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Freispruch bei Cannabis am Steuer: Neuer Grenzwert von 3,5 ng/ml THC

Das Amtsgericht Dortmund hat einen neuen Grenzwert für THC im Blut von 3,5 ng/ml festgelegt, der ab dem 1. April 2024 für gerichtliche Entscheidungen maßgeblich ist. Der Betroffene wurde freigesprochen, da seine THC-Konzentration von 3,1 ng/ml unterhalb des neuen Grenzwertes lag. Dieser Fall markiert eine Verschiebung in der Rechtsprechung zum Fahren unter Cannabis-Einfluss.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 729 OWi-251 Js 287/24 -27/24

Cannabis am Steuer - Freispruch wegen neuer Grenzwerte
(Symbolfoto: Simol/Canva)

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Amtsgericht Dortmund spricht den Betroffenen aufgrund des neuen Grenzwertes von 3,5 ng/ml THC im Blut frei.
  2. Die festgestellte THC-Konzentration von 3,1 ng/ml liegt unterhalb des neuen Grenzwertes.
  3. Eine vom Bundesministerium eingesetzte Expertengruppe hat den neuen Grenzwert von 3,5 ng/ml empfohlen.
  4. Bei Erreichen dieses Grenzwertes ist eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs nicht fernliegend.
  5. Der neue Grenzwert soll verhindern, dass Personen sanktioniert werden, bei denen der Cannabiskonsum nicht in zeitlichem Bezug zur Fahrt stand.
  6. Das Gericht wertet die Empfehlung der Expertengruppe als antizipiertes Sachverständigengutachten.
  7. Die Situation hinsichtlich § 24a StVG ist rechtlich gleichgeblieben, lediglich die Risikobewertung hat sich geändert.
  8. Der neue Grenzwert von 3,5 ng/ml ist seit dem 01.04.2024 für gerichtliche Entscheidungen maßgeblich.

Neuer THC-Grenzwert: 3,5 ng/ml – Freispruch für Cannabis-Fahrer in Dortmund

Die Debatte um den Konsum von Cannabis im Straßenverkehr ist in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus gerückt. Während in Deutschland der Besitz und Konsum von Cannabis zum Eigenverbrauch schrittweise liberalisiert wurde, bleiben die rechtlichen Bestimmungen für das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Einfluss von THC, dem Hauptwirkstoff von Cannabis, weiterhin streng.

Eine zentrale Frage ist dabei, ab welcher Konzentration von THC im Blut das sichere Führen eines Fahrzeugs nicht mehr gewährleistet ist. Lange Zeit galt hier ein Grenzwert von 1,0 Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) als Richtwert. Doch angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse wurde dieser Wert nun angehoben.

In einem aktuellen Gerichtsurteil hat das Amtsgericht Dortmund einen Betroffenen freigesprochen, da dessen gemessene THC-Konzentration von 3,1 ng/ml unter dem neuen Grenzwert von 3,5 ng/ml lag. Damit eröffnet sich eine neue Perspektive auf den Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr, die im Folgenden näher beleuchtet wird.

Der Fall vor dem Amtsgericht Dortmund im Detail

Freispruch in Dortmund: THC-Grenzwert bei Cannabis am Steuer neu bewertet

Im vorliegenden Fall wurde einem Autofahrer vorgeworfen, unter dem Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug geführt zu haben. Eine Blutprobe ergab eine THC-Konzentration von 3,1 ng/ml. Bisher lag der Grenzwert bei 1,0 ng/ml, sodass dem Betroffenen eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) vorgeworfen wurde. Das Amtsgericht Dortmund sprach den Betroffenen jedoch frei.

Hintergrund: Rechtslage zu Cannabis im Straßenverkehr

Der Fall wirft ein Licht auf die komplexe Rechtslage rund um Cannabis im Straßenverkehr. Während der Besitz geringer Mengen von Cannabis zum Eigenbedarf in Deutschland entkriminalisiert wurde, bleibt das Führen eines Fahrzeugs unter Einfluss von THC weiterhin verboten. Die Herausforderung lag bisher in der Bestimmung eines Grenzwertes, ab dem eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit angenommen werden kann. Dieser Grenzwert war in der Vergangenheit nicht gesetzlich festgelegt, sondern wurde von der Rechtsprechung anhand rechtsmedizinischer Empfehlungen gebildet.

