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Fahrtenbuchauflage wegen Geschwindigkeitsüberschreitung auf Bundesautobahn

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 8 A 740/18 – Beschluss vom 15.05.2018

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. November 2017 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.513,74 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Dies ist hier nicht der Fall.

Weder liegen die sinngemäß geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vor (I.) noch ein nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (II.).

I. Es bestehen nicht die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), mit dem das Verwaltungsgericht die gegen die Fahrtenbuchauflage vom 2. Februar 2017 erhobene Klage abgewiesen hat.

Die Fahrtenbuchauflage findet ihre Rechtsgrundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften – wie hier – nicht möglich war.

1. Mit dem Fahrzeug des Klägers ist am 17. Juli 2016 eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften begangen worden. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschafen um 23 km/h auf der Bundesautobahn BAB , Fahrtrichtung L.    , Kilometer X steht in tatsächlicher Hinsicht fest.

Die Behörde, die die Auferlegung eines Fahrtenbuchs prüft, muss ebenso wie das Verwaltungsgericht in einem sich anschließenden Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage alle (objektiven) Tatbestandsmerkmale der Bußgeld- bzw. Strafvorschrift selbstständig prüfen. Dabei genügt es – anders als im Strafprozess -, wenn mit hinreichender Sicherheit feststeht, dass ein Verkehrsverstoß begangen worden ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 5. März 2015 – 8 B 1213/14 -, juris Rn. 5, und vom 25. Januar 2018 – 8 B 1587/16 -, Beschlussabdruck, S. 2 f.; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Januar 2012 – 11 CS 11.2727 -, juris Rn. 29; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 31a StVZO Rn. 16.

Wenn ein Halter, der ein Fahrtenbuch führen soll, den begangenen Verkehrsverstoß als solchen bestreitet, muss er im Verwaltungs- oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren substantiierte Angaben machen, die seine Schilderung plausibel erscheinen lassen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Juni 2010 – 8 B 594/10 -, Beschlussabdruck S. 3, und vom 9. Mai 2006 – 8 A 3429/04 -, juris Rn. 4; Nds. OVG, Beschluss vom 14. Juni 1999 – 12 M 2491/99 -, juris Rn. 2.

Geschwindigkeitsmessergebnisse, die mit amtlich zugelassenen Geräten in standardisierten Verfahren gewonnen werden, dürfen dabei nach Abzug der Messtoleranz von Behörden und Gerichten im Regelfall ohne Weiteres zu Grunde gelegt werden; mögliche Fehlerquellen brauchen in einem solchen Fall nur erörtert zu werden, soweit der Einzelfall dazu konkrete Veranlassung gibt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. März 1995 – 25 A 2798/93 -, juris Rn. 3, im Anschluss an BGH, Beschluss vom 19. August 1993 – 4 StR 627/92 -, juris Rn. 21 und 25; OVG NRW, Beschluss vom 5. März 2015 – 8 B 1213/14 -, juris Rn. 5 m. w. N.

Ausgehend von diesen Maßstäben stellen die Bedenken des Klägers das Messergebnis nicht in Frage.

Fahrtenbuchauflage wegen Geschwindigkeitsüberschreitung auf Bundesautobahn
(Symbolfoto: Zoltan Major/Shutterstock.com)

a) Das Verwaltungsgericht ist entgegen der (sinngemäßen) Ansicht des Klägers zu Recht von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen. Die verwendete Messanlage „TraffiStar S350 Semistation“ (hier: Geräte-Nr. 596-110/60039) ist infolge der Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (Bauartzulassung: 18.11 / 13.01; Baumusterprüfbescheinigung DE-15-11-PTB-0030) im Sinne der Rechtsprechung des beschließenden Senats ein standardisiertes Messverfahren.

Vgl. zur Zulassung des Messgeräts die Angaben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) unter: https://www.ptb.de/cms/ptb/fachabteilungen/ abt1/fb-13/ag-131/geschwindigkeitsueberwachungs geraete.html.

