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Fahrerlaubnisneuerteilung nach vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 ZB 19.1783 – Beschluss vom 04.12.2019

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der im Jahr 1934 geborene Kläger begehrt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, L und T.

Das Amtsgericht Landsberg am Lech verurteilte den Kläger am 17. März 2016 (4 Ds 605 Js 121942/15), rechtskräftig durch Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 1. Dezember 2016 (4 OLG 13 Ss 540/16), wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Darüber hinaus entzog das Amtsgericht dem Kläger die Fahrerlaubnis, die mit Beschluss vom 26. August 2015 nach § 111a StPO schon vorläufig entzogen worden war, und verhängte eine Sperre für die Wiedererteilung. Dem lag nach den Feststellungen des Strafgerichts zu Grunde, dass der Kläger am 14. Mai 2015 mit einem Kraftfahrzeug mit hoher Geschwindigkeit auf einen Feuerwehrmann zufuhr, der in Feuerwehruniform inklusive Warnweste und mit einer Feuerwehrkelle den Verkehr regelte, und erst verhältnismäßig kurz vor dem Geschädigten abbremste. Nach kurzem Anhalten fuhr er dem Geschädigten langsam gegen die Beine und bezeichnete ihn sowie dessen Kollegen als „Arschlöcher“.

Am 24. November 2016 beantragte der Kläger die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, L und T. Auf dem Antrag ist vermerkt, dass ihm die Fahrerlaubnis der Klasse 3 (alt) am 13. Februar 1998 erteilt worden sei.

Mit Schreiben vom 13. Februar 2017 forderte das Landratsamt Landsberg am Lech (im Folgenden: Landratsamt) den Kläger auf, bis 15. Mai 2017 ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Es sei zu klären, ob zu erwarten sei, dass er trotz der aktenkundigen erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehe und auf ein hohes Aggressionspotential hindeute sowie unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen worden sei, die Anforderungen an das sichere Führen eine Kraftfahrzeugs im Verkehr erfülle und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Als Rechtsgrundlage ist § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV genannt. Zur Begründung führt das Landratsamt aus, aus den Strafurteilen gehe hervor, dass der Kläger sein Fahrzeug zweckwidrig als Waffe bzw. Schadenswerkzeug gegen einen Feuerwehrmann eingesetzt und hierbei eine Verletzung des Geschädigten zumindest billigend in Kauf genommen habe. Im Übrigen werde auf die gerichtlichen Entscheidungen verwiesen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV sei bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehe, ein Gutachten anzuordnen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bestünden oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen worden sei. Nach pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens sei dies vorliegend der Fall, da die begangene Tat, bei der gleich mehrere Straftatbestände verwirklicht worden seien, ein sehr hohes Maß an Aggression vermuten lasse. Auch der Umstand, dass der Kläger im Hauptverhandlungstermin den Eindruck vermittelt habe, er wolle Verkehrsregelungen, insbesondere von „jungen Leuten“ lediglich dann befolgen, wenn er deren Sinnhaftigkeit selbst einsehe, begründe erhebliche charakterliche Fahreignungszweifel. Im Rahmen der Strafzumessung sei durch das Gericht ausgeführt worden, es sei keinerlei nachvollziehbarer Anlass für das Verhalten erkennbar gewesen. Zudem habe das Strafgericht zulasten des Klägers gewertet, dass sich das rücksichtslose Vorgehen gegen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr gerichtet habe, die im Dienst der Allgemeinheit ehrenamtlich für die Sicherung des Straßenverkehrs tätig gewesen seien. Besonders straferschwerend habe gewirkt, dass der Kläger auch während des Strafverfahrens eine feindliche Gesinnung gegenüber dem Geschädigten zum Ausdruck gebracht habe. Aufgrund dieses Sachverhalts sei es denkbar, dass der Kläger auch zukünftig in konflikthaften Situation emotional impulsiv handeln und eigene Bedürfnisse aggressiv im Straßenverkehr durchsetzen werde. Das Verhalten zeige eine Bereitschaft, sich auch über elementarste Verkehrsvorschriften hinwegzusetzen und lasse zudem darauf schließen, dass der Kläger nicht gewillt sei, sich an bestehende Vorschriften zu halten. Im Interesse der Verkehrssicherheit sei daher ein Gutachten einzuholen. Das Landratsamt belehrte den Kläger dahingehend, dass seine Nichteignung als erwiesen angesehen werden könne und der Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis kostenpflichtig abgelehnt werden müsste, wenn er sich weigere, sich begutachten zu lassen, bzw. sein Einverständnis zur Übersendung der Unterlagen nicht erteile oder das Gutachten nicht vorlege.

