Nachdem ein Autofahrer die MPU wegen attestiertem Alkoholabusus und chronischer Krankheiten verweigerte, stand der sofortige Führerschein-Entzug bei MPU-Verweigerung im Raum. Die Behörde setzte die sofortige Vollziehung durch, weil die Kombination aus gesundheitlichen Mängeln und Alkoholmissbrauch eine überragende Gefahr für die Allgemeinheit begründete.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was passiert, wenn ich die angeforderte MPU verweigere oder ignoriere?
- Darf die Fahrerlaubnisbehörde bei MPU-Weigerung sofort auf meine Nichteignung schließen?
- Was bedeutet die sofortige Vollziehung und kann ich meinen Führerschein trotzdem behalten?
- Welche gesundheitlichen Diagnosen oder Alkoholprobleme führen zur Anordnung einer MPU?
- Wie kann ich mich erfolgreich gegen die sofortige Vollziehung des Führerscheinentzugs wehren?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 M 441/22 OVG | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
- Datum: 30.08.2022
- Aktenzeichen: 1 M 441/22 OVG
- Verfahren: Beschwerde im Eilverfahren (Entziehung der Fahrerlaubnis)
- Rechtsbereiche: Führerscheinrecht, Verwaltungsrecht
- Das Problem: Ein Fahrer weigerte sich, ein angeordnetes medizinisches Gutachten wegen starkem Alkoholmissbrauch und schweren Erkrankungen vorzulegen. Die Behörde entzog ihm den Führerschein sofort und forderte die Herausgabe.
- Die Rechtsfrage: Durfte die Behörde den Führerschein sofort wegnehmen, obwohl der Fahrer im Eilverfahren gegen diese Anordnung klagte?
- Die Antwort: Ja, die sofortige Wegnahme war rechtmäßig. Die vermutete Fahrungeeignetheit stellt wegen der Alkoholproblematik eine zu große Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar.
- Die Bedeutung: Wer ein notwendiges Fahreignungsgutachten wegen schwerwiegender Gesundheitsprobleme verweigert, verliert den Führerschein in der Regel sofort. Der Schutz von Leben und Gesundheit Dritter wiegt schwerer als das private Interesse des Betroffenen.
Der Fall vor Gericht
Was bedeutet die Weigerung, ein MPU-Gutachten vorzulegen?
Manchmal ist Schweigen die lauteste Antwort. Ein Autofahrer erhielt Post von der Fahrerlaubnisbehörde. Aufgrund einer ganzen Reihe von Diagnosen – von Diabetes bis zu attestiertem Alkoholmissbrauch – sollte er seine Fahrtauglichkeit in einem medizinisch-psychologischen Gutachten nachweisen.

Der Mann tat nichts. Er legte das geforderte Gutachten einfach nicht vor. Diese Weigerung kostete ihn nicht nur seinen Führerschein, sondern auch das Recht, ihn bis zum Ende eines Rechtsstreits zu behalten. Der Fall zeigt, warum ein verweigertes Gutachten für eine Behörde mehr wiegt als tausend Worte.
Warum lagen überhaupt Zweifel an der Fahreignung vor?
Die Fahrerlaubnisbehörde handelte nicht aus heiterem Himmel. Sie stützte sich auf einen vom Hausarzt des Mannes ausgefüllten Fragebogen. Die darin aufgelisteten Diagnosen bildeten ein Mosaik an Risikofaktoren: Herzerkrankung, Nierenleiden, Diabetes, eine Lungenkrankheit, eingeschränktes Sehvermögen und eine Nervenerkrankung. Den Ausschlag gab eine weitere ärztliche Feststellung – ein „ausgeprägter Alkoholabusus“.
