➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: AN 10 S 22.01493 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Fahrradfahrt mit 1,88 Promille: Führerscheinverlust trotz Bestreitens
- ✔ Der Fall vor dem Verwaltungsgericht Ansbach
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Gibt es eine Promillegrenze für Radfahrer?
- Welche Sanktionen drohen mir, wenn ich mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss fahre?
- Muss ich ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorlegen, wenn ich mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss gefahren bin?
- Was passiert, wenn ich die Anforderung zur Vorlage eines Gutachtens nicht erfülle?
- Wie kann ich mich im Falle eines Verdachts auf Fahruntüchtigkeit rechtlich schützen?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Verwaltungsgericht Ansbach
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Der Antragsteller wehrte sich gegen die sofortige Entziehung seiner Fahrerlaubnis aller Klassen und die Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
- Anlass war eine Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,88 Promille, bei der der Antragsteller stürzte.
- Das Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr wurde gegen eine Geldauflage eingestellt.
- Die Fahrerlaubnisbehörde forderte den Antragsteller zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf, was nicht fristgerecht erfolgte.
- Da das geforderte Gutachten nicht vorgelegt wurde, schloss die Behörde auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen und entzog ihm die Fahrerlaubnis.
- Der Antragsteller erhob Klage und stellte einen Eilantrag gegen den Bescheid.
- Das Gericht entschied, dass der Antrag auf aufschiebende Wirkung der Klage unbegründet sei.
- Die Anordnung des Sofortvollzugs durch die Behörde wurde als formell korrekt und ausreichend begründet bewertet.
- Das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung und der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins.
- Die Entscheidung basiert darauf, dass die Nichtvorlage des Gutachtens die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen indiziert.
Fahrradfahrt mit 1,88 Promille: Führerscheinverlust trotz Bestreitens
Es ist ein komplexes Thema, wenn es um den Einfluss von Alkohol auf die Fahrtüchtigkeit geht. Die Rechtslage ist klar: Wer mit Blutalkohol am Steuer erwischt wird, muss mit Konsequenzen rechnen. Doch die Grenzen sind nicht immer eindeutig, besonders wenn es um alternative Fortbewegungsmittel wie Fahrräder geht. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit die allgemeinen Promillegrenzen auch für Radfahrer gelten. Welche Rechte und Pflichten haben Radfahrer, wenn sie unter Alkoholeinfluss unterwegs sind? Um diese Thematik geht es im Folgenden genauer. Anhand eines konkreten Gerichtsurteils wird erörtert, welche Konsequenzen ein Radler mit hoher Blutalkoholkonzentration zu erwarten hat.
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✔ Der Fall vor dem Verwaltungsgericht Ansbach
Fahrradfahrt mit 1,88 Promille endet mit Führerscheinentzug
Der 1949 geborene Antragsteller führte am 21. Juli 2021 in Ansbach ein Fahrrad mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,88 Promille. Nach eigenen Angaben vor Ort fuhr er vom Anwesen aus der Hofeinfahrt über eine Muldenwasserrinne auf die Fahrbahn, verlor dabei das Gleichgewicht, kam ins Straucheln und stürzte auf die Fahrbahn. Das eingeleitete Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr wurde gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
Aufgrund dieses Vorfalls forderte das Landratsamt den Antragsteller auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, um seine Fahreignung zu überprüfen. Da er das Gutachten nicht fristgerecht beibrachte, entzog ihm die Behörde mit Bescheid vom 3. Juni 2022 die Fahrerlaubnis für alle Klassen und ordnete die sofortige Abgabe des Führerscheins an.
Einspruch des Antragstellers erfolglos
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller Klage ein und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Er trug vor, sein Fahrrad lediglich auf die Straße hinausgeschoben und darüber gestolpert zu sein. Er sei nicht unter Alkoholeinfluss auf öffentlichen Straßen gefahren. Zeugen könnten dies bestätigen. Die Einstellung des Strafverfahrens gegen Geldauflage sei kein Schuldeingeständnis.
Das Verwaltungsgericht Ansbach wies den Antrag jedoch ab. Nach Ansicht des Gerichts ist aufgrund der widersprüchlichen Schilderungen des Antragstellers davon auszugehen, dass er das Fahrrad zumindest teilweise im öffentlichen Verkehrsraum geführt hat. Die Einstellung des Strafverfahrens nach §153a StPO bringe nicht zum Ausdruck, dass der Tatverdacht ausgeräumt sei.