Der Kläger bat mit Schriftsatz seines früheren Bevollmächtigten vom 26. April 2017 um Fristverlängerung. Er müsse sich einer Operation an der Hüfte unterziehen. Danach werde er das geforderte Gutachtachten beibringen.

Mit Schriftsatz seines jetzigen Bevollmächtigten vom 28. Februar 2018 wandte er sich gegen die Beibringungsanordnung und teilte zuletzt mit, er werde kein Gutachten beibringen. Die Aufforderung sei rechtswidrig. Sie werde zum einen damit begründet, dass die Straftat, bei der gleich mehrere Straftatbestände verwirklicht worden seien, die Vermutung eines sehr hohen Maßes an Aggression ausdrücke, zum anderen damit, dass der Kläger in der Hauptverhandlung den Eindruck vermittelt habe, er wolle Verkehrsregeln nicht befolgen. Für den Kläger stelle sich die Situation aber so dar, dass er am 14. Mai 2015 unter Beachtung der jeweiligen Geschwindigkeitsbeschränkungen sein Fahrzeug habe ausrollen lassen und im Abstand von einem Meter vor dem Feuerwehrmann zum Stehen gekommen sei. Er habe den Feuerwehrmann nicht berührt. Der habe dann seine Hand auf die Motorhaube gelegt. Die Strafurteile würden das Geschehen nicht zutreffend wiedergeben. Für seine Ausdrucksweise, die seinem bayerischen Naturell geschuldet sei, habe er sich entschuldigt. Es handele sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt und einen erstmaligen Verkehrsverstoß. Er sei ein erfahrener Kraftfahrer mit lebenslanger Fahrerfahrung. Sein hohes Lebensalter bestätige seine grundsätzliche Gesetzes- und Verkehrstreue. Zudem habe er nach dem Vorfall den Führerschein noch einige Monate behalten dürfen. Die Bindungswirkung des § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG werde verkannt. Diese umfasse nicht die Eindrücke des Strafrichters, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung vermittelt haben solle. Wenn die Fahrerlaubnisbehörde auf Eindrücke und Wertungen abstelle, dann müssten auch die in das Wissen des Zeugen O… gestellten Tatsachen berücksichtigt werden. Dieser sei zwar bei dem Vorfall nicht dabei gewesen, er könne aber bestätigen, dass der Kläger einer der besten Autofahrer sei, den der Zeuge in seinem Leben kennengelernt habe und der sich in seinem Beruf und bei seinen Fahrten als zuverlässiger und pflichtbewusster Kraftfahrer erwiesen habe. Vielfach hätten Unfälle nur wegen des außergewöhnlichen Fahrkönnens und des schnellen Reaktionsvermögens des Klägers vermieden werden können. Der Zeuge habe nie erlebt, dass durch die Fahrweise des Klägers andere Personen im Straßenverkehr oder sonst gefährdet worden seien. Der Kläger sei ein bayerisches Urgestein, der niemanden wirklich beleidigen wolle. Der Zeuge halte es für völlig ausgeschlossen, dass der Kläger bei seinen von ihm völlig beherrschten Fahrmanövern billigend die Verletzung von Personen in Kauf genommen haben könnte. Der Kläger führt weiter aus, es würden auch keine Tatsachen vorliegen, die eine gesteigerte Rückfallwahrscheinlichkeit begründen könnten. Die Anordnung sei schon formal unzulässig, da nicht zwischen den Alternativen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV differenziert werde und sie mit einem Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV begründet werde. Die Anordnung verstoße auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und sei ermessensfehlerhaft.

