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Fahrtenbuchauflage – Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers i.S.v. § 31a StVZO

Ein Berliner Unternehmen gewinnt vor Gericht gegen eine Fahrtenbuchauflage, die nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung verhängt wurde. Die Behörden hätten nicht gründlich genug ermittelt – eine einfache Google-Suche hätte den Fahrer entlarven können. Das Urteil zeigt: Auch bei Verkehrsverstößen müssen Ermittlungsmaßnahmen sorgfältig und zeitgemäß sein.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin kämpfte gegen eine angeordnete Fahrtenbuchauflage aufgrund eines Geschwindigkeitsverstoßes ihres firmeneigenen Fahrzeugs.
  • Die zulässige Geschwindigkeit wurde an der Kontrollstelle erheblich überschritten, doch die Klägerin bestritt den Verkehrsverstoß.
  • Es gab keine belastbaren Beweise, um den Fahrer des Fahrzeugs eindeutig zu identifizieren, was zu Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Vorfalls führte.
  • Das Verwaltungsgericht hob den ursprünglichen Bescheid über die Fahrtenbuchauflage auf und gab der Klägerin recht.
  • Das Gericht stellte fest, dass die Beweisführung des Beklagten nicht ausreichend war und daher die Auflage nicht gerechtfertigt erschien.
  • Die Entscheidung könnte bedeuten, dass ähnliche Auflagen in vergleichbaren Fällen hinterfragt werden können.
  • Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beklagten auferlegt, was auf eine gerichtliche Fehlerhaftigkeit hindeutet.
  • Die Möglichkeit der Sicherheitsleistung für die Vollstreckung wurde angesprochen, wodurch die Klägerin potenziell vor finanziellen Nachteilen geschützt wurde.
  • Die Aufhebung der Auflage verbessert die rechtliche Stellung der Klägerin und könnte auch für andere Betroffene eine Präzedenzwirkung haben.
  • Betroffene sollten in ähnlichen Fällen die Beweislage und rechtlichen Grundlagen sorgfältig prüfen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten.

Fahrtenbuchauflage im Fokus: Rechtsfolgen bei fehlender Fahreridentifikation

Im Bereich des Verkehrsrechts sind die Vorschriften zur Fahrtenbuchauflage von großer Bedeutung. Gemäß § 31a StVZO sind Fahrzeughalter verpflichtet, ein Fahrtenbuch zu führen, wenn die Identität des Fahrzeugführers im Rahmen von Verkehrsüberwachungen nicht klar ermittelt werden kann. Diese Regelung dient der Nachweisführung und der Dokumentationspflicht, um die ordnungsgemäße Nutzung von Fahrzeugen sicherzustellen und mögliche Missbräuche zu verhindern. Für viele Halter stellt sich die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit der entstandenen Kosten, die im Zusammenhang mit der Erfüllung dieser Behördenauflagen anfallen.

Die klare Fahreridentifikation ist insbesondere in Bußgeldverfahren von zentraler Bedeutung, da sie die Grundlage für die Ahndung von Verstößen bildet. Ohne ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch könnte die Ermittlung von Verstößen und die Zuordnung zu einem bestimmten Fahrzeugführer schwierig werden. Die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers hat daher weitreichende rechtliche Konsequenzen und wirft Fragen zur Rechtssicherheit auf, die sowohl Halter als auch Fahrer betreffen.

Im folgenden Abschnitt wird ein konkreter Fall vorgestellt, der sich mit der Problematik der Fahrtenbuchauflage und der Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers auseinandersetzt und die entscheidenden rechtlichen Aspekte beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Fahrtenbuchauflage gegen Unternehmen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung aufgehoben

Ein Berliner Unternehmen hat erfolgreich gegen eine Fahrtenbuchauflage geklagt, die ihm nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Firmenfahrzeug erteilt wurde. Das Verwaltungsgericht Berlin hob in seinem Urteil vom 26. Juni 2024 den entsprechenden Bescheid der Zulassungsbehörde auf.

Hintergründe des Falls

Am 18. Mai 2019 wurde ein Audi Quattro des klagenden Unternehmens bei einer Verkehrskontrolle in Berlin-Marzahn mit 80 km/h statt der erlaubten 50 km/h gemessen. Da der Fahrer nicht ermittelt werden konnte, ordnete die Zulassungsbehörde am 8. November 2019 an, dass für das Fahrzeug ein Jahr lang ein Fahrtenbuch geführt werden müsse.

