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Fahrtenbuchauflage – keine Unmöglichkeit der Fahrzeugführerfeststellung im Sinne des § 31a StVZO

Blitzerfoto reicht nicht! Fahrtenbuchauflage trotz erkennbarem Fahrer bestätigt. Verwaltungsgericht stärkt Behörden im Kampf gegen Verkehrssünder, auch wenn Fahrerermittlung schwierig ist. Halter in der Pflicht, bei Aufklärung mitzuwirken – Prävention statt Strafe.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Entscheidung befasst sich mit der rechtlichen Zulässigkeit einer Fahrtenbuchauflage im Straßenverkehrsrecht.
  • Es wird erörtert, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nicht als unmöglich anzusehen ist, auch wenn es Schwierigkeiten gibt.
  • Die Gerichte müssen den Einzelfall betrachten und überlegen, ob die Bedingungen für eine Fahrtenbuchauflage gegeben sind.
  • Das Gericht hat entschieden, dass eine Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs zulässig ist, wenn die Identifizierung des Fahrzeugsführers nicht ausgeschlossen werden kann.
  • Die Entscheidung basiert auf der rechtlichen Einschätzung, dass auch bei Schwierigkeiten eine Pflicht zur Mitteilung des Fahrzeugsführers besteht.
  • Dies hat zur Folge, dass Fahrzeughalter in bestimmten Fällen verpflichtet werden können, ein Fahrtenbuch zu führen.
  • Die rechtlichen Grundsätze müssen klar kommuniziert werden, um Missverständnisse über die Verpflichtungen der Fahrzeughalter zu vermeiden.
  • Die Entscheidung stärkt die Befugnisse der Verwaltungsbehörden zur Kontrolle im Straßenverkehr.
  • Fahrzeughalter sollten sich über ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Fahrtenbuchauflagen informieren.
  • Eine rechtliche Auseinandersetzung kann sich lohnen, wenn die Voraussetzungen nicht zutreffend geprüft wurden.

Fahrtenbuchauflage: Rechtliche Grundlagen und aktuelle Judikatur im Fokus

Die Fahrtenbuchauflage ist eine gängige Maßnahme der Verkehrsbehörden, die in bestimmten Fällen zum Einsatz kommt, um die Identität des Fahrzeugführers bei Verkehrsverstößen festzustellen. Diese Maßnahme wird insbesondere dann ergriffen, wenn der Fahrzeughalter wiederholt gegen Verkehrsregeln verstößt oder die Identität des Fahrers im Falle eines Vergehens unklar ist. In Deutschland regelt § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) die Voraussetzungen und Verfahren zur Anordnung einer solchen Fahrtenbuchauflage. Ziel dieser Regelung ist es, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und verantwortungsvolles Fahrverhalten zu fördern.

Die Frage, ob eine Fahrtenbuchauflage rechtlich zulässig ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Frage der Feststellbarkeit des Fahrzeugführers. Ein häufiges Missverständnis ist dabei die Annahme, dass in bestimmten Situationen eine Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung gegeben sein könnte. Juristische Auseinandersetzungen zu diesem Thema behandeln oft die Abwägung zwischen den Rechten des Fahrzeughalters und dem öffentlichen Interesse an der Verkehrssicherheit.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall beleuchtet, der die rechtlichen Grundlagen und die Praxis der Fahrtenbuchauflage näher untersucht und die im Urteil enthaltenen Argumente analysiert.

Rechtliche Unterstützung bei Fahrtenbuchauflagen

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Der Fall vor Gericht


Fahrtenbuchauflage trotz möglicher Fahrzeugführerfeststellung rechtmäßig

Im Zentrum eines Verwaltungsgerichtsverfahrens stand die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde. Der Kläger, Halter eines Kraftfahrzeugs, war mit dieser behördlichen Entscheidung nicht einverstanden und zog vor das Verwaltungsgericht, um die Rechtmäßigkeit der Anordnung überprüfen zu lassen. Der Fall erregte Aufmerksamkeit, da er die Grenzen der behördlichen Befugnisse bei der Anordnung von Fahrtenbuchauflagen auslotete.

Hintergründe des Verfahrens und behördliche Maßnahmen

Auslöser des Rechtsstreits war ein Verkehrsverstoß, bei dem das Fahrzeug des Klägers mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt wurde. Die Behörde leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein, um den verantwortlichen Fahrer zu identifizieren. Trotz der Bemühungen der Behörde konnte der Fahrer nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Als Reaktion darauf ordnete die Straßenverkehrsbehörde gegenüber dem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs an. Diese Maßnahme zielte darauf ab, künftige Verkehrsverstöße besser aufklären zu können.

Rechtliche Grundlagen und Argumentation des Klägers

Die rechtliche Grundlage für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage bildet § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Diese Vorschrift ermächtigt die Behörde, dem Halter eines Kraftfahrzeugs das Führen eines Fahrtenbuchs aufzuerlegen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Der Kläger argumentierte, dass in seinem Fall die Feststellung des Fahrers durchaus möglich gewesen sei. Er stützte sich dabei auf die Tatsache, dass das Blitzerfoto den Fahrer erkennbar zeige. Aus seiner Sicht lag somit keine Unmöglichkeit der Fahrerermittlung vor, wodurch die Voraussetzungen für eine Fahrtenbuchauflage nicht erfüllt seien.

