Einem Betroffenen wurde der Führerschein-Entzug wegen einer psychischen Krankheit wie Manie oder Psychose von der Behörde verordnet. Doch diese behördliche Anordnung erging, ohne dass der Betroffene je einen Verkehrsverstoß begangen hatte.
Übersicht
Zum vorliegenden Urteil Az.: W 6 K 21.1371 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Verfahren: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Verwaltungsrecht
- Das Problem: Einer Frau wurde der Führerschein entzogen, weil sie laut Gutachten psychisch erkrankt war. Sie klagte, da sie das Gutachten für falsch hielt und ihre Fahreignung nicht beeinträchtigt sah.
- Die Rechtsfrage: War die Entziehung des Führerscheins wegen einer psychiatrischen Diagnose rechtens, wenn ein Gutachten dies bestätigt?
- Die Antwort: Ja, die Klage wurde abgewiesen. Das Gericht sah das Gutachten als schlüssig an und bestätigte die fehlende Fahreignung.
- Die Bedeutung: Gerichte stützen Entscheidungen zum Führerscheinentzug oft auf ärztliche Gutachten bei psychischen Erkrankungen. Die Stichhaltigkeit solcher Gutachten ist entscheidend für den Ausgang eines Verfahrens.
Der Fall vor Gericht
Warum kann ein einziges ärztliches Gutachten über die Fahrerlaubnis entscheiden?
Ein medizinisches Gutachten ist oft nur ein Stück Papier. Doch in den Händen einer Fahrerlaubnisbehörde kann es zu einem Instrument werden, das ein Leben verändert. Im Fall einer Frau genügten die Diagnosen „gereizte Manie“ und „paranoide Psychose“, formuliert von einem einzigen Arzt, um ihr das Recht zum Autofahren zu entziehen. Die Frau wehrte sich und zog vor Gericht. Ihre zentrale Frage: Kann ein einziges Dokument, eine einzige ärztliche Meinung, so viel Macht haben?
Wieso dürfen Behörden die Fahreignung bei psychischen Problemen überhaupt prüfen?

Der Besitz eines Führerscheins ist kein ewiges Recht. Er ist an eine Bedingung geknüpft: die Eignung, ein Fahrzeug sicher zu führen. Der Gesetzgeber will andere Verkehrsteilnehmer vor Fahrern schützen, die sich oder andere gefährden könnten. Darum dürfen die zuständigen Behörden einschreiten, wenn Tatsachen Zweifel an der Fahreignung eines Menschen begründen.
Eine psychiatrische Diagnose kann eine solche Tatsache sein. Bestimmte Erkrankungen können die Wahrnehmung, das Urteilsvermögen oder die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen. Im Fall der Frau löste ihre Diagnose bei der Behörde genau diese Zweifel aus. Die logische Konsequenz aus Sicht der Verwaltung: die Anordnung eines fachärztlichen Gutachtens. Dieses Gutachten soll die Zweifel entweder ausräumen oder bestätigen. Als der Arzt die Diagnosen bestätigte, handelte die Behörde. Sie entzog der Frau die Fahrerlaubnis zum Schutz der Allgemeinheit.
Was macht ein Gutachten für ein Gericht „wasserdicht“?
Die Frau argumentierte vor Gericht, das Gutachten sei mangelhaft. Es belege nicht, wie sich ihre Erkrankung konkret auf das Autofahren auswirke. Hier lag der entscheidende Punkt des gesamten Falles. Das Gericht musste nun nicht selbst zum Psychiater werden. Seine Aufgabe war es, die Arbeit des Gutachters zu überprüfen – wie ein Schiedsrichter, der die Einhaltung der Spielregeln kontrolliert.
Ein Gutachten ist für ein Gericht dann schlüssig und verwertbar, wenn es drei Kriterien erfüllt. Erstens muss es auf nachprüfbaren Fakten beruhen. Der Arzt muss seine Beobachtungen und die Untersuchungsergebnisse darlegen. Zweitens muss es in sich logisch sein. Die gezogenen Schlussfolgerungen müssen nachvollziehbar aus den Fakten abgeleitet werden. Drittens muss das Gutachten die gestellte Frage beantworten. Im Klartext: Es muss einen verständlichen Zusammenhang zwischen der festgestellten Krankheit und der fehlenden Fahreignung herstellen.