Gutachtensanordnung und Fahrerlaubnisentzug rechtmäßig
Die geforderte Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß §13 FeV sei rechtmäßig gewesen, da der Antragsteller mit über 1,6 Promille ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe. Dabei sei es unerheblich, dass es sich um ein Fahrrad und nicht um ein Kraftfahrzeug handelte. Die Fragestellung des Gutachtens, ob der Vorfall Ausdruck eines Kontrollverlustes war, der auch zu einer Fahrt mit einem Kfz hätte führen können, sei nicht zu beanstanden.
Da der Antragsteller das geforderte Gutachten nicht vorlegte, durfte die Fahrerlaubnisbehörde auf seine Nichteignung schließen und ihm die Fahrerlaubnis entziehen. Auch die Anordnung der sofortigen Abgabe des Führerscheins sei rechtmäßig gewesen. Da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiege das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das Aufschubinteresse des Antragstellers.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Das Urteil zeigt, dass auch das Führen eines Fahrrads unter erheblichem Alkoholeinfluss im öffentlichen Verkehrsraum ausreicht, um begründete Zweifel an der Fahreignung einer Person zu wecken. Die Verweigerung einer angeordneten medizinisch-psychologischen Begutachtung rechtfertigt den Entzug der Fahrerlaubnis, da die Behörde dann auf die Nichteignung des Betroffenen schließen darf. Das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit überwiegt dabei das Individualinteresse des Betroffenen am Führerscheinerhalt.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Das Thema: Fahrradfahren unter Alkoholeinfluss wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.
- Gibt es eine Promillegrenze für Radfahrer?
- Welche Sanktionen drohen mir, wenn ich mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss fahre?
- Muss ich ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorlegen, wenn ich mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss gefahren bin?
- Was passiert, wenn ich die Anforderung zur Vorlage eines Gutachtens nicht erfülle?
- Wie kann ich mich im Falle eines Verdachts auf Fahruntüchtigkeit rechtlich schützen?
Gibt es eine Promillegrenze für Radfahrer?
Ja, es gibt eine Promillegrenze für Radfahrer in Deutschland. Diese liegt mit 1,6 Promille deutlich höher als die Grenze von 0,5 Promille für Autofahrer. Der Grund dafür ist das geringere Gefährdungspotenzial von Fahrrädern im Vergleich zu Kraftfahrzeugen aufgrund ihrer niedrigeren Geschwindigkeit und Masse.
Allerdings können Radfahrer auch schon ab 0,3 Promille belangt werden, wenn zusätzlich Ausfallerscheinungen wie Schlangenlinien fahren, Stürze oder alkoholbedingte Unfälle vorliegen. Man spricht dann von relativer Fahruntüchtigkeit.
Wer mit 1,6 Promille oder mehr auf dem Fahrrad erwischt wird, dem drohen als Konsequenzen eine Geldstrafe von etwa einem Monatsgehalt, 3 Punkte in Flensburg, ein Fahrverbot sowie die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU). Besteht man die MPU nicht, kann sogar ein Führerscheinentzug die Folge sein. Ab 1,6 Promille liegt nämlich eine Straftat wegen absoluter Fahruntüchtigkeit vor.
In anderen Ländern gelten teils noch strengere Promillegrenzen für Radfahrer wie 0,0 Promille in Tschechien, 0,5 Promille in Frankreich, Italien und den Niederlanden oder 0,8 Promille in Österreich. Manche Länder wie Irland haben gar keine feste Grenze, ahnden Trunkenheit auf dem Rad aber im Einzelfall.
Generell ist vom Radfahren unter Alkoholeinfluss abzuraten, da die Reaktionsfähigkeit und Koordination beeinträchtigt werden. Als Faustregel bauen gesunde Erwachsene etwa 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde ab. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte aber lieber ein Taxi nehmen oder zu Fuß gehen.
Welche Sanktionen drohen mir, wenn ich mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss fahre?
Wer unter Alkoholeinfluss Fahrrad fährt, muss in Deutschland je nach Schwere des Verstoßes mit empfindlichen Sanktionen rechnen. Bereits ab 0,3 Promille drohen Konsequenzen, wenn zusätzlich sogenannte alkoholbedingte Ausfallerscheinungen wie Schlangenlinien fahren, Stürze oder Unfälle vorliegen. Man gilt dann als relativ fahruntüchtig. In diesem Fall kann es zu einer Strafanzeige mit zwei Punkten in Flensburg und einer Geldstrafe kommen, deren Höhe das Gericht festlegt. Auch der Führerscheinentzug und die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) sind möglich.