Rechtliche Grundlagen und Ermittlungspflichten

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 31a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Demnach kann eine Fahrtenbuchauflage nur angeordnet werden, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.

Der Einzelrichter betonte, dass die Behörde nicht alle zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen ergriffen habe. Insbesondere kritisierte er, dass keine Google-Recherche durchgeführt wurde, obwohl diese angesichts des Fahrzeugtyps und der Haltereigenschaft als juristische Person naheliegend gewesen wäre. Der Richter führte aus, dass er selbst ohne großen Aufwand den Geschäftsführer des Unternehmens als wahrscheinlichen Fahrer hätte identifizieren können.

Präventiver Charakter der Fahrtenbuchauflage

Das Gericht betonte den präventiven Charakter der Fahrtenbuchauflage. Es sei nicht erforderlich, dass der Halter seine Mitwirkungspflichten schuldhaft verletzt habe. Die Auflage dürfe nicht als sanktionierendes Korrektiv zum ergebnislosen Ausgang des Ordnungswidrigkeitenverfahrens verstanden werden.

Bestätigung des Geschwindigkeitsverstoßes

Trotz der Aufhebung der Fahrtenbuchauflage bestätigte das Gericht die Rechtmäßigkeit der Geschwindigkeitsmessung. Die Überschreitung um 30 km/h wurde mit einem standardisierten Messverfahren festgestellt. Das Gericht sah keinen Anlass, die Messung in Zweifel zu ziehen, da keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fehlfunktion oder unsachgemäße Bedienung vorlagen.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit sorgfältiger Ermittlungen seitens der Behörden vor Anordnung einer Fahrtenbuchauflage. Es zeigt auch, dass moderne Recherchemethoden wie Internet-Suchmaschinen als zumutbare Ermittlungsmaßnahmen angesehen werden können. Für Unternehmen und Fahrzeughalter bedeutet dies, dass sie sich gegen Fahrtenbuchauflagen wehren können, wenn die Behörden nicht alle angemessenen Mittel zur Fahrerermittlung ausgeschöpft haben.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil erweitert die Anforderungen an behördliche Ermittlungen vor Anordnung einer Fahrtenbuchauflage erheblich. Es verlangt von Behörden, moderne Recherchemethoden wie Internet-Suchmaschinen zu nutzen, um Fahrer zu identifizieren. Dies stärkt die Rechte von Fahrzeughaltern, insbesondere Unternehmen, gegen vorschnelle Fahrtenbuchauflagen und betont den rein präventiven Charakter dieser Maßnahme. Gleichzeitig wird die Gültigkeit standardisierter Messverfahren bei Geschwindigkeitsübertretungen bekräftigt.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Fahrtenbuchauflage erhalten haben, eröffnet dieses Urteil neue Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Das Gericht hat die Anforderungen an die Behörden erhöht: Sie müssen nun auch einfache Online-Recherchen durchführen, um den Fahrer zu ermitteln, bevor sie eine Auflage erteilen. Für Sie bedeutet das: Prüfen Sie, ob die Behörde wirklich alle zumutbaren Ermittlungsschritte unternommen hat. Wenn nicht, können Sie die Auflage möglicherweise erfolgreich anfechten. Beachten Sie aber: Der Geschwindigkeitsverstoß selbst bleibt meist unanfechtbar, wenn er mit standardisierten Messverfahren festgestellt wurde. Im Zweifel sollten Sie sich rechtlich beraten lassen, um Ihre individuellen Chancen einzuschätzen.


FAQ – Häufige Fragen

Willkommen in unserer FAQ-Rubrik, die Ihnen wertvolle Informationen rund um das Thema Fahrtenbuchauflage und Fahrerermittlung bietet. Hier finden Sie prägnante Antworten auf häufig gestellte Fragen, die Ihnen helfen, rechtliche Aspekte und praktische Lösungen besser zu verstehen. Tauchen Sie ein und lassen Sie sich informieren!

Was ist eine Fahrtenbuchauflage und wann kann sie angeordnet werden?

Eine Fahrtenbuchauflage ist eine behördliche Anordnung, die einen Fahrzeughalter verpflichtet, für einen bestimmten Zeitraum ein detailliertes Fahrtenbuch zu führen. Sie basiert auf §31a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) und dient dazu, zukünftige Verkehrsverstöße besser aufklären zu können.