Neuer THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml: Expertenempfehlung im Fokus

Mit der Teillegalisierung von Cannabis wurde in § 44 des Cannabiskontrollgesetzes (KCanG) eine Expertengruppe beauftragt, einen neuen Grenzwert für THC im Blut vorzuschlagen. Diese Gruppe empfahl einen Wert von 3,5 ng/ml. Ihrer Einschätzung nach ist ab diesem Wert eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht ausgeschlossen, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab der ein allgemeines Unfallrisiko besteht.

Gericht folgt Expertenempfehlung: Freispruch für den Betroffenen

Das Amtsgericht Dortmund sah in der Empfehlung der Expertengruppe ein sogenanntes antizipiertes Sachverständigengutachten, dem es in seiner Entscheidung folgte. Da die THC-Konzentration des Betroffenen unterhalb des neuen Grenzwertes lag, wurde er freigesprochen. Das Gericht betonte, dass die rechtliche Situation hinsichtlich § 24a StVG unverändert geblieben sei, lediglich die Risikobewertung habe sich geändert. Der neue Grenzwert sei daher seit dem 01.04.2024 für gerichtliche Entscheidungen maßgeblich.

✔ FAQ zum Thema: Cannabis am Steuer


Welche Auswirkungen hat der neue THC-Grenzwert für Autofahrer?

Der neue THC-Grenzwert für Autofahrer in Deutschland, der auf 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum angehoben wurde, hat bedeutende Auswirkungen auf die Rechtspraxis und die Fahrer. Zuvor galt ein Grenzwert von 1,0 Nanogramm pro Milliliter, der als Nachweis für eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit im Zusammenhang mit Cannabis-Konsum diente. Die Anhebung des Grenzwerts folgt der Empfehlung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe, die von Verkehrsminister Volker Wissing eingesetzt wurde, um die Rechtslage an die veränderten gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen.

Die wichtigsten Auswirkungen des neuen Grenzwerts sind:

  • Änderung der Rechtspraxis: Gerichte dürfen seit dem 1. April 2024 den neuen Grenzwert von 3,5 ng/ml zugrunde legen. Dies wurde bereits in einem Fall vom Amtsgericht Dortmund angewendet, wo ein Autofahrer mit einer THC-Konzentration von 3,1 ng/ml im Blut freigesprochen wurde. Das Gericht berief sich dabei auf ein „antizipiertes Sachverständigengutachten“ der Arbeitsgruppe Cannabis, welches bereits als Grundlage für die Bemessung des THC-Grenzwertes im Straßenverkehr herangezogen wird.
  • Veränderte Risikobewertung: Die Anhebung des Grenzwerts spiegelt eine veränderte Risikobewertung beim Cannabis-Konsum wider. Während der bisherige Grenzwert von 1,0 ng/ml oft schon geringfügigen oder zeitlich zurückliegenden Konsum nachweisen konnte, soll der neue Grenzwert von 3,5 ng/ml eine realistischere Einschätzung der Fahrtüchtigkeit ermöglichen. Dies berücksichtigt, dass THC bei regelmäßigem Konsum noch mehrere Tage im Blut nachweisbar ist.
  • Fokus auf aktuelleren Konsum: Der neue Grenzwert zielt darauf ab, nur diejenigen zu sanktionieren, bei denen der Cannabis-Konsum in einem direkten zeitlichen Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeugs steht. Dies soll verhindern, dass Personen, die Cannabis legal und verantwortungsbewusst konsumieren, ungerechtfertigt bestraft werden.
  • Absolutes Alkoholverbot für Cannabiskonsumenten: Zusätzlich empfiehlt die Arbeitsgruppe ein absolutes Alkoholverbot am Steuer für alle Cannabis-Konsumenten, um der besonderen Gefährdung durch Mischkonsum gerecht zu werden.

Diese Änderungen sollen dazu beitragen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, während gleichzeitig ein gerechterer Umgang mit Cannabiskonsumenten im Straßenverkehr gewährleistet wird. Die endgültige Implementierung des neuen Grenzwerts erfordert jedoch eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, die noch aussteht.

Weitere Details zu den rechtlichen Änderungen und der Diskussion um den THC-Grenzwert finden sich in der Berichterstattung von Legal Tribune Online hier.


Wie wird der THC-Grenzwert im Blut gemessen und welche Verfahren sind dabei üblich?

