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Fahrverbot – Absehen wegen drohender Fahrerlaubnisentziehung – Teilnahme Fahreignungsseminar

Raser mit langen Sündenregister entgeht zunächst Fahrverbot – doch die Justiz zieht die Bremse: Oberlandesgericht hebt mildes Urteil auf und fordert härtere Gangart. Gericht sieht keine „Augenblicksversagen“ und mahnt Denkzettel-Funktion des Fahrverbots an.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Urteil des Amtsgerichts wurde aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.
  • Der ursprüngliche Bußgeldbescheid sah ein Fahrverbot vor, das das Amtsgericht jedoch nicht verhängte.
  • Das Amtsgericht erhöhte die Geldbuße erheblich, sah jedoch von einem Fahrverbot ab.
  • Das OLG Bamberg kritisierte diese Entscheidung und hob das Urteil auf.
  • Ein Fahrverbot hätte eine stärkere verkehrserzieherische Wirkung als eine bloße Erhöhung der Geldbuße.
  • Die Drohung einer künftigen Fahrerlaubnisentziehung reicht nicht aus, um von einem Fahrverbot abzusehen.
  • Die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar rechtfertigt nicht automatisch den Verzicht auf ein Fahrverbot.
  • Das Gericht betonte die Bedeutung des Fahrverbots als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme.
  • Das Verfahren muss unter Berücksichtigung dieser Aspekte neu verhandelt werden.

Fahrverbot im Fokus: Gerichtsurteil zu Ausnahmen für Fahreignungsseminare

Das Fahrverbot ist eine Maßnahme, die in Deutschland bei schweren Verkehrsverstöße verhängt werden kann. Es dient dem öffentlichen Interesse, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und unvorsichtiges Fahrverhalten zu sanktionieren. In bestimmten Fällen können jedoch Ausnahmen gemacht werden, wenn die drohende Entziehung der Fahrerlaubnis im Raum steht. Hierbei spielt das Fahreignungsseminar eine zentrale Rolle, das darauf abzielt, die Einsicht und das Verantwortungsbewusstsein des Fahrers zu fördern, um langfristige Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten.

Das Teilnehmen an einem solchen Seminar kann im Einzelfall dazu führen, dass von einem Fahrverbot abgesehen wird. Diese Entscheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa der Schwere des Vergehens und der bisherigen Verkehrshistorie des Fahrers. Die Gerichte wägen hierbei sorgfältig ab, ob das Seminar die gewünschte Einsicht bewirken kann und ob ein Fahrverbot im konkreten Fall dennoch sinnvoll ist.

Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall betrachtet, der diese Thematik anschaulich exemplifiziert und die damit verbundenen rechtlichen Überlegungen beleuchtet.

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Der Fall vor Gericht


Hintergründe des Falls: Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

Ein Autofahrer wurde wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h belangt. Ursprünglich erging gegen ihn ein Bußgeldbescheid über 160 Euro Geldbuße und ein einmonatiges Fahrverbot. Der Betroffene legte dagegen Einspruch ein, woraufhin das Amtsgericht den Fall verhandelte.

Urteil des Amtsgerichts: Erhöhte Geldbuße statt Fahrverbot

Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen zu einer erhöhten Geldbuße von 300 Euro, sah aber von der Verhängung eines Fahrverbots ab. In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass aufgrund der zahlreichen und größtenteils einschlägigen Vorahndungen des Betroffenen eine deutliche Erhöhung der Geldbuße erforderlich sei. Trotz der festgestellten Beharrlichkeit des Verstoßes entschied sich das Gericht gegen ein Fahrverbot. Es argumentierte, dass von einem Fahrverbot kein zusätzlicher verkehrserzieherischer Effekt zu erwarten sei, da dem Betroffenen bei einem erneuten Verstoß ohnehin die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze drohe.

Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft: Kritik am Absehen vom Fahrverbot

Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts ein und rügte die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandete insbesondere, dass kein Fahrverbot verhängt wurde. Das Oberlandesgericht Bamberg gab der Rechtsbeschwerde statt und hob das Urteil im Rechtsfolgenausspruch auf.

Entscheidung des Oberlandesgerichts: Notwendigkeit eines Fahrverbots

Das OLG Bamberg kritisierte die Begründung des Amtsgerichts für das Absehen vom Fahrverbot. Es stellte klar, dass die mögliche künftige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Punkteerreichung kein tauglicher Aspekt der Rechtsfolgenbemessung sei. Das Gericht betonte, dass gerade bei einem beharrlichen Pflichtenverstoß die Denkzettel- und Besinnungsfunktion des Fahrverbots erforderlich sei. Das OLG wies darauf hin, dass die Argumentation des Amtsgerichts einem „Fahrverbots-Freibrief“ für Verkehrsverstöße gleichkäme.