Diese Summe an gesundheitlichen Problemen weckte bei der Behörde massive Zweifel an der Fahreignung des Mannes. Das Gesetz gibt ihr in solchen Fällen ein klares Werkzeug an die Hand. Sie kann die Vorlage eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle fordern, um die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 11 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zu klären. Die Behörde sah Anhaltspunkte für Mängel nach gleich mehreren Nummern der Anlage 4 zur FeV, die Krankheiten und ihre Auswirkungen auf die Fahreignung regelt. Sie forderte das Gutachten an. Der Fahrer lieferte es nicht.
Wieso durfte die Behörde den Führerschein sofort einziehen?
Die Weigerung des Mannes, das Gutachten vorzulegen, setzte eine juristische Kettenreaktion in Gang. Das Gesetz erlaubt der Behörde in einem solchen Fall eine Schlussfolgerung mit weitreichenden Konsequenzen. Gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf sie aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Im Klartext: Wer seine Eignung nicht nachweist, obwohl begründete Zweifel bestehen, wird so behandelt, als sei seine Untauglichkeit bewiesen.
Auf dieser Grundlage entzog die Behörde die Fahrerlaubnis. Sie ging aber noch einen Schritt weiter. Sie ordnete die Sofortige Vollziehung der Maßnahme an, eine Ausnahmevorschrift aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Normalerweise hat ein Widerspruch oder eine Klage Aufschiebende Wirkung – man darf den Führerschein bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung behalten. Die sofortige Vollziehung hebt diesen Schutz auf. Sie ist nur zulässig, wenn ein besonderes öffentliches Interesse dies erfordert.
Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern bestätigte das Vorgehen. Die Richter stellten klar, dass die Anforderungen an die Begründung einer solchen Sofortmaßnahme bei Führerscheinentzügen weniger streng sind. Der Grund ist die immense Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer. Wenn die Gründe für den Entzug der Fahrerlaubnis selbst schon eine hohe Dringlichkeit aufweisen – wie hier die aus dem Schweigen abgeleitete Ungeeignetheit wegen Alkoholmissbrauchs und anderer Krankheiten –, dann begründen genau diese Gründe auch das besondere Interesse an der sofortigen Umsetzung. Der Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter wiegt schwerer als das Interesse des Fahrers, die Sache erst auszudiskutieren.
Welche Argumente des Fahrers überzeugten das Gericht nicht?
Der Autofahrer konzentrierte seine Beschwerde auf einen formalen Punkt. Er argumentierte, die sofortige Vollziehung sei eine Ausnahme und dürfe nicht zur Regel werden, nur weil die Behörde Zweifel an der Fahreignung hat. Der Gesetzgeber habe diesen Puffer bewusst geschaffen.
Das Gericht durchkreuzte diese Argumentation. Zwar ist die sofortige Vollziehung eine Ausnahme, die eine besondere Begründung erfordert (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Die Behörde hatte diese Begründung aber geliefert. Sie verwies auf die konkrete Gefährdungslage, die sich aus der Kombination der Erkrankungen und dem attestierten Alkoholproblem ergab. Die Weigerung, diese Zweifel durch ein Gutachten auszuräumen, zementierte die Gefahrenprognose. Die pauschale Rüge des Fahrers, der Regelfall spreche gegen die Sofortmaßnahme, verfing nicht, weil die Behörde den Ausnahmefall schlüssig dargelegt hatte.
Auch das zweite Argument des Mannes verpuffte. Er trug vor, er sei monatelang ohne Zwischenfälle gefahren. Das wertete das Gericht als nicht stichhaltig. Nur weil eine Gefahr sich bisher nicht realisiert hat, bedeutet das nicht, dass sie nicht existiert. Glück schließt ein Risiko nicht aus. Die Prognose der Behörde über eine jederzeit mögliche Gefährdung blieb davon unberührt. Das öffentliche Interesse an der Sicherheit im Straßenverkehr duldete keinen Aufschub.
Die Urteilslogik
Die Weigerung, die eigene Fahreignung durch ein gefordertes Gutachten nachzuweisen, zementiert die vermutete Ungeeignetheit und löst sofortige Konsequenzen aus.