Diese Einschätzung wird von der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in Ordnungswidrigkeitenverfahren geteilt.

Vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 31. Januar 2017 – IV-3 RBs 20/17 -, juris Rn. 6, und vom 9. Mai 2017 – IV-3 RBs 56/17 -, juris Rn. 6; OLG Hamm, Beschluss vom 31. März 2016 – 5 RBs 38/16 -, juris Rn. 9; OLG Schleswig, Beschluss vom 11. November 2016 – 2 SsOWi 161/16 (89/16) u.a. -, juris Rn. 7.

Das Antragsvorbringen setzt sich mit dieser Rechtsprechung nicht auseinander und zieht die amtliche Zulassung als solche nicht in Zweifel. Aufgrund der amtlichen Zulassung des Messgeräts steht die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit fest.

b)  Der Kläger hat auch keine durchgreifenden Gründe für eine Fehlerhaftigkeit des in Rede stehenden Messergebnisses vom 17. Juli 2016 vorgetragen.

Sein Vorbringen, die Messung sei nicht verwertbar, weil der Kreis N.        zur Messung mit der mobilen Messanlage auf einer Bundesautobahn nach § 48 Abs. 2 Satz 3 OBG NRW nicht befugt sei, stellt nicht in Abrede, dass der gemessene Geschwindigkeitsverstoß begangen worden ist. Ob es sich bei der erfolgten Verwendung des Messgeräts „TraffiStar S350“ in einer Semistation um ein in fest installierten Anlagen eingesetztes technisches Gerät im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 3 OBG NRW handelt, dies verneinend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. August 2017 – IV-3 RBs 167/17 u.a. -, juris Rn. 4 ff., kann dahinstehen. Denn die Frage der Zuständigkeit der jeweiligen Behörde hat keinen Einfluss auf den Messvorgang selbst. Aus der etwaigen Unzuständigkeit des Kreises für die erfolgte Geschwindigkeitsmessung folgt auch kein Beweisverwertungsverbot.

Vgl. zum Fehlen eines strafrechtlichen Beweisverwertungsverbots OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. August 2017 – IV-3 RBs 167/17 u.a. -, juris Rn. 8 ff.

Ohne Erfolg wendet der Kläger gegen das Messergebnis ferner ein, es sei nicht auszuschließen, dass die Laserstrahlen von dem neben seinem Fahrzeug fahrenden Lkw reflektiert worden sein könnten. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil unter Berufung auf das Gutachten der DEKRA vom 2. Dezember 2016 zu einem baugleichen Gerät aufgezeigt, dass aufgrund der Mehrzielfähigkeit des Messgeräts mehrere parallel fahrende bzw. aufeinanderfolgende Fahrzeuge zuordnungssicher durch die Markierung erfasst werden können. Damit setzt sich der Kläger in seinem Zulassungsvorbringen entgegen dem Darlegungsgebot nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht auseinander. Der Kläger stellt insoweit nur seine Einschätzung der des Verwaltungsgerichts gegenüber, ohne sich mit dessen zutreffender Argumentation näher auseinanderzusetzen.

Der Einwand des Klägers, die in der Bedienungsanleitung des Messgeräts vorgesehene maximale Aufstellungshöhe von 1,4 Metern oberhalb der Fahrbahnfläche sei bei der hiesigen Messung überschritten worden, greift ebenfalls nicht durch. Das Messgerät war laut Eichschein vom 13. November 2015 (Nr. D-1-23-15-06557) wirksam bis 31. Dezember 2016 geeicht, im Messprotokoll sind für den betreffenden Zeitraum keine Beanstandungen verzeichnet. Des Weiteren liegt ein auf den 8. Juli 2013 datierter Schulungsnachweis des Herstellers Jenoptik für den Mitarbeiter des Ordnungsamtes vom 5. Januar 2016 für das Gerät TraffiStar S350 stationär vor sowie die Bestätigung des Herstellers vom 15. August 2016, dass diese Schulung auch die Bedienung der TraffiStar S350 Semistation umfasste. Mit Aktenvermerk vom 16. Dezember 2015 hat der Mitarbeiter der Bußgeldbehörde, der die streitgegenständliche Messung durchführte, mit seiner Unterschrift ferner bestätigt, dass er in Vorbereitung der Messungen die vorgegebenen Richtlinien der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und die Bedienungsanleitung des Herstellers beachtet hat.