Der THC-Grenzwert im Blut wird in Deutschland üblicherweise durch Blutserum- oder Vollbluttests gemessen. Diese Tests sind notwendig, um festzustellen, ob die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blut eines Fahrers die gesetzlichen Grenzwerte überschreitet. Die Messung erfolgt in Nanogramm pro Milliliter (ng/ml).

Für die Messung wird in der Regel eine Blutprobe entnommen, die dann im Labor analysiert wird. Die Analysemethoden umfassen häufig die Gaschromatographie in Verbindung mit der Massenspektrometrie (GC-MS) oder die Flüssigkeitschromatographie in Verbindung mit der Massenspektrometrie (LC-MS). Diese Methoden sind hochspezifisch und empfindlich, was sie ideal für den Nachweis von THC in geringen Konzentrationen macht.

In Deutschland ist der aktuelle Grenzwert für THC im Blutserum auf 1 ng/ml festgelegt, wobei Diskussionen über eine Anhebung auf 3,5 ng/ml geführt werden, um die Messungen gerechter zu gestalten. Dies berücksichtigt, dass THC bei regelmäßigen Konsumenten länger im Blut nachweisbar sein kann, ohne dass eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit vorliegt. Die Festlegung des Grenzwertes basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und soll sicherstellen, dass nur Fahrer bestraft werden, deren Konsum von Cannabis tatsächlich eine Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die THC-Konzentration im Blut nicht linear mit der Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit korreliert. Daher kann die Festlegung eines Grenzwertes nur ein Hilfsmittel sein, um potenziell gefährliche Fahrer zu identifizieren. Die tatsächliche Fahrtüchtigkeit kann individuell stark variieren, abhängig von der Konsumgewohnheit und der individuellen Toleranz gegenüber THC.

Für eine detaillierte und spezifische Information zur Messung und den Verfahren siehe die Ausführungen im Bericht des Bundesamtes für Gesundheit: Bericht THC-Grenzwerte im Strassenverkehr.


Welche rechtlichen Konsequenzen drohen, wenn der neue Grenzwert überschritten wird?

Bei Überschreitung des THC-Grenzwerts im Straßenverkehr in Deutschland drohen derzeit rechtliche Konsequenzen, die sich aus dem aktuellen Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum ableiten. Wer diesen Grenzwert überschreitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Die rechtlichen Folgen können ein Bußgeld von mindestens 500 Euro, ein Fahrverbot und Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg umfassen. In schwereren Fällen, insbesondere wenn Ausfallerscheinungen vorliegen, kann es auch zu einer Strafverfolgung nach § 316 des Strafgesetzbuchs (StGB) kommen, die eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe nach sich ziehen kann und oft mit der Entziehung der Fahrerlaubnis verbunden ist.

Es ist jedoch zu beachten, dass eine Expertenkommission vorgeschlagen hat, den Grenzwert auf 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum zu erhöhen. Sollte dieser neue Grenzwert gesetzlich verankert werden, würden die rechtlichen Konsequenzen entsprechend angepasst. Dies würde bedeuten, dass erst bei Überschreitung dieses höheren Wertes die genannten Sanktionen greifen würden. Die Anpassung des Grenzwerts ist Teil der Bemühungen, die Rechtslage an die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch THC anzupassen.

Für eine detaillierte Darstellung der aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen und der Diskussion um die Anpassung des THC-Grenzwerts siehe die Informationen des ADAC: Drogen im Straßenverkehr – ADAC.


Inwiefern unterscheidet sich die rechtliche Behandlung von THC im Vergleich zu Alkohol am Steuer?

Die rechtliche Behandlung von THC im Vergleich zu Alkohol am Steuer in Deutschland zeigt signifikante Unterschiede, insbesondere in Bezug auf die festgelegten Grenzwerte und die daraus resultierenden Konsequenzen. Während für Alkohol am Steuer ein Grenzwert von 0,5 Promille gilt, solange der Fahrer nicht den Verkehr gefährdet, ist die Situation bei THC deutlich strenger. Der Grenzwert für THC im Blut lag bisher bei 1,0 Nanogramm pro Milliliter Blutserum. Dieser niedrige Wert führt dazu, dass selbst Gelegenheitskonsumenten von Cannabis, die möglicherweise nur einmal pro Woche konsumieren, nach dem Rauchen eines Joints oft schon diesen Grenzwert überschreiten und somit eine Ordnungswidrigkeit begehen. Die rechtlichen Konsequenzen für das Überschreiten des THC-Grenzwerts sind erheblich und umfassen ein Bußgeld von 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein einmonatiges Fahrverbot beim ersten Verstoß. Zudem ist eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) erforderlich, die häufig nicht bestanden wird, was zur weiteren Einbehaltung der Fahrerlaubnis führen kann.

