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Fahrtenbuchauflage – Unmöglichkeit der Täterermittlung vor Verjährungsfristablauf

Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein – Az.: 5 LB 17/22 – Urteil vom 08.12.2022

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 13.03.2019 – 3. Kammer, Einzelrichter – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollsteckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage.

Am 23. Juni 2017 überschritt die Fahrerin oder der Fahrer des auf die Klägerin zugelassenen Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen …-… … auf der … … in A-Stadt die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 27 km/h nach Abzug der Toleranz.

Der Beklagte übersandte der Klägerin daraufhin am 27. Juli 2017 einen Zeugenfragebogen und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme.

Zur weiteren Fahrerermittlung suchten Polizeibeamte am 30. August 2017 die Geschäftsadresse der Klägerin auf. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilte dort mit, sich mit der Bußgeldstelle in Verbindung setzen zu wollen.

Am 13. September 2017 übersandte der Beklagte der Klägerin erneut einen Zeugenfragebogen und wies auf den Ablauf der Verjährungsfrist hin.

Am 22. September 2017 um 17:34 Uhr teilte die Klägerin dem Beklagten per Fax mit, die Fahrzeugführerin sei Frau … …..

Mit Schreiben vom 26. September 2017 teilte der Beklagte der Klägerin mit, das eingeleitete Ordnungswidrigkeitsverfahren sei eingestellt worden, weil die Fahrerin bzw. der Fahrer des Fahrzeuges nicht habe festgestellt werden können. Er werde prüfen, ob der Klägerin als Halterin des Fahrzeuges auferlegt werde, ein Fahrtenbuch zu führen.

Mit Schreiben vom 2. November 2017 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Auferlegung eines Fahrtenbuchs gemäß § 31a StVZO beabsichtigt sei und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mit Schreiben vom 9. November 2017 trug die Klägerin vor, es sei unrichtig, dass die Fahrzeugführerin nicht habe ermittelt werden können. Sie habe dem Beklagten mit Schreiben vom 22. September 2017 die Fahrerin namentlich genannt. Die Voraussetzungen des § 31a StVZO seien nicht erfüllt.

Mit Ordnungsverfügung vom 14. November 2017 ordnete der Beklagte für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen … – … … die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von neun Monaten an. Die Frist beginne mit dem Tag, an dem der Bescheid unanfechtbar werde. Im Fall der Veräußerung, Ab- oder Ummeldung des genannten Fahrzeugs, sei das Fahrtenbuch für ein anderes Fahrzeug zu führen, welches von der Klägerin betrieben werde. Zur Begründung führte er aus, die Feststellung des Fahrzeugführers oder der Fahrzeugführerin sei unmöglich im Sinne des § 31a StVZO.

Gegen die Ordnungsverfügung erhob die Klägerin mit Schreiben vom 15. November 2017 Widerspruch und trug vor, die Fahrzeugführerin sei dem Beklagten innerhalb der Frist mitgeteilt worden.

Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2018 als unbegründet zurück. Mit dem Fahrzeug der Klägerin sei die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h innerorts um 27 km/h nach Toleranzabzug überschritten worden. Dabei handele es sich um eine Verkehrsordnungswidrigkeit von einigem Gewicht. Es sei unmöglich gewesen, den Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin festzustellen. Es reiche aus, dass die ermittelnde Behörde nicht in der Lage gewesen sei, den Täter oder die Täterin zu ermitteln, obwohl sie unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit alle Maßnahmen zur Fahrerermittlung ergriffen habe. Nach dem Bundesverwaltungsgericht hätten Maßnahmen zur Aufklärung der Verkehrsordnungswidrigkeiten nur dann Sinn, wenn der Täter vor Ablauf der Verjährungsfrist so rechtzeitig bekannt sei, dass die Verkehrsordnungswidrigkeit mit Aussicht auf Erfolg geahndet werden könne und die daran anknüpfenden verkehrspolizeilichen Maßnahmen eingeleitet werden könnten. Die Klägerin habe rechtzeitig einen Zeugenfragebogen erhalten, sich aber nicht eingelassen. Ein polizeiliches Ermittlungsersuchen habe mit der Aussage des Prozessbevollmächtigten geendet, dass er sich mit der Bußgeldstelle in Verbindung setzen werde. Erst am letzten Tag der Frist, am 22. September 2017 (einem Freitag) um 17:34 Uhr, benannte die Klägerin eine mögliche Fahrerin. Am nächsten Arbeitstag sei die Verjährungsfrist bereits abgelaufen. Der Mitwirkungspflicht sei die Klägerin somit nicht im ausreichenden Umfang nachgekommen.