Ab einem Blutalkoholwert von 1,6 Promille liegt eine Straftat wegen absoluter Fahruntüchtigkeit vor. Dem Radfahrer drohen dann drei Punkte in Flensburg, eine Geldstrafe in Höhe von etwa einem Monatsgehalt oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Zudem wird in der Regel eine MPU angeordnet. Besteht der Radfahrer diese nicht, kann ein Fahrverbot verhängt werden. Der Führerschein wird dann entzogen. In schweren Fällen ist sogar ein lebenslanges Fahrradfahrverbot möglich.
Besonders streng sind die Regeln für Fahranfänger in der Probezeit. Für sie gilt auf dem Fahrrad zwar keine absolute Null-Promille-Grenze wie beim Autofahren. Aber schon ab 0,01 Promille müssen sie mit einem Punkt in Flensburg, 250 Euro Geldstrafe, Verlängerung der Probezeit und einem Aufbauseminar rechnen.
Auch wer unter Drogeneinfluss Fahrrad fährt, dem drohen Geldstrafen, Fahrverbote, Punkte und die Anordnung einer MPU. Die Strafen verschärfen sich bei wiederholten Verstößen.
Die Sanktionen für Trunkenheitsfahrten auf dem Fahrrad dienen dem Schutz des Radfahrers selbst und anderer Verkehrsteilnehmer. Denn bereits ab 0,5 Promille lassen Konzentration, Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit deutlich nach. Betrunkene Radfahrer gefährden sich und andere und können schwere Unfälle verursachen. Daher gilt der Grundsatz „Don’t drink and drive“ auch auf dem Fahrrad.
Muss ich ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorlegen, wenn ich mit dem Fahrrad unter Alkoholeinfluss gefahren bin?
Ja, auch als Fahrradfahrer kann man verpflichtet werden, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen, wenn man unter Alkoholeinfluss gefahren ist. Dies ist der Fall, wenn eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr festgestellt wurde. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet dann gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c) der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) an, dass ein solches Gutachten beizubringen ist.
Zwar benötigt man für das Führen eines Fahrrads keine Fahrerlaubnis. Dennoch gelten Radfahrer als Führer eines Fahrzeugs im Sinne des § 316 Strafgesetzbuch (StGB) und können sich wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar machen. Die für Kraftfahrzeuge geltende 0,5-Promille-Grenze findet auf Fahrräder jedoch keine Anwendung. Erst ab 1,6 Promille ist von einer absoluten Fahruntüchtigkeit auszugehen.
Kommt der betroffene Radfahrer der Anordnung nicht nach und legt kein positives Gutachten vor, darf die Behörde auf seine Nichteignung schließen. Als Konsequenz kann ihm dann sogar die Teilnahme am Straßenverkehr mit Fahrrädern und anderen führerscheinfreien Fahrzeugen wie Mofas untersagt werden. Dies hat beispielsweise der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in zwei Urteilen aus dem Jahr 2012 bestätigt.
Selbst wer gar keinen Führerschein besitzt, dem kann nach einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad die Teilnahme am Straßenverkehr verboten werden, wenn er sich weigert, eine angeordnete MPU zu absolvieren. Denn entscheidend ist allein die Einschätzung der Fahreignung durch den Gutachter.
Ziel der MPU ist es, zu beurteilen, ob der Betroffene auch künftig unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug führen wird. Dazu wird neben einer körperlichen Untersuchung auch eine psychologische Bewertung vorgenommen. Um ein positives Gutachten zu erhalten, muss der Radfahrer glaubhaft machen, dass er sein Verhalten geändert hat und Alkoholkonsum und Fahren zukünftig strikt trennen wird.
Was passiert, wenn ich die Anforderung zur Vorlage eines Gutachtens nicht erfülle?
Wenn ein Radfahrer mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr von der Polizei angehalten wird, fordert ihn die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) vorzulegen. Kommt er dieser Aufforderung nicht fristgerecht nach, darf die Behörde daraus auf seine Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen schließen.
Als Konsequenz kann sie ihm dann sogar die Teilnahme am Straßenverkehr mit Fahrrädern und anderen führerscheinfreien Fahrzeugen wie Mofas untersagen. Dies hat beispielsweise der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in zwei Urteilen aus dem Jahr 2012 bestätigt. Denn die Weigerung, sich untersuchen zu lassen, begründet Zweifel an der charakterlichen Eignung.
Entscheidend ist dabei allein die Einschätzung der Fahreignung durch den Gutachter. Unerheblich ist, ob der Betroffene einen Führerschein besitzt oder nicht. Auch die Gründe für die Verweigerung der MPU wie etwa finanzielle Probleme spielen keine Rolle. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Radfahrer auf das Fahrrad als Fortbewegungsmittel angewiesen ist.