Gerichtliche Würdigung und Urteilsbegründung

Das Verwaltungsgericht folgte in seinem Urteil nicht der Argumentation des Klägers. Es bestätigte die Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs. In seiner Begründung stellte das Gericht klar, dass die „Unmöglichkeit der Feststellung“ im Sinne des § 31a StVZO nicht wörtlich zu verstehen sei. Vielmehr sei darunter zu verstehen, dass die Ermittlung des Fahrers nach den Umständen des Einzelfalls nicht möglich oder zumutbar war. Das Gericht betonte, dass es für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ausreiche, wenn die Behörde unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Fahrerermittlung ergriffen habe.

Im konkreten Fall würdigte das Gericht die Bemühungen der Behörde zur Identifizierung des Fahrers. Es stellte fest, dass trotz des vorhandenen Blitzerfotos und der durchgeführten Ermittlungen eine zweifelsfreie Identifikation des Fahrers nicht gelungen war. Das Gericht sah es als ausreichend an, dass die Behörde angemessene Anstrengungen unternommen hatte, um den Fahrer zu ermitteln. Die Tatsache, dass diese Bemühungen letztlich nicht zum Erfolg führten, rechtfertigte nach Ansicht des Gerichts die Anordnung der Fahrtenbuchauflage.

Bedeutung der Entscheidung für Fahrzeughalter

Mit diesem Urteil hat das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit der Fahrtenbuchauflage präzisiert. Es machte deutlich, dass für eine solche Anordnung keine absolute Unmöglichkeit der Fahrerermittlung vorliegen muss. Vielmehr reicht es aus, wenn die Behörde trotz angemessener Bemühungen den Fahrer nicht zweifelsfrei feststellen kann. Für Fahrzeughalter bedeutet dies, dass sie auch dann mit einer Fahrtenbuchauflage rechnen müssen, wenn grundsätzlich Anhaltspunkte zur Identifikation des Fahrers vorliegen, diese aber nicht zu einer eindeutigen Feststellung führen. Das Urteil unterstreicht die Verantwortung der Fahrzeughalter, bei der Aufklärung von Verkehrsverstößen mitzuwirken und gegebenenfalls präventive Maßnahmen zu ergreifen, um künftige Verstöße zu verhindern oder deren Aufklärung zu erleichtern.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil präzisiert die Voraussetzungen für eine Fahrtenbuchauflage nach § 31a StVZO. Eine „Unmöglichkeit der Feststellung“ des Fahrers liegt bereits vor, wenn die Behörde trotz angemessener und zumutbarer Bemühungen den Fahrer nicht zweifelsfrei identifizieren kann. Fahrzeughalter müssen daher auch bei grundsätzlich vorhandenen Identifikationsanhaltspunkten mit einer Fahrtenbuchauflage rechnen, wenn keine eindeutige Fahrerfeststellung möglich ist. Dies stärkt die behördlichen Befugnisse zur Verkehrssicherheit und unterstreicht die Mitwirkungspflicht der Halter bei der Aufklärung von Verstößen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Fahrzeughalter müssen Sie nach diesem Urteil mit einer Fahrtenbuchauflage rechnen, selbst wenn Anhaltspunkte zur Fahreridentifikation vorliegen. Die Behörde muss den Fahrer nicht zwingend ermitteln können, um die Auflage zu verhängen. Es reicht aus, dass trotz angemessener Bemühungen keine eindeutige Identifizierung möglich war. Dies betrifft Sie besonders, wenn Ihr Fahrzeug für Verkehrsverstöße genutzt wurde und Sie den Fahrer nicht benennen können oder wollen. Die Schwelle für eine Fahrtenbuchauflage ist nun niedriger, was Ihre Verantwortung als Halter erhöht. Um solche Auflagen zu vermeiden, sollten Sie stets nachvollziehen können, wer Ihr Fahrzeug genutzt hat, und bei Behördenanfragen kooperativ sein.


FAQ – Häufige Fragen

In unserer FAQ-Rubrik finden Sie umfassende Informationen zu häufigen Fragen rund um das Thema Fahrtenbuchauflage und rechtliche Grundlagen. Hier klären wir wichtige Aspekte, die Ihnen helfen, sich besser im Dschungel der gesetzlichen Anforderungen und steuerlichen Regelungen zurechtzufinden. Nutzen Sie diese Gelegenheit, um Ihre Unsicherheiten auszuräumen und fundierte Entscheidungen zu treffen.


Was ist eine Fahrtenbuchauflage und wann kann sie angeordnet werden?

Eine Fahrtenbuchauflage ist eine behördliche Anordnung, die einen Fahrzeughalter verpflichtet, für ein bestimmtes Fahrzeug oder mehrere Fahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen. Sie kann von der zuständigen Behörde angeordnet werden, wenn nach einem Verkehrsverstoß der verantwortliche Fahrer nicht ermittelt werden konnte.

Die rechtliche Grundlage für die Fahrtenbuchauflage findet sich in § 31a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Dieser Paragraf erlaubt es den Behörden, eine solche Auflage zu erteilen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Es muss ein Verkehrsverstoß vorliegen, der von einigem Gewicht ist. In der Regel handelt es sich um Verstöße, die zu einem Punkteeintrag im Fahreignungsregister führen würden.
  2. Die Ermittlung des Fahrers war trotz angemessener Anstrengungen der Behörde nicht möglich. Das bedeutet, die Behörde muss alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um den Fahrer zu identifizieren.
  3. Der Fahrzeughalter konnte oder wollte nicht bei der Aufklärung mitwirken, wer zum Zeitpunkt des Verstoßes das Fahrzeug geführt hat.

