Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Fehlende Unterschrift auf Blitzerprotokoll: Reicht das für einen Freispruch?
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Ist ein Messprotokoll ohne handschriftliche Unterschrift gültig?
- Welche formalen Anforderungen muss ein Messprotokoll erfüllen?
- Welche Bedeutung haben standardisierte Messverfahren im Verkehrsrecht?
- Kann das Fehlen einer Unterschrift auf dem Messprotokoll als Beweis für eine fehlerhafte Messung dienen?
- Welche Schritte sollten Betroffene unternehmen, wenn sie die Richtigkeit einer Geschwindigkeitsmessung anzweifeln?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Urteil betrifft eine Geschwindigkeitsübertretung von 24 km/h außerhalb einer geschlossenen Ortschaft.
- Es handelt sich um ein standardisiertes Messverfahren zur Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung.
- Die Schwierigkeit liegt darin, dass das Messprotokoll keine handschriftliche Unterschrift des Messbeamten enthält.
- Das Gericht entschied, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
- Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die fehlende Unterschrift die Verlässlichkeit der Messung nicht beeinträchtigt.
- Die Entscheidung beruht auf der Annahme, dass das standardisierte Messverfahren auch ohne Unterschrift als zuverlässig gilt.
- Die Auswirkung dieses Urteils ist, dass Messprotokolle ohne Unterschrift weiterhin als Beweismittel verwendet werden können.
- Für Betroffene bedeutet dies, dass Einwände gegen Geschwindigkeitsmessungen wegen fehlender Unterschriften meist erfolglos bleiben.
- Die Entscheidung stärkt die Position von Behörden bei der Durchsetzung von Bußgeldern.
Fehlende Unterschrift auf Blitzerprotokoll: Reicht das für einen Freispruch?
Die Geschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr ist ein wichtiger Bestandteil der Verkehrssicherheit. Die Polizei nutzt dabei häufig technische Hilfsmittel, um die Geschwindigkeit von Fahrzeugen zu kontrollieren. Bei der Verwendung von Messgeräten wie Laserpistolen oder stationären Blitzanlagen ist die korrekte Dokumentation der Messung essenziell. Ein wichtiger Bestandteil dieser Dokumentation ist das Messprotokoll. Dieses dient als Beweismittel im Falle einer Ordnungswidrigkeit oder eines Strafverfahrens.
Besondere Bedeutung kommt dabei der handschriftlichen Unterschrift des Messenden auf dem Protokoll zu. Sie dient als Nachweis für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Messung sowie für die eigene Verantwortung des Messenden. Das Fehlen einer solchen Unterschrift kann in bestimmten Fällen zu juristischen Problemen führen. Es stellt sich die Frage, ob ein Messprotokoll ohne handschriftliche Unterschrift als Beweismittel im Verkehrsprozess zulässig ist.
Ein aktueller Fall bietet einen interessanten Einblick in diese Problematik. Dieser Fall befasst sich mit einem Messprotokoll, auf dem die Unterschrift des Messbeamten fehlte. Die Frage ist, ob das Protokoll in diesem Fall als Beweismittel zugelassen werden kann.
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Der Fall vor Gericht
Fehlende Unterschrift auf Messprotokoll bei Geschwindigkeitsüberschreitung
Das Amtsgericht St. Ingbert hat in einem aktuellen Fall über die Rechtmäßigkeit eines Bußgeldbescheids wegen Geschwindigkeitsüberschreitung entschieden. Der Betroffene wurde zu einer Geldbuße von 150 Euro verurteilt, weil er außerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 24 km/h überschritten hatte. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mittels eines standardisierten Messverfahrens. Der Betroffene legte gegen das Urteil Rechtsbeschwerde ein und beantragte deren Zulassung.
Der Hauptkritikpunkt des Betroffenen war das Fehlen einer handschriftlichen Unterschrift auf dem Messprotokoll. Er argumentierte, dass dies die Beweiskraft des Protokolls in Frage stelle. Das Gericht musste nun abwägen, ob dieser formale Mangel tatsächlich Auswirkungen auf die Verwertbarkeit des Messergebnisses hat.
Gerichtliche Bewertung der fehlenden Unterschrift
Das Amtsgericht St. Ingbert kam zu dem Schluss, dass die fehlende handschriftliche Unterschrift auf dem Messprotokoll kein ausreichender Grund ist, um die Beweiskraft der Messung anzuzweifeln. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf mehrere Faktoren. Zunächst betonte es, dass das verwendete Messgerät zu den standardisierten Messverfahren gehört. Bei solchen Verfahren wird generell von der Richtigkeit der Messergebnisse ausgegangen, solange keine konkreten Anhaltspunkte für Fehler vorliegen.
Weiterhin führte das Gericht aus, dass die Unterschrift auf dem Messprotokoll keine zwingende Formvorschrift darstellt. Sie dient in erster Linie dazu, den verantwortlichen Messbeamten zu identifizieren. Im vorliegenden Fall konnte der durchführende Beamte jedoch eindeutig zugeordnet werden, da seine Personalien im Protokoll vermerkt waren. Das Gericht sah daher keinen Grund, an der Authentizität und Richtigkeit des Messprotokolls zu zweifeln.
Bedeutung standardisierter Messverfahren im Verkehrsrecht
Ein zentraler Aspekt in der Urteilsbegründung war die Verwendung eines standardisierten Messverfahrens. Standardisierte Messverfahren genießen in der Rechtsprechung eine hohe Anerkennung und Beweiskraft. Sie basieren auf wissenschaftlich fundierten und mehrfach geprüften Methoden, die eine hohe Zuverlässigkeit und Genauigkeit gewährleisten.
Das Gericht betonte, dass bei solchen Verfahren grundsätzlich von der Richtigkeit der Messergebnisse auszugehen ist. Um ein standardisiertes Messergebnis erfolgreich anzufechten, müssen konkrete Anhaltspunkte für Fehler oder Unregelmäßigkeiten vorgebracht werden. Die bloße Vermutung oder theoretische Möglichkeit eines Fehlers reicht nicht aus. Im vorliegenden Fall konnte der Betroffene keine solchen konkreten Anhaltspunkte vorbringen. Die fehlende Unterschrift allein wurde vom Gericht nicht als ausreichender Grund angesehen, um die Korrektheit der Messung in Zweifel zu ziehen.
Rechtliche Konsequenzen für Betroffene von Geschwindigkeitsüberschreitungen
Die Entscheidung des Amtsgerichts St. Ingbert hat wichtige Implikationen für Betroffene von Geschwindigkeitsüberschreitungen. Sie verdeutlicht, dass formale Mängel wie eine fehlende Unterschrift allein nicht ausreichen, um ein Bußgeldverfahren erfolgreich anzufechten. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob das Messergebnis selbst zuverlässig und nachvollziehbar ist.
Für Betroffene bedeutet dies, dass sie bei einem Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid sehr sorgfältig prüfen müssen, ob tatsächlich substanzielle Gründe vorliegen, die die Richtigkeit der Messung in Frage stellen könnten. Rein formale Einwände haben in der Regel wenig Aussicht auf Erfolg. Stattdessen müssen konkrete Anhaltspunkte für Messfehler oder Unregelmäßigkeiten im Messverfahren vorgebracht werden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Messgerät nicht ordnungsgemäß geeicht war oder wenn die Messung unter unzulässigen Bedingungen durchgeführt wurde.