Rückverweisung und Hinweise für die erneute Verhandlung

Das OLG Bamberg verwies den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück. In seinen Hinweisen für die neue Entscheidung betonte das OLG, dass ein „Augenblicksversagen“ als Grund für ein Absehen vom Fahrverbot eher fernliege. Auch die Teilnahme des Betroffenen an einem freiwilligen Fahreignungsseminar mache die Verhängung eines Fahrverbots nicht ohne Weiteres überflüssig, da Zielrichtung und Intensität eines Fahrverbots mit denen eines Fahreignungsseminars nicht vergleichbar seien.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des OLG Bamberg unterstreicht die unersetzliche Bedeutung des Fahrverbots als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme bei beharrlichen Verkehrsverstößen. Sie stellt klar, dass weder eine drohende Fahrerlaubnisentziehung noch die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar ein Fahrverbot ersetzen können. Die Gerichte sind angehalten, bei wiederholten Verstößen die erzieherische Funktion des Fahrverbots zu berücksichtigen und nicht leichtfertig davon abzusehen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Ihnen ein Fahrverbot droht, sollten Sie nicht darauf hoffen, diesem durch die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar zu entgehen. Das OLG Bamberg hat klargestellt, dass ein solches Seminar die Denkzettel- und Besinnungsfunktion eines Fahrverbots nicht ersetzen kann. Besonders bei wiederholten Verstößen ist die Verhängung eines Fahrverbots wahrscheinlich, selbst wenn Sie bereits Punkte angesammelt haben und Ihnen der Entzug der Fahrerlaubnis droht. Die Gerichte sind angehalten, die erzieherische Wirkung des Fahrverbots zu berücksichtigen und nicht leichtfertig davon abzusehen. Ein Fahreignungsseminar kann zwar als Zeichen der Einsicht gewertet werden, reicht aber allein in der Regel nicht aus, um ein Fahrverbot abzuwenden.


FAQ – Häufige Fragen

Fahrverbot und Verkehrssicherheit sind wichtige Themen, die viele Menschen beschäftigen. Mit unserer FAQ Rubrik möchten wir Ihnen hilfreiche Informationen und Antworten auf häufig gestellte Fragen anbieten. Hier finden Sie verständliche Erklärungen zu den rechtlichen Grundlagen, den verschiedenen Arten von Fahrverboten und den Auswirkungen auf Ihre Mobilität.


Welche Möglichkeiten gibt es, ein Fahrverbot zu vermeiden?

Ein drohendes Fahrverbot kann unter bestimmten Umständen abgewendet werden. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, rechtzeitig Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen. Dies muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids erfolgen. Erst dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, Argumente gegen das Fahrverbot vorzubringen.

Eine häufig genutzte Option ist das Geltendmachen eines Härtefalls. Dies kommt in Betracht, wenn das Fahrverbot zu unverhältnismäßigen beruflichen oder privaten Konsequenzen führen würde. Beispielsweise könnte ein Außendienstmitarbeiter, der zwingend auf seinen Führerschein angewiesen ist, einen Arbeitsplatzverlust glaubhaft machen. Auch schwerwiegende familiäre Gründe, wie die Pflege eines Angehörigen, können als Härtefall anerkannt werden. Die Behörde prüft jeden Fall individuell und entscheidet, ob die vorgebrachten Gründe ausreichen, um vom Fahrverbot abzusehen.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine Erhöhung des Bußgeldes anzubieten. In manchen Fällen kann die Behörde zustimmen, das Fahrverbot durch eine deutlich höhere Geldbuße zu ersetzen. Dies setzt voraus, dass der erzieherische Zweck des Fahrverbots auch durch die finanzielle Sanktion erreicht werden kann. Die genaue Höhe der Erhöhung hängt vom Einzelfall ab, kann aber durchaus das Zwei- bis Dreifache des ursprünglichen Bußgeldes betragen.

In bestimmten Fällen kann die freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar eine Alternative zum Fahrverbot darstellen. Diese Option steht insbesondere Ersttätern offen, die bisher nicht durch Verkehrsverstöße aufgefallen sind. Das Seminar dient dazu, das Verkehrsverhalten zu reflektieren und zu verbessern. Es besteht aus einem verkehrspädagogischen und einem verkehrspsychologischen Teil. Die Teilnahme kann die Behörde davon überzeugen, dass der erzieherische Zweck des Fahrverbots auch ohne dessen Verhängung erreicht wird.

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg (Az.: 2 Ss OWi 727/15 vom 29.07.2015). Demnach kann in bestimmten Fällen von einem Fahrverbot abgesehen werden, wenn dem Betroffenen ohnehin der Entzug der Fahrerlaubnis droht. Dies kommt in Betracht, wenn der Betroffene bereits mehrere Punkte im Fahreignungsregister hat und durch das neue Vergehen die Grenze zur Entziehung der Fahrerlaubnis überschreiten würde. In solchen Fällen kann argumentiert werden, dass das zusätzliche Fahrverbot keine sinnvolle erzieherische Wirkung mehr entfaltet.

