Die Antragstellerin hat in ihrem Schreiben vom 9. Februar 2023 zwar Akteneinsicht beantragt, aber nicht konkretisiert, welche Daten sie benötigt, um das Messergebnis überprüfen zu können. Es ist nicht Aufgabe der Bußgeldstelle, von sich aus alle in ihrem Besitz befindlichen Daten zur Verfügung zu stellen. Vielmehr obliegt es dem Antragsteller, konkret darzulegen, welche Daten er benötigt und warum diese für die Überprüfung des Messergebnisses relevant sind.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 B 960/23 >>>
✔ Das Wichtigste in Kürze
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln wurde vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat ihre Mitwirkungspflichten bei der Ermittlung eines Verkehrsverstoßes nicht erfüllt, was zur Anordnung eines Fahrtenbuchs führte.
- Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. August 2023 zurückgewiesen.
- Die Antragstellerin muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.
- Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 4.800,- Euro festgelegt.
- Die Beschwerde der Antragstellerin war erfolglos, da sie den Fahrer ihres Fahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, nicht identifizieren konnte.
- Die rechtliche Grundlage für die Anordnung eines Fahrtenbuchs ist § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO.
- Ein Fahrtenbuch kann angeordnet werden, wenn die Identifizierung eines Fahrers nach einem Verkehrsverstoß nicht möglich war.
- Die Antragstellerin wurde innerhalb von zwei Wochen nach dem festgestellten Verkehrsverstoß informiert und um Angaben zur fahrzeugführenden Person gebeten.
- Die Antragstellerin hat nicht ausreichend mitgewirkt, um den verantwortlichen Fahrer zu identifizieren.
- Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Antragstellerin ihre Mitwirkungspflichten nicht erfüllt hat.
- Die Antragstellerin hat keinen Zugang zu den Messdaten des Verkehrsverstoßes erhalten, da sie nicht alles Zumutbare unternommen hat, um den gewünschten Zugang von der Bußgeldstelle zu erhalten.
- Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Adressat einer Fahrtenbuchanordnung keinen Zugang zu Daten außerhalb der Akten des Fahrtenbuchverfahrens verlangen kann, wenn er nicht alles ihm Zumutbare unternommen hat, um den gewünschten Zugang von der Bußgeldstelle zu erhalten.
Übersicht
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Rechtliche Problematik und Herausforderungen
- Zusammenhänge und Kontext
- Gerichtsentscheidung und Urteilsbegründung
- Gründe für die Entscheidung des Gerichts
- Auswirkungen und Implikationen
- Schlussfolgerung und Bedeutung des Urteils
- ➨ Fahrtenbuchauflage: Was nun?
- ✔ Was ist eine Fahrtenbuchauflage? – kurz erklärt
- § Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:
- Das vorliegende Urteil
Die Antragstellerin hat auch nicht dargelegt, dass sie nach Erhalt des Zeugenfragebogens vom 2. Februar 2023 unverzüglich und ernsthaft versucht hat, den Fahrzeugführer zu ermitteln. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, nicht in der Lage sein sollte, innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Zeugenfragebogens festzustellen, wer das Fahrzeug zu dem in Frage stehenden Zeitpunkt geführt hat. Die bloße Behauptung, dass mehrere Personen das Fahrzeug nutzen könnten, ist ohne konkrete Angaben zu diesen Personen nicht ausreichend.
Rechtliche Problematik und Herausforderungen
Die rechtliche Problematik dieses Falles liegt in der Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit an der Verkehrssicherheit und den Rechten des Fahrzeughalters. Die Fahrtenbuchanordnung ist ein Mittel, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, wenn die Ermittlung des Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß nicht möglich ist. Allerdings greift sie in die Rechte des Fahrzeughalters ein, insbesondere in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Zusammenhänge und Kontext
Die Fahrtenbuchanordnung ist in der Rechtsprechung und in der juristischen Literatur umstritten. Während einige die Anordnung als notwendiges Mittel zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit sehen, kritisieren andere sie als unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte des Fahrzeughalters.