Da die begangene Ordnungswidrigkeit mit einem Punkt in das Fahreignungsregister einzutragen gewesen wäre und eine Geldbuße von 100,00 € nach sich gezogen hätte, erscheine die Anordnung eines Fahrtenbuchs verhältnismäßig. Neun Monate überstiegen das Maß der gebotenen effektiven Kontrolle bei einem Verkehrsverstoß der gegebenen Größenordnung nicht und stellten daher keine übermäßige Belastung dar.

Auf die am 9. Februar 2018 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 13. März 2019 den Bescheid des Beklagten vom 14. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2018 aufgehoben. Zur Begründung der Entscheidung führte das Gericht aus, der Behörde sei rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist die Täterin der Ordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden. Die Bußgeldstelle hätte am Tag des Ablaufs der Frist die Verjährung noch unterbrechen können. Dazu hätte es gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ausgereicht, die Vernehmung der dann als Beschuldigten in das Verfahren einzuführenden Frau … …. anzuordnen oder die Bekanntgabe, dass gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werde. Diese Anordnungen hätten noch am 25. September 2017 getroffen werden könne. Die Verjährungsfrist sei an diesem Tag noch nicht abgelaufen. Das folge unmittelbar aus dem Wortlaut des § 46 Abs. 1 OWiG, § 43 Abs. 2 StPO, wonach das Ende einer Monatsfrist am nächsten Werktag ende, wenn das Ende der Frist – wie hier – auf einen Sonnabend falle. Die am 23. Juni 2017 beginnende dreimonatige Verjährungsfrist hätte grundsätzlich mit Ablauf des 23. September 2017 geendet, der ein Samstag gewesen sei. Das Gericht gehe entgegen der in der Rechtsprechung und in der Literatur vorherrschenden Meinung davon aus, dass § 43 Abs. 2 StPO auf die dreimonatige Verjährungsfrist Anwendung finde. Die vorherrschende Meinung sei mit dem die Grenze bildenden Gesetzeswortlaut nicht in Einklang zu bringen. Demnach gelte die Regelung zur Verschiebung des Fristendes gemäß § 43 Abs. 2 StPO aufgrund der Verweisung in § 46 Abs. 1 OWiG unbedingt und uneingeschränkt.

Der Senat ließ die Berufung des Beklagten mit Beschluss vom 30. Juni 2022 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu.

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor, die dreimonatige Verjährungsfrist sei bereits am Freitag, den 22. September 2017 geendet. Denn gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG beginne die Verjährung, sobald die Handlung beendet worden sei, also am Tag der Tatbegehung. Das Fax zur Benennung der Fahrerin sei bei der Ermittlungsbehörde an dem Freitag um 17:34 Uhr eingegangen. Die Täterin sei damit erst so spät benannt worden, dass die Verfolgung der Tat nicht mehr möglich gewesen sei. Das gelte auch unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgericht angeführten Möglichkeit der Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG. Die Information der Halterin zur angeblichen Fahrzeugführern sei am letzten Tag der Frist erst nach Dienstschluss bei der Ermittlungsbehörde eingegangen. Damit sei es faktisch unmöglich gewesen, noch eine Anhörung der Betroffenen anzuordnen. Es könne auch nicht gefordert werden, dass für solche Situationen die Bußgeldstelle ständig erreichbar und umgehend alle Informationen zu jedem Einzelfall verarbeiten müsse. Es habe daher eine Unmöglichkeit der Fahrerermittlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist bestanden.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 3. Kammer, Einzelrichter – vom 13. März 2019, Az.: 3 A 44/18, zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin bezieht sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren. Sie trägt ergänzend vor, dem Beklagten sei innerhalb der Frist die erforderliche Information erteilt worden. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Täterin vor Ablauf der Verjährungsfrist bekannt gewesen sei.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis mit den Beteiligten konnte die Berichterstatterin anstelle des Senats entscheiden, § 125 Abs. 1, § 87a Abs. 2 und 3 VwGO (Bl. 72 und 74 der Gerichtsakte).

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid vom 14. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Januar 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist § 31a StVZO. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einer Fahrzeughalterin oder einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf sie oder ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers oder einer Fahrzeugführerin nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor und die hier getroffene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden.

