Skip to content
Menü

Fahrerlaubnisverlängerung Klassen C und CE

Erforderliche Kenntnisse und praktische Fähigkeiten

VG Berlin – Az.: 4 K 368.17 – Urteil vom 14.11.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verlängerung einer Fahrerlaubnis.

Ihm war im Jahre 1996 die Fahrerlaubnis u.a. der Klasse B erteilt worden. Am 20. Dezember 2000 erfolgte eine Erweiterung auf die Fahrerlaubnisklassen C und CE, befristet auf den 20. Dezember 2005. Eine Verlängerung beantragte er bei deren Ablauf nicht. Am 22. März 2016 beantragte er beim Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin die Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen C und CE und legte ein Schreiben der AR City Media GmbH vor, das den Kläger an die Verlängerung dieser Fahrerlaubnisklassen erinnerte, da er beruflich als Führer eines Lastkraftwagens zum Zwecke einer Videoproduktion eingesetzt werden solle. Unter dem 30. März 2016 teilte ihm die Behörde mit, dass sie mit der Abnahme der theoretischen und praktischen Prüfung eine Technische Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr beauftragt habe. Einer Pflichtausbildung bedürfe es nicht. Darauf trug der Kläger vor, er sei zu einer Fahrschule gegangen, um sich für die praktische und theoretische Prüfung vorbereiten zu lassen. Dort habe man ihm erklärt, dass man bei der Verlängerung seiner Fahrerlaubnis keine Prüfung von ihm verlangen dürfe. Als das Landesamt an seiner Auffassung festhielt, machte der Kläger über seinen Verfahrensbevollmächtigten geltend, er sei ein erfahrener Kraftfahrer und sei auch in den letzten Jahren regelmäßig auf privatem Grund mit Lkw-Technik in Berührung gekommen. Er habe sich privat regelmäßig mit dem aktuellen Stand der Lkw-Technik beschäftigt. Zuletzt habe er im Februar 2016 ein 5-tägiges Seminar mit täglich acht Stunden zum Thema „Güterkraftverkehr“ besucht. Diese Veranstaltung stelle eine Weiterbildung im Sinne des Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetzes dar. Außerdem habe er im Februar 2016 drei Fahrstunden zu je 180 Minuten bei einer Fahrschule absolviert.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2017 lehnte das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten den Verlängerungsantrag ab. Zur Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, sie habe ihn zur Prüfung aufgefordert, weil er über zehn Jahre nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klassen C und CE gewesen sei. Die technische Weiterentwicklung dieser Fahrzeugklassen und die gestiegenen Anforderungen im Straßenverkehr machten es bei einem längeren Zeitraum, in dem keine Fahrzeuge dieser Klassen geführt werden durften, erforderlich, dass der Bewerber die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in einer Prüfung nachweise. Die Berufskraftfahrer-Weiterbildungsmaßnahme ersetze eine solche Prüfung nicht, da sie nicht den objektiven Nachweis einer Prüfung erbringe, sondern lediglich der Vorbereitung diene. Mit seinem Widerspruch vom 9. Februar 2017 ergänzte der Kläger im Wesentlichen, es lägen keine Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass eine der sonstigen aus den §§ 7 bis 19 der Fahrerlaubnisverordnung ersichtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis fehlten. Er sei nahezu täglich im motorisierten Straßenverkehr unterwegs. Das Vorhandensein der entsprechenden Fahrerlaubnis führe nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu der Vermutung, dass der Inhaber davon auch Gebrauch mache. Bei der im Falle eines Verlängerungsantrages vorzunehmenden umfassenden Einzelfallprüfung verbiete sich eine pauschale Beschränkung auf den Zeitablauf. Immerhin sei die ehemals geltende 2-Jahresfrist abgeschafft worden. Entgegen der Auffassung der Behörde dienten die praktischen Unterrichtseinheiten nicht lediglich der Vorbereitung auf die Prüfung. Denn die in einer Fahrprüfung gezeigten Fertigkeiten beruhten gänzlich auf den in Theorie- und Fahrstunden erworbenen Fähigkeiten. Es sei abwegig anzunehmen, ein Prüfling werde sämtliche notwendigen Fertigkeiten erst mit einer Prüfung erwerben und somit auch nur durch eine Prüfung nachweisen können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2017, dem Kläger zugestellt am 18. Juli 2017, wies das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten den Widerspruch zurück. Da den Zeiten vorhandener und fehlender Fahrpraxis entscheidende Bedeutung zukomme, rechtfertigten die Ausführungen des Klägers kein Abweichen von der Ausgangsentscheidung.

Mit der am 21. Juli 2017 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt und vertieft seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 20. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 14. Juli 2017 zu verpflichten, ihm eine Verlängerung für die Fahrerlaubnisklassen C und CE zu erteilen sowie festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren notwendig war.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält an dem angefochtenen Bescheid fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO zulässige Verpflichtungsklage, über die im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter entscheidet (§ 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO), ist unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Verlängerung der Fahrerlaubnis, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 24 Abs. 1 FeV, wonach die Geltungsdauer der Fahrererlaubnis u.a. der Klassen C und CE jeweils um die in § 23 Abs. 1 Satz 2 FeV genannten Zeiträume verlängert wird, wenn u.a. keine Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine der sonstigen aus den §§ 7 bis 19 FeV ersichtlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis fehlt. Aus § 15 Satz 1 FeV und § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 StVG ergibt sich, dass der Bewerber um eine Fahrerlaubnis seine Befähigung in einer theoretischen und einer praktischen Prüfung nachzuweisen hat. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 FeV hat der Bewerber in der praktischen Prüfung nachzuweisen, dass er über die zur sicheren Führung eines Kraftfahrzeuges, gegebenenfalls mit Anhänger, im Verkehr erforderlichen technischen Kenntnisse und über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt sowie zu ihrer praktischen Anwendung fähig ist. Die danach maßgeblichen Voraussetzungen für die Verlängerung der dem Kläger erteilten Fahrerlaubnis der Klassen C und CE liegen nicht vor.