Gerichtsentscheidung und Urteilsbegründung
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in seiner Entscheidung die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Es hat dabei betont, dass die Antragstellerin ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen ist und dass die Fahrtenbuchanordnung daher rechtmäßig ist.
Gründe für die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht hat in seiner Entscheidung mehrere Gründe angeführt. Zum einen hat die Antragstellerin nicht ausreichend mitgewirkt, um den Fahrzeugführer zu ermitteln. Zum anderen hat sie nicht konkret dargelegt, welche Daten sie benötigt, um das Messergebnis zu überprüfen.
Auswirkungen und Implikationen
Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen für Fahrzeughalter, die sich gegen eine Fahrtenbuchanordnung wehren wollen. Sie unterstreicht die Bedeutung der Mitwirkungsobliegenheit des Fahrzeughalters und setzt hohe Anforderungen an die Begründung von Beschwerden gegen solche Anordnungen.
Schlussfolgerung und Bedeutung des Urteils
Das Urteil zeigt, dass die Gerichte die Interessen der Allgemeinheit an der Verkehrssicherheit hoch gewichten. Fahrzeughalter müssen sich daher bewusst sein, dass sie bei Verkehrsverstößen mit ihrem Fahrzeug ihrer Mitwirkungsobliegenheit nachkommen müssen, wenn sie sich gegen eine Fahrtenbuchanordnung wehren wollen.
➨ Fahrtenbuchauflage: Was nun?
Stehen Sie vor der Herausforderung einer Fahrtenbuchanordnung? Die rechtlichen Grundlagen und Pflichten können verwirrend sein, insbesondere wenn es um die Mitwirkungsobliegenheit eines Kaufmanns geht. Unsere Expertise im Verkehrsrecht ermöglicht es uns, Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung zu bieten und Sie durch den Dschungel der rechtlichen Bestimmungen zu führen. Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, welche Schritte für Sie sinnvoll sind. Kontaktieren Sie uns für eine umfassende Beratung und lassen Sie uns gemeinsam Ihre Möglichkeiten ausloten.
✔ Was ist eine Fahrtenbuchauflage? – kurz erklärt
Im Straßenverkehrsrecht bezeichnet ein Fahrtenbuch die Auflage der zuständigen Straßenverkehrsbehörde an den Fahrzeughalter, die Verwendung des oder der Fahrzeuge zu protokollieren. Das bedeutet, es muss Buch darüber geführt werden, wer wann mit dem Fahrzeug gefahren ist. Diese Auflage, auch Fahrtenbuch-Auflage genannt, dient der Gefahrenabwehr und stellt sicher, dass in der Zukunft die Fahrzeugführer eindeutig nachgewiesen werden können. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in einem Urteil festgestellt, dass eine Fahrtenbuchauflage erst dann angeordnet werden sollte, wenn der begangene Verkehrsverstoß mindestens drei Punkte in Flensburg nach sich zieht. Grundsätzlich wird die Dauer einer Fahrtenbuchauflage auf mindestens sechs Monate festgelegt. Bei wiederholten Verstößen kann die zuständige Behörde den Zeitraum jedoch auf bis zu 24 Monate ausdehnen.
§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:
- Verwaltungsrecht: Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat über eine Beschwerde entschieden, die sich gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln richtet. Das Verwaltungsrecht regelt die Beziehungen zwischen dem Staat und seinen Bürgern sowie die Organisation und Tätigkeit der Verwaltung.
- Straßenverkehrsrecht (StVZO): Die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs basiert auf § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen, unter denen die zuständige Behörde einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegen kann, insbesondere wenn die Identifizierung eines Fahrers nach einem Verkehrsverstoß nicht möglich war.
- Ordnungswidrigkeitenrecht: Es geht um Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften und die damit verbundenen Bußgelder. Die Mitwirkungsobliegenheit des Fahrzeughalters bei der Aufklärung eines Verkehrsverstoßes und die möglichen Konsequenzen bei Nichtmitwirkung sind hier relevant.
Das vorliegende Urteil
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 8 B 960/23 – Beschluss vom 06.10.2023
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. August 2023 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 4.800,- Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Ihr Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt den angegriffenen Beschluss nicht durchgreifend in Frage.