Das Landratsamt lehnte den Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 13. April 2018 ab. Der Kläger habe das gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV zu Recht angeordnete Gutachten nicht beigebracht. Er sei daher nach § 11 Abs. 8 FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

Die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B und BE hat das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 29. Mai 2019 abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis zu, da er nicht die erforderliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nachgewiesen habe. Die Beibringungsanordnung vom 13. Februar 2017 sei formell und materiell rechtmäßig. Die Frage, ob es zulässig sei, die gesetzliche Formulierung des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV bei der Belehrung wörtlich zu übernehmen, oder ob gerade darauf hingewiesen werden müsse, dass der Behörde kein weiteres Ermessen zukomme, könne dahinstehen. Aus der gewählten Formulierung gehe hinreichend klar hervor, dass kein Ermessen bestehe. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG sei die Behörde an die Feststellungen der Strafgerichte gebunden und dürfe nach der Rechtsprechung von den für die Fahreignung relevanten strafrichterlichen Feststellungen ausgehen, solange keine gewichtigen Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestünden. Solche Anhaltspunkte bestünden nicht, denn zwei Tatsacheninstanzen hätten den Sachverhalt übereinstimmend festgestellt. Auch die Angaben des Klägers in der Hauptverhandlung könnten berücksichtigt werden. Es handele sich dabei nicht um Wertungen des Strafrichters, sondern um vom Kläger getätigte Aussagen. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV lägen vor. Da beide Regelbeispiele erfüllt seien, sei es nicht erforderlich gewesen, sich auf eine konkrete Alternative zu stützen. Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens setze keine endgültige Prognose über die fehlende Fahreignung voraus, sondern nur hinreichend gewichtige Anhaltspunkte, die eine weitere Aufklärung notwendig machten. Die Behörde habe erkannt, dass ihr Ermessen zustehe und dieses ordnungsgemäß ausgeübt. Dass keine für den Kläger sprechenden Umstände benannt worden seien, sei nicht zu beanstanden. Diese seien nicht von solchem Gewicht, dass sie zwingend hätten erwähnt werden müssen. Dass der Kläger sich vor und nach dem Vorfall rechtstreu verhalten habe, sei selbstverständlich und müsse nicht herausgestellt werden. Es verstoße auch nicht gegen das Übermaßverbot, wenn der Betroffene sich auch einer ärztlichen Untersuchung stellen müsse, denn Straftaten könnten nicht nur auf einen charakterlichen Mangel, sondern auch auf psychische Erkrankungen hindeuten.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Unter teilweise wörtlicher Wiederholung seiner Klageschrift und seines Schriftsatzes vom 28. Februar 2018 führt er aus, die Gutachtensanordnung sei formell rechtswidrig, da sie nicht zwischen den Alternativen das § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV differenziere und auf diese Vorschrift gestützt sei, aber mit einem Verstoß gegen § 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV begründet werde. Zudem sei die Belehrung nicht hinreichend, da nicht erkennbar sei, dass kein Ermessen eingeräumt sei. Der Tatbestand und die Fragestellung seien nicht kongruent. Das Erstgericht verkenne, dass es nicht ausreiche, wenn die Behörde dem Betroffenen den Sachverhalt darlege. Es überlasse damit dem Betroffenen und letztlich dem Gutachter, die Tatbestandsmerkmale der Fragestellung fehlerfrei zuzuordnen, und eröffne damit eine Interpretationsmöglichkeit zwischen den Tatbestandsmerkmalen und der Fragestellung. Darüber hinaus sei die Beibringungsanordnung auch materiell rechtswidrig. Die Behörde habe nicht begründet, weshalb der Sachverhalt nicht so berücksichtigt werden könne, wie er sich aus Sicht des Klägers darstelle. Das Verwaltungsgericht stelle lediglich fest, dass kein Grund bestanden habe, vom strafgerichtlich festgestellten Sachverhalt abzuweichen. Die Fahrerlaubnisbehörde habe die Bindungswirkung des § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG verkannt. Bloße Eindrücke des Strafrichters seien davon nicht umfasst. Das Verwaltungsgericht führe nur aus, es handele sich um Aussagen des Klägers. Es würden aber der Eindruck des Strafrichters und keine Tatsachen zugrunde gelegt. Es hätten deshalb auch die in das Wissen des Zeugen O… gestellten Tatsachen berücksichtigt werden müssen. Das Ermessen sei falsch ausgeübt worden. Es müsse eine gewisse Schwere des Verstoßes vorliegen. Das Risiko für die Allgemeinheit müsse deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden sei. Hier seien die für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte überhaupt nicht erwähnt und daher auch nicht berücksichtigt worden. Es handele sich um einen erstmaligen Verkehrsverstoß. Der Kläger sei seit dem Jahr 1952 im Besitz der Fahrerlaubnis und sei zuletzt 20.000 Kilometer im Jahr unfallfrei gefahren und in der Schadensfreiheitsklasse SF 25 eingestuft. Zwischen dem Vorfall und der Abgabe des Führerscheins hätten vier Monate gelegen, in denen er unbeanstandet am Straßenverkehr teilgenommen habe. Sein hohes Lebensalter bestätige seine Gesetzes- und Verkehrstreue. Er habe zwar mit der Tat mehrere Tatbestände verwirklicht, es handele sich aber um einen einheitlichen Lebenssachverhalt. All dies sei nicht berücksichtigt worden. Im Übrigen sei das Übermaßverbot verletzt. Es sei keine ausreichende Einzelfallprüfung vorgenommen worden. Das Verwaltungsgericht verkenne die verfassungsrechtlichen Vorgaben. Bei der gebotenen Gesamtschau würden keine Tatsachen vorliegen, die eine gesteigerte Rückfallwahrscheinlichkeit des Klägers begründen könnten. Es sei davon auszugehen, dass ihm die verhängte Strafe eine Lehre gewesen sei. Zudem sei allenfalls eine psychologische Begutachtung gerechtfertigt. Soweit unterstellt werde, die gegenständliche Handlung des Klägers könne auch auf einer psychischen Erkrankung beruhen, handele es sich um eine bloße Mutmaßung. Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass sachfremde Motive in die Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde eingeflossen seien, da der Kläger von der Arbeit des heutigen Landrats – im Gegensatz zu jener seines Vorgängers – nicht überzeugt sei und hierzu auch mit Öffentlichkeitswirkung stehe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungs-verfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich keine Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO).