Vor diesem Hintergrund begründen die Darlegungen des Klägers keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Aufstellung des Messgerätes nicht korrekt – entsprechend den Herstellervorgaben – von dem dafür geschulten Personal durchgeführt wurde. Der Kläger legt nicht dar, wie er erkannt oder erfahren haben will, dass die vorgesehene maximale Aufstellungshöhe von 1,4 Metern überschritten worden sei. Dass das Antragsvorbringen eine technisch mögliche Störquelle, die sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Gutachten der DEKRA Automobil GmbH vom 2. Dezember 2016 (S. 14) zu einer Geschwindigkeitsmessung mit einem baugleichen Geschwindigkeitsmessgerät ergibt, lediglich aufs Geratewohl („ins Blaue hinein“) anführt, genügt nach den obengenannten Maßstäben nicht, um die ordnungsgemäße Funktion der Messanlage im konkreten Fall in Frage zu stellen.

Dies gilt ebenso für den Einwand des Klägers, die Leitplanke befinde sich als Hindernis im Messbereich und störe den Messvorgang. Es erscheint ausgeschlossen, dass im Falle des Klägers die Messwertbildung durch die Leitplanke als Hindernis beeinträchtigt wurde. Die Leitplanke im linken Bildvordergrund verdeckt nicht – auch nicht teilweise – das Tatfahrzeug auf dem Lichtbild; der Messbereich befindet sich jenseits der Verdeckung durch die Leitplanke auf der zweiten Fahrspur (zu den maßgebenden Bewertungskriterien siehe auch das vorgelegte DEKRA-Gutachten). Die Kriterien für die Markierung des Messobjekts sind erfüllt, weil die Markierung vollständig im Foto sichtbar und nicht an einem der Ränder abgeschnitten ist, der untere Rand der Markierung unterhalb der Linie durch die Radaufstandspunkte des Fahrzeugs liegt, sich Teile der Fahrzeugfront im markierten Bereich befinden und innerhalb der Markierung kein anderes Fahrzeug derselben Verkehrsrichtung angezeigt wird (vergleichbar das zitierte DEKRA-Gutachten, S. 17 f., 28). Unabhängig davon muss das Messfeld des TraffiStar S350 nicht ununterbrochen mit Messpunkten abgedeckt sein; nach den Anforderungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt sind Lücken der Daten für die Bestimmung der Geschwindigkeit aus dem Messfeld, auch an den Rändern, erlaubt. So kann beispielsweise sogar ein anderes Fahrzeug einen Teil des gemessenen Fahrzeugs verdecken, ohne dass dadurch Messrichtigkeit und Zuordnungssicherheit leiden.

Vgl. die Mitteilung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt „Das Messfeld des TraffiStar S350 erfüllt alle Anforderungen“, Stand: 22. November 2017, Stand: 22. November 2017, verfügbar unter: https://doi.org/10.7795/520.20171121 (abgerufen am 7. Mai 2018).

2. Das Zulassungsvorbringen zeigt auch hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Feststellung des Fahrzeugführers sei unmöglich gewesen, keine ernstlichen Zweifel auf.

Die Feststellung des Fahrzeugführers ist im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat.

Ob die Aufklärung angemessen war, richtet sich danach, ob die Bußgeldbehörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1978 – VII C 77.74 -, juris Rn. 16; OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 – 8 A 280/05 -, juris Rn. 21.