Wichtig zu wissen ist, dass die Behörde den Halter in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach dem Vorfall kontaktieren muss. Dies soll sicherstellen, dass der Halter sich noch zuverlässig erinnern kann, wer das Fahrzeug gefahren hat.

Die Fahrtenbuchauflage dient dazu, zukünftige Verkehrsverstöße zu verhindern und die Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten zu erleichtern. Wenn Sie als Fahrzeughalter mit einer solchen Auflage konfrontiert werden, ist es ratsam, die genauen Umstände zu prüfen. In manchen Fällen kann die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nämlich unverhältnismäßig oder sogar rechtswidrig sein, etwa wenn die Behörde nicht alle zumutbaren Ermittlungsschritte unternommen hat.

Beachten Sie: Eine Fahrtenbuchauflage ist keine Strafe im rechtlichen Sinne, sondern eine präventive Maßnahme. Sie soll sicherstellen, dass in Zukunft der Fahrer bei Verkehrsverstößen leicht ermittelt werden kann. Wenn Sie von einer solchen Auflage betroffen sind, müssen Sie für jede Fahrt detailliert aufzeichnen, wer das Fahrzeug wann und wo gefahren hat.

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Welche rechtlichen Möglichkeiten hat ein Fahrzeughalter, um gegen eine Fahrtenbuchauflage vorzugehen?

Als Fahrzeughalter haben Sie mehrere rechtliche Möglichkeiten, um gegen eine Fahrtenbuchauflage vorzugehen:

1. Widerspruch einlegen

Der erste Schritt ist in der Regel, Widerspruch gegen den Bescheid zur Fahrtenbuchauflage einzulegen. Dies müssen Sie innerhalb der im Bescheid genannten Frist tun, meist innerhalb eines Monats nach Zustellung. Im Widerspruch sollten Sie detailliert darlegen, warum Sie die Auflage für ungerechtfertigt halten. Mögliche Gründe könnten sein:

  • Sie haben bei der Ermittlung des Fahrers ausreichend mitgewirkt
  • Der zugrundeliegende Verkehrsverstoß war nur geringfügig
  • Die Dauer der Auflage ist unverhältnismäßig lang

2. Klage vor dem Verwaltungsgericht

Wird Ihr Widerspruch abgelehnt, können Sie Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Hier ist es ratsam, einen spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen. Die Klage muss ebenfalls innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids eingereicht werden.

3. Antrag auf aufschiebende Wirkung

Parallel zur Klage können Sie einen Antrag auf aufschiebende Wirkung stellen. Wird diesem stattgegeben, müssen Sie das Fahrtenbuch vorerst nicht führen, bis das Gericht endgültig entschieden hat.

4. Nachweis der Fahrerermittlung

Wenn Sie nachträglich den Fahrer ermitteln können, der den Verstoß begangen hat, sollten Sie dies umgehend der Behörde mitteilen. In manchen Fällen kann dies zur Aufhebung der Fahrtenbuchauflage führen.

5. Verhältnismäßigkeit prüfen lassen

Sie können argumentieren, dass die Auflage in Ihrem Fall unverhältnismäßig ist. Dies könnte zutreffen, wenn:

  • Es sich um einen einmaligen, geringfügigen Verstoß handelte
  • Die angeordnete Dauer der Fahrtenbuchführung zu lang ist
  • Die Auflage für zu viele Ihrer Fahrzeuge angeordnet wurde

Wichtig: Die Erfolgsaussichten Ihres Vorgehens hängen stark vom Einzelfall ab. Wurde die Fahrtenbuchauflage rechtmäßig angeordnet, sind die Chancen auf Erfolg gering. Dennoch lohnt es sich, die Anordnung sorgfältig zu prüfen und im Zweifel rechtlichen Rat einzuholen.

Bedenken Sie: Selbst wenn Sie rechtlich vorgehen, müssen Sie das Fahrtenbuch in der Regel zunächst führen, bis eine anderslautende Entscheidung getroffen wird. Eine Missachtung der Auflage kann empfindliche Strafen nach sich ziehen.

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Was bedeutet „Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers“ im rechtlichen Sinne?

Die „Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers“ im rechtlichen Sinne bezieht sich auf eine Situation, in der die zuständige Behörde trotz angemessener Bemühungen nicht in der Lage ist, den Fahrer eines Fahrzeugs zu identifizieren, der einen Verkehrsverstoß begangen hat. Es handelt sich dabei nicht um eine absolute, sondern um eine praktische Unmöglichkeit.

Kriterien für die Unmöglichkeit der Feststellung:

Die Behörde muss alle zumutbaren und angemessenen Maßnahmen ergriffen haben, um den Fahrer zu ermitteln. Dies beinhaltet:

  • Überprüfung der Halteranschrift
  • Befragung des Fahrzeughalters
  • Auswertung vorhandener Beweismittel (z.B. Fotos von Geschwindigkeitsübertretungen)

Die Ermittlungsintensität hängt von der Schwere des Verkehrsverstoßes ab. Bei gravierenden Verstößen werden umfangreichere Ermittlungen erwartet als bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten.

Ein wichtiger Aspekt ist die Mitwirkungspflicht des Fahrzeughalters. Wenn Sie als Halter aufgefordert werden, bei der Ermittlung des Fahrers mitzuwirken, sollten Sie dieser Aufforderung nachkommen. Verweigern Sie jegliche Auskunft, kann dies bereits als ausreichender Grund für die Annahme der Unmöglichkeit der Feststellung gelten.