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 7 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2019 (BGBl I S. 846), ist eine Fahrerlaubnis zu erteilen, wenn die dort normierten Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere muss der Bewerber nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sein. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG ist geeignet, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 2 Abs. 8 StVG, §§ 11 ff. der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2019 (BGBl I S. 1416), anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlichen anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 19 m.w.N.).

Die vom Kläger am 14. Mai 2015 begangene Straftat stellt eine Tatsache i.S.d. § 2 Abs. 8 StVG dar, die die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV rechtfertigt. Danach kann bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden. Die Bewertung des Landratsamts und des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der abgeurteilten Tat um eine solche handelt, hat der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Dass es sich ggf. auch um eine Straftat handelt, die nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV die Anforderung eines Gutachtens rechtfertigen würde, kann nicht zur Zulassung der Berufung führen. Die Behörde ist auf Grund des § 11 Abs. 6 FeV nicht verpflichtet, alle Rechtsgrundlagen zu nennen, die eine Gutachtensaufforderung tragen würden (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 33). Es reicht aus, wenn eine zutreffende Rechtsgrundlage genannt wird. Dies ist hier geschehen. Es war auch nicht erforderlich, sich auf eine der Alternativen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV zu stützen, denn wie sowohl das Landratsamt als auch das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt haben, kann die vom Kläger begangene Straftat unter beide Alternativen subsumiert werden. Dies hat das Landratsamt auch dargestellt. Aus welchen Gründen das Landratsamt sich auf eine Alternative hätte festlegen sollen, wird vom Kläger weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich.

Darüber hinaus musste das Landratsamt auch den Sachverhalt hinsichtlich der abgeurteilten Straftat nicht selbst ermitteln. Zwar ist die Fahrerlaubnisbehörde nach § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 StVG nur in Entziehungsverfahren und insoweit an die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einem Strafurteil gebunden, dass sie nicht zum Nachteil des Betroffenen davon abweichen darf. Gleichwohl besteht aber regelmäßig keine Veranlassung, den in einem Strafurteil festgestellten Sachverhalt erneut zu ermitteln. Solange keine neuen Tatsachen oder Beweismittel im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO vorliegen, die für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen sprechen, kann die Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig von dem strafgerichtlich festgestellten Sachverhalt ausgehen (stRspr, BayVGH, B.v. 19.8.2019 – 11 ZB 19.1256 – juris Rn. 13). Hier begehrt der Kläger eine Neubewertung seiner schon im Strafverfahren vorgetragenen Sicht der Dinge. Er hat aber keine neuen Tatsachen oder Beweismittel benannt, denn auch der Zeuge O… ist schon im Strafverfahren angeboten worden. Die Strafgerichte haben die in sein Wissen gestellten Umstände indes als Wertungen und nicht als entscheidungserhebliche Tatsachen angesehen. In diesem Zusammenhang war es auch nicht erforderlich, in der Gutachtensanordnung zu begründen, weshalb die vom Strafgericht festgestellten Tatsachen und nicht die Sachverhaltsdarstellung des Klägers zugrunde gelegt worden sind. Das Landratsamt hat in der Gutachtensanordnung dargestellt, dass es den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils folgt und die Begehung einer erheblichen Straftat gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV annimmt. Dass dies für den Kläger unklar oder missverständlich war, ist nicht ersichtlich.