Voraussetzungen für eine Anordnung

Eine Fahrtenbuchauflage kann angeordnet werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  1. Mit dem betreffenden Fahrzeug wurde ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht begangen.
  2. Der Fahrer konnte trotz angemessener behördlicher Ermittlungen nicht festgestellt werden.
  3. Der Fahrzeughalter hat bei der Aufklärung des Vorfalls nicht ausreichend mitgewirkt.

Stellen Sie sich vor, Ihr Auto wurde geblitzt, aber Sie können oder wollen nicht angeben, wer gefahren ist. In einem solchen Fall könnte eine Fahrtenbuchauflage drohen.

Zweck und Dauer

Der Zweck der Fahrtenbuchauflage ist es, sicherzustellen, dass bei zukünftigen Verstößen der Fahrzeugführer eindeutig identifiziert werden kann. Es handelt sich hierbei um eine präventive Maßnahme zur Gefahrenabwehr und nicht um eine Bestrafung des Fahrzeughalters.

Die Dauer der Fahrtenbuchauflage wird von der Behörde festgelegt und richtet sich nach der Schwere des begangenen Verkehrsverstoßes. Sie kann zwischen sechs Monaten und bis zu drei Jahren bei schweren Vergehen – wie zum Beispiel Fahrerflucht – betragen.

Umfang der Dokumentation

Bei einer Fahrtenbuchauflage müssen Sie für jede Fahrt detaillierte Angaben dokumentieren, wie Datum, Uhrzeit, Fahrer, Ziel und Zweck der Fahrt. Das Fahrtenbuch muss auf Verlangen der Behörde jederzeit vorgelegt werden können und ist bis zu sechs Monate nach Ablauf der Auflage aufzubewahren.

Wenn Sie als Unternehmer mit einer Fahrtenbuchauflage konfrontiert sind, beachten Sie, dass diese Verpflichtung für alle Fahrzeuge des Unternehmens gelten könnte. Allerdings müssen die Behörden hier die Verhältnismäßigkeit zwischen Vergehen und Maßnahme beachten.

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Welche Mitwirkungspflichten habe ich als Fahrzeughalter bei der Fahrerermittlung?

Als Fahrzeughalter haben Sie eine Mitwirkungspflicht bei der Fahrerermittlung, die jedoch begrenzt ist. Sie müssen der Behörde bei der Aufklärung eines Verkehrsverstoßes helfen, ohne sich selbst zu belasten.

Umfang der Mitwirkungspflicht

Ihre Mitwirkungspflicht umfasst folgende Aspekte:

  • Beantwortung des Anhörungsbogens: Wenn Sie einen Anhörungsbogen erhalten, sollten Sie diesen ausfüllen und zurücksenden. Ignorieren Sie den Bogen nicht, da dies als fehlende Mitwirkungsbereitschaft ausgelegt werden kann.
  • Einschränkung des Fahrerkreises: Sie sollten zumindest den Personenkreis der möglichen Fahrzeugführer gegenüber der Behörde eingrenzen. Dies kann bedeuten, dass Sie angeben, wer zum fraglichen Zeitpunkt Zugang zum Fahrzeug hatte.
  • Wahrheitsgemäße Angaben: Alle Informationen, die Sie der Behörde mitteilen, müssen der Wahrheit entsprechen. Falsche Angaben können strafrechtliche Konsequenzen haben.

Grenzen der Mitwirkungspflicht

Es ist wichtig zu verstehen, dass Ihre Mitwirkungspflicht Grenzen hat:

  • Selbstbelastungsfreiheit: Sie müssen sich nicht selbst belasten. Das bedeutet, Sie sind nicht verpflichtet, sich als Fahrer zu bezeichnen, wenn Sie tatsächlich gefahren sind.
  • Zeugnisverweigerungsrecht: Wenn ein naher Angehöriger gefahren ist, können Sie sich auf Ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen.

Konsequenzen bei mangelnder Mitwirkung

Wenn Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen, kann dies Folgen haben:

  • Fahrtenbuchauflage: Die Behörde kann eine Fahrtenbuchauflage anordnen, wenn der Fahrer nicht ermittelt werden kann und Sie nicht ausreichend mitgewirkt haben.
  • Kostentragung: Bei mangelnder Mitwirkung können Sie als Halter verpflichtet werden, die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Bedenken Sie, dass eine angemessene Mitwirkung in Ihrem Interesse sein kann, um eine Fahrtenbuchauflage zu vermeiden. Gleichzeitig sollten Sie Ihre Rechte kennen und nicht über das gesetzlich geforderte Maß hinaus Informationen preisgeben. In komplexen Fällen kann es ratsam sein, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen.