1. Die in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 22. Mai 2023 geregelte Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs findet ihre rechtliche Grundlage in § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Hiernach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
Die Feststellung des verantwortlichen Fahrers ist im Sinne dieser Vorschrift nicht möglich, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den danach angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört in erster Linie, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine solche Benachrichtigung begründet für den Halter eine Obliegenheit, zur Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Lichtbild erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Lehnt der Halter erkennbar die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ab und liegen der Bußgeldbehörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, ist es dieser regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. Mai 2023 – 8 A 2361/22 -, juris Rn. 27 f., m. w. N.
Auf die Einhaltung dieser Zweiwochenfrist, die ohnehin weder ein formales Tatbestandsmerkmal des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO noch eine starre Grenze darstellt, kann sich der Halter nach ständiger Rechtsprechung des Senats und anderer Obergerichte nicht bei Verkehrsverstößen berufen, die mit einem Firmenfahrzeug eines Kaufmanns im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 8 A 1423/19 -, juris Rn. 15 f., m. w. N.
a) Ausgehend von diesen Grundsätzen, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt hat und mit denen sich das Beschwerdevorbringen im Übrigen auch nicht auseinandersetzt, war die Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers für die Bußgeldbehörde nicht möglich. Die Antragstellerin hat an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person nicht mitgewirkt. Die Bußgeldbehörde hat sie mit Zeugenfragebogen vom 2. Februar 2023, und damit deutlich vor Ablauf von zwei Wochen nach der am 24. Januar 2023 festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung, über den Ort, den Zeitpunkt und die Art des mit dem auf die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, zugelassenen Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes – Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 58 km/h – informiert und um Angaben zur fahrzeugführenden Person gebeten. Dem Schreiben war das von dem Messgerät VITRONIC PoliScan FM1 aufgenommene Beweisfoto beigefügt. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. Februar 2023 ließ die Antragstellerin mitteilen, dass ihr eine Identifizierung des Fahrers nicht belastbar möglich sei; hierzu benötige sie ein aussagefähigeres Hochglanzfoto. Das Fahrzeug werde durch mehrere Personen, die sie noch benennen werde, genutzt. Diese Personen hat sie indessen in der Folgezeit nicht benannt. Darüber, dass der Bußgeldbehörde, die im Übrigen dem Antrag auf Akteneinsicht hinsichtlich der dort vorhandenen, vom Polizeipräsidium übersandten Unterlagen entsprach, ein Hochglanzfoto nicht zur Verfügung stand, wurde der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in Kenntnis gesetzt.
Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens kann nicht zweifelhaft sein, dass die Antragstellerin ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen ist. Dies folgt bereits daraus, dass sie keine Angaben zum Kreis der möglichen Fahrzeugnutzer gemacht hat, aus denen sich für die Bußgeldbehörde Anhaltspunkte für zielgerichtete weitere Ermittlungen ergeben hätten. Dass die Antragstellerin zu diesbezüglichen Angaben in der Lage gewesen wäre, hat ihr Prozessbevollmächtigter im Schreiben vom 9. Februar 2023 eingeräumt. Allein durch die wahrheitsgemäße Angabe, welche Personen das Fahrzeug nutzen und daher als Fahrzeugführer in Betracht kommen, hätte sie sich – anders als es in dem Schreiben vom 9. Februar 2023 anklingt – im Übrigen nicht „in den Bereich einer falschen Anschuldigung“ gebracht. Die Voraussetzungen des § 164 StGB (Falsche Verdächtigung), der eine Begehung „wider besseres Wissen“ voraussetzt, wären im Falle einer solchen wahrheitsgemäßen Aussage ersichtlich nicht erfüllt. Unabhängig davon ist das Beweisfoto, auf dem nur ein Teil der Stirn des männlichen Fahrzeugführers durch den Spiegel verdeckt ist, von einer solchen Qualität, dass eine Identifizierung für jemanden, der die Person kennt, möglich gewesen wäre, ohne dass ein Hochglanzfoto einen entscheidenden Erkenntnisgewinn dargestellt hätte.