Zu den danach angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört in erster Linie, dass der Fahrzeughalter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird.  Eine solche Benachrichtigung begründet für den Halter eine Obliegenheit, zur Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Lichtbild erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 – 8 A 280/05 -, juris Rn. 25.

Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Bußgeldbehörde können sich im Weiteren an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ab und liegen der Bußgeldbehörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, ist es dieser regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Aufklärungsmaßnahmen zu betreiben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 – 7 C 3.80 -, juris Rn. 7, sowie Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 – 7 B 162.87 -, juris Rn. 4 f., und vom 9. Dezember 1993 – 11 B 113.93 -, juris Rn. 4.

Dabei kann der Halter eines Fahrzeugs nicht verlangen, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht geltend gemacht hat. Ein „doppeltes Recht“, nach einem Verkehrsverstoß im Ordnungswidrigkeitenverfahren das Zeugnis bzw. die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 1981 – 2 BvR 1172/81 -, juris Rn. 7; BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1995 – 11 B 7.95 -, juris Rn. 2 ff., und vom 11. August 1999 – 3 B 96.99 -, juris Rn. 2 f.

Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Ermittlungsmaßnahmen gar keinen Hinweis auf die Identität des Fahrers ergeben haben. Die Feststellung des Fahrers ist auch dann unmöglich, wenn die Ermittlungen zwar auf einen bestimmten Täter hindeuten und eine Person ernsthaft verdächtigt ist, die Behörde jedoch keine ausreichende Überzeugung von der Täterschaft des Verdächtigen gewinnen konnte. Abzustellen ist dabei auf das im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafverfahren erforderliche Maß der Überzeugung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2008 – 8 A 586/08 -, juris Rn. 4, 13 ff., und vom 8. August 2017 – 8 A 1135/16 -, Beschlussabdruck, S. 5; Sächs. OVG, Beschluss vom 4. August 2014 – 3 B 90/14 -, juris Rn. 4; Bay. VGH, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 11 CS 15.6 -, juris Rn. 16.

Denn es ist dem Betroffenen nicht zuzumuten, dass er sich gegen einen an ihn gerichteten Bußgeldbescheid zur Wehr setzen muss, obwohl nicht einmal die Behörde seine Täterschaft für erwiesen hält. Überdies besteht bei verbleibenden Zweifeln an der Täterschaft des Betroffenen das Risiko, dass der Bußgeldbescheid im gerichtlichen Verfahren aufgehoben und die Kosten des Verfahrens gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 467 Abs. 1 StPO der Staatskasse auferlegt werden.

Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschlüsse vom 25. März 2008 – 8 A 586/08 -, juris Rn. 11 ff., und vom 11. November 2015 – 8 A 1846/15 -, juris Rn. 7 ff., m. w. N.

Gemessen hieran hat die Bußgeldbehörde die erforderlichen und angemessenen Ermittlungsmaßnahmen ergriffen, ohne dass eine Feststellung des Fahrers hinreichend möglich war. Sie hat den Kläger zu dem Verstoß mit Schreiben vom 5. September 2016 angehört. Nach Gewährung von Akteneinsicht erfolgte die anwaltliche Mitteilung, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahme abgegeben werde. Ein Lichtbildabgleich mit dem angeforderten Ausweisfoto war nicht möglich, weil laut Auskunft des Einwohnermeldeamtes kein Lichtbild des Klägers vorhanden war. Der trotz der fehlenden Mitwirkung des Klägers um weitere Aufklärungsmaßnahmen ersuchte Außendienst des Bürger- und Ordnungsamtes teilte mit Vermerk vom 17. November 2016 mit, der Fahrzeugführer sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht ermittelbar, weil der Halter nicht angetroffen worden und eine Nachbarschaftsbefragung ebenfalls negativ verlaufen sei; der Fahrzeughalter habe sich telefonisch gemeldet und mitgeteilt, „dass er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache“.