Die Gutachtensanordnung leidet auch nicht an anderen formellen Fehlern. Insbesondere ist die Fragestellung vom Sachverhalt gedeckt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt nicht nur gefragt hat, ob der Kläger in Zukunft keine Straftat i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV mehr begehen wird, sondern allgemein gefragt hat, ob er zukünftig nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche bzw. strafrechtliche Bestimmungen verstoßen wird. Die gesetzliche Regelung des § 2 Abs. 4 StVG definiert die Kraftfahreignung dahingehend, dass der Betroffene nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen oder gegen Strafgesetze verstoßen hat und differenziert nicht zwischen verschiedenen Straftaten und Verkehrsverstößen. In § 11 Abs. 3 FeV wird demgegenüber im Einzelnen ausgeführt, bei welchen Straftaten und Verkehrsverstößen eine medizinisch-psychologische Begutachtung gefordert werden kann. Dies führt aber nicht dazu, dass sich die Prognose nur auf genau den für die Gutachtensanforderung einschlägigen Sachverhalt erstrecken muss. Gemäß § 2 Abs. 4 StVG muss allgemein festgestellt werden, ob der Betroffene unabhängig von der Anlasstat in Zukunft zur Missachtung der Rechtsordnung in fahreignungsrelevanter Weise neigt. Dies wird von der Frage zutreffend abgefragt (vgl. zu möglichen Fragestellungen: Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien, Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 27.1.2014 [VkBl 2014, 132] als aktueller Stand der Wissenschaft eingeführt, S. 61). Inwiefern die Gutachtensanordnung interpretationsfähig und diese vermeintliche Interpretationsmöglichkeit dem Gutachter überlassen sein soll, kann im Übrigen nicht nachvollzogen werden.

Das Landratsamt hat auch den nach § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV formell rechtmäßig erteilt. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV legt fest, dass die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Betroffenen schließen darf, wenn dieser sich weigert, sich untersuchen zu lassen oder das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Dabei ist in der Rechtsprechung geklärt, dass damit kein Ermessen eingeräumt ist, sondern die Vorschrift einen Grundsatz der Beweiswürdigung enthält (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rn. 51). Sinn der Belehrung ist es, dem Betroffenen die Entscheidung zu ermöglichen, ob er das angeforderte Gutachten vorlegt oder das mit der Weigerung oder Nichtvorlage verbundene Risiko eingeht (Dauer a.a.O. Rn. 56). Es kann daher nicht beanstandet werden, wenn nicht der konkrete Wortlaut des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV wiederholt wird, solange aus der Belehrung hinreichend deutlich wird, dass bei einer Verweigerung der geforderten Mitwirkung eine Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Fahrerlaubnis droht. Hier hat das Landratsamt nur den Begriff „dürfen“ durch „können“ ersetzt. Gleichwohl war aus der Formulierung ersichtlich, dass der Antrag abgelehnt werden wird, wenn das geforderte Gutachten nicht vorlegt wird.