Denn laut Rechtsprechung stellt die Teilnahme am Straßenverkehr mit dem Fahrrad ab 1,6 Promille die Eignung zum Führen von Fahrzeugen insgesamt in Frage. Es besteht die Gefahr, dass der Betroffene auch künftig bereit sein könnte, alkoholisiert Rad zu fahren. Die von einem ungeeigneten Radfahrer ausgehenden Gefahren für die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer überwiegen dabei seine Interessen.
Zwar ist ein Fahrverbot für das Fahrrad der Entzug der Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge nicht gleichzusetzen. Dennoch kann es für den Betroffenen ähnlich einschneidende Folgen haben, wenn er auf das Rad als Fortbewegungsmittel angewiesen ist. Um die Sperre wieder aufzuheben, muss er die angeordnete MPU doch noch absolvieren und ein positives Gutachten vorlegen, das ihm die Fahreignung bescheinigt. Andernfalls bleibt ihm die Nutzung von Fahrrädern und anderen führerscheinfreien Fahrzeugen untersagt.
Wie kann ich mich im Falle eines Verdachts auf Fahruntüchtigkeit rechtlich schützen?
Wenn Sie als Radfahrer unter Alkoholeinfluss in eine Polizeikontrolle geraten und der Verdacht einer Fahruntüchtigkeit im Raum steht, sollten Sie Ruhe bewahren und besonnen reagieren. Zunächst einmal gilt keine Pflicht, sich vor Ort einem Alkoholtest zu unterziehen oder in ein Alkoholtestgerät zu pusten. Die Teilnahme an einem solchen Test ist freiwillig. Allerdings kann eine Verweigerung dazu führen, dass Sie für eine Blutprobe mit auf die Wache genommen werden.
Äußern Sie sich möglichst nicht selbst zu Ihrem Alkoholkonsum. Denn alles was Sie sagen, kann später vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Stattdessen sollten Sie darauf verweisen, dass Sie sich nur in Anwesenheit eines Anwalts äußern möchten. Das ist Ihr gutes Recht und hilft Ihnen, keine unüberlegten Aussagen zu machen.
Auch die Herausgabe des Führerscheins können Sie zunächst verweigern. Denn dazu besteht keine Verpflichtung. So können Sie zumindest so lange weiterfahren, bis ein richterlicher Beschluss vorliegt. Denn der Polizei vor Ort den Führerschein auszuhändigen birgt die Gefahr, dass dieser direkt eingezogen wird, wenn der gemessene Promillewert zu hoch ist.
Kommt es im Nachgang zu einem Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr, ist anwaltliche Hilfe dringend anzuraten. Ein im Verkehrsstrafrecht versierter Anwalt kann die Beweise auf ihre Verwertbarkeit prüfen und Ihre Verteidigung übernehmen. Dabei kann er beispielsweise die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen wie eine Blutentnahme hinterfragen oder einen Nachtrunk geltend machen.
Letzteres bedeutet, dass der Beschuldigte angibt, erst nach der Fahrt, aber noch vor der Messung Alkohol konsumiert zu haben. Ob es sich dabei um eine Schutzbehauptung handelt, muss dann durch eine Begleitstoffanalyse geklärt werden. Dabei wird untersucht, ob die Begleitstoffe des angeblich nach der Tat getrunkenen Alkohols im Blut nachweisbar sind.
Entscheidend ist auch, ob dem Radfahrer alkoholbedingte Ausfallerscheinungen wie Schlangenlinien fahren, Stürze oder Unfälle nachgewiesen werden können. Nur dann ist eine Strafbarkeit auch schon ab 0,3 Promille möglich. Ansonsten liegt die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern bei 1,6 Promille.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr): Regelt die Strafbarkeit des Führens eines Fahrzeugs im Straßenverkehr bei Fahruntüchtigkeit infolge des Genusses alkoholischer Getränke. Im Fall ist dies relevant, da der Antragsteller mit 1,88 Promille Fahrrad fuhr.
- § 153a StPO (Einstellung des Verfahrens bei Erfüllung von Auflagen und Weisungen): Ermöglicht die Einstellung eines Strafverfahrens gegen Auflagen, ohne Schuldspruch. Hier wurde das Verfahren gegen den Antragsteller nach § 153a StPO gegen Geldauflage eingestellt, was nicht als Schuldeingeständnis gilt.
- § 11 Abs. 8 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung): Regelt die Verpflichtung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU), wenn Zweifel an der Fahreignung bestehen. Der Antragsteller musste wegen der Trunkenheitsfahrt ein MPU-Gutachten vorlegen.
- § 13 FeV (Anordnung von Gutachten): Bestimmt die Voraussetzungen, unter denen die Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten anordnen kann. Wegen der hohen Blutalkoholkonzentration des Antragstellers wurde ein Gutachten angeordnet.