Die Klägerin ist zu Recht als Fahrzeughalterin iSd § 31a StVZO in Anspruch genommen worden. Die Feststellung der verantwortlichen Fahrzeugführerin oder des verantwortlichen Fahrzeugführers war trotz angemessener Bemühungen der Bußgeldstelle nicht möglich. Ein Fahrtenbuch war daher angebracht, damit nicht auch in Zukunft erhebliche Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben.

Unmöglichkeit im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist nicht im naturwissenschaftlichen Sinn zu verstehen. Von einer Unmöglichkeit ist dann auszugehen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter oder die Täterin innerhalb der Verjährungsfrist zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Aufklärungsmaßnahmen kommt es wesentlich darauf an, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit können sich an der Einlassung des Fahrzeughalters bzw. der Fahrzeughalterin ausrichten (vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 13. September 1995 – 4 L 127/95 –, juris Rn. 17). Der Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin muss so rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist bekannt werden, dass die begangene Verkehrsordnungswidrigkeit mit Aussicht auf Erfolg geahndet werden kann und daran etwa anknüpfende straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden können (Beschluss des Senats vom 3. März 2021 – 5 LA 12/19 –, juris Rn. 13; OVG Münster, Beschluss vom 22. Juli 2020 – 8 B 892/20 –, juris Rn. 19). Entscheidend ist jedenfalls, dass eine Ermittlung der Fahrzeugführerin oder des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung nicht möglich war und die Unmöglichkeit nicht auf ein Ermittlungsdefizit der zuständigen Behörde zurückzuführen ist. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage setzt insbesondere nicht voraus, dass die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrers oder der Fahrerin auf einer fehlenden Mitwirkung der Fahrzeughalterin oder des Fahrzeughalters beruht oder die Halterin bzw. der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers bzw. der Fahrzeugführerin sonst zu vertreten hat. Eine Auflage kann daher auch dann ergehen, wenn die Halterin oder der Halter erfolglos zur Aufklärung beizutragen versucht (VGH München, Urteil vom 1. April 2019 – 11 B 19.56 –, juris Rn. 22; OVG Bautzen, Beschluss vom 31. August 2017 – 3 A 445/16 –, juris Rn. 10; OVG Münster, Beschluss vom 25. Januar 2018 – 8 A 1587/16 –, juris Rn. 13; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Auflage 2021, § 31a StVZO, Rn. 40).

Nach diesen Maßgaben war die Feststellung der Fahrzeugführerin oder des Fahrzeugführers im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht möglich, obwohl die Bußgeldbehörde die erforderlichen und angemessenen Ermittlungsmaßnahmen ergriffen hatte. Sie übersandte der Klägerin eine Woche nach dem Verkehrsverstoß einen Zeugenfragebogen, den die Klägerin ebenso unbeantwortet ließ wie den zweiten Zeugenfragebogen, den der Beklagte kurz vor Eintritt der Verfolgungsverjährung erneut an die Klägerin übersandte. Zusätzlich suchten zwei Polizeibeamte die Klägerin unter ihrer Geschäftsadresse auf, wo ihnen mitgeteilt wurde, dass sich der Prozessbevollmächtigte mit der Bußgeldstelle in Verbindung gesetzt werde. Weitere erfolgsversprechende Ermittlungsansätze sind nicht ersichtlich und waren auch nicht erforderlich.

Ein Ermittlungsdefizit der Bußgeldbehörde ist nicht darin zu sehen, dass die Klägerin am 22. September 2017, einem Freitag, um 17:34 Uhr einen Schriftsatz per Fax bei der Bußgeldbehörde einreichte und Frau ……. als Fahrerin des Fahrzeuges benannte. Dieser Schriftsatz ging am letzten Tag der dreimonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 36 Abs. 2, § 24 Abs. 1, § 6 Abs. 1 StVG iVm § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG ein (vgl. Gertler, in: BeckOK OWiG, 36. Edition, Stand: 1. Oktober 2022, § 31, Rn. 20, 50 f.; Krenberger/Krumm, OWiG, 7. Aufl. 2022, § 31, Rn. 8, 30; Fromm, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, § 31 OWiG; Rn. 8 f.). Zwar war die Verjährungsfrist um 17:34 Uhr noch nicht abgelaufen. Eine zielführende Bearbeitung des Schreibens noch am 22. September 2017 und eine Unterbrechung der Verjährungsfrist war der Bußgeldbehörde aber nicht mehr zumutbar. Der Hinweis auf die mögliche Fahrzeugfahrerin ging nur wenige Stunden vor Fristablauf und nach Ende der Klägerin durch die Zeugenbefragungsschreiben bekannten Servicezeiten des Beklagten – Freitag 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr – bei der Bußgeldbehörde ein. Am nächsten Arbeitstag, am 25. September 2022, war die Verfolgungsverjährung bereits eingetreten. Eine Unterbrechung der Verjährungsfrist durch die Einleitung von Maßnahmen nach § 33 OWiG war da nicht mehr möglich.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, das Fahrzeug, mit welchem der Verkehrsverstoß begangen wurde, sei nicht mehr im Besitz der Klägerin, vermag dies nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu begründen. Der Beklagte ordnete an, dass im Fall der Veräußerung, Ab- oder Ummeldung des im Bescheid genannten Fahrzeugs, das Fahrtenbuch für ein anderes Fahrzeug zu führen sei, welches von der Klägerin betrieben werde. Das ist nicht zu beanstanden. Der Sicherungszweck des § 31a StVZO lässt es zu und wird es regelmäßig sogar erfordern, die Maßnahme auf das oder die Fahrzeuge zu erstrecken, die vor Ablauf der Zeit, für die das Fahrtenbuch geführt werden muss, an die Stelle der in der Verfügung bezeichneten Kraftfahrzeuge treten. Denn die Gefährdung der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs, der die Fahrtenbuchauflage begegnen will, entfällt nicht ebenfalls mit dem Fortfall eines bestimmten Fahrzeugs (BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 1989 – 7 B 18.89 –, juris Rn. 5).