Ausgehend davon, dass die Antragstellerin die ihr obliegende Mitwirkung verweigert hat, hat das Verwaltungsgericht weitere Ermittlungen der Bußgeldbehörde schon nicht für erforderlich gehalten. Darauf, dass der Außendienst des Antragsgegners nach Aktenlage zweimal, nämlich am 18. März und am 5. April 2023, die Geschäftsräume der Antragstellerin aufgesucht, aber niemanden bzw. niemanden, der zu einer Auskunft bereit war, angetroffen hat, kam es demzufolge für das Verwaltungsgericht nicht an. Soweit die Antragstellerin die Ermittlungen des Außendiensts in der Beschwerdebegründung mit der Formulierung, welche Bemühungen man angestellt habe, „niemanden anzutreffen“, ergebe sich aus dem Verwaltungsvorgang nicht, anzweifeln will, genügt auch dies nicht dem Darlegungserfordernis.
Die den Kern des Beschwerdevorbringens darstellende Auffassung der Antragstellerin, für die von ihr geforderte Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung sei sie auf die Einsichtnahme in zahlreiche, in dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. Februar 2023 im Einzelnen genannte Verfahrensunterlagen, insbesondere die vollständigen Messdaten, angewiesen gewesen, trifft nicht zu. Die Mitwirkungsobliegenheit des Fahrzeughalters beschränkt sich auf Angaben dazu, wer das Fahrzeug an dem betreffenden Tag geführt hat oder jedenfalls, welcher Personenkreis zur Nutzung des Fahrzeugs berechtigt war. Dazu bedurfte es nicht der Prüfung durch die Fahrzeughalterin, ob der Verkehrsverstoß durch die vorliegenden Beweismittel hinreichend dokumentiert ist und, sofern der Fahrzeugführer diesen bestreiten sollte, in einem nachfolgenden Bußgeldverfahren nachweisbar sein würde. Demgemäß ist es in diesem Zusammenhang, d. h. in Bezug auf die Frage, ob die Feststellung des Fahrzeugführers i. S. d. § 31a Abs. 1 StVZO nicht möglich war, weil die Antragstellerin als Fahrzeughalterin an der Aufklärung nicht mitgewirkt hat, unerheblich, ob es ihr möglich gewesen wäre, die für die Überprüfung des Messergebnisses erforderlichen Daten vor Ablauf der Verjährungsfrist von der Bußgeldstelle zu erhalten.
b) Die Beschwerdebegründung stellt auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass mit dem Fahrzeug der Antragstellerin ein Verstoß gegen Verkehrsvorschriften i. S. d. § 31a Abs. 1 StVZO begangen worden ist, nicht durchgreifend in Frage.
Ob eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO vorliegt, ist von der Verwaltungsbehörde und entsprechend dem Verwaltungsgericht in dem gegen die Fahrtenbuchanordnung gerichteten Verfahren zu prüfen. Dabei ist das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der auch vom Antragsteller zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, dass das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung, wenn eine Fahrtenbuchanordnung auf die mit einem standardisierten Messverfahren ermittelte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gestützt wird, nur dann von Amts wegen überprüft werden muss, wenn der Adressat der Anordnung plausible Anhaltspunkte für einen Messfehler vorträgt oder sich solche Anhaltspunkte sonst ergeben.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2023 – 3 C 14.21 -, juris Rn. 24 ff.; ebenso die st. Rspr. des Senats, vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 4. Januar 2021 – 8 B 1781/20 -, juris Rn. 7 ff.
Ebenfalls im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht die mit der Beschwerdebegründung angegriffene Annahme des Verwaltungsgerichts, dass sich der Adressat einer Fahrtenbuchanordnung, der sich gegen die Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsmessung mit einem standardisierten Messverfahren wendet, nicht mit Erfolg auf die Verweigerung des Zugangs zu bei der Bußgeldstelle gespeicherten Daten – also um Daten, die sich außerhalb der Akten des Fahrtenbuchverfahrens befinden – berufen kann, wenn er nicht seinerseits alles ihm Zumutbare unternommen hat, um den gewünschten Zugang von der Bußgeldstelle zu erhalten.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2023 – 3 C 14.21 -, juris Rn. 46.