Das Gericht kam zum Ergebnis, dass das Gutachten diese Anforderungen erfüllte. Der Arzt hatte seine Diagnosen auf konkrete Untersuchungsergebnisse gestützt und seine medizinischen Schlussfolgerungen klar dargelegt. Damit war das Papier für die Richter eine solide Grundlage.
Warum scheiterte der Angriff der Frau auf diese ärztliche Einschätzung?
Die Klägerin versuchte, die Feststellungen des Gutachters zu erschüttern. Sie argumentierte, die Diagnose allein reiche nicht aus. Dieser Einwand konnte die Richter nicht überzeugen. Das Gericht stellte klar, dass es bei Krankheiten wie einer Psychose oder Manie nicht auf einen konkreten Fahrfehler ankommt. Die Natur dieser Erkrankungen bringt es mit sich, dass die Fähigkeit zum sicheren Fahren jederzeit unvorhersehbar ausfallen kann.
Die Behörde – und später das Gericht – muss nicht auf einen Unfall warten. Die Begründete Gefahr genügt. Die ärztliche Diagnose lieferte genau diese Begründung. Das Gericht erklärte, die Fahrerlaubnisbehörde habe keinen Ermessensspielraum gehabt. Bei einer festgestellten Nichteignung musste sie die Fahrerlaubnis entziehen. Der Schutz der Öffentlichkeit wiegt hier schwerer als das Interesse der Einzelnen am Fahren. Die Klage der Frau wurde abgewiesen.
Die Urteilslogik
Gerichte bewerten die Fahreignung primär zum Schutz der Allgemeinheit und stützen sich dabei auf medizinische Gutachten, die präzise Anforderungen erfüllen müssen.
- Psychische Diagnosen begründen Zweifel an der Fahreignung: Eine ärztliche Diagnose kann die Fahreignung in Frage stellen und bei begründeten Zweifeln den Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertigen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.
- Schlüssigkeit medizinischer Gutachten gewährleisten: Ein medizinisches Gutachten überzeugt ein Gericht, wenn es auf nachvollziehbaren Fakten beruht, logisch schlussfolgert und den Zusammenhang zwischen Krankheit und fehlender Fahreignung klar darstellt.
- Präventiver Entzug bei begründetem Risikoprofil: Die fehlende Fahreignung bei bestimmten psychischen Erkrankungen muss nicht erst durch einen konkreten Vorfall bewiesen werden; die begründete Gefahr unvorhersehbarer Ausfälle genügt für den präventiven Fahrerlaubnisentzug.
Diese Prinzipien betonen, wie wichtig der Schutz der Allgemeinheit vor potenziellen Gefahren im Straßenverkehr ist und wie sorgfältig Behörden die Fahreignung bei medizinischen Zweifeln prüfen müssen.
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Experten Kommentar
Wie viel Gewicht hat ein einziges ärztliches Gutachten, wenn die Fahrerlaubnis auf dem Spiel steht? Dieses Urteil macht deutlich: Ist ein psychiatrisches Gutachten sauber und schlüssig erstellt, brauchen die Behörden bei psychischen Erkrankungen nicht erst auf einen Unfall zu warten. Es zeigt, dass eine begründete Gefährdung die oberste Priorität hat. Das ist eine klare Botschaft für jeden, der sich mit dem Fahrerlaubnisentzug wegen psychischer Erkrankung auseinandersetzen muss, denn es zieht hier eine unmissverständliche rote Linie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche psychischen Erkrankungen können meinen Führerschein gefährden?
Nicht jede psychische Erkrankung bedeutet das Ende der Fahrfreiheit. Aber Diagnosen wie gereizte Manie oder paranoide Psychose können Ihren Führerschein direkt gefährden. Sie beeinträchtigen unvorhersehbar Urteilsvermögen, Wahrnehmung oder Reaktionsfähigkeit. Bereits die ärztliche Einschätzung einer solchen begründeten Gefahr reicht aus, um behördliche Zweifel zu wecken – ein konkreter Fahrfehler muss dafür nicht vorliegen.