Das Urteil unterstreicht auch die hohe Beweiskraft standardisierter Messverfahren. Betroffene sollten sich bewusst sein, dass es in der Regel sehr schwierig ist, die Ergebnisse solcher Messungen erfolgreich anzufechten. Dennoch gibt es Fälle, in denen eine kritische Überprüfung der Messung durchaus sinnvoll sein kann. Dafür ist es ratsam, sich von einem erfahrenen Anwalt für Verkehrsrecht beraten zu lassen, der die Erfolgsaussichten eines Einspruchs realistisch einschätzen kann.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert bekräftigt die hohe Beweiskraft standardisierter Messverfahren im Verkehrsrecht. Eine fehlende Unterschrift auf dem Messprotokoll reicht nicht aus, um die Glaubwürdigkeit der Messung zu erschüttern, solange der durchführende Beamte eindeutig identifizierbar ist. Für eine erfolgreiche Anfechtung eines Bußgeldbescheids sind konkrete Anhaltspunkte für Messfehler erforderlich; rein formale Einwände haben kaum Aussicht auf Erfolg. Diese Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit bei der Ahndung von Geschwindigkeitsüberschreitungen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Haben Sie einen Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erhalten und das Messprotokoll weist keine Unterschrift auf? Keine Sorge, das bedeutet nicht automatisch, dass Sie den Einspruch gewinnen. Entscheidend ist, ob die Messung selbst korrekt durchgeführt wurde. Fehlt die Unterschrift auf dem Protokoll, kann dies zwar ein Mangel sein, aber das Gericht wird prüfen, ob die Messung trotzdem verlässlich ist. Es kommt also darauf an, ob das Messgerät geeicht war und die Messung ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Wenn Sie Zweifel an der Messung haben, sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen, um Ihre individuellen Chancen auf einen erfolgreichen Einspruch zu bewerten.
FAQ – Häufige Fragen
Sie wurden geblitzt und im Messprotokoll fehlt die Unterschrift des Beamten? Die Gültigkeit von Messprotokollen ohne Unterschrift ist ein Thema, das viele Autofahrer beschäftigt. In unserer FAQ-Rubrik klären wir die wichtigsten Fragen und geben Ihnen einen Überblick über Ihre Rechte und Möglichkeiten.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Ist ein Messprotokoll ohne handschriftliche Unterschrift gültig?
- Welche formalen Anforderungen muss ein Messprotokoll erfüllen?
- Welche Bedeutung haben standardisierte Messverfahren im Verkehrsrecht?
- Kann das Fehlen einer Unterschrift auf dem Messprotokoll als Beweis für eine fehlerhafte Messung dienen?
- Welche Schritte sollten Betroffene unternehmen, wenn sie die Richtigkeit einer Geschwindigkeitsmessung anzweifeln?
Ist ein Messprotokoll ohne handschriftliche Unterschrift gültig?
Die Gültigkeit eines Messprotokolls ohne handschriftliche Unterschrift hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich kann ein Messprotokoll auch ohne eigenhändige Unterschrift des Messbeamten rechtlich wirksam sein. Entscheidend ist, dass die Urheberschaft und Authentizität des Dokuments zweifelsfrei erkennbar sind.
Bei elektronisch erstellten Messprotokollen genügt in der Regel die Wiedergabe der Namen der zuständigen Messbeamten, um die Beweis-, Garantie- und Identifizierungsfunktion zu erfüllen. Dadurch wird ersichtlich, auf wessen Erkenntnissen und Auswertungen die protokollierten Daten beruhen. Eine fachgesetzliche Regelung, die darüber hinaus eine eigenhändige Unterzeichnung verlangt, existiert nicht.
Die fehlende Unterschrift allein führt nicht automatisch zur Ungültigkeit des Messprotokolls. Gerichte betrachten das Messprotokoll als Erklärung über eine Ermittlungshandlung, die gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesen werden kann. Diese Vorschrift sieht keine besondere Formvorschrift wie eine Unterschrift vor.
Allerdings gibt es regionale Unterschiede in der Rechtsprechung. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden, dass Messprotokolle ohne eigenhändige Unterschrift des Messbeamten nicht geeignet sind, dessen Vernehmung zu ersetzen. Diese Auffassung stützt sich auf landesrechtliche Vorschriften und ist nicht bundesweit bindend.
Für die Beweiskraft des Messprotokolls ist weniger die Unterschrift als vielmehr der Inhalt entscheidend. Wichtig sind vor allem die korrekte Dokumentation des Messvorgangs, die Einhaltung der Bedienungsvorschriften und die ordnungsgemäße Kalibrierung des Messgeräts. Diese Aspekte haben in der Regel mehr Gewicht als das Vorhandensein oder Fehlen einer handschriftlichen Unterschrift.
Bei standardisierten Messverfahren, wie sie häufig bei Geschwindigkeitsmessungen zum Einsatz kommen, geht die Rechtsprechung grundsätzlich von der Zuverlässigkeit der Messergebnisse aus. In solchen Fällen kann die fehlende Unterschrift auf dem Messprotokoll die Verwertbarkeit der Messung nicht in Frage stellen, solange keine konkreten Anhaltspunkte für Fehler oder Manipulationen vorliegen.
Betroffene sollten beachten, dass die Gültigkeit des Messprotokolls nicht allein von der Unterschrift abhängt. Vielmehr kommt es auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an. Formale Mängel wie eine fehlende Unterschrift können zwar Anlass für eine genauere Überprüfung des Messvorgangs sein, führen aber nicht zwangsläufig zur Unverwertbarkeit des Beweismittels.
In der Praxis empfiehlt es sich für Betroffene, das Messprotokoll sorgfältig auf inhaltliche Unstimmigkeiten zu prüfen. Dabei sollten sie besonders auf die korrekte Dokumentation der Messbedingungen, die Einhaltung der Eichfristen und die Plausibilität der Messergebnisse achten. Diese Aspekte haben in der Regel mehr Gewicht als formale Kriterien wie die handschriftliche Unterschrift.
Welche formalen Anforderungen muss ein Messprotokoll erfüllen?
Ein Messprotokoll bei Geschwindigkeitsmessungen muss bestimmte formale Anforderungen erfüllen, um als rechtlich zulässiges Beweismittel zu gelten. Die Vollständigkeit und Korrektheit der Angaben sind dabei von entscheidender Bedeutung.
Zu den wesentlichen Bestandteilen eines ordnungsgemäßen Messprotokolls gehören zunächst die genauen Angaben zum verwendeten Messgerät. Dies umfasst die Bezeichnung des Gerätetyps, die individuelle Gerätenummer sowie das Datum der letzten Eichung. Diese Informationen sind wichtig, um die Zuverlässigkeit und Genauigkeit des Messgeräts zu belegen.
Darüber hinaus muss das Protokoll detaillierte Angaben zum Messvorgang selbst enthalten. Dazu zählen das exakte Datum und die Uhrzeit der Messung, der genaue Ort des Geschehens sowie die zulässige Höchstgeschwindigkeit an der betreffenden Stelle. Auch die tatsächlich gemessene Geschwindigkeit des Fahrzeugs ist im Protokoll festzuhalten, wobei sowohl der Messwert vor als auch nach Abzug der Toleranz anzugeben ist.
Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Dokumentation der Messbedingungen. Hierzu gehören Angaben zur Fahrbahnbreite, zum Abstand der Verkehrssonde vom Fahrbahnrand sowie zu eventuell vorhandenen Verkehrszeichen, die die Geschwindigkeitsbegrenzung anzeigen. Diese Informationen dienen dazu, die Korrektheit der Messung und die Einhaltung der vorgeschriebenen Aufstellbedingungen für das Messgerät zu belegen.
Von großer Bedeutung ist auch die Identifikation der für die Messung verantwortlichen Personen. Das Protokoll muss daher den Namen des durchführenden Messbeamten enthalten. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Rechtsprechung in jüngster Zeit die Anforderungen an die formale Gestaltung des Messprotokolls präzisiert hat. So wurde in einem aktuellen Urteil die Frage der Notwendigkeit einer handschriftlichen Unterschrift auf dem Messprotokoll thematisiert.