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Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich, gegen eine Fahrtenbuchauflage vorzugehen?

Gegen eine Fahrtenbuchauflage können Sie sich mit folgenden rechtlichen Mitteln wehren:

Widerspruch einlegen

Der erste Schritt ist in der Regel, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen. Dies müssen Sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids tun. Der Widerspruch sollte schriftlich erfolgen und eine Begründung enthalten, warum Sie die Auflage für unrechtmäßig halten.

Anfechtungsklage erheben

Wird Ihr Widerspruch abgelehnt, können Sie eine Anfechtungsklage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht einreichen. Auch hierfür gilt eine Frist von einem Monat nach Zustellung des Widerspruchsbescheids.

Begründungen für den Widerspruch oder die Klage

Folgende Argumente können Sie vorbringen:

  • Die Ermittlungen der Behörde waren nicht ausreichend.
  • Der Verkehrsverstoß war nicht schwerwiegend genug, um eine Fahrtenbuchauflage zu rechtfertigen.
  • Sie haben bei der Aufklärung des Vorfalls ausreichend mitgewirkt.
  • Die Dauer der Auflage ist unverhältnismäßig lang.

Erfolgsaussichten

Die Erfolgsaussichten hängen stark vom Einzelfall ab. Generell sind sie eher gering, wenn die Behörde alle formalen Voraussetzungen eingehalten hat. Stellen Sie sich vor, Ihr Auto wurde geblitzt, aber Sie konnten oder wollten nicht angeben, wer gefahren ist. In einem solchen Fall sind die Chancen, die Auflage abzuwenden, meist nicht sehr hoch.

Vorbeugende Maßnahmen

Um eine Fahrtenbuchauflage von vornherein zu vermeiden, sollten Sie:

  • Bei Verkehrsverstößen mit Ihrem Fahrzeug immer kooperativ mit den Behörden zusammenarbeiten.
  • Wenn möglich, den Fahrer benennen, der zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug geführt hat.
  • Ein freiwilliges Fahrtenbuch führen, um im Bedarfsfall Auskunft geben zu können.

Beachten Sie, dass diese Informationen allgemeiner Natur sind. In Ihrem spezifischen Fall kann es sinnvoll sein, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu konsultieren, um Ihre individuellen Erfolgsaussichten einschätzen zu lassen.

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Inwiefern ist die Durchführung von Internetrecherchen in der Fahrerermittlung relevant?

Internetrecherchen spielen eine zunehmend wichtige Rolle bei der Fahrerermittlung und können die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage beeinflussen. Behörden nutzen Online-Quellen, um zusätzliche Informationen über mögliche Fahrer zu sammeln und die Identität des Fahrzeugführers festzustellen.

Relevanz für die Fahrerermittlung

Wenn Sie als Fahrzeughalter in einen Verkehrsverstoß verwickelt sind, können Behörden soziale Medien und andere Online-Plattformen durchsuchen, um Hinweise auf den tatsächlichen Fahrer zu finden. Fotos, Check-ins oder Statusupdates können wichtige Indizien liefern.

Auswirkungen auf die Fahrtenbuchauflage

Die Durchführung von Internetrecherchen kann entscheidend sein, ob eine Fahrtenbuchauflage als rechtmäßig gilt. Gemäß § 31a StVZO darf eine solche Auflage nur angeordnet werden, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers objektiv unmöglich war.

Behördliche Pflichten

Behörden sind verpflichtet, alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Fahrer zu ermitteln. Dazu können auch Internetrecherchen gehören. Stellen Sie sich vor, ein Gericht stellt fest, dass offensichtliche Online-Spuren nicht verfolgt wurden – dies könnte die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage in Frage stellen.

Grenzen der Online-Ermittlungen

Trotz ihrer Relevanz haben Internetrecherchen Grenzen. Datenschutzbestimmungen und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen müssen beachtet werden. Zudem sind nicht alle Online-Informationen zuverlässig oder aktuell.

Bedenken Sie: Auch wenn Behörden das Internet für Ermittlungen nutzen, sind Sie nicht verpflichtet, aktiv bei der Fahrerermittlung mitzuwirken oder Zugang zu Ihren privaten Online-Accounts zu gewähren.

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Was bedeutet der präventive Charakter der Fahrtenbuchauflage?