Davon, dass sich ein solches, auf das Fahrtenbuchverfahren bezogenes Auskunftsersuchen vor Ablauf der Verjährungsfrist für den zugrundeliegenden Verkehrsverstoß gestellt werden müsse, geht das Bundesverwaltungsgericht dabei nicht aus.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2023 – 3 C 14.21 -, juris Rn. 34 (im Falle der Fortsetzungsfeststellungsklage auch noch nach Ablauf der Geltungsdauer der Fahrtenbuchanordnung).
Diesen gerade auch in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Anspruch des Betroffenen auf ein faires Bußgeldverfahren,
vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2020 – 2 BvR 1616/18 -, juris Rn. 39 ff.; vgl. auch VerfGH NRW, Beschluss vom 13. Juni 2023 – 21/22.VB-3 -, juris Rn. 9 ff.,
vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten und vom Verwaltungsgericht angewandten Rechtsgrundsätzen trägt die Beschwerdebegründung nicht Rechnung.
Dies vorausgeschickt gibt das Vorbringen der Antragstellerin keinen Anlass, die Richtigkeit der Messung von Amts wegen zu überprüfen. Die Antragstellerin zweifelt nicht an, dass bei dem hier eingesetzten Messgerät des Typs VITRONIC PoliScan FM1 ein standardisiertes Messverfahren zur Anwendung gelangt ist. Sie bestreitet den Verkehrsverstoß als solchen nicht, sondern rügt lediglich, dass ihr die Messdaten nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Aus welchen Gründen es der Unschuldsvermutung widersprechen sollte, nach Ablehnung der Einsicht in die von der Bußgeldbehörde begehrten Unterlagen eine Klage auf Einsicht bei einem Gericht einzureichen, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
2. In Bezug auf die Regelungen in Ziff. 3 und 4 der Ordnungsverfügung sind Beschwerdegründe nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Dabei legt der Senat für jeden Monat der auf 24 Monate befristeten Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag in Höhe von 400,- Euro zugrunde (Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) und setzt im Hinblick auf die Vorläufigkeit dieses Verfahrens den Streitwert auf die Hälfte des sich daraus ergebenden Betrages fest (vgl. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
? FAQ zum Urteil
- Was ist eine Fahrtenbuchanordnung? Eine Fahrtenbuchanordnung ist eine Anweisung der zuständigen Behörde an einen Fahrzeughalter, für ein oder mehrere seiner Fahrzeuge ein Fahrtenbuch zu führen, wenn die Identifizierung eines Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß nicht gelungen ist.
- Wann kann eine Fahrtenbuchanordnung erlassen werden? Sie kann erlassen werden, wenn die Bußgeldbehörde nicht in der Lage war, den Täter eines Verkehrsverstoßes zu identifizieren, trotz angemessener und zumutbarer Ermittlungsversuche.
- Welche Mitwirkungspflichten hat der Fahrzeughalter bei einem Verkehrsverstoß? Der Fahrzeughalter ist verpflichtet, zur Aufklärung des Verkehrsverstoßes beizutragen. Dies kann beispielsweise durch die Benennung des Fahrers oder die Eingrenzung des möglichen Täterkreises erfolgen.
- Was passiert, wenn der Fahrzeughalter nicht bei der Ermittlung des verantwortlichen Fahrers mitwirkt? Verweigert der Fahrzeughalter die Mitwirkung und hat die Bußgeldbehörde keine weiteren Ermittlungsansätze, kann eine Fahrtenbuchanordnung als Konsequenz erlassen werden.
- Welche Rolle spielt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in diesem Kontext? Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ist eine höhere gerichtliche Instanz, die über Beschwerden gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts urteilt. In diesem speziellen Fall hat es die Beschwerde der Antragstellerin gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln zurückgewiesen.
* Alles ohne Gewähr – Lassen Sie sich zu Ihrem individuellen Fall beraten