Die im Messprotokoll enthaltenen Daten müssen zudem in sich schlüssig und widerspruchsfrei sein. Unstimmigkeiten oder offensichtliche Fehler können die Beweiskraft des Protokolls erheblich beeinträchtigen oder sogar zur Unverwertbarkeit führen. Es ist daher von großer Wichtigkeit, dass alle Eintragungen sorgfältig und präzise vorgenommen werden.
Ein ordnungsgemäßes Messprotokoll sollte auch Angaben zu den getroffenen Maßnahmen enthalten. Dies umfasst Informationen darüber, ob der Fahrer angehalten wurde, ob eine mündliche Verwarnung erfolgte oder ob ein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde. Diese Informationen sind relevant für die weitere Bearbeitung des Vorfalls durch die zuständigen Behörden.
Die Einhaltung dieser formalen Anforderungen an ein Messprotokoll ist von erheblicher rechtlicher Bedeutung. Ein mangelhaftes oder unvollständiges Protokoll kann dazu führen, dass die Messung als Beweismittel nicht verwertet werden kann. Dies kann im Einzelfall zur Einstellung des Verfahrens oder zu einem Freispruch des Betroffenen führen.
Für Betroffene eines Bußgeldverfahrens wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ist es ratsam, das Messprotokoll sorgfältig zu prüfen. Da das Protokoll in der Regel nicht automatisch mit dem Bußgeldbescheid zugestellt wird, kann es notwendig sein, Akteneinsicht zu beantragen oder einen Rechtsanwalt mit der Prüfung zu beauftragen. Eine genaue Analyse des Messprotokolls kann mögliche Fehler oder Unregelmäßigkeiten aufdecken und somit die Grundlage für einen erfolgreichen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid bilden.
Welche Bedeutung haben standardisierte Messverfahren im Verkehrsrecht?
Standardisierte Messverfahren nehmen im Verkehrsrecht eine zentrale Stellung ein. Sie dienen der objektiven Erfassung von Geschwindigkeitsüberschreitungen und anderen Verkehrsverstößen. Die Rechtsprechung erkennt diese Verfahren als besonders zuverlässig an und misst ihnen eine hohe Beweiskraft zu.
Bei einem standardisierten Messverfahren handelt es sich um ein technisches Verfahren, das durch Normen vereinheitlicht wurde. Die Bedingungen für seine Anwendung und der Ablauf sind so festgelegt, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Dies gewährleistet eine hohe Messgenauigkeit und Reproduzierbarkeit.
Die Anerkennung als standardisiertes Messverfahren erfolgt durch die Gerichte. Sie stützen sich dabei auf die Bauartzulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Für die Qualifizierung als standardisiertes Messverfahren ist die strikte Einhaltung der Vorgaben des Geräteherstellers in der Gebrauchsanweisung und der Gerätezulassung unerlässlich.
Die Verwendung eines standardisierten Messverfahrens hat weitreichende prozessuale Konsequenzen. In Bußgeldverfahren reduzieren sich die Anforderungen an die gerichtliche Begründungspflicht erheblich. Das Gericht muss im Regelfall lediglich das verwendete Messverfahren, das konkrete Messergebnis und die gewährte Toleranz feststellen. Eine weitergehende Überprüfung der Messung ist nur erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vorliegen.
Für Betroffene bedeutet dies, dass die bloße Behauptung, die Messung könne nicht stimmen, in der Regel nicht ausreicht, um das Messergebnis in Zweifel zu ziehen. Um erfolgreich gegen ein Bußgeld vorzugehen, müssen substantiierte Einwände vorgebracht werden. Diese können sich beispielsweise auf Bedienungsfehler, die Verwendung nicht geeichter Geräte oder die Nichtbeachtung vorgeschriebener Messbedingungen beziehen.
Die hohe Beweiskraft standardisierter Messverfahren stellt Betroffene vor erhebliche Herausforderungen. Eine erfolgreiche Anfechtung erfordert in der Regel detailliertes technisches Fachwissen und juristische Expertise. Ohne die Unterstützung eines spezialisierten Rechtsbeistands ist es für Laien oft schwierig, relevante Einwände vorzubringen und zu belegen.
Trotz der grundsätzlichen Anerkennung standardisierter Messverfahren gibt es Situationen, in denen die Beweiskraft in Frage gestellt werden kann. Dies kann der Fall sein, wenn Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Messung bestehen. Formale Mängel bei der Dokumentation der Messung können ebenfalls Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Verteidigung bieten.
Die Bedeutung standardisierter Messverfahren im Verkehrsrecht geht über die reine Beweisführung hinaus. Sie tragen zur Rechtssicherheit und Gleichbehandlung bei, indem sie einen einheitlichen Maßstab für die Ahndung von Verkehrsverstößen schaffen. Gleichzeitig stellen sie hohe Anforderungen an die technische Zuverlässigkeit und die korrekte Anwendung der Messgeräte.
Für die Verkehrsüberwachungsbehörden bieten standardisierte Messverfahren den Vorteil einer vereinfachten Beweisführung. Dies ermöglicht eine effiziente Verfolgung von Verkehrsverstößen. Allerdings müssen die Behörden sicherstellen, dass alle Vorgaben für die Durchführung der Messungen penibel eingehalten werden, um die Verwertbarkeit der Ergebnisse nicht zu gefährden.
Die Entwicklung neuer Messtechnologien führt dazu, dass die Gerichte immer wieder vor der Aufgabe stehen, über die Anerkennung neuer Verfahren als standardisiert zu entscheiden. Dies erfordert eine fortlaufende Auseinandersetzung mit technischen Innovationen und deren rechtlicher Bewertung.
Kann das Fehlen einer Unterschrift auf dem Messprotokoll als Beweis für eine fehlerhafte Messung dienen?
Das Fehlen einer Unterschrift auf dem Messprotokoll kann nicht als direkter Beweis für eine fehlerhafte Messung dienen. Allerdings kann es die Beweiskraft des Protokolls erheblich beeinträchtigen und somit indirekt Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Messung aufwerfen.
Ein Messprotokoll ist eine öffentliche Urkunde, die den ordnungsgemäßen Ablauf der Geschwindigkeitsmessung dokumentiert. Die eigenhändige Unterschrift der Messbeamten ist ein wesentliches Formerfordernis, das die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der Angaben bezeugt. Fehlt diese Unterschrift, so verliert das Protokoll seinen Urkundencharakter und damit seine besondere Beweiskraft.
Die fehlende Unterschrift führt dazu, dass die Urheberschaft und Verantwortlichkeit für die im Protokoll festgehaltenen Informationen nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden können. Dies betrifft wichtige Aspekte wie den korrekten Aufbau des Messgeräts, dessen ordnungsgemäßen Betrieb und die Einhaltung der Vorgaben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Ohne diese Gewissheit kann die Zuverlässigkeit der Messung in Frage gestellt werden.
Es ist wichtig zu betonen, dass eine fehlende Unterschrift nicht automatisch bedeutet, dass die Messung selbst fehlerhaft war. Sie schafft jedoch eine formale Unregelmäßigkeit, die im Bußgeldverfahren zu Gunsten des Betroffenen ausgelegt werden kann. Das Gericht muss in solchen Fällen die Beweiskraft des Messprotokolls neu bewerten und gegebenenfalls zusätzliche Beweise heranziehen, um die Ordnungsmäßigkeit der Messung festzustellen.
In der Praxis kann ein nicht unterschriebenes Messprotokoll dazu führen, dass das Gericht die Messung als nicht verwertbar einstuft. Dies geschieht insbesondere dann, wenn keine anderen stichhaltigen Beweise für die Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegen. In solchen Fällen kann das Verfahren eingestellt oder der Betroffene freigesprochen werden.