Die Unmöglichkeit kann auch eintreten, wenn der Halter zwar kooperiert, aber keine zielführenden Informationen liefern kann. Beispielsweise, wenn in einem Unternehmen mit vielen Fahrzeugen und Fahrern keine Aufzeichnungen über die Fahrzeugnutzung geführt wurden.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Behörde nicht verpflichtet ist, jeden erdenklichen Ermittlungsschritt durchzuführen. Die Grenze liegt dort, wo weitere Maßnahmen unverhältnismäßig oder mit unzumutbarem Aufwand verbunden wären.

Wenn Sie mit einer Fahrtenbuchauflage konfrontiert sind, prüfen Sie kritisch, ob die Behörde tatsächlich alle zumutbaren Schritte unternommen hat. Falls nicht, könnte dies ein Grund sein, gegen die Auflage vorzugehen.

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Wie kann ein Fahrzeughalter präventiv gegen eine Fahrtenbuchauflage vorgehen?

Ein Fahrzeughalter kann durch verschiedene Maßnahmen präventiv gegen eine Fahrtenbuchauflage vorgehen:

Sorgfältige Dokumentation der Fahrzeugnutzung Führen Sie ein freiwilliges Fahrtenbuch, in dem Sie alle Fahrten mit Datum, Uhrzeit, Fahrer und Zweck dokumentieren. Dies ermöglicht es Ihnen, im Falle eines Verkehrsverstoßes den verantwortlichen Fahrer schnell zu identifizieren.

Klare Nutzungsregeln für Firmen- oder Familienfahrzeuge Legen Sie verbindliche Regeln für die Nutzung des Fahrzeugs fest. Bestimmen Sie, wer das Fahrzeug wann und zu welchem Zweck nutzen darf. Eine schriftliche Vereinbarung kann hier hilfreich sein.

Zeitnahe Reaktion auf behördliche Anfragen Reagieren Sie umgehend auf Anhörungsbögen oder andere Anfragen der Behörden. Ignorieren Sie diese keinesfalls, da dies die Wahrscheinlichkeit einer Fahrtenbuchauflage erhöht.

Kooperation bei der Fahrerermittlung Unterstützen Sie die Behörden aktiv bei der Ermittlung des Fahrers. Wenn Sie selbst nicht gefahren sind, versuchen Sie, den tatsächlichen Fahrer zu ermitteln und zu benennen. Ihre Mitwirkung kann eine Fahrtenbuchauflage oft verhindern.

Regelmäßige Überprüfung der Fahrtauglichkeit Stellen Sie sicher, dass alle Personen, die Ihr Fahrzeug nutzen, fahrtauglich und im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis sind. Dies reduziert das Risiko von Verkehrsverstößen.

Installation einer Dashcam Erwägen Sie die Installation einer Dashcam, die den Fahrer aufzeichnet. Beachten Sie dabei jedoch die datenschutzrechtlichen Bestimmungen.

Rechtliche Beratung bei Unsicherheiten Wenn Sie unsicher sind, wie Sie auf eine behördliche Anfrage reagieren sollen, holen Sie sich rechtzeitig rechtlichen Rat ein. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, die richtigen Schritte zu unternehmen und eine Fahrtenbuchauflage zu vermeiden.

Sensibilisierung für Verkehrsregeln Informieren Sie regelmäßig alle Nutzer Ihres Fahrzeugs über aktuelle Verkehrsregeln und die Konsequenzen von Verstößen. Dies kann das Bewusstsein für regelkonformes Verhalten schärfen.

Durch diese präventiven Maßnahmen können Sie als Fahrzeughalter aktiv dazu beitragen, das Risiko einer Fahrtenbuchauflage zu minimieren. Bedenken Sie, dass Ihre Kooperationsbereitschaft und Sorgfalt bei der Fahrzeugnutzung entscheidende Faktoren sind, um einer solchen Auflage vorzubeugen.

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Welche Konsequenzen hat die Nichtführung eines Fahrtenbuchs für den Halter?

Die Nichtführung eines angeordneten Fahrtenbuchs kann für den Halter erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben:

Bußgeld von 100 Euro: Wenn Sie als Halter das angeordnete Fahrtenbuch nicht oder nicht ordnungsgemäß führen, droht Ihnen ein Bußgeld in Höhe von 100 Euro. Dies gilt auch, wenn Sie das Fahrtenbuch nicht fristgerecht aufbewahren oder auf Verlangen nicht vorzeigen.

Verlängerung der Fahrtenbuchauflage: In der Regel beträgt die Dauer einer Fahrtenbuchauflage 6 bis 12 Monate. Bei wiederholten Verstößen oder Nichtführung des Fahrtenbuchs kann die Behörde die Auflage jedoch verlängern oder sogar unbefristet anordnen.

Erschwerung zukünftiger Ermittlungen: Durch die Nichtführung des Fahrtenbuchs erschweren Sie die Aufklärung möglicher zukünftiger Verkehrsverstöße. Dies kann zu weiteren behördlichen Maßnahmen führen.

Keine Möglichkeit der nachträglichen Korrektur: Beachten Sie, dass fehlende Angaben im Fahrtenbuch grundsätzlich nicht nachgeholt werden können. Eine unvollständige Führung kann daher nicht im Nachhinein behoben werden.