- § 46 FeV (Entziehung der Fahrerlaubnis): Regelt die Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Da der Antragsteller das geforderte Gutachten nicht vorlegte, wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen.
- § 3 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Grundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn der Fahrerlaubnisinhaber als ungeeignet gilt. Wird ergänzt durch die FeV, welche die Details regelt.
- § 80 Abs. 5 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung): Ermöglicht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt. Der Antrag des Antragstellers auf aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde abgelehnt.
- Anlage 4 zur FeV (Fahreignung): Listet die körperlichen und geistigen Anforderungen an die Fahreignung und Gründe für die Nichteignung, wie Alkoholmissbrauch. Diese Anlage dient als Basis für die Beurteilung der Fahreignung des Antragstellers.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Verwaltungsgericht Ansbach
VG Ansbach – Az.: AN 10 S 22.01493 – Urteil vom 18.10.2022
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 6.250,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis aller Klassen sowie der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
Der 1949 geborene Antragsteller ist Inhaber der Fahrerlaubnisklassen AM, A1, AM, B, BE, C1, C1E und L.
Durch polizeiliche Mitteilung erhielt der Antragsgegner davon Kenntnis, dass der Antragsteller am 21. Juli 2021 auf Höhe der … in … ein Fahrrad mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,88 Promille führte. Nach ersten eigenen Angaben vor Ort fuhr er vom Anwesen aus der Hofausfahrt über eine Muldenwasserrinne auf die Fahrbahn, verlor dabei das Gleichgewicht, kam ins Straucheln und stürzte auf die Fahrbahn. Das eingeleitete Strafverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr wurde mit Verfügung vom 29. September 2021 nach § 153a Abs. 1 StPO eingestellt.
Unter Bezugnahme auf diese Trunkenheitsfahrt forderte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 5. Januar 2022 auf, bis 16. März 2022 ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen.
Dabei sei folgende Frage zu klären:
Ist zu erwarten, dass der Antragsteller zukünftig ein fahrerlaubnispflichtiges Fahrzeug unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholeinfluss führen wird und liegen als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppen 1/2 (FE-Klasse/n AM, A1 (79.05), A (79.03,79.04), B, BE (79.06), C1 (171), C1 E, L (174,175)) in Frage stellen? Insbesondere ist zu klären, ob die Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad vom 21. Juli 2021 Ausdruck eines Kontrollverlustes war, der genauso gut zu einer Verkehrsteilnahme mit einem erlaubnispflichtigen Fahrzeug führen kann.
Da keine fristgerechte Vorlage des angeforderten Gutachtens erfolgte, erhielt der Antragsteller Gelegenheit sich zum beabsichtigten Fahrerlaubnisentzug zu äußern. Einem handschriftlichen Vermerk über ein Telefonat mit dem Antragsteller ist u.a. zu entnehmen, dass das Gutachten negativ gewesen und er gar nicht mit dem Fahrrad gefahren sei.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2022 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge aller Klassen (Ziffer I), verpflichtete ihn, unter Androhung unmittelbaren Zwangs (Ziffer IV), den Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids abzugeben (Ziffer II). Der Sofortvollzug der Ziffern I und II wurde angeordnet (Ziffer III). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller das zu Recht geforderte Gutachten nicht vorgelegt habe und deshalb auf seine Nichteignung gemäß § 11 Abs. 8 FeV zu schließen sei. Aufgrund der Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,88 Promille sei zur Klärung der Eignungsbedenken die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 13 Nr. 2 Buchst. c FeV anzuordnen gewesen.
Hiergegen ließ der Antragsteller Klage erheben und einen Eilantrag stellen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller am 21. Juli 2021 an einer Feier teilgenommen habe. Die Gastgeber seien bereit gewesen, den Antragsteller mit seinem Fahrrad nach Hause zu fahren. Zu diesem Zweck hätten sie den Pkw umgebaut, um dort das Fahrrad einzuladen. Der Antragsteller habe sein Fahrrad in den Hof schieben wollen, sei bei der Hofeinfahrt gestolpert und zu Fall gekommen. Zu keinem Zeitpunkt habe er unter Alkoholeinfluss auf öffentlichen Straßen oder im Hofraum des Anwesens sein Fahrrad gefahren. Die Zeugen des Vorfalls könnten nicht bestätigen, dass er mit seinem Fahrrad auf öffentlichen Straßen gefahren sei. Dass der Antragsteller die von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagene Einstellung gemäß
§ 153a Abs. 1 StPO gegen Geldauflage akzeptiert habe, sei darauf zurückzuführen, dass der damalige anwaltliche Vertreter ihm dies angeraten habe. Hierin sei kein Schuldeingeständnis zu sehen, sodass der zugrunde liegende Sachverhalt nicht als feststehend betrachtet werden könne.