Der Einwand des Klägers, er habe seine Fahrereigenschaft gegenüber der Beklagten zunächst zugegeben und erst nach deren Hinweis von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht, greift nicht durch. Selbst wenn es entgegen dem oben genannten schriftlichen Vermerk des Außendienstmitarbeiters zutreffen sollte, dass der Kläger bei dem Telefonat zunächst zugegeben hat, dass er der Fahrer gewesen sei und sich erst im Anschluss – nach Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht – auf sein Schweigerecht berufen hat, ist die Verfahrenseinstellung durch die Bußgeldbehörde nicht zu beanstanden. Denn der Kläger entgegnete nach dem Hinweis des Mitarbeiters der Beklagten auf das Schweigerecht, dass „er dann schweigen werde und alles weitere mit seinem Rechtsanwalt besprochen werden solle“. Dies konnte die Bußgeldbehörde als konkludente Erklärung des Klägers verstehen, an seinen früheren Aussagen nicht mehr festhalten zu wollen bzw. diese zu widerrufen.

Vgl. zum konkludenten Widerruf einer zunächst falschen uneidlichen Aussage bei späterer Berufung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht: BGH, Beschluss vom 18. Juni 1982 – 2 StR 234/82 -, juris Rn. 7.

Die dadurch verbleibenden Zweifel an der Täterschaft des Klägers und an deren Nachweisbarkeit boten hinreichenden Anlass, vom Erlass eines Bußgeldbescheides abzusehen. Aufgrund der abschließenden Berufung auf das Schweigerecht verblieb die Unklarheit, ob dem Kläger die Tat im Ordnungswidrigkeitenverfahren mit dem erforderlichen Grad an Überzeugung nachweisbar sein würde.

Dass der Kläger, der zuvor im schriftlichen Anhörungsbogen als Beschuldigter angesprochen worden war, nicht (sicher) wissen konnte, ob die Bußgeldbehörde Zweifel an seiner Täterschaft hegt, ist dabei ohne Bedeutung. Denn sie war nicht verpflichtet, dem Kläger ihre Bedenken an seiner Fahrereigenschaft oder gar deren Gründe offenzulegen.

II. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

Eine gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßende mangelnde Erforschung des Sachverhalts zeigt der Kläger nicht auf. Soweit der auch in erster Instanz anwaltlich vertretene Kläger rügt, dass das Verwaltungsgericht seinem schriftsätzlichen Beweisangebot zur Zeugenvernehmung sowie zur Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachgegangen sei, trägt er nicht vor, gemäß § 86 Abs. 2 VwGO in der mündlichen Verhandlung förmliche Beweisanträge gestellt zu haben. Auch das Sitzungsprotokoll weist solche Anträge nicht aus. Ein schriftsätzlich angekündigter Beweisantrag (Beweisangebot) ersetzt den fehlenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung nicht.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. März 1995 – 6 B 81.94 -, juris Rn. 3, und vom 7. April 2004 – 4 B 25.04 -, juris Rn. 6 f.

Dem Verwaltungsgericht mussten sich die in der Zulassungsbegründung bezeichneten Ermittlungen nach seiner maßgeblichen Rechtsauffassung nicht aufdrängen. Auch vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen (siehe unter I. 1. bzw. 2.) zeigt der Kläger Gegenteiliges nicht auf.

Vgl. zum Darlegungserfordernis BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 – 10 C 11.07 -, juris Rn. 13.

Er legt nicht – wie es für eine Aufklärungsrüge erforderlich wäre – substantiiert dar, welche Tatsachen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des Verwaltungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer ihm – dem Kläger – günstigeren Entscheidung hätte führen können.

Vgl. zu den Anforderungen BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2018 – 7 B 3.17 -, juris Rn. 11.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG. Dabei legt der Senat für jeden Monat der sechsmonatigen Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage in Anlehnung an Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 einen Betrag in Höhe von 400,- Euro zu Grunde. Hinzuzusetzen sind die für die Ordnungsverfügung erhobenen Gebühren und Auslagen in Höhe von 113,74 Euro.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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