Im Übrigen wäre der vom Kläger bezeichnete Fehler auch unter entsprechender Anwendung des Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich. Danach kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach Art. 44 BayVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dabei kann die Möglichkeit, dass anders entschieden worden wäre, auch von den Auswirkungen des Fehlers auf den Betroffenen, der die Aufhebung des Verwaltungsakts beansprucht, abhängen (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 46 Rn. 27 m.w.N.), denn durch den Fehler darf die materielle Rechtsposition des Betroffenen nicht beeinflusst worden sein (vgl. Emmenegger in Mann/Sennekamp/Uechtritzt, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, § 46 Rn. 43, 87). Art. 46 BayVwVfG ist grundsätzlich auch im Fahrerlaubnisrecht und in einer Verpflichtungssituation zumindest analog anwendbar (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 26 und 28). Die Verletzung der Hinweispflicht des § 11 Abs. 6 FeV führt dabei nicht stets dazu, dass die auf eine solchermaßen fehlerhafte Beibringungsaufforderung gestützte Behördenentscheidung aufzuheben ist (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 27). Ist offensichtlich, dass ein versäumter Hinweis die Weigerung des Betroffenen, sich einer Begutachtung zu unterziehen, nicht beeinflusst hat, so ist das Fehlen des Hinweises auch ohne Einfluss auf die Berechtigung, aus der unterlassenen Begutachtung auf die Nichteignung zu schließen (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 29). Hier ist offensichtlich, dass der nach Ansicht des Klägers fehlende Hinweis darauf, dass im Falle der Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens, der Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis zwingend abgelehnt werden wird, die Weigerung des Klägers, sich einer Begutachtung zu unterziehen, nicht beeinflusst hat. Aus dem Schreiben vom 28. Februar 2018 ist ersichtlich, dass dem Kläger bewusst war, dass er das Gutachten beibringen muss, um eine Fahrerlaubnis zu erhalten. Im vorletzten Absatz hat er deshalb darum gebeten, zu prüfen, ob eine alternative Möglichkeit zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis besteht. Er ist daher zu diesem Zeitpunkt selbst davon ausgegangen, dass die Nichtbeibringung des geforderten Gutachtens zur Ablehnung seines Antrags führen wird und wollte ausloten, ob es andere Maßnahmen gibt, nämlich z.B. eine verkehrspsychologische Schulung mit Analyse des Konflikts und der damaligen Fehlreaktion, durch die das Gutachten ersetzt werden könnte.

Das Landratsamt hat auch das ihm zustehende Ermessen bei der Anordnung des Gutachtens ordnungsgemäß ausgeübt und keine sachfremden Erwägungen eingestellt. Nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung mit, dass er sich einer Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat. Dabei sind die Ermessenserwägungen der Fahrerlaubnisbehörde offenzulegen, damit Sinn und Zweck der angeordneten Mitteilungspflichten Genüge getan ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 38; BayVGH, B.v. 30.5.2017 – 11 CS 17.274 – NJW 2017, 2695). Das Landratsamt hat im vorliegenden Fall erkannt, dass Ermessen auszuüben ist und die zugrundeliegenden Erwägungen hinreichend offen gelegt. Zwar wird in der Gutachtensanordnung auf der zweiten Seite der Eindruck erweckt, das Landratsamt sei der Auffassung, es habe hinsichtlich der Frage, ob eine Straftat i.S.d. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV vorliege, einen Ermessensspielraum. Dies trifft aber nicht zu, denn das Ermessen bezieht sich auf die Rechtsfolgenseite, während die tatbestandlichen Voraussetzungen in der Vorschrift selbst festgelegt sind (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 40 Rn. 32). Darüber hinaus erscheint auch die Annahme des Landratsamts, es bestünden erhebliche charakterliche Fahreignungszweifel, weil der Kläger im Hauptverhandlungstermin den Eindruck vermittelt habe, er wolle Verkehrsregelungen nicht befolgen, nicht ganz stimmig, denn die Fahreignungszweifel ergeben sich aus der vom Kläger begangenen Straftat und das Verhalten des Klägers in der Hauptverhandlung stellt nur einen Aspekt in den Ermessenserwägungen dar. Im Ergebnis haben sich diese Ungenauigkeiten auf die Ermessensentscheidung aber nicht ausgewirkt, denn zum einen decken sich regelmäßig die Gesichtspunkte, die auf der Tatbestandsseite zur Annahme von Eignungszweifeln führen und die Gesichtspunkte, die im Rahmen von § 11 FeV die Ermessenausübung steuern (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 38). Zum anderen hat das Landratsamt auch zutreffend angenommen, dass die vom Strafgericht im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigten Umstände in die Ermessenserwägungen einfließen können. Dass es sich bei den Erwägungen des Strafgerichts zur Strafzumessung teilweise auch um die Bewertung der ermittelten strafzumessungserheblichen Tatsachen handelt, steht dem nicht entgegen. Es ergibt sich aus § 46 des Strafgesetzbuchs (StGB), dass im Rahmen der Strafzumessungsentscheidung die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander abzuwägen sind und dafür ermittelt und bewertet werden müssen (vgl. Miebach/Maier, Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl. 2016, § 46 StGB Rn. 177 f.). Dazu gehören zum Beispiel die Gesinnung, die aus der Tat spricht und das Verhalten nach der Tat (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB). Diese Gesichtspunkte können auch im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung berücksichtigt werden, denn daraus ergeben sich ggf. Anhaltspunkte für die Prognose, ob der Betreffende zukünftig keine Straftaten mehr begehen wird.