Der Antragsteller beantragt: Die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage gegen den Bescheid des antragsgegnerischen Landratsamts vom 3. Juni 2022, Az. …, wird angeordnet.
Der Antragsgegner beantragt, Antragsablehnung.
Der Antragsgegner führt ergänzend zur Gutachtensanordnung und Bescheidsbegründung aus, dass die Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO keineswegs zum Ausdruck bringe, dass der Tatverdacht ausgeräumt wäre. Das Vorbringen des Antragstellers werde als Schutzbehauptung gewertet.
Der Führerschein des Antragstellers wurde am 19. Juli 2022 durch die Polizei sichergestellt.
Die Akten zum Strafverfahren … wurden beigezogen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Eilantrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig.
Der nach sachgerechter Auslegung (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Ablieferungspflicht des Führerscheins verstandene Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO ist aufgrund des angeordneten Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) statthaft.
Der Antrag wird weiter dahingehend ausgelegt, dass er sich nicht auf die Zwangsmittelandrohung in Ziffer II des angefochtenen Bescheids bezieht. Der Führerschein des Antragstellers wurde polizeilich sichergestellt, sodass sich die Zwangsmittelandrohung erledigt hat.
2.
Der zulässige Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Falle der Anordnung des Sofortvollzugs durch die Behörde (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) ganz oder teilweise wiederherstellen.
Das Gericht überprüft dabei, ob die Anordnung des Sofortvollzugs durch die Behörde den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügt und nimmt sodann eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug des Bescheids vor. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache maßgeblich. Ergibt die summarische Prüfung, dass der zugrunde liegende Bescheid offensichtlich rechtmäßig ist, ein Hauptsacherechtsbehelf also voraussichtlich erfolglos wäre, so überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug. Ergibt die Prüfung umgekehrt, dass der angefochtene Bescheid offensichtliche Rechtsmängel aufweist und der Hauptsacherechtsbehelf damit voraussichtlich Erfolgsaussichten hätte, so überwiegt regelmäßig das private Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollstreckung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben. Bei offenen Erfolgsaussichten findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
a)
Die Begründung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entspricht den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug ausreichend begründet wurde.
An den Inhalt der schriftlichen Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BayVGH, B.v. 7.9.2020 – 11 CS 20.1436 – juris Rn. 20). Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2021 – 11 CS 21.1965 – juris Rn. 14; B.v. 14.9.2016 – 11 CS 16.1467 – juris Rn. 13). Bei dieser häufig wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltung, der eine typische Interessenlage zugrunde liegt, reicht es aus, diese Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass sie nach Auffassung der Fahrerlaubnisbehörde auch im konkreten Fall vorliegt (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2021, a.a.O.; B.v. 23.5.2013 – 11 CS 13.785 – juris Rn. 7; B.v. 5.9.2008 – 11 CS 08.1890 – juris Rn. 18). Dem hat der Antragsgegner genügt, indem er – ausgehend von einer fehlenden Fahreignung – den sofortigen Ausschluss des Antragstellers vom Straßenverkehr im Interesse der Verkehrssicherheit und des Schutzes anderer Verkehrsteilnehmer für erforderlich erklärt hat. Die behördliche Annahme, dass einem nicht fahrgeeigneten Kraftfahrer im Hinblick auf die damit für die Allgemeinheit verbundenen erheblichen Gefahren die Fahrerlaubnis ungeachtet des Gewichts seines persönlichen Interesses an der Teilnahme am individuellen Straßenverkehr nicht bis zum Eintritt der Bestandskraft des Entziehungsbescheids belassen werden kann, begegnet keinen Bedenken (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2021 a.a.O. m.w.N.; OVG NW, B.v. 22.1.2001 – 19 B 1757/00 u.a. – juris Rn. 17).
Auch bezüglich der Abgabe des Führerscheins wurde der Sofortvollzug ausreichend im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet, indem ausgeführt wird, dass bei Nichtabgabe des Führerscheins die nicht auszuschließende Gefahr des Missbrauchs durch das Vorzeigen bei möglichen Verkehrskontrollen besteht.