Es ist zu beachten, dass auch eingescannte oder digitale Unterschriften problematisch sein können. Gerichte haben entschieden, dass diese nicht ausreichen, um die Verantwortlichkeit der Messbeamten zweifelsfrei zu belegen. Eine eigenhändige, originale Unterschrift ist erforderlich, um die Authentizität und Integrität des Messprotokolls zu gewährleisten.
Für Betroffene eines Bußgeldverfahrens wegen Geschwindigkeitsüberschreitung kann die Überprüfung des Messprotokolls auf eine ordnungsgemäße Unterschrift daher ein wichtiger Ansatzpunkt sein. Fehlt diese, sollte dies im Einspruch gegen den Bußgeldbescheid thematisiert werden. Es erhöht die Chancen, dass das Verfahren eingestellt wird oder zumindest eine kritische Überprüfung der Beweislage erfolgt.
Die Rechtsprechung zu diesem Thema unterstreicht die Bedeutung formaler Korrektheit bei der Durchführung und Dokumentation von Geschwindigkeitsmessungen. Sie zeigt, dass selbst scheinbar kleine Formfehler erhebliche Auswirkungen auf die rechtliche Bewertung haben können. Dies dient letztlich dem Schutz der Rechte der Betroffenen und der Sicherstellung eines fairen Verfahrens.
Für die Behörden ergibt sich daraus die Notwendigkeit, besondere Sorgfalt bei der Erstellung und Handhabung von Messprotokollen walten zu lassen. Die eigenhändige Unterschrift der verantwortlichen Beamten sollte als unverzichtbarer Bestandteil des Protokolls betrachtet werden, um dessen Beweiskraft zu sichern und Verfahrensmängel zu vermeiden.
Welche Schritte sollten Betroffene unternehmen, wenn sie die Richtigkeit einer Geschwindigkeitsmessung anzweifeln?
Bei Zweifeln an der Richtigkeit einer Geschwindigkeitsmessung sollten Betroffene zunächst Ruhe bewahren und überlegt vorgehen. Der erste wichtige Schritt besteht darin, umgehend Akteneinsicht zu beantragen. Dies ermöglicht es, alle relevanten Unterlagen wie das Messprotokoll, Fotos und technische Daten einzusehen. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf mögliche Formfehler oder Unregelmäßigkeiten gelegt werden.
Im Anschluss empfiehlt es sich dringend, einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt zu konsultieren. Dieser kann die Unterlagen fachkundig prüfen und einschätzen, ob tatsächlich Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Messung vorliegen. Rechtsanwälte verfügen oft über spezielle Checklisten für verschiedene Messverfahren und können so gezielt nach typischen Fehlerquellen suchen.
Fristwahrung hat oberste Priorität. Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich eingelegt werden. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch keine detaillierte Begründung vorliegt, sollte der Einspruch fristgerecht erfolgen. Die ausführliche Begründung kann später nachgereicht werden.
In vielen Fällen ist es ratsam, einen technischen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dieser kann die Messung und die verwendeten Geräte genau unter die Lupe nehmen. Die Kosten hierfür werden häufig von Rechtsschutzversicherungen übernommen, was vorab geklärt werden sollte.
Bei standardisierten Messverfahren reicht der bloße Einwand, die Messung könne nicht stimmen, vor Gericht in der Regel nicht aus. Es müssen konkrete Anhaltspunkte für Fehler oder Unregelmäßigkeiten vorgetragen werden. Hier zeigt sich der Wert einer gründlichen Prüfung durch Fachleute.
Ein wichtiger Aspekt ist die Forderung nach Herausgabe aller vorhandenen Messdaten. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass auch Rohmessdaten oder sogenannte „Blackbox“-Aufzeichnungen auf Antrag zur Verfügung gestellt werden müssen, sofern sie existieren. Diese Daten können für die Überprüfung der Messgenauigkeit entscheidend sein.
Betroffene sollten sich bewusst sein, dass die Beweislast bei Geschwindigkeitsübertretungen grundsätzlich bei den Behörden liegt. Können begründete Zweifel an der Richtigkeit der Messung nicht ausgeräumt werden, muss im Zweifel zugunsten des Betroffenen entschieden werden.
Es ist wichtig, jeden Schritt sorgfältig zu dokumentieren. Dazu gehört die Aufbewahrung aller Korrespondenz mit Behörden und Anwälten sowie etwaiger Gutachten. Diese Unterlagen können im weiteren Verfahren von großer Bedeutung sein.
Betroffene sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Anfechtung einer Geschwindigkeitsmessung ein komplexer und oft langwieriger Prozess sein kann. Geduld und Ausdauer sind gefragt. Gleichzeitig bietet das Verfahren die Chance, ungerechtfertigte Vorwürfe zu entkräften und die eigenen Rechte zu wahren.
Die sorgfältige Prüfung aller Umstände ist entscheidend. Selbst scheinbar kleine Details wie eine fehlende Unterschrift auf dem Messprotokoll können unter Umständen ausschlaggebend sein. Daher lohnt es sich, alle Aspekte genau zu betrachten und nichts ungeprüft zu lassen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Messprotokoll: Ein Dokument, das bei Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr erstellt wird. Es enthält wichtige Informationen wie Ort, Zeit und Ergebnis der Messung sowie Angaben zum verwendeten Messgerät und dem durchführenden Beamten. Im Bußgeldverfahren dient es als zentrales Beweismittel. Obwohl eine Unterschrift des Messbeamten üblich ist, entschied das Gericht im vorliegenden Fall, dass ihr Fehlen die Beweiskraft nicht mindert, solange der Beamte anderweitig identifizierbar ist. Die Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit der Messdaten sind entscheidend für die Verwertbarkeit des Protokolls.
- Standardisiertes Messverfahren: Eine von den Behörden anerkannte und geprüfte Methode zur Geschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr. Diese Verfahren basieren auf wissenschaftlich fundierten Prinzipien und unterliegen strengen Qualitätskontrollen. Gerichte gehen bei standardisierten Messverfahren grundsätzlich von der Richtigkeit der Ergebnisse aus, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für Fehler vorliegen. Im beschriebenen Fall war die Verwendung eines solchen Verfahrens ein Hauptargument des Gerichts für die Aufrechterhaltung des Bußgeldbescheids trotz fehlender Unterschrift auf dem Messprotokoll.
- Beweiskraft: Die Fähigkeit eines Beweismittels, den Richter von der Wahrheit einer Tatsachenbehauptung zu überzeugen. Im Verkehrsrecht haben standardisierte Messverfahren eine hohe Beweiskraft. Das Gericht entschied, dass die fehlende Unterschrift auf dem Messprotokoll diese Beweiskraft nicht mindert, solange andere Identifikationsmerkmale des Messbeamten vorhanden sind. Um die Beweiskraft zu erschüttern, müssen konkrete Anhaltspunkte für Messfehler oder Unregelmäßigkeiten vorgebracht werden. Rein formale Einwände reichen in der Regel nicht aus.
- Rechtsbeschwerde: Ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen in Bußgeldsachen. Sie kann nur eingelegt werden, wenn das Gericht sie zulässt oder bestimmte Zulassungsgründe vorliegen, wie z.B. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Im vorliegenden Fall beantragte der Betroffene die Zulassung der Rechtsbeschwerde, die jedoch abgelehnt wurde. Dies zeigt, dass formale Mängel wie eine fehlende Unterschrift allein nicht ausreichen, um eine Rechtsbeschwerde zu begründen.
- Formvorschrift: Eine gesetzliche Regelung, die bestimmte Formerfordernisse für Rechtshandlungen oder Dokumente festlegt. Im beschriebenen Fall entschied das Gericht, dass die Unterschrift auf dem Messprotokoll keine zwingende Formvorschrift darstellt. Dies bedeutet, dass das Fehlen der Unterschrift nicht automatisch zur Ungültigkeit des Protokolls führt. Entscheidend ist vielmehr, ob der verantwortliche Messbeamte eindeutig identifizierbar ist und die Messung nachvollziehbar dokumentiert wurde.