Es ist wichtig zu betonen, dass keine dieser Möglichkeiten einen Anspruch auf Vermeidung des Fahrverbots begründet. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Behörde oder des Gerichts. Zudem setzen alle genannten Optionen voraus, dass kein besonders schwerwiegender Verstoß vorliegt. Bei gravierenden Verstößen, wie etwa einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung oder Alkohol am Steuer, sind die Chancen auf eine Abwendung des Fahrverbots sehr gering.

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Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um an einem Fahreignungsseminar teilzunehmen?

Grundsätzlich kann jeder Inhaber einer gültigen Fahrerlaubnis an einem Fahreignungsseminar teilnehmen. Allerdings gibt es bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, insbesondere wenn das Seminar zum Punkteabbau genutzt werden soll.

Die wichtigste Voraussetzung für die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar mit dem Ziel des Punkteabbaus ist ein Punktestand von maximal fünf Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg. Sobald der Punktestand sechs oder mehr Punkte erreicht, ist eine Teilnahme zwar noch möglich, führt aber nicht mehr zu einer Reduzierung der Punkte.

Für die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar zum Punkteabbau gilt zudem die Regel, dass dies nur einmal innerhalb von fünf Jahren möglich ist. Das bedeutet, dass nach einer erfolgreichen Teilnahme und dem damit verbundenen Punkteabbau eine Wartezeit von fünf Jahren eingehalten werden muss, bevor erneut ein Punkt durch ein Seminar abgebaut werden kann.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar freiwillig ist, solange der Punktestand nicht mehr als fünf Punkte beträgt. Ab einem Punktestand von vier oder fünf Punkten erhalten Betroffene von der zuständigen Behörde eine kostenpflichtige Ermahnung, die auch auf die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Fahreignungsseminar hinweist.

Für die Durchführung des Seminars gelten ebenfalls bestimmte Voraussetzungen. Das Seminar muss von qualifizierten Fahrlehrern und Verkehrspsychologen geleitet werden. Der verkehrspädagogische Teil darf nur von Fahrlehrern durchgeführt werden, die eine Seminarerlaubnis nach § 31a des Fahrlehrergesetzes besitzen. Für den verkehrspsychologischen Teil sind Personen mit einem Diplom oder Master in Psychologie oder einer vergleichbaren fachpsychologischen Qualifikation erforderlich.

Es gibt keine Altersbeschränkung für die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar. Sowohl Fahranfänger als auch erfahrene Fahrer können daran teilnehmen, sofern sie die genannten Voraussetzungen erfüllen.

Wichtig ist auch, dass die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar nicht mit der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) verwechselt wird. Während das Fahreignungsseminar präventiv und freiwillig ist, wird eine MPU in der Regel bei schwerwiegenderen Verstößen oder einem höheren Punktestand angeordnet.

In Bezug auf den thematischen Zusammenhang mit dem Fahrverbot ist zu erwähnen, dass laut einem Urteil des OLG Bamberg (Az.: 2 Ss OWi 727/15 vom 29.07.2015) die freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar als positiver Aspekt bei der Entscheidung über ein Absehen vom Fahrverbot berücksichtigt werden kann. Dies gilt insbesondere, wenn dem Betroffenen andernfalls der Entzug der Fahrerlaubnis drohen würde.

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Wie hoch sind die Erfolgschancen, durch ein Fahreignungsseminar das Fahrverbot zu vermeiden?

Die Erfolgschancen, durch ein Fahreignungsseminar ein Fahrverbot abzuwenden, sind äußerst gering. Grundsätzlich ist ein Fahreignungsseminar nicht dazu gedacht, ein bereits verhängtes oder drohendes Fahrverbot zu umgehen. Das Oberlandesgericht Bamberg hat in seinem Beschluss vom 29.07.2015 (Az. 2 Ss OWi 727/15) klargestellt, dass die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar kein Grund ist, von einem Fahrverbot abzusehen.

Der Zweck eines Fahreignungsseminars liegt vielmehr darin, das Verkehrsverhalten langfristig zu verbessern und Punkte im Fahreignungsregister abzubauen. Gemäß § 4a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) sollen Teilnehmer eines solchen Seminars sicherheitsrelevante Mängel in ihrem Verkehrsverhalten erkennen und abbauen. Es dient also der Prävention und nicht der Vermeidung bereits verhängter Sanktionen.

In der Praxis kann die freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar in Einzelfällen bei der Entscheidung über ein Fahrverbot berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere, wenn das Seminar vor der Entscheidung über das Fahrverbot absolviert wurde und der Betroffene dadurch eine ernsthafte Bereitschaft zur Verhaltensänderung gezeigt hat. Allerdings liegt dies im Ermessen des Gerichts und stellt keinesfalls eine Garantie dar.

Es ist wichtig zu betonen, dass bei schwerwiegenden Verkehrsverstößen, die ein Fahrverbot nach sich ziehen, die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar in der Regel nicht ausreicht, um das Fahrverbot abzuwenden. Das Gericht muss die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme prüfen und dabei die Schwere des Verstoßes, die Verkehrssicherheit und die präventive Wirkung des Fahrverbots berücksichtigen.