b)
Die in dem angefochtenen Bescheid verfügte Fahrerlaubnisentziehung (s. aa)) und die Ver-pflichtung zur Abgabe des Führerscheins (s. bb)) sind nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig und verletzen den Antragsteller damit nicht in seinen Rechten, sodass die erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich erfolglos sein wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
aa)
Die Entziehung der Fahrerlaubnis war rechtmäßig und konnte auf § 46 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt werden. Der Antragsgegner hat zu Recht ein medizinisch-psychologisches Gutachten gefordert. Nachdem der Antragsteller das angeforderte Gutachten innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt hat, durfte der Antragsgegner auf seine Nichteignung schließen.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 zur FeV vorliegen (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder nur bedingt geeignet ist, finden gemäß § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen kann (Alkoholmissbrauch). Missbrauch liegt nach Ziffer 3.13.1 der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung vor, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber das Führen eines Kraftfahrzeuges und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen kann, ohne bereits alkoholabhängig zu sein. In einem solchen Fall ist der Betroffene nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu entsprechen. Aus Ziffer 8.2 der Anlage 4 zur FeV ergibt sich, dass Eignung und bedingte Eignung nach Beendigung des Missbrauchs wieder bejaht werden können, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist.
Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr geführt wurde. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen im Fall der Nichtbeibringung des Gutachtens ist nur zulässig, wenn die Anordnung zur Gutachtensbeibringung formell und materiell rechtmäßig erfolgte. Voraussetzung ist insbesondere, dass die Anordnung des Gutachtens anlassbezogen und verhältnismäßig war (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2020 – 11 CS 20.1061 – juris Rn. 16). Bei feststehender Ungeeignetheit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum zukäme. Dies gilt auch bei der Nichtvorlage eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2020 – 11 CS 20.1061 – juris Rn. 16). Billigkeitserwägungen wie das Angewiesensein auf den Führerschein – auch zur Berufsausübung – können nicht entgegen gebracht werden.
Die Entziehung der Fahrerlaubnis begegnet unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe keinen rechtlichen Bedenken.
(1)
Der Antragsgegner hat vorliegend zu Recht die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV wegen der Trunkenheitsfahrt des Antragstellers am 21. Juli 2021 angeordnet. Ein Ermessensspielraum stand der Fahrerlaubnisbehörde dabei nicht zu.
Unstreitig ist, dass der Antragsteller bei dem maßgeblichen Vorfall eine Blutalkoholkonzentration von 1,88 Promille aufwies.
Weiterhin setzt § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV voraus, dass ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt wurde. Die Norm setzt somit nach ihrem klaren Wortlaut nicht das Führen eines Kraftfahrzeugs voraus, sondern lediglich eines Fahrzeugs, weshalb die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrrad ausreichend ist (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht,
46. Aufl. 2021, FeV, § 13 Rn. 23a). Der Begriff des Straßenverkehrs bezieht sich hierbei auf Vorgänge im öffentlichen Verkehrsraum (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht,
46. Aufl. 2021, FeV, § 13 Rn. 23d). Wer auf einem rollenden Fahrrad sitzt, führt dieses Fahrrad, weil ein rollendes Fahrrad des Lenkens bedarf. Das gilt unabhängig davon, ob die Bewegungsenergie aus einem aktuellen Betätigen der Pedale gezogen wird, aus einer vorhergehenden Pedalbewegung herrührt oder etwa nur aus der Schwerkraft beim Befahren einer Gefällstrecke. Kennzeichnend für das Führen eines Fahrzeugs ist, dass ein eigenständiger Bewegungsvorgang des Fahrzeugs ausgelöst worden ist, was bei einem Fahrrad dann anzunehmen ist, wenn sich Fahrer und Fahrrad zusammen bewegen und der Bodenkontakt mit beiden Füßen zumindest insoweit gelöst ist, dass das Fahrrad nicht nur beim Gehen geschoben wird (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 21.3.2016 – 11 CS 16.175 – juris Rn. 15).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist davon auszugehen, dass der Antragsteller ein Fahrzeug, nämlich sein Fahrrad, zumindest auch im öffentlichen Verkehrsraum geführt hat. Den anderslautenden Vortrag der Antragstellerseite hält die Kammer insbesondere mit Blick auf die sich abweichenden Schilderungen des Geschehens für nicht glaubhaft. Der Antragsteller gab am Tag des Vorfalls vor Ort gegenüber der Polizei an, von dem Anwesen aus der Hofeinfahrt über eine Muldenwasserrinne auf die Fahrbahn gefahren zu sein, dabei das Gleichgewicht verloren zu haben, ins Straucheln gekommen und auf die Fahrbahn gestürzt zu sein. Im Zuge eines Telefonats mit der Polizei am 4. August 2021, in welchem er über das Ergebnis der Blutalkoholuntersuchung informiert und gefragt wurde, ob er sich als Beschuldigter in dem Strafverfahren zum Vorfall äußern möchte, erklärte er nicht, nicht mit dem Fahrrad gefahren zu sein. Erst im Rahmen eines weiteren Telefongesprächs mit der Polizei am 9. August 2021 gab der Antragsteller an, sein Fahrrad nur auf die Straße hinausgeschoben und dann darüber gefallen zu sein. Nur deshalb sei es zu dem Unfall gekommen. Er sei nicht gefahren. Schriftsätzlich ließ der Antragsteller hingegen vortragen, dass er sich in die … begeben habe, wo sein Fahrrad ca. 2 m vor dem Hoftor des Anwesens abgestellt gewesen sei. Er habe sein Fahrrad in den Hof schieben wollen, sei bei der Hofeinfahrt gestolpert und zu Fall gekommen. In Anbetracht dieser Unstimmigkeiten hinsichtlich der Schilderungen des Geschehensablaufs stuft die Kammer das Vorbringen des Antragstellers als unglaubhaft und als reine Schutzbehauptung ein.