- Verweigerung der Eignungsprüfung: Wer einer begründeten Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) nicht nachkommt, liefert der Behörde automatisch den Beweis für die eigene Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen.
- Dringlichkeit durch Gefährdung: Wenn die Gründe für den Entzug der Fahrerlaubnis auf eine akute, hochrangige Gefährdungslage hindeuten, begründen diese Umstände zugleich das überragende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Führerscheinentzugs.
- Prognose über Sicherheit: Das bloße Ausbleiben von Zwischenfällen oder Unfällen in der Vergangenheit entkräftet eine akute Gefahrenprognose nicht; ein Gericht beurteilt die Fahreignung stets nach dem potenziellen Risiko, nicht nach dem bisherigen Glück.
Der Schutz von Leben und Gesundheit Dritter im Straßenverkehr wiegt stets schwerer als das individuelle Interesse des Fahrers, eine behördliche Entscheidung gerichtlich aufschieben zu lassen.
Benötigen Sie Hilfe?
Wurde die sofortige Vollziehung Ihres Führerscheinentzugs angeordnet? Holen Sie sich für Ihre spezifische Situation eine rechtliche Ersteinschätzung ein.
Experten Kommentar
Wird ein Gutachten wegen Alkoholabusus oder schwerer Erkrankungen gefordert, ist das Schweigen des Betroffenen juristisch die lauteste Bestätigung seiner Ungeeignetheit. Dieses Urteil zeigt, dass die Weigerung, die Eignung nachzuweisen, nicht nur zum Entzug führt, sondern in solchen Fällen auch die sofortige Vollziehung rechtfertigt. Die Praxis lehrt: Die Behörde muss die akute Gefahrenlage dann nicht groß belegen, denn das öffentliche Interesse am Schutz der Verkehrssicherheit wiegt schwerer als das Warten auf ein Gerichtsverfahren. Wer sich nicht prüft, wird behandelt, als sei er untauglich, und muss den Führerschein umgehend abgeben.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was passiert, wenn ich die angeforderte MPU verweigere oder ignoriere?
Wer ein angefordertes MPU-Gutachten nicht fristgerecht vorlegt oder die Anordnung schlicht ignoriert, verliert in der Regel sofort die Fahrerlaubnis. Die Behörde interpretiert Ihre Untätigkeit nicht als Zeitgewinn, sondern als direkten Beweis Ihrer Nichteignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs. Diese gesetzliche Schlussfolgerung führt zwingend zum Entzug.
Die Fahrerlaubnisbehörde ist juristisch berechtigt, aus der Nichtvorlage des Gutachtens direkt auf Ihre mangelnde Eignung zu schließen (§ 11 Abs. 8 FeV). Sie müssen Ihre Fahreignung aktiv beweisen, sobald begründete Zweifel an dieser Eignung bestehen. Ihre Weigerung, diesen Nachweis zu erbringen, wird demnach als Bestätigung der ursprünglichen Zweifel gewertet. Das fehlende Gutachten ersetzt faktisch ein negatives Gutachten und liefert der Behörde die zwingende Grundlage für den Führerscheinentzug.
Der festgestellte Mangel begründet regelmäßig ein so hohes Gefährdungspotenzial für den Straßenverkehr, dass die Behörden häufig die sofortige Vollziehung anordnen. Dies bedeutet, dass Ihr Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat; Sie müssen den Führerschein sofort abgeben. Die Annahme, die Behörde müsse trotz fehlenden Gutachtens Ihre Nichteignung aktiv beweisen, ist falsch. Die Taktik des Aussitzens ist daher unmöglich und führt nur zum beschleunigten Verlust der Fahrerlaubnis.
Suchen Sie sofort eine spezialisierte Anwaltskanzlei auf, um die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen MPU-Anordnung prüfen zu lassen, bevor die Frist zur Vorlage des Gutachtens endgültig verstreicht.
Darf die Fahrerlaubnisbehörde bei MPU-Weigerung sofort auf meine Nichteignung schließen?
