht vorlegte, durfte die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 FeV zwingend auf seine Nichteignung schließen.
Nichteignung
Nichteignung beschreibt den juristischen Status, in dem eine Person aufgrund von körperlichen, geistigen oder charakterlichen Mängeln ungeeignet ist, ein Kraftfahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen. Dieser Zustand hat zur Folge, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zwingend entziehen muss, da das überragende öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs Vorrang hat.
Beispiel: Die festgestellte Nichteignung des Fahrers basierte im Düsseldorfer Fall sowohl auf den extrem hohen THC-Werten als auch auf der gesetzlichen Vermutung, die sich aus der Nichtvorlage des MPU-Gutachtens ergab.
Sofortige Vollziehung
Die sofortige Vollziehung ist die behördliche Anordnung, die es erlaubt, eine Entscheidung (wie den Führerscheinentzug) unmittelbar wirksam werden zu lassen, selbst wenn der Betroffene dagegen Klage erhebt. Diese Maßnahme ist nur zulässig, wenn die Behörde eine besondere Dringlichkeit oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sieht und die aufschiebende Wirkung der Klage ausschalten will.
Beispiel: Aufgrund der akuten Gefahr, die von dem unter Drogeneinfluss stehenden Fahrer ausging, ordnete die Behörde die sofortige Vollziehung des Entzugsbescheides an, sodass der Führerschein ohne Abwarten der Klage sofort weg war.
Summarisches Verfahren
Ein Summarisches Verfahren ist ein gerichtliches Eilverfahren, bei dem das Gericht nur eine überschlägige Prüfung der Sach- und Rechtslage vornimmt und keine tiefgreifende Beweisaufnahme wie im Hauptverfahren durchführt. Die Gerichte wenden das summarische Verfahren an, um in dringenden Fällen schnell eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Sofortvollziehung treffen zu können, ohne das vollständige Hauptsacheverfahren abwarten zu müssen.
Beispiel: Das Verwaltungsgericht betonte in seinem Beschluss, dass der Eilantrag ein summarisches Verfahren sei und somit lediglich eine Prognose über die voraussichtliche Rechtmäßigkeit des Führerscheinentzugs erlaube.
Zusatztatsachen
Unter Zusatztatsachen versteht man eine Kette von zusätzlichen Indizien oder Beweisen, die über eine bloße Ordnungswidrigkeit hinausgehen und den Verdacht auf regelmäßigen Missbrauch begründen. Die Rechtsprechung verlangt diese ergänzenden Fakten, um eine MPU-Anordnung bei erstmaliger Auffälligkeit zu rechtfertigen, denn eine einmalige Verfehlung soll in der Regel nicht sofort zu diesem tiefgreifenden Eingriff führen.
Beispiel: Die Kombination aus extrem hohem THC-COOH-Wert, massiven Ausfallerscheinungen und unkooperativem Verhalten galt dem Verwaltungsgericht Düsseldorf als ausreichende Zusatztatsachen, um die Anordnung der MPU zu rechtfertigen.
Das vorliegende Urteil
Verwaltungsgericht Düsseldorf – Az.: 14 L 1934/25 – Beschluss vom 04.07.2025
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