- Bußgeldbescheid: Ein offizielles Dokument, mit dem eine Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Bei Verkehrsverstößen wie Geschwindigkeitsüberschreitungen wird er von der zuständigen Behörde erlassen und enthält Angaben zum Verstoß, zur Höhe der Geldbuße und zu möglichen Nebenfolgen wie Punkten oder Fahrverboten. Im vorliegenden Fall wurde der Bußgeldbescheid trotz fehlender Unterschrift auf dem Messprotokoll als rechtmäßig erachtet. Dies verdeutlicht, dass für die Rechtmäßigkeit eines Bußgeldbescheids die Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit der Messung entscheidend sind, nicht aber formale Details wie eine fehlende Unterschrift.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 24 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Definiert die grundlegenden Anforderungen an die Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen und die verwendeten Messgeräte. Im vorliegenden Fall wurde die Messung als standardisiert bezeichnet, was darauf hindeutet, dass sie den Anforderungen des § 24 StVG entsprach.
- § 46 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Regelt die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, wie z. B. Geschwindigkeitsüberschreitungen. Im vorliegenden Fall wurde der Betroffene aufgrund dieses Gesetzes mit einer Geldbuße belegt.
- § 267 StPO (Strafprozessordnung): Legt die Anforderungen an Beweismittel in Gerichtsverfahren fest. Das Messprotokoll ist ein solches Beweismittel. Die fehlende Unterschrift wurde vom Gericht nicht als ausreichender Grund angesehen, die Beweiskraft des Protokolls anzuzweifeln, da andere Identifikationsmerkmale des Messbeamten vorhanden waren.
- § 126a StPO (Strafprozessordnung): Regelt den Einsatz technischer Aufzeichnungsgeräte und die Beweiskraft solcher Aufzeichnungen in Gerichtsverfahren. Bei standardisierten Messverfahren wie im vorliegenden Fall wird grundsätzlich von der Richtigkeit der Messergebnisse ausgegangen.
- § 4 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung): Legt die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten im Straßenverkehr fest. Im vorliegenden Fall wurde der Betroffene wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften verurteilt.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht St. Ingbert – Az.: 1 Ss (OWi) 12/24 – Beschluss vom 13.05.2024
Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts St. Ingbert vom 26. September 2023 wird kostenpflichtig als unbegründet v e r w o r f e n.
Gründe
I.
Das Amtsgericht St. Ingbert hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 3. November 2023 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossenen Ortschaft von 100 km/h um 24 km/h eine Geldbuße in Höhe von 150 Euro festgesetzt. Das Urteil stützt sich auf die Annahme einer mittels standardisiertem Messverfahren festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung.
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Der Verteidiger des Betroffenen hat am 6. November 2023 beantragt, gegen das Urteil die Rechtsbeschwerde zuzulassen, und die Rechtsbeschwerde nach der am 23. November 2023 erfolgten Zustellung der Urteilsausfertigung am 21. Dezember 2023 mit der Rüge der Verletzung sowohl materiellen als auch formellen Rechts begründet. Verfahrensrechtlich beanstandet er die unrechtmäßige Ablehnung von Beweisanträgen und die unterbliebene Beiziehung der Konformitätsbescheinigung des verfahrensgegenständlichen Geschwindigkeits-messgerätes, wodurch er den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren verletzt sieht.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
1.
Der zulässig gestellte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund im Sinne des § 80 Abs. 1 OWiG liegt nicht vor.
a)
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen einer vom Verteidiger des Betroffenen ausdrücklich geltend gemachten Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) ist nicht geboten.
Zwar kann, da erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 60, 250, 252; 65, 305, 307; 69 145, 148), sofern nicht Gründe des Prozessrechts es gestatten oder dazu zwingen, sie unbeachtet zu lassen (vgl. BVerfG NJW 1996, 2785, 2786), die Ablehnung eines Beweisantrags den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzten, wenn sie (objektiv) willkürlich, d.h. ohne nachvollziehbare, auf das Gesetz zurückzuführende Begründung, erfolgt (vgl. BVerfG NJW 1992, 2811; OLG Celle VRS 84, 232; OLG Köln NStZ-RR 1998, 345; st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 21. Juli 2011 – Ss (Z) 221/2011 [79/11] –, 1. August 2012 – Ss (Z) 229/2012 [53/12 OWi] –, 9. August 2013 – Ss (Z) 230/2013 [65/13 OWi] –, 15. Juli 2016 – SsRS 14/2014 [21/16 OWi] – und 19. Dezember 2016 – SsRS 31/2016 [43/16 OWi] –).
Eine solche Gehörsverletzung ist aber weder durch die Ablehnung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass kein standardisiertes Messverfahren vorliegt und der Betroffene die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um maximal 20 km/h überschritten hat, und des damit verbundenen, hilfsweise gestellten Antrags auf Vernehmung des Messbeamten zum Beweis der Tatsache, dass die Geschwindigkeitsmessung nicht entsprechend der Betriebsanleitung durchgeführt worden sei [nachstehend aa)], noch durch die unterbliebene Beiziehung von Konformitätsbescheinigung und Konformitätserklärung [nachstehend bb)] erfolgt.
aa)
Soweit der Verteidiger die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Ablehnung der Anträge auf Einholung eines Sachverständigengutachtens und hilfsweise auf Vernehmung des Messbeamten beanstandet, begegnet die Rüge bereits Bedenken hinsichtlich ihrer Zulässigkeit, ist aber jedenfalls unbegründet.
(1)
Ein verfahrensrechtlicher Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör ist, was bereits im Zulassungsverfahren zu prüfen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Januar 2022 – 1 Ss (OWi) 1/22 –), im Wege einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG genügenden Verfahrensrüge zur Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht zu stellen. Hierzu hat der Beschwerdeführer den Verfahrensmangel und die ihn stützenden tatsächlichen Abläufe grundsätzlich so hinreichend genau zu bezeichnen, vollständig sowie zutreffend anzugeben und bestimmt zu behaupten, dass das Beschwerdegericht in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten allein anhand des Rügevorbringens entscheiden zu können, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Auflage, § 344 Rn. 10 ff.; st. Rspr. des Senats, vgl. nur Beschluss vom 7. Januar 2022 – 1 Ss (OWi) 1/22 – m.w.N.).
Unabhängig davon, ob eine unterbliebene Beweiserhebung auch im Fall ihrer Beantragung nur mit der Aufklärungsrüge geltend gemacht werden kann (so OLG Köln, StV 2001, 343; Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 18. Aufl., § 77 Rn. 28; Senge in: KK-OWiG, 5. Aufl., § 77 Rn. 52) und damit über die Anforderungen an die Begründung der fehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrages (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 244 Rn. 106) hinaus auch eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 244 Rn. 102; Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 19. Aufl., § 77 Rn. 8, jeweils m.w.N.) i.S.v. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO dargelegt werden muss (vgl. Senatsbeschluss vom 24. November 2020 – Ss Bs 48/2020 (34/20 OWi)), ist das Vorbringen des Verteidigers im Zusammenhang mit der Ablehnung der Anträge auf Einholung eines Sachverständigengutachtens und hilfsweise Vernehmung des Messbeamten bereits insoweit unzutreffend, als er behauptet, das Messprotokoll enthalte entgegen den Vorgaben der Betriebsanleitung keine Angaben dazu, ob das Messgerät geeicht war. Das Amtsgericht hat insoweit zutreffend darauf verwiesen, dass sich dem zur Akte genommenen Messprotokoll Eichdaten entnehmen lassen. Das Messgerät ist ausweislich der Angaben im Messprotokoll am 1. September 2022 durch die Eichdirektion Hessen mit der Eichschein-Nummer 8-952-22 bis zum 31. Dezember 2023 geeicht worden.
