KG Berlin – Az.: 3 Ws (B) 332/14 – 162 Ss 91/14 – Beschluss vom 22.07.2014
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 31. März 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen § 24 a Abs. 2 und 3 StVG zu einer Geldbuße von 500,00 Euro verurteilt, gemäß § 25 Abs. 1 StVG ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet und nach § 25 Abs. 2 a StVG eine Bestimmung über dessen Wirksamwerden getroffen. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt und das Verfahren beanstandet wird, hat (vorläufigen) Erfolg.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat zu dem Rechtsmittel wie folgt Stellung genommen:
„Das Rechtsmittel dringt bereits mit der Sachrüge durch, so dass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht bedarf.
Die Urteilsgründe genügen nicht den Anforderungen an die Darlegungen eines fahrlässigen Verstoßes nach § 24 a Abs. 2 StVG im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Konsum von Cannabis. Den Vorwurf der Fahrlässigkeit leitet das Gericht ersichtlich allein aus einem festgestellten zeitnahen Konsum vor dem Fahrtantritt her, wobei es diese zeitliche Nähe ausschließlich den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. G entnommen hat, denen es sich ohne nähere Erwägungen pauschal anschloss. Die Darstellung des Gutachtens genügt indes nicht den von der obergerichtlichen Rechtsprechung hierzu aufgestellten Erfordernissen (vgl. etwa KG, Beschlüsse vom 11. April 2014 – 3 Ws (B) 180/14 -, 7. Februar 2014 – 3 Ws (B) 14/14 – und 30. Oktober 2014 – 3 Ws (B) 478/12 -), denn es fehlt insbesondere eine eingehendere Schilderung der angewandten wissenschaftlichen Methodik unter Mitteilung der hierfür wesentlichen Anknüpfungstatsachen sowie an einer Auseinandersetzung mit gegebenenfalls gegen die angewandte Methode vorgebrachten wissenschaftlichen Einwänden, da es sich bei der zeitlichen Rückrechnung in Fällen des Cannabiskonsums bislang um kein anerkanntes standardisiertes Untersuchungsverfahren handelt. Der Senat ist daher nicht in der Lage, die Annahme, der fragliche Konsum habe in den letzten 24 Stunden vor Fahrtantritt stattgefunden, auf Rechtsfehlerfreiheit zu überprüfen. Hinzu kommt, dass auch ein hierdurch gerade ebenfalls nicht ausgeschlossen erscheinender Konsum etwa 24 Stunden vor der verfahrensgegenständlichen Tat schon nicht zweifelsfrei als zeitnah zu bezeichnen wäre (vgl. KG, Beschlüsse vom 25. Februar 2014 – 3 Ws (B) 87/14 – und 14. Dezember 2009 – 3 Ws (B) 636/09 -). Schließlich lassen die Urteilsgründe auch eine hier gebotene datailliertere Darlegung der eigenständigen Prüfung und Würdigung des Gutachtens durch das Gericht vermissen.
Weitergehende Feststellungen, die geeignet wären, den Tatvorwurf in subjektiver Hinsicht zu belegen, sind dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Der vom Betroffenen angegebene letztmalige Konsum von Cannabis vier Tage vor dem Tatzeitpunkt begründet – die prozessuale Verwertbarkeit dieser Angabe unterstellt – den Vorwurf der Fahrlässigkeit für sich betrachtet schon wegen des Zeitablaufs nicht (vgl. KG, Beschluss vom 15. Januar 2010 – 3 Ws (B) 726/09 -). Auch ein durchgehend regelmäßiger Konsum von Cannabis, aus welchem – etwa im Hinblick auf aus früheren Verfahren erworbenes Wissen – die Fahrlässigkeit hinsichtlich der Auswirkungen des Drogenkonsums abgeleitet werden könnte, ist für den Betroffenen den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, denn der Sachverständige hat den bislang auch nicht einschlägig in Erscheinung getretenen Betroffenen als Gelegenheitskonsumenten eingestuft. Zu etwaigen Rückschlüsse zulassenden Ausfallerscheinungen (vgl. KG, Beschluss vom 16. April 2010 – 3 Ws (B) 33/10 -) des Betroffenen im Zusammenhang mit dem Führen des Fahrzeugs oder im Rahmen der polizeilichen Kontrolle und anschließenden ärztlichen Untersuchung enthält das Urteil keinerlei Ausführungen.
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben und unterliegt der Aufhebung. Da nicht zweifelsfrei auszuschließen ist, dass aufgrund einer neuen Verhandlung die Schuld des Betroffenen rechtsfehlerfrei festgestellt werden kann und entgegen dem Rechtsbeschwerdevorbringen auch durchgreifende Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit von § 24 a Abs. 2 StVG nicht bestehen, bedarf die Sache der Zurückweisung an das Amtsgericht.“
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.