Mögliche steuerliche Nachteile: Wenn das Fahrtenbuch aus steuerlichen Gründen geführt wird und nicht anerkannt wird, kann dies zur Anwendung der 1%-Methode führen. Bei Fahrzeugen mit hohem Listenpreis kann dies erhebliche finanzielle Auswirkungen haben.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Fahrtenbuchauflage eine verpflichtende Maßnahme ist. Wenn Sie als Halter dieser Verpflichtung nicht nachkommen, riskieren Sie nicht nur Bußgelder, sondern auch eine Verschärfung der behördlichen Maßnahmen. In Ihrer Situation ist es daher ratsam, das Fahrtenbuch sorgfältig und vollständig zu führen, um weitere Konsequenzen zu vermeiden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Fahrtenbuchauflage: Eine behördliche Anordnung, die den Fahrzeughalter verpflichtet, für jede Fahrt detaillierte Aufzeichnungen zu führen. Sie wird verhängt, wenn nach einem Verkehrsverstoß der Fahrer nicht ermittelt werden kann. Die Auflage dient der Prävention und erleichtert künftige Fahrerermittlungen. Fahrzeughalter müssen Datum, Uhrzeit, Kilometerstand bei Fahrtbeginn und -ende, Fahrer und Fahrziel für jede Fahrt dokumentieren. Die Dauer der Auflage variiert, meist zwischen 6 und 12 Monaten. Verstöße gegen die Führungspflicht können mit Bußgeldern geahndet werden.
  • Verhältnismäßigkeit: Ein Rechtsgrundsatz, der fordert, dass behördliche Maßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen sein müssen. Bei der Fahrtenbuchauflage bedeutet dies, dass die Behörde alle zumutbaren Ermittlungsschritte unternommen haben muss, bevor sie diese anordnet. Die Maßnahme muss in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Verkehrsverstoßes und zur Wahrscheinlichkeit künftiger Verstöße stehen. Gerichte prüfen, ob weniger einschneidende Maßnahmen ausreichen würden, um den Zweck zu erreichen. Die Verhältnismäßigkeit schützt Bürger vor übermäßigen staatlichen Eingriffen.
  • Unmöglichkeit der Feststellung: Im Kontext der Fahrtenbuchauflage bedeutet dies nicht die absolute, sondern die praktische Unmöglichkeit, den Fahrer zu ermitteln. Es reicht aus, wenn die Behörde trotz angemessener Bemühungen den Fahrer nicht zweifelsfrei identifizieren kann. Dies kann der Fall sein, wenn das Blitzerfoto undeutlich ist, der Halter schweigt oder widersprüchliche Angaben macht. Auch wenn Familienangehörige als Fahrer in Frage kommen, aber nicht kooperieren, kann eine „Unmöglichkeit“ vorliegen. Entscheidend ist, dass die Behörde alle zumutbaren Ermittlungsschritte unternommen hat.
  • Mitwirkungspflicht des Halters: Die rechtliche Verpflichtung des Fahrzeughalters, bei der Aufklärung von Verkehrsverstößen mit den Behörden zu kooperieren. Sie umfasst die Pflicht, wahrheitsgemäße Angaben zum Fahrer zu machen oder plausibel zu erklären, warum dies nicht möglich ist. Die Mitwirkungspflicht leitet sich aus der Verantwortung des Halters für sein Fahrzeug ab. Ein Verstoß kann die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage rechtfertigen. Die Pflicht endet dort, wo der Halter sich selbst belasten müsste (Zeugnisverweigerungsrecht). Kooperatives Verhalten kann helfen, eine Fahrtenbuchauflage zu vermeiden.
  • Ermessensentscheidung: Bei der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage trifft die Behörde eine Ermessensentscheidung. Sie wägt ab zwischen dem öffentlichen Interesse an der Verkehrssicherheit und den Belastungen für den Halter. Faktoren wie die Schwere des Verstoßes, die Kooperationsbereitschaft des Halters und frühere Vorfälle fließen ein. Die Behörde muss alle relevanten Umstände berücksichtigen und ihre Entscheidung nachvollziehbar begründen. Gerichte überprüfen, ob das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde. Eine fehlerhafte Ermessensausübung kann zur Aufhebung der Fahrtenbuchauflage führen.
  • Rechtsmittel: Juristische Instrumente, mit denen Betroffene gegen eine Fahrtenbuchauflage vorgehen können. Der erste Schritt ist meist der Widerspruch bei der anordnenden Behörde binnen eines Monats. Wird dieser abgelehnt, kann Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Wichtige Argumente sind Verhältnismäßigkeit, fehlerhafte Ermessensausübung oder unzureichende Ermittlungen. Ein Eilantrag kann die aufschiebende Wirkung der Klage bewirken. In höheren Instanzen sind Berufung und Revision möglich. Rechtsmittel haben oft keine aufschiebende Wirkung, d.h. das Fahrtenbuch muss trotz laufenden Verfahrens geführt werden.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 31a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO): Dieser Paragraph ermächtigt die zuständigen Behörden, Fahrzeughaltern die Führung eines Fahrtenbuchs aufzuerlegen, wenn nach einer Zuwiderhandlung die Feststellung des Fahrzeugführers nicht möglich war. Im vorliegenden Fall wurde die Fahrtenbuchauflage auf Grundlage dieses Paragraphen angeordnet, da der Fahrer trotz vorhandenen Blitzerfotos nicht zweifelsfrei ermittelt werden konnte.
  • Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Dieser Grundsatz verlangt, dass behördliche Maßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen sein müssen, um den verfolgten Zweck zu erreichen. Im Kontext des vorliegenden Falls bedeutet dies, dass die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Behörde alle zumutbaren Maßnahmen zur Fahrerermittlung ergriffen hat und die Maßnahme im Verhältnis zum Verkehrsverstoß steht.
  • § 46 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG): Dieser Paragraph regelt die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, also geringfügigen Rechtsverstößen. Im vorliegenden Fall wurde das Fahrzeug des Klägers wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt, was eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage dient dazu, zukünftige Ordnungswidrigkeiten besser aufklären zu können.
  • Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG): Dieser Artikel garantiert die Rechtsweggarantie, d.h. das Recht, gerichtlichen Schutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt zu suchen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger von diesem Recht Gebrauch gemacht, indem er gegen die Anordnung der Fahrtenbuchauflage vor dem Verwaltungsgericht geklagt hat.
  • § 113 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO): Dieser Paragraph regelt die Klagebefugnis im Verwaltungsgerichtsverfahren. Der Kläger muss geltend machen, durch den Verwaltungsakt (hier: die Anordnung der Fahrtenbuchauflage) in seinen Rechten verletzt zu sein. Im vorliegenden Fall argumentierte der Kläger, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht erfüllt seien und die Maßnahme daher rechtswidrig sei.