(2)
Jedenfalls hat das Amtsgericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in der Sache nicht verletzt, weil es die beantragten Beweiserhebungen zu Recht abgelehnt hat.
(a)
Den Hilfsantrag auf Vernehmung des Messbeamten zum Beweis der Tatsache, dass die Durchführung der Geschwindigkeitsmessung nicht entsprechend den Vorschriften der Betriebsanleitung erfolgt ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Mai 2022 – IV-2 RBs 71/22 –, juris Rn. 15), und den vorrangigen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens jedenfalls insoweit, als er zum Beweis der Tatsache gestellt wurde, dass kein standardisiertes Messverfahren vorlag, hat das Amtsgericht bereits deshalb zu Recht abgelehnt, weil sie keine bestimmten Beweistatsachen, sondern Rechtsfragen zum Gegenstand hatten.
(b)
Darüber hinaus war das Amtsgericht auch unter Aufklärungsgesichtspunkten nicht gehalten, das dem Vorwurf zugrunde gelegte Messergebnis und dessen Zustandekommen einer über die Einführung des Messprotokolls hinausgehenden Beweiserhebung und Überprüfung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder hilfsweise Vernehmung des Messbeamten zu unterziehen.
(aa)
Nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann ein Beweisantrag abgelehnt werden, wenn das Gericht den Sachverhalt nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme für ausreichend geklärt hält und wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die (weitere) Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Damit ist das Gericht unter Befreiung von dem Verbot der Beweisantizipation befugt, Beweisanträge nach dieser Vorschrift zurückzuweisen, wenn es seine nach § 77 Abs. 1 Satz 1 OWiG prinzipiell fortbestehende Aufklärungspflicht, die ihm eine Beweiserhebung nur dann gebietet, wenn diese sich aufdrängt oder naheliegt, nicht verletzt (vgl. OLG Hamm, VRS 112, 126 f.; OLG Celle, NZV 2009, 575; Seitz/Bauer in: Göhler, OWiG, 19. Aufl., § 77 Rn. 12, 14, 16; Senge in: KK-OWiG, 5. Aufl., § 77 Rn. 16). Die Begründung für die Ablehnung des Beweisantrags kann dabei gemäß § 77 Abs. 3 OWiG in der Regel darauf beschränkt werden, dass die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. In diesen Fällen muss – wie vorliegend geschehen – die Ablehnung dann im Rahmen der Beweiswürdigung im Urteil so begründet werden, dass sie für das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbar ist. Darzulegen ist daher, worauf die Überzeugung gestützt ist und aus welchen Gründen die dagegen vorgebrachten Beweismittel keinen weiteren Aufklärungswert haben (vgl. Senatsbeschlüsse vom 04. Oktober 2010 – Ss (B) 101/10 (136/10) –, 5. November 2012 – Ss (B) 106/2012 (80/12 OWi) –, 21. Februar 2013 – Ss (B) 120/2012 (85/12 OWi) – und 26. März 2013 – Ss (B) 19/13 (16/13 OWi) –). Dem wird die Urteilsbegründung bereits dann gerecht, wenn ihr im Zusammenhang entnommen werden kann, dass der Sachverhalt so eindeutig geklärt ist, dass die zusätzlich beantragte Beweiserhebung an der Überzeugung des Gerichts nichts geändert hätte und für die Aufklärung entbehrlich gewesen ist (vgl. Senatsbeschlüsse, a.a.O., m.w.N.).
(bb)
Danach hat das Amtsgericht rechtfehlerfrei angenommen, weder zur sachverständigen Überprüfung des Messergebnisses noch zu einer über die Einführung des Messprotokolls hinausgehenden Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der Messung in einem standardisierten Messverfahren gehalten gewesen zu sein.
Kommt bei einer Geschwindigkeitsmessung – wie hier durch Einsatz eines Messgerätes des Typs Poliscan FM1 des Herstellers Vitronic (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Februar 2022 – IV-2 RBs 25/22 –, juris; Senatsbeschlüsse vom 12. August 2022 – SsRs 23/22 (1 Ss OWi 30/22) – und vom 17. Oktober 2023 – 1 Ss (OWi) 18/23) – ein standardisiertes Messverfahren zum Einsatz, ist das Tatgericht nur dann gehalten, das Messergebnis zu überprüfen und sich von der Zuverlässigkeit der Messung zu überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind (vgl. BGHSt 39, 291, 301; 43, 277, 283 f.). Wurde das Messgerät von seinem Bedienpersonal standardmäßig, also in geeichtem Zustand gemäß der Betriebsanleitung des Herstellers und den Zulassungsbedingungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt entsprechend verwendet, ist das Tatgericht überdies auch von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweise des Messgerätes, freigestellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, juris Rn. 43). Ebenso bedarf es neben oder anstatt einer Verlesung des Messprotokolls auf Grundlage von § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO der Vernehmung des Messbeamten über die im Messprotokoll niedergelegten Tatsachen grundsätzlich nur dann, wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Umstände der Messung in dem Protokoll unzutreffend oder lückenhaft erfasst sein könnten oder anderweitige Besonderheiten bei der Messung vorgelegen haben könnten, die geeignet sind, ihre Aussagekraft in Frage zu stellen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 22. März 2018 – 1 OWi 6 SsRs 27/18 –, juris Rn. 14 ff. m.w.N.).
Anhaltspunkte für konkrete Messfehler, messrelevante Abweichungen von der Betriebsanleitung und den Zulassungsbedingungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt oder für unzutreffende oder lückenhafte Angaben im Messprotokoll sind von der Verteidigung weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Soweit die Verteidigung vorbringt, das Messprotokoll enthalte keine Angaben zur Eichung des Messgerätes, ist dies, wie bereits dargelegt, unzutreffend.
Auch darin, dass die bei der Verfahrensakte befindliche Ausfertigung des Messprotokolls elektronisch erstellt wurde und keine eigenhändigen Unterschriften der mit Namenswiedergabe benannten Messbeamten trägt, liegt keine durchgreifende Abweichung von der Betriebsanleitung oder sonstigen, gar gesetzlichen Vorgaben, die die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens und der damit verbundenen Beweis- und Darlegungserleichterungen hätte entfallen lassen oder zur Vernehmung der Messbeamten hätte Anlass geben können.
Der Senat vermag dem mit der Rechtsmittelbegründung vorgetragenen Inhalt der Betriebsanleitung bereits nicht sicher zu entnehmen, dass die danach zwingenden Angaben nicht bloß die in dem in der Betriebsanleitung abgedruckten Muster enthaltenen inhaltlichen Daten und Informationen umfassen. Zweifel daran, dass allein der Darstellung eines mit „Unterschrift“ unterschriebenen Platzhalters im Musterprotokoll der Betriebsanleitung zu entnehmen ist, dass die Betriebsanleitung zwingend eine eigenhändige Unterschrift auch bei elektronischer Erstellung des Messprotokolls fordert, sind bereits deshalb veranlasst, weil die Form des Protokolls ausweislich des von der Verteidigung zitierten Inhalts der Betriebsanleitung ausdrücklich freigestellt ist.Im Übrigen stellen Abweichungen von Vorgaben der Betriebsanleitung des Geräteherstellers das Vorliegen eines sog. standardisierten Messverfahrens jedenfalls dann nicht in Frage, wenn die Möglichkeit einer fehlerhaften Messung ausgeschlossen ist (vgl. BayObLG NZV 2023, 271). Inwieweit die elektronische Erstellung eines Messprotokolls ohne eigenhändige Unterzeichnung durch die Messbeamten die Korrektheit der Messung berühren soll, ist nicht ersichtlich.