Im Übrigen erweist sich die angefochtene Verfügung auch als ermessensfehlerfrei. Die Fahrtenbuchauflage ist in der Regel dann nicht unverhältnismäßig, wenn die Entscheidung über die Ordnungswidrigkeit in das Verkehrszentralregister einzutragen und damit mit mindestens einem Punkt nach dem Punktesystem zu bewerten wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12.94 –, juris Rn. 10). Vorliegend wäre die Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h mit einer Eintragung von einem Punkt im Fahreignungsregister und mit einer Geldbuße in Höhe von 100,00 € zu ahnden gewesen, vgl. § 41 Abs. 1 iVm Anlage 2, § 49 Abs. 1 Nr. 3 iVm § 3 Abs. 1 Nr. 1 StVO, § 24 StVG, § 40 FeV iVm Ziffer 3.2.2 der Anlage 13 zur FeV in das Fassung vom 18. Mai 2017 und Ziffer 11.3.5. der Tabelle 1 (Anhang zu Nummer 11 der Anlage) Bußgeldkatalog-Verordnung in der Fassung vom 18. Mai 2017.

Die Dauer der Fahrtenbuchauflage ist entsprechend dem Gewicht der zugrundeliegenden Ordnungswidrigkeit zu bemessen. Die festgesetzte Dauer der Fahrtenbuchauflage von neun Monaten ist angesichts des schwerwiegenden Verkehrsverstoßes nicht zu beanstanden. Durch die Fahrtenbuchauflage soll eine Fahrzeughalterin oder ein Fahrzeughalter zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers oder der Fahrzeugführerin im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes angehalten werden. Dazu ist eine gewisse Dauer der Fahrtenbuchauflage erforderlich; neun Monate liegen im mittleren Bereich einer effektiven Kontrolle, stehen zu dem erheblichen Verkehrsverstoß nicht außer Verhältnis und stellen keine übermäßige Belastung dar (vgl. auch Dauer, a. a. O., § 31a StVZO, Rn. 55).

Die Anordnung ist auch nicht unverhältnismäßig und deshalb aufzuheben, weil zum Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung fünf Jahre seit dem Verkehrsverstoß vergangen sind und es nach dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in dieser Zeit zu keinen weiteren Verkehrsverstößen mehr gekommen sei. Andernfalls hätte es der Adressat oder die Adressatin der Fahrtenbuchauflage in der Hand, die Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung durch Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelgebrauch und damit verbundenen Zeitablauf zu beseitigen. Das kommt aus rechtsstaatlichen Gründen nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 1995 – 11 B 18.95 –, juris Rn. 3).

Die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs ist auch nicht verjährt oder hat sich durch Zeitablauf erledigt. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung vom 14. November 2017 bestimmt, dass die Frist zur Führung des Fahrtenbuchs mit dem Tag beginnt, an dem der Bescheid unanfechtbar wird. Die sich aus der Anordnung ergebenen Pflichten sind daher erst ab Bestandskraft des Bescheides zu erfüllen. Durch die gerichtlichen Verfahren wurde der Beginn der Frist hinausgeschoben (Dauer, a. a. O., § 31a StVZO, Rn. 78).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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