Das vorliegende Urteil

VG Berlin – Az.: 37 K 11/23 – Urteil vom 26.06.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

Der Bescheid vom 8. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2021 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage.

Am 18. Mai 2019 wurde der firmeneigene PKW Audi Quattro mit dem Kennzeichen  um 9.54 Uhr bei einer Verkehrskontrolle in Berlin Marzahn/Hd Alt-Biesdorf 58 Richtung Alt-Friedrichsfelde mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h (nach Toleranzabzug) erfasst. Am Tatort ist eine Geschwindigkeit von 50 km/h zulässig. Die Geschwindigkeitskontrolle wurde mit einem Messgerät Poliscan FM 1 durchgeführt.

Auf das Anhörungsschreiben der Polizei im Ordnungswidrigkeitenverfahren teilte der die Klägerin online am 3. Juli 2019 mit, dass der Verkehrsverstoß nicht zugegeben werde. Es müsse sich um eine Verwechselung handeln, da sich das Fahrzeug im Zeitpunkt der Messfotoaufnahme 350 m entfernt befunden habe. Angaben zu dem Fahrzeugführer wurden nicht gemacht.

Ein Ermittlungsgesuch, den Geschäftsführer und Kommanditisten (Herrn F…) der Klägerin vorzuladen und anzuhören, verlief ergebnislos. Eine Mitarbeiterin der Klägerin konnte am 26. Juli 2019 keine Hinweise zu dem Führer des Fahrzeugs geben. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde nach § 170 Abs. 2 StPO am 26. Juli 2019 eingestellt.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2019 gab die Straßenverkehrsbehörde des Beklagten der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer beabsichtigten Fahrtenbuchauflage an.

Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – i. F. die Zulassungsbehörde – ordnete mit Bescheid vom 8. November 2019 gegenüber der Klägerin an, für das o. g. Kraftfahrzeug oder für ein zu bestimmendes Ersatzfahrzeug für die Dauer eines Jahres ab Unanfechtbarkeit dieses Bescheides ein Fahrtenbuch zu führen. Ferner setzte es eine Verwaltungsgebühr von 100,- Euro fest. Der Bescheid wurde am 13. November 2019 zugestellt.

Die Klägerin legte am 29. November 2019 Widerspruch ein und begründete ihn mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Januar 2020. Es liege kein Verkehrsverstoß vor, weil hierzu keine rechtsstaatlich verwertbaren Belege und Messergebnisse vorlägen. Das Messverfahren mit dem Messgerät Vitronic Poliscan FM 1 und der Software 4.4.5 sei kein standardisiertes Messverfahren. Es fehlten maßgebliche Rohmessdaten und Unterlagen, in die sie Akteneinsicht beantrage. Das Messfoto selbst sei nicht tauglich, eine exakte Einhaltung der Betriebsanleitung für das Messgerät insbesondere bezüglich des Selbsttests, ergebe sich nicht aus dem Messprotokoll. Auch sei fraglich, ob das Messgerät gültig geeicht sei. Dem Schriftsatz lag ein Gutachten der Olaf Neidel SV-Gesellschaft vom 6. Januar 2020 bei, das nach Eingang weiterer Messdaten mit Stellungnahme vom 1. September 2020 ergänzt worden ist.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2021 zurückgewiesen und der Klägerin am 14. Mai 2021 zugestellt.

Die Klägerin hat am 4. Juni 2021 Klage erhoben und wiederholt im Wesentlichen ihre Argumente aus dem Verwaltungsverfahren.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich, den Bescheid vom 8. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2021 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.

Es liege durchaus ein erheblicher Verkehrsverstoß vor. Hierzu verweist sie auf eine Stellungnahme der Polizeiakademie Berlin-Spandau vom 2. Februar 2021.

Mit Beschluss vom 10. Juli 2023 hat die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte und des die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie der Bußgeldakte Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung den Rechtsstreit entscheiden, nachdem die Beteiligten im Termin der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2024 auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO, und der verfahrensbeendende Vergleich seitens des Beklagten widerrufen worden ist.

Die Anfechtungsklage ist begründet, denn der angefochtene Bescheid vom 8. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein Fahrzeug oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Der Beklagte hat eine Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift rechtsirrig bejaht.