Unschädlich ist, dass das Strafverfahren gemäß § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurde. § 153a StPO setzt einen hinreichenden Tatverdacht im Sinne der hohen Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung voraus (vgl. MüKoStPO/Peters, 1. Aufl. 2016, StPO § 153a Rn. 8). Zwar trifft es zu, dass die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK bei der Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 a StPO nicht widerlegt wird. Auch darf allein aus der Verfahrenseinstellung auf dieser Rechtsgrundlage, die nur mit Zustimmung des Angeklagten möglich ist, nicht auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der angeklagten Straftaten geschlossen werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.1.1991 – 1 BvR 1326/90 – NVwZ 1991, 663). Die Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO bringt aber keineswegs zum Ausdruck, dass der Tatverdacht gegen den Betroffenen ausgeräumt wäre. Vielmehr wird darauf abgestellt, ob von der Strafverfolgung unter Auflagen und Weisungen abgesehen werden kann, weil die Schwere der Schuld nicht entgegensteht (§ 153a Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO verbietet nicht, in Verfahren mit anderer Zielsetzung Feststellungen über Tatsachen, die einen Straftatbestand erfüllen, in dem für die dortige Entscheidung erforderlichen Umfang als Grundlage für die daran anknüpfenden außerstrafrechtlichen Rechtsfolgen zu verwerten (vgl. zum Ganzen, BayVGH, B.v. 21.3.2016 – 11 CS 16.175 – juris Rn. 12 f.).
(2)
Weiterhin begegnet die Fragestellung keinen rechtlichen Bedenken. In der Gutachtensanordnung wird nach körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen des Antragstellers gefragt, die mit einem missbräuchlichen Konsum von Alkohol in zusammengebracht werden können. Diese Fragestellung ist dahingehend zu verstehen, dass sie nur der Abklärung des nach
Anlage 4 Nrn. 8.1 und 8.2 zur FeV erforderlichen Vermögens des Antragstellers dient, das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum sicher zu trennen. Für das Trennungsvermögen sind auch Befunde des medizinischen Teils der Untersuchung relevant und daher anlassbezogen zu erheben. So können beispielsweise erhöhte Leberlaborwerte oder sonstige alkoholbedingte Körperschäden für einen Alkoholmissbrauch über einen längeren Zeitraum sprechen. Die so zu verstehende Fragestellung ist daher im Rahmen der Abklärung des Trennungsvermögens ohnehin aufgeworfen und damit zwar möglicherweise verzichtbar, aber zur Klarstellung für den Antragsteller und den zu beauftragenden Gutachter hilfreich und damit unschädlich (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2014 – 11 CS 14.1713 – juris Rn. 12).
Auch darüber hinaus ist die Fragestellung nicht zu beanstanden, da sie unmittelbar auf die Abklärung des Trennungsvermögens im Sinne des Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV mit Blick auf das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge abzielt.
(3)
Ferner entspricht die Gutachtensanforderung den formellen Anforderungen gemäß § 11 Abs. 6 FeV. Gegenteiliges ist weder ersichtlich noch wurde es von Seiten des Antragstellers vorgetragen. Insbesondere war die Frist zur Beibringung des Gutachtens ausreichend bemessen und der Antragssteller wurde über die Folgen der Nichtbeibringung des Gutachtens informiert (§ 11 Abs. 8 Satz 2 FeV).
bb)
Aufgrund der mit dem streitgegenständlichen Bescheid rechtmäßig angeordneten Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch die unter Ziffer II des Bescheids verfügte Abgabeverpflichtung bezüglich des Führerscheins gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV rechtmäßig.
Da der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf demnach voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, überwiegt bei der vorzunehmenden Interessenabwägung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das Aufschubinteresse des Antragstellers. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher abzulehnen.
3.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5, 46.2, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.