Auch die für den hilfsweise gestellten Antrag auf Vernehmung des Messbeamten maßgebliche Eignung des Messprotokolls zu seiner eine solche Vernehmung ersetzenden Verlesung ist allein dadurch, dass das Messprotokoll nicht unterschrieben, sondern elektronisch mit Wiedergabe der Namen der zuständigen Messbeamten erstellt ist, nicht in Zweifel gezogen. Ein Messprotokoll stellt eine Erklärung über eine Ermittlungshandlung dar, die gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesen werden kann (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 22. März 2018 – 1 OWi 6 SsRs 27/18 –, juris Rn. 12 m.w.N.). Eine besondere (Unterschrifts-)Form erfordert § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2018 – 5 StR 330/18 –, juris). Da aufgrund der Namenswiedergabe der zuständigen Messbeamten in dem elektronisch erstellten Protokoll erkennbar ist, auf wessen Erkenntnissen und Auswertungen die in dem Protokoll niedergelegten Daten und Erkenntnisse beruhen, bestehen keine Zweifel an der Urheberschaft und der Authentizität. Beweis-, Garantie- und Identifizierungsfunktion sind insoweit gewahrt, dass erkennbar ist, dass es sich um ein von dem nach der inneren Organisation der Behörde zuständigen Amtswalter mit Wissen und Wollen in den Rechtsverkehr gebrachtes Dokument handelt.
Eine fachgesetzliche Regelung, die darüber hinaus eine eigenhändige Unterzeichnung verlangt, ist nicht ersichtlich. Ein Unterschrifterfordernis folgt insbesondere nicht aus dem Verwaltungsverfahrensrecht. Anderes folgt im vorliegenden Verfahren auch nicht daraus, dass das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. ein Unterschrifterfordernis aus dem hessischen Verwaltungsverfahrensrecht abgeleitet und angenommen hat, dass Messprotokolle, die entgegen § 37 Abs. 3 Satz 1 HVwVfG nicht vom Messbeamten eigenhändig unterzeichnet sind, nicht geeignet sein sollen, die Vernehmung des Messbeamten zum Beweis der Tatsache eines den Vorgaben des Gesetzes, der Betriebsanleitung und den Verwendungsvorgaben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt entsprechenden Messvorgangs durch Verlesung des Messprotokolls zu ersetzen, ohne den Anspruch eines die fehlende Unterzeichnung rügenden Betroffenen auf rechtliches Gehör zu verletzten (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 20. Dezember 2023 – 3 Orbs 289/23 –). Dem hessischen Landesrecht kommt keine Bedeutung für den vorliegenden Fall zu, weshalb weder der Einzelrichter zur Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und Übertragung der Sache auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern im Hinblick auf die Zuständigkeitsregelung des § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG, noch der Senat zu einer Vorlage gem. § 121 GVG gehalten war.
Dabei kann dahinstehen, ob einem Messprotokoll inhaltlich überhaupt eine Regelungswirkung innewohnt und damit dem Grunde nach Verwaltungsaktcharakter zukommt (vgl. kritisch Kreiner, jurisPR-StrafR 6/2024 Anm. 3). Stellt sich die Erstellung des Messprotokolls bereits als Tätigkeit der Verwaltungsbehörde zur Ahndung und Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 35 OWiG dar, handelt es sich nicht um die verwaltungsmäßige Ausführung von Bundes- und Landesgesetzen, sondern um die Anwendung des Gesetzes auf einen „Unrechts- oder Pflichtwidrigkeitstatbestand“ (vgl. BVerfGE 4, 74, 92 f.; KK-OWiG/Rogall, 5. Aufl. 2018, OWiG § 2 Rn. 5). Diese ist dem Anwendungsbereich der Verwaltungsverfahrensgesetze von vornherein entzogen. In Übereinstimmung damit nimmt § 2 Abs. 2 Nr. 2 SVwVfG ebenso wie es § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG auch für den Bereich des Bundesrechts anordnet, die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, mithin die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden nach § 35 OWiG deklaratorisch von der Anwendung des Saarländischen Verwaltungsverfahrensgesetzes aus; es gilt allein die Verfahrensordnung des Ordnungwidrigkeitengesetzes und der Strafprozessordnung (vgl. zum Bundesrecht Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl., § 2 Rn. 78). Für diese gilt aber, wie bereits dargelegt, nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei der Verlesung von Erklärungen über eine Ermittlungshandlung gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO kein Unterschriftserfordernis (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2018 – 5 StR 330/18 –, juris). Ist die Erstellung des Messprotokolls hingegen noch als Teil präventiv-polizeilicher Verkehrsüberwachung einzuordnen (zur Zuordnung der Einrichtung von Geschwindigkeitsmessstellen als Teil präventiv-polizeilicher Verkehrsüberwachung vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20. Februar 1992 – 2 Ws (B) 91/92 OWiG –, juris; OLG Stuttgart, NZV 1990, 439) und damit dem Anwendungsbereich der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes bzw. des Landes unterworfen (vgl. Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl., § 2 Rn. 80 und 113), bedürfte ein solcher Verwaltungsakt nach hier maßgeblichem Landesrecht, für dessen Inhalt und Auslegung dem hessischen Landesrecht ebenfalls keine Bedeutung zukommt, einer eigenhändigen Unterschrift des Messbeamten gleichfalls nicht. Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 SVwVfG muss ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Damit steht die bloße Namenswiedergabe, die typischerweise im Computerausdruck erfolgt und nicht mit Beglaubigungsvermerk oder Dienstsiegel versehen werden muss, der Unterschrift gleich, sofern das Fachrecht, was hier nicht der Fall ist, nicht ausdrücklich eine Unterschrift verlangt (vgl. U. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 104; Tiedemann, BeckOK VwVfG, 62. Ed. Stand 01.10.2023, § 37 Rn. 48). Einer elektronischen Signatur bedarf es gemäß § 37 Abs. 3 Satz 2 SVwVfG nur, wenn für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet wird. Eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform besteht für ein im Ordnungswidrigkeitenverfahren erstelltes Messprotokoll nicht.
Die spezifisch landesrechtlich bestimmte Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. kann in beiden Fällen keine rechtserhebliche Divergenz begründen. Sie genießt weder Geltungs- oder Anwendungsvorrang gegenüber der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den bundesgesetzlichen Voraussetzungen einer vernehmungsersetzenden Verlesung nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO noch kommt ihr Bedeutung für Inhalt und Auslegung des saarländischen Verwaltungsverfahrensrechts zu.
bb)
Der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör ist auch nicht dadurch verletzt worden, dass das Amtsgericht davon abgesehen hat, Konformitätsbescheinigung und Konformitätserklärung zu dem eingesetzten Messgerät beizuziehen.
(1)
Es kann dahinstehen, ob der Verteidiger des Betroffenen insoweit nicht bloß im vorgerichtlichen Verfahren, sondern auch in der Hauptverhandlung überhaupt ein Zugangsrecht der Verteidigung zu außerhalb der Bußgeldakte befindlichen Unterlagen geltend gemacht oder bloß auf eine weitergehende Sachaufklärung durch das Gericht angetragen hat. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob durch die Versagung eines solchen Zugangs neben der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren auch ein Verstoß gegen den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör begründet werden kann (zum Meinungsstand vgl. umfassend: Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 3. April 2020 – 1 SsRs 50/19 –, juris), oder die einen solchen Verstoß gegen die Gewährleistung des Art. 60 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 SVerf annehmende Rechtsprechung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofs (VerfGH SL, Beschluss vom 27. April 2018 – Lv 1/18 – juris) durch die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das den Anspruch eines Betroffenen im Bußgeldverfahren auf Zugang zu nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber vorhandenen Informationen zumindest ausdrücklich ausschließlich in dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verankert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, juris; vom 28. April 2021 – 2 BvR 1451/18 –, juris, und vom 4. Mai 2021 – 2 BvR 277/19 –, juris), angesichts dessen überholt ist, dass die Gewährleistung des Art. 60 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 SVerf mit der grundgesetzlichen Garantie des Art. 101 Abs. 3 GG inhaltlich übereinstimmt (vgl. zur sachlichen Übereinstimmung VerfGH SL, Beschluss vom 27. April 2018 – Lv 1/18 – juris Rn. 26 m.w.N.), mithin keinen weitergehenden Gewährleistungsgehalt im Einzelfall zu vermitteln vermag.