Der präventive Charakter der Fahrtenbuchauflage bedeutet, dass diese Maßnahme nicht als Strafe, sondern als vorbeugende Maßnahme dient. Sie zielt darauf ab, zukünftige Verkehrsverstöße zu verhindern und die Identifizierung von Fahrzeugführern bei möglichen Verstößen zu erleichtern.

Zweck der Prävention

Die Fahrtenbuchauflage soll sicherstellen, dass der Fahrzeughalter in Zukunft jederzeit Auskunft darüber geben kann, wer sein Fahrzeug gefahren hat. Dies ist besonders relevant, wenn Sie als Halter Ihr Fahrzeug auch anderen Personen zur Verfügung stellen. Durch die genaue Dokumentation aller Fahrten und Fahrer wird es für die Behörden einfacher, im Falle eines Verkehrsverstoßes den verantwortlichen Fahrer zu ermitteln.

Unterscheidung zur Strafe

Im Gegensatz zu einer Strafe, die auf ein vergangenes Fehlverhalten reagiert, richtet sich die Fahrtenbuchauflage auf die Zukunft. Sie wird nicht verhängt, um Sie für einen konkreten Verstoß zu bestrafen, sondern um zukünftige Ermittlungen zu erleichtern. Stellen Sie sich vor, Ihr Fahrzeug wird in einen Verkehrsverstoß verwickelt, aber Sie können nicht sagen, wer es gefahren hat. Die Fahrtenbuchauflage soll verhindern, dass sich eine solche Situation wiederholt.

Rechtliche Einordnung

Aus rechtlicher Sicht ist die Fahrtenbuchauflage eine Verwaltungsmaßnahme nach § 31a StVZO, keine Sanktion im strafrechtlichen Sinne. Dies hat wichtige Konsequenzen für Sie als Betroffenen:

  • Die Auflage kann auch dann erteilt werden, wenn kein Verschulden Ihrerseits vorliegt.
  • Sie dient nicht der Bestrafung, sondern der Gefahrenabwehr im Straßenverkehr.
  • Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme muss gewahrt bleiben.

Praktische Auswirkungen

Für Sie als Fahrzeughalter bedeutet der präventive Charakter, dass Sie proaktiv handeln müssen. Sie sind verpflichtet, für jede Fahrt genaue Aufzeichnungen zu führen, unabhängig davon, ob ein Verstoß vorliegt oder nicht. Dies kann als lästig empfunden werden, dient aber letztlich der Verkehrssicherheit und Ihrem eigenen Schutz vor ungerechtfertigten Anschuldigungen.