Im Vergleich dazu baut sich Alkohol im Körper mit einer Rate von 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde schnell ab, und ein Promillewert von bis zu 0,49 ist erlaubt, außer der Fahrer zeigt Ausfallerscheinungen. Die Strafen für Alkohol am Steuer und THC im Blut sind zwar identisch, sobald die jeweiligen Grenzwerte überschritten werden, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, die MPU bei Alkoholverstößen zu bestehen, aufgrund des schnelleren Abbaus von Alkohol im Körper höher.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt in der Ungleichbehandlung von Alkohol und Cannabis hinsichtlich des Unfallrisikos. Während sich das Unfallrisiko bei einem Alkoholpegel von 0,5 Promille oder mehr um das 2- bis 200-fache erhöht, steigt es für akut durch THC beeinträchtigte Fahrer (Konsum innerhalb der letzten drei Stunden) im Mittel nur um das 2-fache. Trotz dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse ist die Bestrafung für Cannabis am Steuer wesentlich härter, was auf eine drastische Ungleichbehandlung hinweist.

Diese Unterschiede in der rechtlichen Behandlung von THC und Alkohol am Steuer spiegeln die spezifische Regulierung von Cannabis im Vergleich zu anderen Substanzen wider und zeigen die Notwendigkeit einer Anpassung der Gesetzgebung an wissenschaftliche Erkenntnisse und das tatsächliche Unfallrisiko. Die Diskussion um die Anhebung des THC-Grenzwerts auf 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum ist ein Schritt in diese Richtung, um eine gerechtere Behandlung von Cannabiskonsumenten im Straßenverkehr zu erreichen.


Wie beeinflusst der neue Grenzwert die Praxis der Polizeikontrollen im Straßenverkehr?

Der neue THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum wird die Praxis der Polizeikontrollen im Straßenverkehr in Deutschland beeinflussen, indem er die Kriterien für die Feststellung einer Fahruntauglichkeit durch Cannabis-Konsum modifiziert. Dieser erhöhte Grenzwert bedeutet, dass weniger Autofahrer, die Cannabis konsumiert haben, bei routinemäßigen Verkehrskontrollen als fahruntauglich eingestuft werden, sofern sie den neuen Grenzwert nicht überschreiten.

Die Anhebung des Grenzwerts könnte dazu führen, dass die Polizei ihre Methoden zur Feststellung von Drogenkonsum im Straßenverkehr anpassen muss. Beispielsweise könnte der Einsatz von Speicheltests, die eine hohe Empfindlichkeit für THC aufweisen, zunehmen, um den aktuellen Konsum zuverlässiger nachweisen zu können. Diese Tests könnten als Vorscreening dienen, bevor eine Blutprobe zur genaueren Bestimmung der THC-Konzentration angeordnet wird.

Zudem könnte die Änderung des Grenzwerts die Schulung der Polizeibeamten beeinflussen, indem sie speziell darauf trainiert werden, Anzeichen von Beeinträchtigungen zu erkennen, die über die bloße chemische Feststellung des THC-Gehalts hinausgehen. Dies ist relevant, da der THC-Grenzwert nicht unbedingt direkt mit der Fahrtüchtigkeit korreliert und die Wirkung von Cannabis individuell sehr unterschiedlich sein kann.

Die Polizei könnte auch angehalten werden, verstärkt auf die Kombination von THC und Alkohol zu achten, da der Mischkonsum als besonders gefährlich gilt und für bestimmte Gruppen, wie Fahranfänger und junge Fahrer unter 22 Jahren, strengere Regeln gelten.

Insgesamt wird der neue Grenzwert die Polizeikontrollen dahingehend verändern, dass eine differenziertere Betrachtung des Einflusses von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit erforderlich ist, was letztlich zu einer faireren und wissenschaftlich fundierteren Rechtsdurchsetzung führen könnte. Weitere Informationen zu den Auswirkungen des neuen Grenzwerts auf die Polizeipraxis finden Sie im Artikel: Cannabis-Legalisierung: THC-Grenzwert im Auto wird angehoben.


Welche Rolle spielen medizinische und wissenschaftliche Erkenntnisse bei der Festlegung von Grenzwerten für THC?