Ein anschauliches Beispiel: Ein Autofahrer wird mit 40 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts geblitzt. Normalerweise würde dies ein einmonatiges Fahrverbot nach sich ziehen. Selbst wenn der Fahrer unmittelbar danach freiwillig ein Fahreignungsseminar besucht, ist es sehr unwahrscheinlich, dass das Gericht allein aufgrund dieser Tatsache von einem Fahrverbot absieht.

Die Rechtsprechung betont regelmäßig, dass ein Fahrverbot eine wichtige erzieherische und abschreckende Funktion hat. Das Oberlandesgericht Bamberg hat in dem genannten Beschluss ausdrücklich festgestellt, dass weder die drohende Entziehung der Fahrerlaubnis noch die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar automatisch zum Absehen vom Fahrverbot führen.

Betroffene sollten sich daher nicht darauf verlassen, durch ein Fahreignungsseminar ein Fahrverbot umgehen zu können. Stattdessen ist es ratsam, sich auf die möglichen Konsequenzen einzustellen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um die individuellen Umstände des Falles zu prüfen.

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Was kostet ein Fahreignungsseminar und wie ist der Ablauf?

Die Kosten für ein Fahreignungsseminar variieren je nach Anbieter und Region. In der Regel muss mit einem Betrag zwischen 200 und 400 Euro gerechnet werden. Einige Anbieter verlangen bis zu 600 Euro. Es empfiehlt sich, die Preise verschiedener Fahrschulen zu vergleichen, da jeder Anbieter seine eigenen Tarife festlegen darf. Wichtig zu wissen ist, dass keine staatlichen Zuschüsse für die Teilnahme gewährt werden. Die Kosten müssen vollständig vom Teilnehmer selbst getragen werden.

Der Ablauf eines Fahreignungsseminars gliedert sich in zwei Hauptteile: einen verkehrspädagogischen und einen verkehrspsychologischen Teil.

Der verkehrspädagogische Teil findet in einer Fahrschule statt und umfasst zwei Module zu je 90 Minuten. Zwischen diesen Modulen muss mindestens eine Woche liegen. Die Teilnahme kann einzeln oder in Gruppen von bis zu sechs Personen erfolgen. Inhaltlich werden hier Themen wie Verkehrsregeln, deren Sinn und die Risiken bei Regelverstößen behandelt. Ziel ist es, das Gefahrenbewusstsein zu schärfen und Verhaltensalternativen aufzuzeigen.

Der verkehrspsychologische Teil besteht aus zwei Einzelsitzungen von jeweils 75 Minuten Dauer. Diese finden bei einem Verkehrspsychologen statt, beispielsweise bei Anbietern wie DEKRA oder TÜV. Zwischen den beiden Sitzungen müssen mindestens drei Wochen liegen. In diesem Teil geht es darum, die Ursachen für das Fehlverhalten im Straßenverkehr zu ergründen und Lösungsansätze zu erarbeiten. Der Teilnehmer soll sein eigenes Fahrverhalten reflektieren und Strategien zur Verbesserung entwickeln.

Die Gesamtdauer des Fahreignungsseminars beträgt mindestens 22 Tage, bedingt durch die vorgeschriebenen Abstände zwischen den einzelnen Sitzungen.

Es ist wichtig zu beachten, dass durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Fahreignungsseminar nur einmal innerhalb von fünf Jahren ein Punkt im Fahreignungsregister abgebaut werden kann. Dies ist zudem nur möglich, wenn der aktuelle Punktestand zwischen einem und fünf Punkten liegt.

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Wie unterscheidet sich die Wirkung eines Fahrverbots von der Teilnahme an einem Fahreignungsseminar?

Ein Fahrverbot und die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar sind zwei unterschiedliche Maßnahmen im Straßenverkehrsrecht, die verschiedene Ziele verfolgen und unterschiedliche Wirkungen entfalten.

Das Fahrverbot ist eine Nebenstrafe, die für einen begrenzten Zeitraum von einem bis zu drei Monaten verhängt wird. In dieser Zeit darf der Betroffene kein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen. Es hat einen unmittelbaren Sanktionscharakter und soll dem Verkehrssünder die Konsequenzen seines Fehlverhaltens deutlich vor Augen führen. Die zeitweilige Entziehung der Fahrerlaubnis stellt eine spürbare Einschränkung der Mobilität dar und soll so eine abschreckende und erzieherische Wirkung entfalten.

Das Fahreignungsseminar hingegen ist eine freiwillige Bildungsmaßnahme, die primär dem Abbau von Punkten im Fahreignungsregister dient. Es besteht aus einem verkehrspädagogischen und einem verkehrspsychologischen Teil. Ziel ist es, die Reflexion des eigenen Fahrverhaltens anzuregen und Kenntnisse über Risiken im Straßenverkehr zu vermitteln. Die Teilnahme führt zum Abzug eines Punktes, sofern der Betroffene nicht mehr als fünf Punkte angesammelt hat.