Die Feststellung des Fahrzeugführers war nämlich im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nicht unmöglich. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Behörde des Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter des Verkehrsverstoßes zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Die Angemessenheit der Aufklärung richtet sich danach, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Zu den gebotenen Ermittlungsmaßnahmen gehört regelmäßig in erster Linie die kurzfristig, d.h. möglichst innerhalb von zwei Wochen, erfolgende Benachrichtigung des Halters des mit dem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes, damit der Betreffende die Frage, wer zur Tatzeit das Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und – bei eigener Täterschaft – gegebenenfalls Entlastungsgründe vorbringen kann (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteile vom 13. Oktober 1978 – BVerwG VII C 77.74 und 49.77 –, juris Rn. 15 und 18 bzw. 12 und 15; Beschluss vom 25. Juni 1987 – BVerwG 7 B 139.87 –, juris Rn. 2). Art und Umfang ihrer Ermittlungstätigkeit darf die Behörde an den Erklärungen des Halters ausrichten, denn es ist ihr nicht zuzumuten, von sich aus wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. April 1971 – BVerwG VII C 66.70 –, juris Rn. 20, und vom 17. Dezember 1982 – BVerwG 7 C 3.80 –, juris Rn. 7).

Daran gemessen hat der Beklagte nicht die ihr zumutbaren Ermittlungen vorgenommen. Angesichts des Fahrzeugtyps und der Haltereigenschaft der Klägerin als juristische Person des Zivilrechts sowie des guten Frontfotos wäre eine Google-Recherche zu erwarten gewesen. Dem erkennenden Einzelrichter ist es nämlich ohne großen Aufwand, insbesondere ohne Anlegung gesonderter Accounts in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Xing, möglich gewesen, den Geschäftsführer der Klägerin als Fahrzeugführer zu identifizieren. Es ist schlechterdings nicht vermittelbar, dass die Berliner Polizei bei Ermittlung von Personen nicht diese naheliegende Erkenntnisquelle nutzt, zumal die Verwertbarkeit der Information als allgemein zugängliche Quelle, deren Inhalte regelmäßig konform zur Datenschutzgrundverordnung verfügbar sind, unproblematisch ist. Im vorliegenden Fall konnte schon allein anhand des Firmennamens und des Namens des Geschäftsführers über die Google-Bildsuche der Fahrer identifiziert werden. So wurde beim ersten Zugriff ein Foto aus dem Xing-Konto des Besagten bereits in der Google-Trefferliste sowie Bilder der Website des Unternehmens eingeblendet, aus denen sich diese Erkenntnis ergab.

Soweit sich der Behördenvertreter in der mündlichen Verhandlung in der Weise einließ, dass es gerade bei Firmenfahrzeugen und angesichts der fehlenden Bereitschaft der Halterin an der Aufklärung mitzuwirken, uferlos sei, weitere Recherchen anzustellen, geht dies fehl. Gerade, weil diese Recherche nach dem Stand der Technik so gut wie keinen Aufwand und keine besonderen Kenntnisse erfordert und vorliegend aufgrund des Fahrzeugtyps Audi Quattro insbesondere der Geschäftsführer als Fahrer in Betracht zu ziehen war, drängte sich diese Aufklärungsmaßnahme auf.

Würde hingegen die Überlegung des Beklagten zutreffen, dass allein die fehlende Mitwirkung zu einer Einstellung der weiteren Ermittlungstätigkeiten im Ordnungswidrigkeitenverfahrens berechtigte, würde dies den vorgeschriebene Untersuchungsgrundsatz nach § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 160 Abs. 1 und 2 StPO unterlaufen und wird der geschriebenen tatbestandlichen Voraussetzung der Ermächtigungsnorm des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO für eine Fahrtenbuchauflage nicht mehr gerecht (Unmöglichkeit der Ermittlung des Fahrzeugführers). Aus rechtsmethodischer Sicht ist nämlich schon die oben referierte weitgehende traditionelle Auslegung dieser Norm, die sich kaum mehr an der Wortlautgrenze orientiert, um so Verkehrssünder, deren Sanktionierung im Bußgeldverfahren misslingt, „zumindest“ mit einem Fahrtenbuch beauflagen zu können, nicht unproblematisch.

Hierbei ist auch in Erinnerung zu rufen, dass der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO eine präventive und keine strafende Funktion zukommt. Sie setzt tatbestandlich nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat (vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 7. Juni 2023 – 1 B 51/23 –, juris Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2023 – 8 A 464/23 –, juris Rn. 7; OVG des Landes Schleswig-Holstein, Urteil vom 8. Dezember 2022 – 5 LB 17/22 –, juris Rn. 28). Die oben erwähnte Praxis steht im Widerspruch hierzu, da sie die Fahrtenbuchauflage – infolge fehlender Mitwirkung des Halters – als sanktionierendes Korrektiv zum ergebnislosen Ausgang des Ordnungswidrigkeitenverfahrens versteht.

Dabei ist zu betonen, dass die grundsätzliche Überlegung, dass sich Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit an den Erklärungen des Halters ausrichten darf, durch die vorliegende gegebene Pflicht zur Internetrecherche nicht in Frage gestellt wird. Vielmehr stellt sie ein nach dem Stand der Technik und Ausrüstung der Polizeidienststellen in Berlin naheliegendes Aufklärungsmittel dar, dessen Einsatz sich bei vorliegenden Halterdaten und einem brauchbaren Frontfoto aufdrängt.

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte im Übrigen zurecht von einem erheblichen Verkehrsverstoß mit dem o.g. Fahrzeug ausgegangen ist.

Mit dem Fahrzeug der Klägerin wurde eine „Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvor-schriften“ in Form einer Ordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 3 Nr. 4, § 41 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in Verbindung mit der laufenden Nummer 49 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO begangen. Die am 18. Mai 2019 mit dem Fahrzeug der Klägerin begangene Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h ist zur vollen Überzeugung des Gerichts (vgl. § 108 VwGO) belegt.

Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wurde mithilfe eines standardisierten Messverfahrens mit einer bis Ende 2020 geeichten (vgl. Bl. 6 der Ermittlungsakte) Geschwindigkeitsüberwachungsanlage des Typs POLISCAN FM1 ermittelt. Gemessen wurde ein Wert von 83 km/h (Bl. 3 EA). Zum Ausgleich etwaiger Messungenauigkeiten wurde ordnungsgemäß ein Toleranzwert von 3 km/h abgezogen. Messfehler sind auf Grundlage des Messprotokolls (Bl. 5 EA) weder von der Klägerin konkret vorgetragen noch sonst für das Gericht ersichtlich.

Soweit die Klägerin die Ordnungsgemäßheit der Messung pauschal bestreitet und hierfür auf ein Sachverständigengutachten verweist, dringt sie damit nicht durch. Wird eine Fahrtenbuchanordnung auf die mit einem standardisierten Messverfahren ermittelte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gestützt, muss das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung von Amts wegen nur überprüft werden, wenn der Adressat der Anordnung plausible Anhaltspunkte für einen Messfehler vorträgt oder sich solche Anhaltspunkte sonst ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2023 – 3 C 14/21 –, juris Rn. 24; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 21. Juni 2023 – 2 BvR 1090/21 –, juris Rn. 32 f. m.w.N.). Die Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt bietet nämlich bei Verwendung des Messgeräts im Rahmen der Zulassungsvorgaben nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich eine ausreichende Gewähr dafür, dass die Messung bei Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen für den Einsatz auch im Einzelfall ein fehlerfreies Ergebnis liefert (vgl. BVerfG, a.a.O.). Dem Umstand, dass auch bei standardisierten Messverfahren eine absolute Genauigkeit hinsichtlich der Feststellung der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit nicht möglich ist, wird durch die Berücksichtigung einer Messtoleranz zugunsten der Autofahrenden – im vorliegenden Fall ausweislich des Messprotokolls 3 km/h – Rechnung getragen (ebd.). Das Tatgericht ist nur dann gehalten, das Messergebnis zu überprüfen und sich von der Zuverlässigkeit der Messung zu überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine technische Fehlfunktion oder eine unsachgemäße Bedienung vorliegen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 33). Pauschale Behauptungen ins Blaue hinein, die Messung sei fehlerhaft gewesen, das Messgerät habe nicht funktioniert, die Gebrauchsanweisung sei nicht eingehalten worden oder es seien nachträglich Eingriffe an dem Gerät vorgenommen worden, sind nicht geeignet, das Gericht zu weiterer Aufklärung anzuhalten (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 36 m.w.N.).

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Messergebnisse auch nicht unverwertbar, weil keine ordnungsgemäße und vollständige Speicherung bzw. Dokumentation der Rohmessdaten erfolgt sei und sein Recht auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren verletzt werde, wenn die Rohmessdaten einer Geschwindigkeitskontrolle nicht zur nachträglichen Plausibilitätskontrolle zur Verfügung stünden. Ungeachtet der Frage, ob dieser Einwand schon deshalb ins Leere geht, weil das hier in Rede stehende Messgerät des Typs Poliscan FM 1, Softwareversion 4.4.5, die Rohmessdaten speichert (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2023 – 3 C 14/21 –, juris Rn. 31; OVG Saarlouis, Urteil vom 6. Oktober 2021 – 1 A 8/21 –, juris Rn. 66, 68), sind Messergebnisse – jedenfalls in einem die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs betreffenden Verwaltungsverfahren – nicht deshalb unverwertbar, weil die Rohmessdaten der Geschwindigkeitsmessung zur nachträglichen Kontrolle nicht zur Verfügung stehen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 4. Januar 2021 – 8 B 1781/20 –, juris Rn. 14 ff.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 23. September 2020 – 12 ME 130/20 –, juris Rn. 9; a. A. für das Ordnungswidrigkeitenverfahren VerfGH des Saarlandes, Urteil vom 05. Juli 2019 – Lv 7/17 –, juris Rn. 80 ff.; ablehnend dazu: KG Berlin, Beschluss vom 05. April 2020 – 3 Ws [B] 64/20 –, juris Rn. 14 ff.). Das Fehlen von Rohmessdaten erlangt – allenfalls – dann Bedeutung, wenn konkrete Zweifel an der Geschwindigkeitsmessung bestehen, zu deren Klärung auf die Rohmessdaten zurückgegriffen werden müsste (vgl. OVG Münster, a.a.O., Rn. 26 ff.). Das ist hier nicht der Fall.

Es handelte sich bei der Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h auch um einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht (so schon BVerwG, Beschluss vom 12. Februar 1980 – 7 B 82/79 – juris Rn. 7). Von einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO kann nur bei einem Verkehrsverstoß von einigem Gewicht ausgegangen werden (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 11 C 12.94 – BVerwGE 98, 227 <229>; Urteil vom 2. Februar 2023 – 3 C 14.21 – Rn. 20). Ein solches Gewicht ist u. a. dann zu bejahen, wenn die Zuwiderhandlung nach dem Fahreignungsbewertungssystem mit mindestens einem Punkt im Fahreignungsregister zu bewerten ist (so BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2023, a. a. O.; Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 31a StVZO Rn. 19). So liegt es hier, vgl. Anlage 13 zu dem § 40 Fahrerlaubnisverordnung 2.2.3 i. V. m. § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung und Anlage 1 – 11 und Tabelle 1 zum Anhang 132.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.

 

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 4.800,00 Euro festgesetzt.


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