Dass die für den Kläger sprechenden Aspekte in der Gutachtensanordnung nicht ausdrücklich Erwähnung gefunden haben, macht die Entscheidung nicht ermessensfehlerhaft. Dabei kann in Anlehnung an Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG davon ausgegangen werden, dass regelmäßig nur die tragenden Ermessenserwägungen mitzuteilen sind (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 39 Rn. 61, 45). Eine Begründung gem. Art. 39 BayVwVfG muss (nur) die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe enthalten, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Grundsätzlich ist es nicht erforderlich, schriftliche Verwaltungsakte in allen Einzelheiten zu begründen (vgl. BVerwG, U.v. 15.5.1986 – 5 C 33.84 – BVerwGE 74, 196 = juris Rn. 31). Nichts anderes kann für die Begründung einer Begutachtungsanordnung gelten. Tragend waren hier insbesondere die zu Lasten des Klägers sprechenden Umstände und das Landratsamt hat sich daher auch dafür entschieden, ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzufordern. Dass der Kläger schon lange über eine Fahrerlaubnis verfügt und keine weiteren Eintragungen im Bundeszentral- und Fahreignungsregister bestehen, war der Fahrerlaubnisbehörde bekannt, denn sie hatte ein Führungszeugnis und eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister eingeholt. Diese Umstände mussten aber nicht zwingend in der Begutachtungsanordnung erwähnt werden.

Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil auch eine psychologische Begutachtung zur Aufklärung des Sachverhalts ausreichen würde. Eine ausschließlich psychologische Begutachtung sieht die Fahrerlaubnis-Verordnung grundsätzlich nicht vor. Dem ärztlichen Gutachter kommt im interdisziplinären Begutachtungsprozess der medizinisch-psychologischen Untersuchung die Aufgabe zu, individuelle gesundheitliche Gegebenheiten und Ressourcen festzustellen, die es dem Untersuchten erst gestatten, die notwendige Leistung mit der erforderlichen Motivation und Ausdauer abzurufen (vgl. Beurteilungskriterien, a.a.O. S. 321). Die ärztlichen Untersuchungsbefunde tragen dabei im interdisziplinären Prozess zur Hypothesengewinnung und Hypothesenüberprüfung bei. Der Umfang der medizinischen Untersuchung im Rahmen eines solchen interdisziplinären Vorgehens hat sich deshalb am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren (vgl. Beurteilungskriterien, a.a.O. S. 321). Findet eine medizinisch-psychologische Begutachtung aufgrund von auffälligem Verhalten im Straßenverkehr statt, ohne dass eine Erkrankung als Ursache bekannt ist, beschränkt sich die medizinische Untersuchung anlassbezogen auf einen orientierenden Ausschluss einer möglicherweise ursächlich für die Verhaltensauffälligkeit verantwortlichen gesundheitlichen Störung bzw. gibt dem Betroffenen Gelegenheit, solche möglichen Ursachen anzusprechen (vgl. Beurteilungskriterien, a.a.O. S. 322). Ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Ausnahmefall eine Beschränkung nur auf eine psychologische Begutachtung möglich ist, ist umstritten (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 11 FeV Rn. 29). Ein solcher Ausnahmefall würde hier aber auch nicht vorliegen, denn es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass aggressive Verhaltensweisen ohne nachvollziehbaren Anlass krankheitsbedingte Ursachen haben (vgl. Beurteilungskriterien, a.a.O. S. 322 Tabelle 5).

Die Auffassung des Klägers, möglicherweise hätten sachfremde Erwägungen zu der streitgegenständlichen Entscheidung geführt, da er die Arbeit des derzeitigen Landrats nicht gut heiße, kann nicht zur Zulassung der Berufung führen. Es handelt sich dabei um bloße Vermutungen, die sachlicher Anhaltspunkte entbehren.

Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 GKG und der Empfehlung in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, Anh. § 164 Rn. 14).

Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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