Die Regel lautet: Ihre Fahrerlaubnis ist an die Bedingung geknüpft, ein Fahrzeug jederzeit sicher führen zu können. Juristen nennen das Fahreignung. Bestimmte psychische Erkrankungen, wie manisch-depressive Zustände oder Psychosen, bergen das Risiko, dass Ihre Fähigkeit zum sicheren Fahren plötzlich und unvorhersehbar ausfallen kann. Solche Zustände können Ihre Wahrnehmung, Ihr Urteilsvermögen oder Ihre Reaktionsfähigkeit entscheidend mindern.
Der Grund ist klar: Es geht darum, andere Verkehrsteilnehmer vor potenziellen Gefahren zu schützen. Die Behörden müssen nicht erst auf einen Unfall oder einen gravierenden Fahrfehler warten. Bereits die ärztlich festgestellte Gefahr genügt, um Ihre Fahreignung infrage zu stellen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Denken Sie an die Situation eines Piloten: Auch hier ist die körperliche und geistige Eignung entscheidend. Niemand würde erwarten, dass ein Pilot erst einen Beinahe-Unfall verursachen muss, bevor seine Flugtauglichkeit überprüft wird. Es geht um die potenzielle, unvorhersehbare Gefahr für alle Beteiligten, die durch bestimmte medizinische Zustände entstehen kann.
Warten Sie nicht, bis die Führerscheinstelle aktiv wird. Nehmen Sie umgehend Kontakt zu Ihrem behandelnden Facharzt auf. Besprechen Sie proaktiv, wie Ihre spezifische Diagnose Ihre Wahrnehmung, Ihr Urteilsvermögen und Ihre Reaktionsfähigkeit konkret beeinflussen könnte. Eine fundierte erste Einschätzung hilft Ihnen, mögliche Bedenken frühzeitig zu adressieren und die richtigen Schritte einzuleiten. Das ist Ihr erster und wichtigster Schritt.
Welche Rechte habe ich, wenn die Führerscheinstelle ein Gutachten anfordert?
Wenn die Führerscheinstelle ein Gutachten anfordert, sind Sie zwar zur Kooperation verpflichtet und die Behörde darf bei begründeten Zweifeln diese Anordnung treffen. Doch Sie haben das fundamentale Recht, die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit dieses Gutachtens später vor Gericht überprüfen zu lassen. Dies ist entscheidend, falls negative Konsequenzen wie ein Entzug des Führerscheins drohen.
Juristen nennen das eine Überprüfung der „Wasserdichtigkeit“. Die Behörde darf bei begründeten Zweifeln an Ihrer Fahreignung, beispielsweise aufgrund einer psychiatrischen Diagnose, ein fachärztliches Gutachten anordnen. Diese Maßnahme dient dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer und soll klären, ob Sie weiterhin sicher am Straßenverkehr teilnehmen können. Sie haben jedoch das Recht, die Qualität und die Schlussfolgerungen dieses Gutachtens später umfassend anzufechten. Dafür muss das Gutachten drei Kernkriterien erfüllen: Es muss auf nachprüfbaren Fakten beruhen, in sich logisch sein und die von der Behörde gestellte Frage eindeutig beantworten. Fehlt es an einem dieser Punkte, ist es angreifbar.
Denken Sie an einen Schiedsrichter im Fußball: Er spielt nicht selbst, sondern bewertet, ob die Regeln eingehalten werden. Genauso agiert das Gericht; es wird nicht selbst zum Mediziner, sondern prüft, ob der Gutachter seine „Spielregeln“ bei der Erstellung des Gutachtens korrekt befolgt hat.
Fordern Sie umgehend bei der Führerscheinstelle schriftlich eine detaillierte Begründung an, welche konkreten Tatsachen die Zweifel an Ihrer Fahreignung begründen und die Anordnung des Gutachtens rechtfertigen. So verstehen Sie die Basis der Anordnung besser. Parallel dazu suchen Sie unverzüglich rechtlichen Rat bei einem Fachanwalt für Verkehrsrecht. Das ist entscheidend für Ihre Rechte.
Was muss ich tun, wenn die Führerscheinstelle ein Gutachten anfordert?