Ja, die Behörde darf nicht nur auf Ihre Nichteignung schließen, sondern sie muss dies tun, sofern die ursprüngliche Anordnung der MPU rechtmäßig war. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV liefert dafür die klare gesetzliche Grundlage. Wer das Gutachten verweigert, liefert der Behörde damit die Basis für den sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis. Juristisch handelt es sich hierbei um eine gesetzliche Vermutung.
Dieser Schluss auf fehlende Eignung ist keine Willkür der Behörde, sondern eine juristische Beweislastumkehr. Die Behörde fordert das Gutachten nur an, wenn zuvor massive Zweifel an Ihrer Fahreignung bestanden. Solche Zweifel müssen auf klaren Anhaltspunkten beruhen, etwa schwerwiegenden Verkehrsvergehen oder ärztlich attestierten Diagnosen (Anlage 4 FeV). Durch die Weigerung, die Eignung nachzuweisen, zementieren Sie diese Gefahrenprognose, da Sie die begründeten Zweifel nicht ausräumen.
Die Behörde handelt nur dann korrekt, wenn die MPU-Anordnung selbst fehlerfrei und verhältnismäßig war. Wollen Sie den Führerscheinentzug verhindern, liegt der einzig erfolgversprechende Weg darin, die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Anordnung anzugreifen. Prüfen Sie, ob die Behörde die Gründe für die massiven Zweifel, wie einen attestierten Alkoholabusus oder sonstige Leiden, schlüssig dargelegt hat. Die gesetzliche Konsequenz der Weigerung ist selbst kaum anfechtbar, wenn die Anordnung rechtens war.
Überprüfen Sie akribisch das ursprüngliche behördliche Schreiben auf formelle Fehler und die konkreten (§ 11 FeV) sowie medizinischen (§ 4 Anlage 4 FeV) Gründe für die Anordnung.
Was bedeutet die sofortige Vollziehung und kann ich meinen Führerschein trotzdem behalten?
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist die juristische Notbremse der Behörde, die dem Bescheid über den Führerscheinentzug die aufschiebende Wirkung nimmt. Das bedeutet, dass Ihr fristgerechter Widerspruch den Entzug nicht stoppt. Sie müssen die Fahrerlaubnis sofort abgeben, oft binnen 24 oder 48 Stunden nach Zustellung. Um den Führerschein temporär zu behalten, benötigen Sie eine gerichtliche Notbremse: den Eilantrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.
Die Behörde beruft sich auf ein besonderes öffentliches Interesse, gestützt auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da festgestellte Nichteignung (etwa durch MPU-Weigerung, Alkoholprobleme oder schwere Krankheiten) eine hohe Gefährdung Dritter darstellt, ordnet die Behörde die Sofortmaßnahme an. Die Richter begründen dies damit, dass der Schutz von Leben und Gesundheit Dritter in solchen Fällen schwerer wiegt als Ihr privates Interesse am Fahren.
Ein einfacher Widerspruch hält den sofortigen Entzug nicht auf und würde nur wertvolle Zeit verschwenden. Ihr einziger Weg, die Fahrberechtigung während des laufenden Widerspruchsverfahrens zu erhalten, ist die Beantragung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim zuständigen Verwaltungsgericht. Das Gericht prüft dann primär, ob die behördliche Begründung für die sofortige Vollziehung fehlerhaft war oder ob die Annahme Ihrer Nichteignung unbegründet erfolgte.
Da bei einer sofortigen Vollziehung jede Stunde zählt, sollten Sie umgehend einen Anwalt beauftragen, der einen Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO beim Verwaltungsgericht stellt, bevor der Abgabetermin verstreicht.
Welche gesundheitlichen Diagnosen oder Alkoholprobleme führen zur Anordnung einer MPU?