Während das Fahrverbot also eine direkte Bestrafung darstellt, zielt das Fahreignungsseminar auf eine langfristige Verhaltensänderung durch Wissensvermittlung und Selbstreflexion ab. Das Fahrverbot greift unmittelbar in die Lebensführung ein und hat dadurch oft eine stärkere abschreckende Wirkung. Das Seminar setzt hingegen auf Einsicht und Lerneffekte.

Gerichte können trotz Teilnahme an einem Fahreignungsseminar ein Fahrverbot verhängen, da die Maßnahmen unterschiedliche Zielrichtungen haben. Das Oberlandesgericht Bamberg hat in einem Beschluss (Az.: 2 Ss OWi 727/15 vom 29.07.2015) klargestellt, dass die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar nicht automatisch zum Absehen von einem Regelfahrverbot führt. Das Gericht betonte, dass ein Fahrverbot eine eigenständige Sanktion darstellt, die unabhängig von Punkten im Fahreignungsregister verhängt werden kann.

Die Rechtsprechung sieht das Fahrverbot als wirksameres Mittel zur Einwirkung auf uneinsichtige oder besonders nachlässige Kraftfahrer an. Es wird als notwendige Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme betrachtet, die eine nachhaltigere Verhaltensänderung bewirken soll als ein Seminar allein.

In der Praxis kann die Teilnahme an einem Fahreignungsseminar jedoch durchaus positiv berücksichtigt werden. Gerichte können dies als Indiz für die Einsichtsfähigkeit und den Willen zur Verhaltensänderung des Betroffenen werten. In Verbindung mit anderen entlastenden Faktoren kann dies im Einzelfall dazu führen, dass von einem Fahrverbot abgesehen wird.

Es ist wichtig zu verstehen, dass beide Maßnahmen nicht in einem Konkurrenzverhältnis stehen, sondern sich ergänzen können. Während das Fahrverbot eine unmittelbare Sanktion darstellt, zielt das Fahreignungsseminar auf eine langfristige Verbesserung der Fahrkompetenz ab. Gerichte wägen im Einzelfall ab, welche Maßnahme oder Kombination von Maßnahmen am besten geeignet ist, um eine nachhaltige Verhaltensänderung zu bewirken und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Bußgeldbescheid: Das ist ein offizielles Schreiben einer Behörde, in dem eine Person über ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit informiert wird. Es enthält Details zum Verstoß, die Höhe des Bußgelds und die Zahlungsfrist. Man kann gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch einlegen, wenn man ihn für ungerechtfertigt hält.
  • Einspruch: Das ist ein Rechtsmittel, mit dem man gegen einen Bußgeldbescheid oder ein Urteil Widerspruch einlegen kann. Der Einspruch muss innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich bei der zuständigen Behörde oder dem Gericht eingelegt werden. Er führt dazu, dass die Entscheidung überprüft wird.
  • Rechtsbeschwerde: Das ist ein Rechtsmittel, das gegen Entscheidungen von Amtsgerichten oder Landgerichten eingelegt werden kann. Sie dient dazu, Rechtsfehler in einem Urteil überprüfen zu lassen. Die Rechtsbeschwerde ist an strenge Voraussetzungen geknüpft und kann nur bei bestimmten Rechtsfragen eingelegt werden.
  • Materielles Recht: Das materielle Recht umfasst die Rechtsnormen, die die Rechte und Pflichten von Personen regeln. Es bestimmt, was erlaubt und was verboten ist, welche Ansprüche man geltend machen kann und welche Sanktionen bei Verstößen drohen. Im Gegensatz dazu regelt das formelle Recht den Ablauf von Gerichtsverfahren.
  • Rechtsfolgenausspruch: Das ist der Teil eines Urteils, in dem das Gericht die Rechtsfolgen festlegt, die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben. Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob neben einer Geldbuße auch ein Fahrverbot verhängt werden sollte.
  • Beharrliche Pflichtverletzung: Dieser Begriff beschreibt ein Verhalten, bei dem eine Person wiederholt gegen die gleichen oder ähnliche Pflichten verstößt, obwohl sie bereits dafür belangt wurde. Im Straßenverkehr kann dies beispielsweise bedeuten, dass jemand trotz mehrerer Geschwindigkeitsüberschreitungen weiterhin zu schnell fährt. Eine beharrliche Pflichtverletzung kann dazu führen, dass ein Fahrverbot verhängt wird.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung): Dieser Paragraph regelt die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten im Straßenverkehr. Innerhalb geschlossener Ortschaften gilt grundsätzlich eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Im vorliegenden Fall hat der Betroffene diese Geschwindigkeit um 21 km/h überschritten, was einen Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt.
  • § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Dieser Paragraph erlaubt die Verhängung eines Fahrverbots bei einem beharrlichen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften. Beharrlichkeit liegt vor, wenn der Fahrer wiederholt gegen die gleichen oder ähnliche Vorschriften verstößt. Im vorliegenden Fall wurde das Fahrverbot aufgrund der zahlreichen Vorahndungen des Betroffenen in Betracht gezogen.
  • § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV (Bußgeldkatalogverordnung): Diese Vorschrift legt fest, dass bei bestimmten Verkehrsverstößen, wie z.B. einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um mehr als 20 km/h, in der Regel ein Fahrverbot zu verhängen ist. Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht jedoch von einem Fahrverbot abgesehen, was von der Staatsanwaltschaft beanstandet wurde.
  • § 46 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Dieser Paragraph regelt die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, insbesondere die Verhängung von Bußgeldern. Im vorliegenden Fall wurde der Betroffene zu einer Geldbuße von 300 Euro verurteilt. Die Höhe der Geldbuße richtet sich nach der Schwere des Verstoßes und den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen.
  • § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz): Dieser Paragraph regelt die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde in Ordnungswidrigkeitenverfahren. Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft erfolgreich Rechtsbeschwerde gegen den Rechtsfolgenausspruch des Amtsgerichts eingelegt, da sie die Nichtverhängung eines Fahrverbots beanstandete.