Wenn die Führerscheinstelle ein Gutachten anordnet, müssen Sie vor allem eine qualifizierte Untersuchung sicherstellen. Der Arzt muss seine Ergebnisse faktenbasiert, nachvollziehbar und logisch mit Ihrer Fahreignung verknüpfen. Nur ein solch „wasserdichtes“ Gutachten bietet Ihnen später eine solide rechtliche Grundlage, ob zu Ihren Gunsten oder nicht. Ihre umfassende Kooperation dabei ist entscheidend.
Die Erstellung eines solchen Gutachtens folgt klaren Regeln, die ein Gericht später streng prüft. Zuerst muss der Arzt alle Beobachtungen und Untersuchungsergebnisse detailliert dokumentieren. Das Gutachten muss also auf nachprüfbaren Fakten beruhen. Ihre wahrheitsgemäße und umfassende Kooperation ist dabei unerlässlich, denn die Gutachter können nur das bewerten, was ihnen vorliegt.
Danach müssen die Schlussfolgerungen des Gutachtens in sich logisch und nachvollziehbar aus diesen Fakten abgeleitet werden. Ein klarer Zusammenhang zwischen Ihrem Gesundheitszustand und Ihrer tatsächlichen Fahreignung muss für jedermann erkennbar sein. Schließlich muss das Gutachten die konkrete Frage der Behörde präzise beantworten: Werden die Zweifel an Ihrer Fahreignung ausgeräumt oder bestätigt? Es braucht einen verständlichen Bezug zur Fahrtüchtigkeit.
Denken Sie an die Situation eines Baumeisters. Ein Gericht akzeptiert keinen Bauplan, der nur aus schönen Zeichnungen besteht. Es verlangt präzise Statikberechnungen, Materiallisten und eine klare Anleitung für den Bau. Genauso muss ein ärztliches Gutachten strukturiert sein: Es ist ein Bauplan für die Einschätzung Ihrer Fahreignung, der auf einem soliden Fundament von Fakten und Logik ruht.
Mein dringender Rat: Nehmen Sie sofort Kontakt zur Führerscheinstelle auf. Erkundigen Sie sich detailliert nach den genauen Anforderungen an den Gutachter, etwa seine Fachrichtung. Fragen Sie auch, ob die Behörde eine Liste qualifizierter Ärzte zur Verfügung stellt und welche spezifischen Fragen das Gutachten beantworten muss. So stellen Sie sicher, dass Sie einen kompetenten Gutachter wählen und das Verfahren reibungslos verläuft.
Was kann ich tun, wenn mein Führerschein entzogen wurde?
Wenn Ihr Führerschein aufgrund eines ärztlichen Gutachtens entzogen wurde, liegt der Schlüssel zur Wiedererlangung darin, die zugrundeliegende Entscheidung juristisch anzufechten. Konzentrieren Sie sich dabei auf präzise Mängel des Gutachtens, wie fehlende Fakten, mangelnde Logik oder unzureichenden Bezug zur Fahreignung. Auch die Vorlage eines überzeugenden Gegengutachtens kann entscheidend sein, um Ihre Fahrfreiheit zurückzugewinnen.
Viele Betroffene fühlen sich machtlos, wenn die Fahrerlaubnisbehörde auf Grundlage eines einzigen Gutachtens entscheidet. Doch Sie haben Rechte! Der Kern einer erfolgreichen Anfechtung liegt nicht darin, die Diagnose pauschal infrage zu stellen. Vielmehr geht es darum, die Qualität und die Schlussfolgerungen des Gutachtens selbst zu prüfen. Juristen legen hier den Fokus darauf, ob der Gutachter seine Einschätzung auf nachprüfbaren Fakten begründet hat, die Schlussfolgerungen in sich logisch sind und das Gutachten die zentrale Frage der Fahreignung eindeutig und nachvollziehbar beantwortet.
Ein häufiger Fehler ist die Argumentation, eine psychische Diagnose allein reiche für einen Entzug nicht aus oder dass bisher kein Unfall verursacht wurde. Das Gericht wird hierauf nicht abstellen. Es hat klargestellt, dass es bei bestimmten Krankheiten wie Psychosen oder Manien nicht auf einen konkreten Fahrfehler ankommt. Entscheidend ist die begründete Gefahr, dass die Fähigkeit zum sicheren Führen eines Fahrzeugs jederzeit unvorhersehbar beeinträchtigt sein kann. Daher müssen Sie nachweisen, dass diese Gefahr nicht (mehr) besteht oder dass das Gutachten diese Gefahr nicht schlüssig belegen konnte.