Medizinische und wissenschaftliche Erkenntnisse spielen eine zentrale Rolle bei der Festlegung von Grenzwerten für THC im Kontext des Straßenverkehrs. Diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Bestimmung von Konzentrationen, bei denen angenommen wird, dass die Fahrtüchtigkeit eines Individuums beeinträchtigt sein könnte. Die Festlegung dieser Grenzwerte basiert auf umfangreichen Studien und Forschungen, die die Wirkung von THC auf die kognitive und motorische Funktion untersuchen und somit eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage für rechtliche Standards bieten.

Die Empfehlungen des Bundesrats zur Anpassung der Grenzwerte für THC im Blut verdeutlichen, dass eine wissenschaftliche Grundlage für die Ermittlung dieser Werte unerlässlich ist. Der Bundesrat betont die Notwendigkeit, dass die Grenzwerte auf wissenschaftlicher Grundlage untersucht und ermittelt werden, um als rechtlich bindende Vorgabe zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Cannabisgesetzes eingeführt zu werden. Dies unterstreicht die Bedeutung von Forschung und wissenschaftlichen Daten bei der Festlegung von Grenzwerten, die sowohl gerecht als auch praktikabel im Vollzug sind: Bundesrat 367/1/23 Empfehlungen.

Die wissenschaftliche Fundierung dieser Grenzwerte ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die festgelegten Werte das tatsächliche Risiko einer Beeinträchtigung durch THC-Konsum widerspiegeln. Sie ermöglicht eine differenzierte Betrachtung des Einflusses von Cannabis auf die Fahrtüchtigkeit und trägt dazu bei, dass die rechtlichen Maßnahmen sowohl effektiv als auch fair sind. Durch die Orientierung an wissenschaftlichen Erkenntnissen können Grenzwerte festgelegt werden, die das Ziel der Verkehrssicherheit unterstützen, ohne Personen ungerechtfertigt zu kriminalisieren.



§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 24a StVG: Dieser Paragraph regelt die Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Führen von Fahrzeugen unter dem Einfluss von berauschenden Mitteln, einschließlich Cannabis. Er ist zentral für den Fall, da er die gesetzliche Grundlage darstellt, unter der der Betroffene ursprünglich beschuldigt wurde. Der Freispruch erfolgte, weil die THC-Konzentration unter dem neuen Grenzwert lag.
  • § 44 KCanG: Dieser neue Paragraph im Cannabiskontrollgesetz regelt die Festsetzung von THC-Grenzwerten im Blut für das Führen von Fahrzeugen. Die Arbeitsgruppe, die diesen Grenzwert vorschlug, handelte nach diesem Gesetz, was die Rechtslage für THC im Straßenverkehr neu definiert.
  • §§ 467 StPO, 46 OWiG: Diese Paragraphen betreffen die Kostenentscheidung in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren. Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt, was typisch ist, wenn der Angeklagte freigesprochen wird.
  • Bundesministerium für Digitales und Verkehr: Die Rolle dieses Ministeriums ist im Kontext der Veröffentlichung und Empfehlung des neuen THC-Grenzwertes wichtig. Ihre Mitteilung über die Annahme des Grenzwertes von 3,5 ng/ml spielt eine entscheidende Rolle für die rechtliche Beurteilung und Anwendung im konkreten Fall.
  • Antizipiertes Sachverständigengutachten: Dieser rechtliche Mechanismus, auf den das Gericht seine Entscheidung stützte, bedeutet, dass die Gerichte die Expertenmeinungen und Empfehlungen als vorweggenommene Beweiswürdigung betrachten können. Im vorliegenden Fall wurde der neue THC-Grenzwert aufgrund einer solchen Expertenempfehlung akzeptiert.
  • Grenzwertregelungen im Vergleich zu Alkohol: Die Erklärung, dass der neue THC-Grenzwert risikotechnisch einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille entspricht, hilft bei der rechtlichen Einordnung der Gefährdung durch Cannabis im Straßenverkehr. Dies zeigt auf, wie THC-Grenzwerte im Vergleich zu Alkoholgrenzwerten behandelt werden, was für die Rechtsprechung und die Öffentlichkeit von Bedeutung ist.