Die Anordnung einer MPU basiert auf den Mängeln, die in Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) aufgelistet sind und die Fahreignung beeinflussen. Selten reicht eine einzelne Diagnose aus; Gerichte und Behörden begründen die Anordnung stattdessen oft mit einer Kumulation mehrerer Risikofaktoren. Im Zentrum stehen dabei Leiden, die die körperliche Belastbarkeit oder das Reaktionsvermögen stark und unvorhersehbar einschränken.
Die Behörde prüft, ob ein Mosaik aus Diagnosen eine sichere und vorausschauende Fahrweise verhindert. Im konkreten Fall, der zur MPU-Anordnung führte, traten verschiedene gesundheitliche Probleme zusammen: eine Herzerkrankung, chronische Nieren- und Lungenleiden sowie Diabetes. Auch ein eingeschränktes Sehvermögen, das für das Führen eines Kraftfahrzeugs essenziell ist, zählte zu den gravierenden Bedenken. Solche Leiden in Kombination rechtfertigen die Forderung nach einem Gutachten.
Eine besonders hohe Gefährdung entsteht, wenn chronische Krankheiten mit Substanzenmissbrauch zusammentreffen. Hier gab der von Ärzten attestierte „ausgeprägte Alkoholmissbrauch“ den endgültigen Ausschlag für die Anordnung des Gutachtens. Alkoholprobleme stellen unabhängig von Vorerkrankungen einen der schwerwiegendsten Gründe für massive Zweifel an der Fahreignung dar. Wichtig ist, dass ärztliche Feststellungen zu solchen Problemen, die über Fragebögen oder Atteste vorliegen, direkt zur Grundlage für die behördliche MPU-Forderung werden können.
Wenn Sie medizinische Risikofaktoren haben, suchen Sie proaktiv einen Facharzt für Verkehrsmedizin auf, um Ihre Fahrtauglichkeit objektiv testen und dokumentieren zu lassen.
Wie kann ich mich erfolgreich gegen die sofortige Vollziehung des Führerscheinentzugs wehren?
Der Kampf gegen die sofortige Vollziehung erfolgt ausschließlich über einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 VwGO. Ein erfolgreicher Widerstand hängt davon ab, ob Sie die gesamte Grundlage für den Führerscheinentzug erschüttern können. Es genügt nicht, die Sofortmaßnahme als bloße Ausnahme abzuwehren oder sich auf anekdotische Beweise zu stützen. Der Fokus muss auf der Widerlegung der ursprünglichen MPU-Anordnung liegen.
Gerichte prüfen bei der sofortigen Vollziehung primär die schlüssige behördliche Begründung der Dringlichkeit. Die pauschale Rüge, diese Sofortmaßnahme sei unzulässig, weil sie eine Ausnahme darstellt, greift nur selten. Sobald die Behörde eine schlüssige Darlegung der konkreten Gefährdungslage liefert, akzeptieren Richter die sofortige Umsetzung des Entzugs. Ebenso wenig verfängt das Argument, man sei seit Monaten oder Jahren unfallfrei gefahren. Das Gericht beurteilt stets eine zukünftige Gefährdungsprognose, da vergangenes Glück ein zukünftiges Risiko nicht ausschließt.
Sie müssen deshalb die zugrunde liegende Annahme der Nichteignung selbst entkräften. Der Fokus sollte auf die Widerlegung der ursprünglichen Begründung stehen, etwa der attestierte Alkoholabusus oder schwere gesundheitliche Mängel. Nur wenn Sie beweisen, dass die Annahmen, die zur MPU-Anordnung führten, unbegründet waren, entfällt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung. Dies erfordert präzise, sofortige medizinische Belege oder Gegengutachten, welche die Nichteignung widerlegen.
Beauftragen Sie Ihren Anwalt, im Rahmen des Eilantrags primär die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen MPU-Anordnung anzugreifen und entsprechende Gegengutachten vorzulegen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anlage 4 FeV
Die Anlage 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) listet detailliert Krankheiten und Mängel auf, die bei Vorliegen die Fahreignung potenziell ausschließen oder einschränken. Das Gesetz legt damit einen Katalog von Gesundheitszuständen fest, anhand dessen die Fahrerlaubnisbehörde beurteilen kann, ob begründete Zweifel an der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs vorliegen.