Beachten Sie, dass die korrekte Führung des Fahrtenbuchs in Ihrer Verantwortung liegt. Versäumnisse können zu weiteren behördlichen Maßnahmen führen. Der präventive Charakter der Auflage soll Sie dazu anhalten, diese Verantwortung ernst zu nehmen und dadurch aktiv zur Verkehrssicherheit beizutragen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Fahrtenbuchauflage: Eine behördliche Anordnung, die den Halter eines Fahrzeugs verpflichtet, für einen bestimmten Zeitraum detailliert aufzuzeichnen, wer wann und zu welchem Zweck das Fahrzeug nutzt. Sie wird typischerweise verhängt, wenn nach einem Verkehrsverstoß der Fahrer nicht ermittelt werden kann. Ziel ist es, künftige Verstöße leichter aufklären zu können. Die Auflage hat präventiven Charakter und soll keine Strafe sein. Für Betroffene bedeutet sie einen erheblichen bürokratischen Aufwand und kann bei Nichtbefolgung zu weiteren Sanktionen führen.
  • Zumutbare Ermittlungsmaßnahmen: Handlungen, die von Behörden vernünftigerweise erwartet werden können, um einen Sachverhalt aufzuklären. Im Kontext der Fahrerermittlung umfasst dies standardmäßige Verfahren wie die Halteranfrage, aber auch moderne Methoden wie Internet-Recherchen. Die Zumutbarkeit richtet sich nach der Verhältnismäßigkeit des Aufwands zur Schwere des Verstoßes. Behörden müssen diese Maßnahmen ausschöpfen, bevor sie eine Fahrtenbuchauflage verhängen. Unterlassene zumutbare Ermittlungen können zur Rechtswidrigkeit der Auflage führen.
  • Standardisiertes Messverfahren: Ein gerichtlich anerkanntes, technisch normiertes Verfahren zur Geschwindigkeitsmessung im Straßenverkehr. Es bietet hohe Zuverlässigkeit und Beweiskraft. Beispiele sind Radar- oder Lasermessgeräte wie der im Fall erwähnte POLISCAN FM1. Diese Verfahren gelten als so zuverlässig, dass Gerichte die Messergebnisse in der Regel ohne weitere Prüfung akzeptieren. Nur bei konkreten Anhaltspunkten für Fehler ist eine tiefergehende Überprüfung erforderlich. Für Betroffene bedeutet dies, dass pauschale Zweifel an der Messung meist nicht ausreichen, um einen Bußgeldbescheid anzufechten.
  • Präventiver Charakter: Bezeichnet den vorbeugenden Zweck einer Maßnahme, hier der Fahrtenbuchauflage. Sie soll nicht bestrafen, sondern zukünftige Verkehrsverstöße verhindern oder deren Aufklärung erleichtern. Dies unterscheidet sie von Sanktionen wie Bußgeldern oder Fahrverboten. Der präventive Charakter bedeutet auch, dass kein Verschulden des Halters notwendig ist. Für Betroffene ist wichtig zu verstehen, dass die Auflage keine Schuldzuweisung darstellt, sondern eine Vorsichtsmaßnahme ist. Dies kann relevant sein, wenn gegen die Auflage rechtlich vorgegangen werden soll.
  • Anfechtungsklage: Ein Rechtsmittel im Verwaltungsrecht, mit dem ein Bürger einen belastenden Verwaltungsakt, wie eine Fahrtenbuchauflage, gerichtlich überprüfen lassen kann. Ziel ist die Aufhebung des Verwaltungsakts. Die Klage muss innerhalb einer bestimmten Frist beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht werden. Sie hat Erfolg, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Für Betroffene einer Fahrtenbuchauflage ist dies oft der letzte Weg, sich gegen die Anordnung zu wehren, nachdem ein Widerspruch erfolglos geblieben ist.
  • Ordnungswidrigkeitenverfahren: Ein rechtliches Verfahren zur Ahndung von Verstößen gegen die öffentliche Ordnung, die nicht die Schwere einer Straftat erreichen. Im Verkehrsrecht betrifft dies häufig Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Parkverstöße. Es kann mit einem Bußgeldbescheid enden. Wird der Fahrer nicht ermittelt, wird das Verfahren eingestellt. Dies kann zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage führen. Für Betroffene ist wichtig zu wissen, dass die Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens nicht automatisch vor einer Fahrtenbuchauflage schützt.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung): Diese Vorschrift erlaubt der Behörde, die Führung eines Fahrtenbuchs anzuordnen, wenn nach einem Verkehrsverstoß der Fahrer nicht ermittelt werden konnte. Im vorliegenden Fall wurde diese Vorschrift angewendet, um dem Unternehmen eine Fahrtenbuchauflage zu erteilen, da der Fahrer des Firmenwagens nach einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht festgestellt werden konnte.
  • § 170 Abs. 2 StPO (Strafprozessordnung): Diese Vorschrift regelt die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens, wenn der Täter nicht ermittelt werden kann oder andere Gründe vorliegen, die eine weitere Verfolgung nicht rechtfertigen. Im vorliegenden Fall wurde das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den unbekannten Fahrer aufgrund dieser Vorschrift eingestellt.
  • § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Diese Vorschrift ermöglicht es dem Gericht, einen Rechtsstreit einem Einzelrichter zur Entscheidung zu übertragen, wenn dies sachdienlich ist. Im vorliegenden Fall hat die Kammer den Rechtsstreit gemäß dieser Vorschrift dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
  • § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Diese Vorschrift regelt die Aufhebung eines Verwaltungsakts durch das Gericht, wenn dieser rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Im vorliegenden Fall wurde der Bescheid über die Fahrtenbuchauflage aufgrund dieser Vorschrift aufgehoben, da die Behörde nicht alle zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen ergriffen hatte, um den Fahrer zu ermitteln.
  • Zumutbare Ermittlungsmaßnahmen: Dieser Begriff beschreibt die Maßnahmen, die von einer Behörde erwartet werden können, um einen Sachverhalt aufzuklären. Im vorliegenden Fall hätte die Behörde eine einfache Google-Suche durchführen können, um den Geschäftsführer des Unternehmens als wahrscheinlichen Fahrer zu identifizieren. Da dies unterlassen wurde, wurde die Fahrtenbuchauflage als rechtswidrig angesehen.

Das vorliegende Urteil

VG Berlin – Az.: 37 K 11/23 – Urteil vom 26.06.2024


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