Ob Tatsachen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV vorliegen, die den Schluss erlauben, dass die nach § 15 und § 17 FeV erforderlichen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten nicht mehr vorhanden sind, hat die Behörde bei der – gebundenen – Entscheidung über den Verlängerungsantrag im Wege einer Gesamtschau zu beurteilen (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 – BVerwG 3 C 31.10 –, juris Rn. 10 f.). Aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs ist es dabei geboten, danach zu differenzieren, wie lange der erstmalige Nachweis der klassenspezifischen Fahrbefähigung für Omnibusse oder Lastkraftwagen schon zurückliegt, wie lange – und ob regelmäßig oder nur sporadisch – der Betroffene von dieser Fahrerlaubnis Gebrauch gemacht hat und wie lange eine liegende Phase mangelnder Fahrpraxis angedauert hat. Das Innehaben einer gültigen Fahrerlaubnis legt dabei zwar in der Regel die Vermutung nahe, dass hiervon auch Gebrauch gemacht wurde und damit eine entsprechende Fahrpraxis vorhanden ist. Dieser Schluss ist aber keineswegs zwingend, wenn gegenteilige Erkenntnisse vorliegen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 14 f.).

Nach diesem Maßstab gibt es hier Anlass für die Annahme, dass es beim Kläger an den Fähigkeiten, die Gegenstand einer Prüfung nach den §§ 15, 17 FeV sind, fehlt. Dabei ist zunächst von wesentlichem Gewicht, dass der Kläger in Ermangelung einer entsprechenden Fahrerlaubnis in den zurückliegenden nahezu 13 Jahren keine Gelegenheit hatte, schwere Fahrzeuge der betroffenen Fahrerlaubnisklassen im Straßenverkehr zu führen. Vorgetragen hat er eine derartige Praxis lediglich für dreimal drei Zeitstunden. Die fehlende Praxis wird auch nicht dadurch wesentlich relativiert, dass der Kläger bis zum Dezember des Jahres 2005 Inhaber dieser Fahrerlaubnisklassen gewesen ist. Denn es handelt sich dabei um eine Dauer, die von derjenigen des nachfolgenden Fehlens einer entsprechenden Praxis um mehr als das Zweieinhalbfache übertroffen wird. Auch aus der Intensität der Nutzung seiner Fahrerlaubnis für die Klassen C und CE bis zum Dezember 2015 hat der Kläger bis zuletzt nur die vom Bundesverwaltungsgericht bestätigte grundsätzliche Vermutung anführen können, dass ein Fahrerlaubnisinhaber in der Regel von der ihm erteilten Fahrerlaubnis auch Gebrauch mache. Den tatsächlichen Umfang der damaligen Nutzung hat er indes nicht vorgetragen. Gegen eine intensive Nutzung dürfte indes sprechen, dass der Kläger bereits die erstmalige Verlängerungsmöglichkeit nicht ausgenutzt hat. Das lässt darauf schließen, dass bei deren Auslaufen weder eine aktuelle noch eine perspektivisch erwartete Nutzung der Fahrerlaubnis gegeben war. Was die theoretischen Kenntnisse bezogen auf die erstrebten Fahrerlaubnisklassen anbelangt, so gibt ein Zeitraum von 13 Jahren fehlenden Anlasses für eine Befassung mit diesen Kenntnissen Grund für die Annahme, dass ehemals vorhandene Kenntnisse verblasst sind. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg mit dem pauschalen Vortrag entgegentreten, er habe sich privat regelmäßig mit dem aktuellen Stand der Lkw-Technik beschäftigt. Dem kommt keine Überzeugungskraft zu, weil der Kläger für diese Beschäftigung keinen plausiblen Grund nennt und als einzigen substantiierten Vortrag auf die Teilnahme an einer Weiterbildung im Februar 2016 verweist. Hierfür hat er im Verwaltungsverfahren jedoch selbst vorgetragen, dass diese Teilnahme zur Vorbereitung auf die von der Behörde angekündigte Prüfung erfolgte. Dass der Kläger regelmäßig von der Fahrerlaubnisklasse B Gebrauch macht, darf angenommen werden, doch sind damit nicht Kenntnisse und Fähigkeiten einer anderen Fahrerlaubnisklasse dargetan, wenn sie – wie hier – trotz Innehabens dieser Fahrerlaubnisklasse eine gesonderte Prüfung erfordern. Zutreffend verweist die Behörde darauf, dass die – vom Kläger offenbar für erforderlich gehaltene – Vorbereitung auf die praktische und theoretische Prüfung dieselbe nicht ersetzt. Vielmehr bedarf es keiner Prüfung, wenn am Vorhandensein der erforderlichen Fähigkeiten keine Zweifel angebracht sind. Derartige Zweifel, die die Behörde vorliegend rechtsfehlerfrei aus dem Umfang der ehemaligen Nutzung und der Dauer des Fehlens der jeweiligen Fahrerlaubnis abgeleitet hat, vermochte aber der Kläger nicht auszuräumen.

Da der Kläger unterliegt, ist eine Entscheidung zur Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren entbehrlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit entspricht § 167 VwGO und den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!