Beispiel: Im vorliegenden Fall stützte die Behörde ihre Zweifel auf die Kumulation von Diagnosen wie Diabetes und Nierenleiden, die in der Anlage 4 FeV als maßgebliche Risikofaktoren genannt sind.
Aufschiebende Wirkung
Juristen nennen das die Standardwirkung eines eingelegten Widerspruchs oder einer Klage: Die angefochtene behördliche Entscheidung darf vorläufig nicht vollzogen werden. Dieser gesetzliche Mechanismus schützt Bürger davor, irreparablen Schaden zu erleiden, bevor ein Gericht die Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns abschließend geprüft hat.
Beispiel: Normalerweise hätte der Fahrer seinen Führerschein aufgrund der aufschiebenden Wirkung bis zur gerichtlichen Klärung behalten dürfen, dies wurde jedoch durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgehebelt.
Beweislastumkehr
Eine Beweislastumkehr tritt im Fahrerlaubnisrecht ein, wenn der Betroffene selbst aktiv seine Fahreignung beweisen muss, statt dass die Behörde die Nichteignung nachweist. Sobald die Behörde schlüssige Gründe für massive Zweifel, wie beispielsweise einen attestierten Alkoholabusus, hat und eine MPU anordnet, verschiebt sich die Verantwortung: Der Fahrer muss die Zweifel ausräumen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten.
Beispiel: Da der Autofahrer das geforderte Gutachten verweigerte, trat die Beweislastumkehr in Kraft, was der Behörde erlaubte, seine Nichteignung zwingend anzunehmen.
Gefährdungsprognose
Die Gefährdungsprognose ist eine gerichtliche oder behördliche Einschätzung zukünftiger Risiken im Straßenverkehr, die auf den aktuellen oder vergangenen Verhaltensweisen und Gesundheitszuständen einer Person basiert. Dieses Werkzeug dient dem präventiven Gefahrenschutz und rechtfertigt präventive Maßnahmen wie den Führerscheinentzug, bevor sich ein Risiko, etwa ein schwerer Unfall, tatsächlich realisiert hat.
Beispiel: Die Richter bestätigten die behördliche Gefährdungsprognose, weil die Kombination aus chronischen Krankheiten und dem Alkoholabusus des Fahrers jederzeit eine akute Gefahr darstellen konnte.
Nichteignung
Die Nichteignung beschreibt den juristischen Zustand, in dem eine Person aufgrund körperlicher, geistiger oder charakterlicher Mängel nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Das Fahrerlaubnisrecht verlangt, dass nur Personen am Straßenverkehr teilnehmen, von denen keine erhöhte Gefahr ausgeht, weshalb die Feststellung der Nichteignung zwingend zum Entzug der Fahrerlaubnis führt.
Beispiel: Gemäß § 11 Abs. 8 FeV schloss die Behörde wegen der verweigerten Vorlage des MPU-Gutachtens direkt auf die fehlende Fahreignung des Mannes.
Sofortige Vollziehung
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist eine Ausnahmevorschrift, die bewirkt, dass ein behördlicher Bescheid trotz Klage oder Widerspruch sofort umgesetzt werden muss. Dies wird nur angeordnet, wenn ein besonderes öffentliches Interesse vorliegt, welches die Sicherheit und das Wohl der Allgemeinheit über die privaten Interessen des Betroffenen stellt.
Beispiel: Das Oberverwaltungsgericht bestätigte die sofortige Vollziehung des Führerscheinentzugs, da die abgeleitete Ungeeignetheit eine immense Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellte und keinen Aufschub duldete.
Das vorliegende Urteil
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 1 M 441/22 OVG – Beschluss vom 30.08.2022
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