Das vorliegende Urteil

OLG Bamberg – Az.: 2 Ss OWi 727/15 – Beschluss vom 29.07.2015


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

I. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts vom 05.03.2015 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen sowie in der Kostenentscheidung aufgehoben.

II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Gegen den Betroffenen erging am 15.09.2014 ein Bußgeldbescheid, der wegen fahrlässigen Überschreitens der nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVO innerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h eine Geldbuße von 160 Euro und ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats vorsah. Der Betroffene legte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 22.09.2014, eingegangen am selben Tag, gegen den am 18.09.2014 zugestellten Bußgeldbescheid Einspruch ein. Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen daraufhin am 05.03.2015 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (um mindestens 21 km/h) innerhalb geschlossener Ortschaft zu einer Geldbuße von 300 Euro und sah von dem im Bußgeldbescheid angeordneten Fahrverbot ab. Zur Begründung seiner Rechtsfolgenentscheidung hat das Amtsgericht u.a. ausgeführt:

„Gemäß Nr. 11.3.4 BKatV ist für den verfahrensgegenständlichen Verstoß eine Geldbuße von 80 Euro vorgesehen. Aufgrund der zahlreichen und größtenteils einschlägigen Vorahndungen des Betroffenen reicht dieser Betrag keinesfalls zur angemessenen Ahndung aus. Die Geldbuße ist daher erheblich zu erhöhen. Aufgrund der zahlreichen und größtenteils einschlägigen Vorahndungen stellt sich auch die Frage der Verhängung eines Fahrverbots wegen beharrlichen Verstoßes gegen die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers (§ 25 Abs. 1 StVG). Beharrlichkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt hier vor. Die Anordnung des Fahrverbots liegt im Ermessen des Gerichts, das nicht durch § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV eingeschränkt ist. Die Vorschrift ist ihrem Wortlaut nach nicht erfüllt. Allerdings ist unter Berücksichtigung der Vorahndungen und der Umstände der verfahrensgegenständlichen Übertretung von einem ebenso gewichtigen Verkehrsverstoß auszugehen wie im Regelbeispiel des § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV. Ein Fahrverbot ist daher ernsthaft in Betracht zu ziehen. Seine Verhängung liegt nicht fern.

Das Gericht ist hier aber trotzdem der Ansicht, dass bei einer erheblichen Erhöhung der Geldbuße auf 300 Euro von einem Fahrverbot Abstand genommen werden kann. Von einem Fahrverbot ist kein über eine hohe Geldbuße hinaus gehender verkehrserzieherischer Effekt zu erwarten. Denn aufgrund der zahlreichen Vorahndungen des Betroffenen droht diesem bei erneutem Verstoß ohnehin die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze. Folglich bedarf es zur Einwirkung auf ihn hier ausnahmsweise keines Fahrverbots.

Wegen Vorliegens eines Härtefalls könnte hier hingegen vom Fahrverbot nicht abgesehen werden. Das Fahrverbot wäre für den Betroffenen keine existenzgefährdende Härte, zumal dieser Gesichtspunkt angesichts der durch zahlreiche Vorahndungen belegten Beharrlichkeit ohnehin zurücktreten müsste.“

Mit ihrer Rechtsbeschwerde rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet, dass das Amtsgericht kein Fahrverbot verhängt hat. Die Gegenerklärung der Verteidigung zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft lag dem Senat bei seiner Entscheidung vor.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich als erfolgreich.

1. Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässigerweise auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Beschränkung eines Rechtsmittels muss nicht ausdrücklich erklärt werden; sie kann sich aus Wortlaut und Sinn eines Schriftsatzes ergeben (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 58. Aufl. § 344 Rn. 6). Bereits die mit Verfügung vom 20.03.2015 erfolgte Rechtsbeschwerdeeinlegung enthält nur Ausführungen zum Rechtsfolgenausspruch. In der mit Verfügung vom 27.03.2015 vorgetragenen Rechtsbeschwerdebegründung, die ebenfalls nur das Unterbleiben der Verhängung eines Fahrverbots beanstandet, wird beantragt, das angefochtene Urteil vom 05.03.2015 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Es ist daher von einer entsprechenden Beschränkung der Rechtsbeschwerde auszugehen. Von einer weitergehenden Beschränkung der Rechtsbeschwerde allein auf die Frage der Anordnung eines Fahrverbots kann nicht ausgegangen werden, weil es sich insoweit nicht um einen innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs abtrennbaren Entscheidungsteil handelt. Geldbuße und Fahrverbot stehen in einer so engen Wechselbeziehung zueinander, dass sie nicht losgelöst voneinander beurteilt werden können.

2. Die Rechtsfolgenentscheidung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Zunächst ist das Amtsgericht allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Betroffene angesichts der Vorahndungslage beharrlich im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG gegen seine Pflichten als Kraftfahrzeugführer verstoßen hat. Das Amtsgericht hat auch gesehen, dass eine beharrliche Pflichtverletzung nicht ohne weiteres, zumal dann, wenn – wie hier – kein Regelfall nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV vorliegt, die Verhängung eines Fahrverbots nach sich zieht (BayObLGSt 2003, 5). Es hat dann ausgeführt, es sei im vorliegenden Fall von einem „ebenso gewichtigen Verkehrsverstoß auszugehen, wie im Regelbeispiel des § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV“. Wenn aber – wovon das Amtsgericht in nicht zu beanstandender Weise ausgeht – die Beharrlichkeit der Pflichtverletzung von ähnlich starkem Gewicht ist wie im Regelfall des § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV, der Verkehrsverstoß also wertungsmäßig dem Regelfall eines beharrlichen Pflichtenverstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV gleichzusetzen ist, dann wird es geboten sein, durch die Anordnung eines Fahrverbots als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme auf den Betroffenen einzuwirken. Von der Verhängung eines Fahrverbots kann dann nur unter den Voraussetzungen abgesehen werden, die auch bei Vorliegen des in der Bußgeldkatalog-Verordnung normierten Regelfalls ein Absehen rechtfertigen (BayObLG a.a.O.).

b) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Rechtsgrundsätze hält die Begründung, mit der das Amtsgericht von der Verhängung eines Fahrverbots bei Erhöhung der Geldbuße Abstand genommen hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand.

aa) Unabhängig davon, ob dem Betroffenen tatsächlich „bei erneutem Verstoß“, also offenbar erst bei einem weiteren, künftigen Verstoß, „wegen Erreichens der Punktegrenze“ durch die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entzogen werden wird – das Amtsgericht spricht nur davon, dass diese Sanktion dem Betroffenen drohe – und ob die Feststellungen des Amtsgerichts überhaupt die Voraussetzungen eines solchen Entzugs erkennen lassen, erscheint bereits der Ansatzpunkt des Tatrichters, angesichts einer drohenden Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze bedürfe es der Verhängung eines Fahrverbots ausnahmsweise nicht, weil hiervon kein über eine hohe Geldbuße hinausgehender verkehrserzieherischer Effekt zu erwarten sei, verfehlt.

(1) Dies zum einen schon deshalb, weil Eintragungen im Fahreignungsregister (FAER), die zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 5 Satz Nr. 3 StVG führen können, nicht zu den Sanktionen gehören, die das Gesetz als Folge der Begehung einer Ordnungswidrigkeit vorsieht, weshalb diesbezüglich grundsätzlich kein tauglicher Aspekt der Rechtsfolgenbemessung vorliegt. Registereintragungen sind verwaltungsinterne Maßnahmen, die als Materialsammlung für etwaiges späteres Verwaltungshandeln dienen (KK/Senge OWiG 4. Auflage § 79 Rn. 17).

(2) Zum anderen bleiben sowohl der Umstand, ob es zur Entstehung und Eintragung weiterer Punkte kommen wird wie auch der zeitliche Ablauf bis zu einer ggf. erfolgenden Eintragung weiterer Punkte, die zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG führen könnten, ungewiss (vgl. auch die Tilgungsmöglichkeit des § 29 Abs. 3 Nr. 2 StVG); dies insbesondere dann, wenn erst aufgrund eines weiteren, künftigen Verkehrsverstoßes eine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze drohen sollte.