(2)
Denn der Betroffene hat, was bereits im Zulassungsverfahren zu prüfen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Januar 2022 – 1 Ss (OWi) 1/22 –), den Einwand, das Tatgericht habe den Umfang seines Zugangsrechts zu nicht bei den Akten befindlichen Daten unzutreffend bestimmt, bereits nicht – wie erforderlich (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 2. Juni 2022 – 1 OWi 2 SsRs 19/21 –, juris; Beschluss des Senats vom 6. Februar 2012 – Ss (Z) 204/12 (7/12 OWi)) – im Wege einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG genügenden Verfahrensrüge zur Überprüfung gestellt.
Der Beschwerdeführer hat bei einer verfahrensrechtlichen Beanstandung den Verfahrensmangel und die ihn stützenden tatsächlichen Abläufe grundsätzlich so hinreichend genau zu bezeichnen, vollständig anzugeben und bestimmt zu behaupten, dass das Beschwerdegericht in die Lage versetzt ist, ohne Rückgriff auf die Akten allein anhand des Rügevorbringens entscheiden zu können, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Auflage, § 344 Rn. 10 ff.; st. Rspr. des Senats, vgl. nur Beschluss vom 7. Januar 2022 – 1 Ss (OWi) 1/22 – m.w.N.). Zu einer diesen Anforderungen entsprechenden Darlegung gehört auch der Vortrag, dass der Betroffene eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens, der die Zugänglichmachung bestimmter Unterlagen begehrt, diesen Anspruch bereits mittels eines Antrags auf Herausgabe bzw. Zugänglichmachung der von ihm zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens für erforderlich gehaltenen Daten gegenüber der Bußgeldstelle geltend gemacht und im Falle von dessen Ablehnung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 OWiG gestellt hat (vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juli 2022 – VGH B 30/21 –, juris Rn. 22 m.w.N.; Beschluss des Senats vom 7. Januar 2022 – 1 Ss (OWi) 1/22 – m.w.N.).
Insoweit genügt das zeitgleich mit einem Akteneinsichtsgesuch gegenüber der Verwaltungsbehörde unter dem 28. November 2022 formulierte Vorbringen nicht, für den Fall, dass die Verwaltungsbehörde der Auffassung sein sollte, dass einzelne von der Verteidigung benannte Unterlagen nicht dem Akteneinsichtsrecht unterlägen, werde Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Denn hierbei handelt es sich um einen bedingten Antrag, der in dieser Form nicht zulässig ist (vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22. Juli 2022 – VGH B 30/21 –, juris Rn. 23 m.w.N.). Einen sonstigen unbedingten Antrag auf gerichtliche Entscheidung trägt der Verteidiger nicht vor.
(3)
Im Übrigen ist ein etwaiger Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör durch die Vorenthaltung von Konformitätsbescheinigung und Konformitätserklärung auch in der Sache auszuschließen, weil der Umfang des Zugangsanspruchs nicht rechtlich, sondern ausschließlich tatsächlich bestimmt ist und einer Beschränkung dahingehend unterliegt, dass die begehrten Informationen hinreichend konkret benannt werden, in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und aus verständiger Sicht des Betroffenen und seines Verteidigers erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, juris Rn. 56 f.; BGH, Beschluss vom 30. März 2022 – 4 StR 181/21 – juris Rn. 11). In welcher Reihenfolge Konformitätsbescheinigung und Konformitätserklärung erstellt wurden, ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung aber für die Anerkennung als standardisiertes Messverfahren und die Richtigkeit des Messergebnisses eines im Zeitpunkt der Messung wie hier gültig geeichten Messgerätes ohne Bedeutung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Mai 2022 – IV-2 RBs 71/22 –, juris). Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass dies im Einzelfall ausnahmsweise anders zu beurteilen sein könnte, sind nicht vorgetragen.
cc)
Da das Beschwerdevorbringen gegen die auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG gestützte Ablehnung der Beweisanträge nicht durchdringt, kommt es darauf, ob auch der vom Amtsgericht zusätzlich herangezogene Ablehnungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG tragfähig ist, nicht an.
b)
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 OWiG) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG) geboten.
aa)
Zur Fortbildung des Rechts ist die Überprüfung eines Urteils nur dann veranlasst, wenn sich im Einzelfall Rechtsfragen stellen, die nicht nur entscheidungserheblich, sondern auch klärungsbedürftig und abstraktionsfähig, d.h. durch Aufstellen abstrakt-genereller Regelungen von praktischer Bedeutung sind (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 3. Juli 2023 – 1 Ss (OWi) 14/23 –, 13. September 2023 – 1 Ss (OWi) 22/23 –, 29. November 2023 – 1 Ss (OWi) 39/23 –, 8. Januar 2024 – 1 Ss (OWi) 68/23 – und 29. Februar 2024 – 1 Ss (OWi) 8/24 –; Bauer in: Göhler, OWiG, 19. Aufl., § 80 Rn. 3 m.w.N.). Eine Rechtsfortbildung kommt daher nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht in Betracht, wenn die sich stellenden Rechtsfragen in der obergerichtlichen Rechtsprechung im Wesentlichen geklärt sind oder die Beurteilung des festgestellten Sachverhalts in rechtlicher Hinsicht entscheidend von den konkreten Gestaltungen des Einzelfalls abhängt (Senatsbeschlüsse a.a.O.).
Die im Zusammenhang mit den gerügten Gehörsverstößen maßgeblichen Rechtsfragen sind aus den dargelegten Gründen in der Rechtsprechung geklärt oder unmittelbar aus dem Gesetz heraus zu beantworten, so dass sie über den Einzelfall hinaus weder klärungsbedürftig noch abstraktionsfähig sind.
Soweit der Verteidiger des Betroffenen durch die unterbliebene Beiziehung von Konformitätsbescheinigung und Konformitätserklärung auch das Recht auf ein faires Verfahren als verletz ansieht, ist dies aus den dargelegten Gründen bereits nicht ordnungsgemäß gerügt. Im Übrigen gilt, wie bereits dargelegt, dass der Umfang dieses Anspruchs ausschließlich tatsächlich bestimmt und beschränkt ist und damit einer weitergehenden abstrakten rechtlichen Bestimmung im Wege der Rechtsfortbildung nicht zugänglich, sondern tatsächlicher Beurteilung im Einzelfall vorbehalten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2022 – 4 StR 181/21 – juris Rn. 11; BVerfG, Beschluss vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 –, juris Rn. 58).
bb)
Von bestehender, im Bereich des Bundes- und des saarländischen Landesrechts maßgeblicher Rechtsprechung weicht die angefochtene Entscheidung, insbesondere soweit sie annimmt, dass ein elektronisch erstelltes Messprotokoll ersetzend gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesen werden kann, ohne vom zuständigen Messbeamten im Einzelfall eigenhändig unterzeichnet zu sein, aus den insoweit dargelegten Gründen nicht entscheidungserheblich ab.
2.
Danach war der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Die vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG).
Die Kosten des Verfahrens fallen dem Betroffenen zur Last (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).