➜ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Dortmund

Amtsgericht Dortmund – Az.: 729 OWi-251 Js 287/24 -27/24 – Urteil vom 11.04.2024

Der Betroffene wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

G r ü n d e :

Dem Betroffenen wurde vorgeworfen, sich am 00.00.0000 um 00:00 Uhr gemäß § 24a Abs. II, Abs. III StVG ordnungswidrig verhalten zu haben.

Er habe zu dieser Zeit in Dortmund Z.-straße als Pkw-Fahrer eines Pkw N. mit dem amtlichen Kennzeichen N01 befahren, obgleich er unter der Wirkung berauschender Mittel, nämlich Cannabis, gestanden habe. Es sei eine Blutprobe entnommen worden, die eine THC-Konzentration von 3,1 ng/ml aufgewiesen habe.

Das Gericht hat diesen Sachverhalt so auch feststellen können.

Der Betroffene war auch insoweit vollends geständig.

Das Gericht hat urkundsbeweislich zur Überprüfung der Richtigkeit der Einlassung des Betroffenen ein Gutachten des Sachverständigen Prof. L. verlesen können, der nach Untersuchung der Blutprobe des Betroffenen zu dem genannten Ergebnis hinsichtlich der THC-Konzentration im Blut des Betroffenen gekommen ist.

Der Betroffene war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.

Der bisherige Grenzwert für § 24a Abs. II StVG lag für Cannabis bei 1,0 ng/ml.

Dabei ist die Situation derart, dass bislang lediglich der Wirkstoff THC in der Anlage zu § 24a StVG genannt ist, jedoch nicht der im Straßenverkehr maßgebliche Grenzwert. Dieser wurde in der Vergangenheit von der Rechtsprechung festgesetzt anhand rechtsmedizinischer Vorschläge.

Im Rahmen des Cannabis-Gesetzes und der Teillegalisierung von Cannabis hat der Gesetzgeber in § 44 KCanG ausdrücklich eine Regelung getroffen, wie weiter zu verfahren ist:

Hiernach sollte eine nach dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr eingesetzte Arbeitsgruppe bis zum 31.03.2024 den Wert einer Konzentration von THC im Blut vorschlagen, bei dessen Erreichen nach dem Stand der Wissenschaft das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet ist. Diese Arbeitsgruppe hat – allgemein bekannt aufgrund einer Veröffentlichung durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr – den Grenzwert auf 3,5 ng/ml vorgeschlagen. In der Pressemitteilung des Ministeriums heißt es u.a.:

„…Die wissenschaftlichen Experten geben danach folgende Empfehlungen ab:

Im Rahmen des § 24a StVG wird ein gesetzlicher Wirkungsgrenzwert von 3,5 ng/ml THC Blutserum vorgeschlagen. Bei Erreichen dieses THC-Grenzwertes ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab der ein allgemeines Unfallrisiko beginnt….Bei dem vorgeschlagenen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum handelt es sich nach Ansicht der Experten um einen konservativen Ansatz, der vom Risiko vergleichbar sei mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. THC im Blutserum ist bei regelmäßigem Konsum noch mehrere Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar. Daher soll mit dem Vorschlag eines Grenzwertes von 3,5 ng/ml THC erreicht werden, dass – anders als bei dem analytischen Grenzwert von 1 ng/ml THC – nur diejenigen sanktioniert werden, bei denen der Cannabiskonsum in einem gewissen zeitlichen Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeugs erfolgte und eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs möglich ist….“

Das Gericht sieht hierin ein sogenanntes antizipiertes Sachverständigengutachten, dass auch nicht durch anderweitige Vorschläge/Kritik aus Politik, Justiz, Medizin oder dem Bereich der Polizei infrage gestellt wird. Dies gilt umso mehr, dass ausweislich des § 44 KCanG keinerlei weiterer Schritt vorgesehen ist, der die Umsetzung des Grenzwertes in die verkehrsrechtliche Praxis vorsieht. Die aus der Gesetzesbegründung sich insoweit ergebende Absicht einer Kodifizierung des gefundenen Wertes spricht nicht gegen die Anwendung des Wertes bereits zum jetzigen Zeitpunkt.

Die Situation ist nämlich in rechtlicher Hinsicht hinsichtlich des § 24a StVG gleichgeblieben. Lediglich die Risikobewertung hat sich hinsichtlich des Cannabis geändert, so dass der neue Grenzwert von 3,5 ng/l seit dem 01.04.2024 für gerichtliche Entscheidungen maßgeblich ist.

Folgerichtig war der Betroffene aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 467 StPO, 46 OWiG.

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