bb) Schließlich sind es primär den Betroffenen entlastende Gesichtspunkte, die ein Absehen von einer an sich gebotenen Verhängung eines Fahrverbots rechtfertigen können. Dem Umstand, dass dem Betroffenen der Entzug der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde drohen mag, kommt keinerlei den Betroffenen entlastende Bedeutung zu. Vielmehr bedarf es gerade dann, wenn – wie das Amtsgericht festgestellt hat – von einem beharrlichen Pflichtenverstoß auszugehen ist, der einem Regelfall des § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV gleichzusetzen ist, der Denkzettel- und Besinnungsfunktion des Fahrverbots, zumal dieses und seine Funktion hier sofort mit Rechtskraft greifen, da sich der Betroffene ein bereits mit am 10.09.2013 rechtskräftig gewordener Entscheidung verhängtes Fahrverbot nicht zur Warnung dienen ließ, weshalb die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2a StVG nicht vorliegen. Diese Funktion kann nicht unter Erhöhung der Geldbuße mit dem Argument für entbehrlich erklärt werden, ein verkehrserzieherischer Effekt sei nicht zu erwarten, weil dem Betroffenen ohnehin die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Erreichens der Punktegrenze „bei erneutem Verstoß“ drohe. Das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots mit dieser Begründung käme der Ausstellung eines, Fahrverbots-Freibriefs‘ für Verkehrsverstöße gleich, die einen Betroffenen in den Bereich einer Fahrerlaubnisentziehung gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG rücken.

III.

Aufgrund des aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangels ist das angefochtene Urteil auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft im Rechtsfolgenausspruch mit den diesem zugrundeliegenden Feststellungen sowie in der Kostenentscheidung aufzuheben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO). Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG).

IV.

Für die neue Entscheidung des Amtsgerichts weist der Senat noch auf Folgendes hin:

1. Soweit vom Betroffenen in der Gegenerklärung der Verteidigung zur Rechtsbeschwerdebegründung der Staatsanwaltschaft ein sog.,Augenblicksversagen‘ eingewandt wird, dürfte ein hierdurch veranlasstes Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots eher fern liegen. Zwar kann auch bei wiederholten Pflichtenverstößen das Kriterium der Beharrlichkeit im Sinne eines Handelns des Täters, das auf einem Mangel an rechtstreuer Gesinnung beruht, unter Umständen dann zu verneinen sein, wenn hinsichtlich des verfahrensgegenständlich zu beurteilenden Verhaltens Augenblicksversagen vorliegt, weil insofern dem Kraftfahrer nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt. Hiervon wird allerdings dann nicht die Rede sein können, wenn ein Kraftfahrer, dem bekannt ist, dass er sein Fahrzeug innerhalb einer geschlossenen Ortschaft bewegt, sich ohne weiteres an der von einem Fahrzeug mit einheimischem Kennzeichen eingehaltenen Geschwindigkeit orientiert, ohne sich selbst zu vergewissern, dass durch Vorschriftzeichen eine höhere Geschwindigkeit erlaubt ist, als die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h.

2. Schließlich kann auch nicht ohne weiteres angenommen werden, die Teilnahme des Betroffenen an einem freiwilligen Fahreignungsseminar mache die Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots überflüssig (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 17.03.2008 – 2 Ss OWi 265/08 [zu sog.,Aufbauseminarc] = VRS 114 [2008], 379 = VerkMitt 2008, Nr. 54 = OLGSt StVG § 4 Nr. 1 = VRR 2008, 272 [Gieg]; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 12.02.2013 – Ss [B] 14/13 [bei juris], jeweils m.w.N.). Zielrichtung und Intensität des Fahrverbots sind mit denen eines Fahreignungsseminars nicht vergleichbar; beide verfolgen zumindest teilweise unterschiedliche Zwecke. Durch ein Fahrverbot soll dem Betroffenen zum einen seine Verfehlung auch in Form eines Denkzettels deutlich vor Augen geführt werden. Zum anderen soll er nochmals nachdrücklich zur Beachtung der Verkehrsvorschriften angehalten werden. Die Verhängung eines Fahrverbots soll eindringlich auf den Täter dort einwirken, wo er gefehlt hat, nämlich bei der Ausübung der Berechtigung zur Führung eines Kraftfahrzeugs. In diesem Bereich ist ein Einschnitt in die persönliche Handlungsfreiheit bezweckt. Demgegenüber soll mit einem Fahreignungsseminar nicht nur erreicht werden, dass die Teilnehmer sicherheitsrelevante Mängel in ihrem Verkehrsverhalten und insbesondere in ihrem Fahrverhalten erkennen und abbauen (§ 4a Abs. 1 StVG), sondern – aus Sicht eines betroffenen Kraftfahrers – insbesondere auch eine Rückstufung der Punktezahl (§ 4 Abs. 7 StVG), wie auch die Ausführungen im Schriftsatz der Verteidigung vom 15.04.2015 belegen, der Betroffene habe an einem „Seminar zum Punkteabbau“ teilgenommen. Der Besuch eines solchen Seminars wird zwar als Zeichen von Einsicht und Reue gewertet werden können; er kann das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots jedoch allenfalls dann rechtfertigen, wenn zusätzlich eine Vielzahl anderer Gesichtspunkte zugunsten des Täters spricht (vgl. BayObLGSt 1996, 55; DAR 1999, 221).

V.

Der Senat entscheidet durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.

Gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.


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