Ein passender Vergleich ist ein Bauplan. Wenn dieser Bauplan unvollständig, widersprüchlich oder irrelevant für das eigentliche Gebäude ist, wird kein Architekt ihn akzeptieren. Ähnlich verhält es sich mit einem Gutachten vor Gericht: Es muss ein „wasserdichter“ Plan Ihrer Fahreignung sein, der jede Prüfung standhält.
Handeln Sie umgehend! Fordern Sie sofort eine vollständige Kopie des Gutachtens sowie des Entzugsbescheides bei der Führerscheinstelle an. Legen Sie diese Dokumente unverzüglich einem spezialisierten Rechtsanwalt für Verkehrsrecht zur Prüfung vor. Er kann beurteilen, ob das Gutachten die strengen Kriterien der Schlüssigkeit und Verwertbarkeit erfüllt oder ob es Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Anfechtung gibt.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Begründete Gefahr
Eine begründete Gefahr liegt vor, wenn Fakten oder Expertenmeinungen ernsthafte Zweifel an der Fähigkeit einer Person aufkommen lassen, sicher am Straßenverkehr teilzunehmen. Das Gesetz muss nicht auf einen Unfall warten; schon die konkrete Möglichkeit einer Gefährdung reicht aus, um Schutzmaßnahmen für die Allgemeinheit zu ergreifen. So schützt der Gesetzgeber potenzielle Opfer, bevor ein tatsächlicher Schaden entsteht.
Beispiel: Die Diagnose einer paranoiden Psychose stellte für die Fahrerlaubnisbehörde eine begründete Gefahr dar, die den Entzug der Fahrerlaubnis rechtfertigte, noch bevor die Frau einen Fahrfehler begangen hatte.
Ermessensspielraum
Den Ermessensspielraum hat eine Behörde, wenn sie bei einer Entscheidung zwischen verschiedenen rechtlich zulässigen Optionen wählen kann, statt streng einer einzigen Vorschrift folgen zu müssen. Dadurch können die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, um eine angemessene und verhältnismäßige Entscheidung zu treffen. Juristen nennen dies die Freiheit der Entscheidung, die jedoch immer an gesetzliche Grenzen gebunden ist.
Beispiel: Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass die Fahrerlaubnisbehörde keinen Ermessensspielraum hatte, da bei festgestellter Nichteignung die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen war.
Fachärztliches Gutachten
Ein fachärztliches Gutachten ist eine schriftliche Expertise von spezialisierten Medizinern, die einen bestimmten Gesundheitszustand im Hinblick auf eine spezifische Fragestellung bewertet und belegt. Solche Gutachten sollen objektiv feststellen, ob eine medizinische Bedingung vorliegt, die etwa die Fahreignung beeinträchtigt, und bilden eine wichtige Entscheidungsgrundlage für Behörden oder Gerichte. Sie helfen, komplexe medizinische Sachverhalte rechtlich einzuordnen.
Beispiel: Die Frau wehrte sich gegen den Entzug ihrer Fahrerlaubnis, der auf einem einzigen fachärztlichen Gutachten basierte, das ihre psychischen Diagnosen bestätigte.
Fahrerlaubnisbehörde
Die Fahrerlaubnisbehörde ist die zuständige Verwaltungsstelle, die in Deutschland über die Erteilung, Entziehung und andere Maßnahmen rund um den Führerschein entscheidet. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, indem sie überprüft, ob Fahrer die nötige Eignung besitzen. Diese Behörde agiert als Hüterin der Verkehrssicherheit im Auftrag des Staates.
Beispiel: Eine Fahrerlaubnisbehörde entzog der Frau die Fahrerlaubnis, nachdem ein ärztliches Gutachten die Diagnosen „gereizte Manie“ und „paranoide Psychose“ bestätigt hatte.
Fahreignung
Die Fahreignung beschreibt die körperlichen und geistigen Voraussetzungen, die ein Fahrer erfüllen muss, um ein Kraftfahrzeug sicher und verantwortungsvoll im Straßenverkehr führen zu können. Dieser Zustand ist nicht statisch; er wird fortlaufend vom Gesetzgeber gefordert, um alle Verkehrsteilnehmer vor Gefahren zu schützen. Ohne Fahreignung darf man kein Fahrzeug führen, weil das Risiko für andere zu hoch wäre.
Beispiel: Zweifel an der Fahreignung der Frau wurden durch die psychiatrischen Diagnosen ausgelöst, woraufhin die Behörde ein Gutachten anordnete.
Schlüssigkeit (eines Gutachtens)
Die Schlüssigkeit eines Gutachtens bedeutet, dass die Schlussfolgerungen des Gutachters in sich logisch und widerspruchsfrei aus den erhobenen Fakten abgeleitet werden müssen, sodass sie für jedermann nachvollziehbar sind. Das Gericht prüft, ob die Argumentation des Gutachters klar ist und keine Sprünge oder unerklärten Annahmen enthält. Nur ein schlüssiges Gutachten kann als solide Basis für eine gerichtliche Entscheidung dienen.
Beispiel: Das Gericht bestätigte die Schlüssigkeit des Gutachtens, da der Arzt seine Diagnosen auf konkrete Untersuchungsergebnisse gestützt und klare medizinische Schlussfolgerungen dargelegt hatte.
Verwertbarkeit (eines Gutachtens)
Die Verwertbarkeit eines Gutachtens liegt vor, wenn es alle gesetzlichen und formellen Anforderungen erfüllt, um als Beweismittel in einem rechtlichen Verfahren herangezogen werden zu dürfen. Ein Gutachten ist verwertbar, wenn es nicht nur schlüssig ist, sondern auch auf nachprüfbaren Fakten beruht und die gestellte Frage eindeutig beantwortet. Fehlt es an diesen Kriterien, kann das Gutachten von einem Gericht nicht zur Entscheidungsfindung herangezogen werden.
Beispiel: Um die Verwertbarkeit des Gutachtens sicherzustellen, musste der Arzt klar den Zusammenhang zwischen den Diagnosen der Frau und ihrer fehlenden Fahreignung herstellen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Fahreignung als Grundvoraussetzung (§ 11 Abs. 1 FeV)
Nur wer körperlich und geistig in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen, darf eine Fahrerlaubnis besitzen.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Behörde muss sicherstellen, dass alle Verkehrsteilnehmer fahrtüchtig sind; die psychische Diagnose der Frau löste berechtigte Zweifel an ihrer Fahreignung aus, was eine Überprüfung notwendig machte.
- Befugnis zur Anordnung eines ärztlichen Gutachtens (§ 11 Abs. 2 FeV)
Bestehen begründete Zweifel an der Fahreignung, darf die Fahrerlaubnisbehörde ein fachärztliches Gutachten anordnen, um diese Zweifel zu klären.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Diagnosen „gereizte Manie“ und „paranoide Psychose“ begründeten diese Zweifel und gaben der Behörde das Recht, das Gutachten zu fordern und damit die Fahreignung der Frau überprüfen zu lassen.
- Anforderungen an die Verwertbarkeit eines Gutachtens (Allgemeiner Rechtsgrundsatz der Beweiswürdigung)
Ein Gutachten ist für ein Gericht nur dann entscheidungsrelevant, wenn es auf nachprüfbaren Fakten beruht, logisch aufgebaut ist und die gestellte Frage schlüssig beantwortet.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl die Frau das Gutachten als mangelhaft ansah, bestätigte das Gericht dessen Qualität, da es die Erkrankung klar darlegte und den Zusammenhang zur eingeschränkten Fahreignung nachvollziehbar herstellte.
- Zwingender Entzug der Fahrerlaubnis bei Nichteignung (§ 2 Abs. 4 StVG), § 46 Abs. 1 FeV
Wenn die fehlende Fahreignung einer Person festgestellt wird, muss die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Da das Gutachten die Nichteignung der Frau bestätigte und das Gericht das Gutachten als korrekt befand, hatte die Behörde keinen Ermessensspielraum und musste der Frau die Fahrerlaubnis entziehen.
Das vorliegende Urteil
VG Würzburg – Az.: W 6 K 21.1371 – Urteil vom 11.05.2022
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