Entzug der Fahrerlaubnis nach Alkoholfahrt mit dem Fahrrad: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof entscheidet
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Beschluss vom 07.01.2020 (Az.: 11 CS 19.2237) über einen Fall entschieden, der die Entziehung der Fahrerlaubnis nach einer Fahrt unter Alkoholeinfluss mit einem Fahrrad betrifft. Der Antragsteller hatte gegen die Anordnung des Sofortvollzugs der Entziehung seiner Fahrerlaubnis und der Abgabe seines Führerscheins Beschwerde eingelegt. Kern des rechtlichen Konflikts war die Frage, ob die Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad ausreichend Anlass bietet, die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs in Frage zu stellen.
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Übersicht
Alkohol am Fahrradlenker als Auslöser
Der Antragsteller war im Juli 2018 unter Alkoholeinfluss mit einem Fahrrad unterwegs. Eine Blutuntersuchung ergab einen Wert von 1,67 ‰. Das Landratsamt Ansbach forderte daraufhin ein medizinisch-psychologisches Gutachten, um die Fahreignung des Antragstellers zu überprüfen. Als der Antragsteller dieses Gutachten nicht fristgerecht vorlegte, wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und der Führerschein sichergestellt.
Verwaltungsgerichtliche Auseinandersetzung
Der Antragsteller erhob Klage gegen den Bescheid und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Das Verwaltungsgericht Ansbach lehnte den Antrag jedoch ab. Es begründete dies damit, dass die Anordnung des Sofortvollzugs ausreichend begründet sei und die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben würde. Die Nichtvorlage des Gutachtens sei ein ausreichender Grund, die Fahreignung des Antragstellers in Frage zu stellen.
Argumente der Beschwerde
In der Beschwerde argumentierte der Antragsteller, dass eine Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad nicht mit einer Fahrt mit einem Kraftfahrzeug vergleichbar sei. Zudem sei die Fahrt nicht nachgewiesen worden und es lägen keine Anhaltspunkte für eine Alkoholabhängigkeit vor. Er sei auf die Fahrerlaubnis für seine Berufstätigkeit angewiesen, und die Entziehung sei für ihn eine unzumutbare Härte.
Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde zurück. Er stellte fest, dass die Anordnung des Sofortvollzugs und die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig seien. Die Teilnahme am Straßenverkehr in erheblich alkoholisiertem Zustand stelle eine gravierende Gefahr für die Verkehrssicherheit dar, unabhängig vom benutzten Fahrzeugtyp. Zudem sei die Nichtvorlage des angeforderten Gutachtens ein ausreichender Grund, die Fahreignung des Antragstellers in Frage zu stellen.
Mit dieser Entscheidung bestätigt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die strenge Handhabung der Verkehrsregeln und die Bedeutung der Fahreignung auch bei der Nutzung von Fahrrädern im Straßenverkehr.
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Das vorliegende Urteil
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 19.2237 – Beschluss vom 07.01.2020
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der früheren Klassen eins und drei und der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
Die Polizeiinspektion Ansbach teilte der Führerscheinstelle des Landratsamts Ansbach (im Folgenden: Landratsamt) mit Schreiben vom 31. August 2018 mit, der Antragsteller sei am 31. Juli 2018 unter Alkoholeinfluss mit einem Fahrrad gefahren. Er habe gegenüber einem Zeugen bekundet, er sei gestürzt, als er losgefahren sei und habe sich dabei den Kopf angeschlagen. Auch bei der Fahrt zur polizeilichen Dienststelle habe er zunächst angegeben, dass er mit dem Rad nach Hause hätte fahren wollen und beim Anfahren gestürzt sei. Später habe er erklärt, nicht gefahren zu sein. Die Blutuntersuchung habe einen Wert von 1,67 ‰ ergeben.
Das gegen den Antragsteller eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit im Verkehr hat die Staatsanwaltschaft Ansbach gemäß § 153a Abs. 1 StPO am 9. Oktober 2018 nach Erfüllung der Auflagen durch den Antragsteller endgültig eingestellt.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 forderte das Landratsamt den Antragsteller zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis spätestens 8. Februar 2019 auf. Es sei zu klären, ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Insbesondere sei zu klären ob die Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad am 31. Juli 2018 Ausdruck eines Kontrollverlustes gewesen sei, der genauso gut zu einer Verkehrsteilnahme mit einem Kraftfahrzeug führen könne. Des Weiteren sei zu klären, ob zu erwarten sei, dass der Antragsteller bei gegebenenfalls fortbestehendem erhöhtem Alkoholkonsum glaubhaft eine Vermeidungsstrategie entwickelt habe, die es ausschließe, dass er in alkoholisiertem Zustand ein Kraftfahrzeug führen werde.
Nachdem der Antragsteller zwar zunächst eine Einverständniserklärung mit der Übersendung der Fahrerlaubnisakten an eine Begutachtungsstelle für Fahreignung eingereicht, jedoch innerhalb der vom Landratsamt verlängerten Frist kein Gutachten vorgelegt hat, entzog ihm das Landratsamt mit Bescheid vom 8. Juli 2019 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn zur Abgabe des Führerscheins. Aus der Nichtvorlage des Gutachtens sei auf seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen. Die Fahrerlaubnis sei daher zwingend zu entziehen. Den Führerschein des Antragstellers stellte die Polizei am 20. Juli 2019 sicher.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 9. August 2019 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage gegen den Bescheid vom 8. Juli 2019 erheben und beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage wieder herzustellen. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2019 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt. Das Landratsamt habe die Anordnung des Sofortvollzugs ausreichend begründet. Die Klage werde voraussichtlich keinen Erfolg haben. Das Landratsamt habe aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen dürfen. Die Gutachtensanordnung sei nicht zu beanstanden. Aufgrund der Blutalkoholkonzentration von 1,67 ‰ bei der Fahrt mit dem Fahrrad bestünden Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers. Sein Vorbringen, das Fahrrad nur geschoben zu haben, sei als Schutzbehauptung anzusehen. Sein Bevollmächtigter habe bereits mit Schreiben vom 28. Dezember 2018 ausgeführt, der Antragsteller sehe ein, dass er bei der Fahrt mit dem Fahrrad einen großen Fehler gemacht habe. Das Strafverfahren sei nicht nach § 170 Abs. 2 StPO, sondern nach § 153a StPO eingestellt worden, was einen hinreichenden Tatverdacht voraussetze. Die Fragestellung in der Gutachtensanforderung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Dem Landratsamt stehe weder hinsichtlich der Gutachtensanordnung noch hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis ein Ermessen zu.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der der Antragsgegner entgegentritt. Zur Begründung lässt der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, hinsichtlich der Verkehrssicherheit sei eine Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad nicht mit einer Fahrt mit einem Kraftfahrzeug vergleichbar. Außerdem sei die Fahrt nicht nachgewiesen. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Auch seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen sei nicht erwiesen. Es handele sich nicht um einen Regelfall und es lägen auch keine Anhaltspunkte für eine Alkoholabhängigkeit vor. Sowohl hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis als auch hinsichtlich der Anordnung des Sofortvollzugs liege ein Ermessensnicht- bzw. -fehlgebrauch vor. Der Antragsteller sei auf die Fahrerlaubnis für die Ausübung seiner Berufstätigkeit dringend angewiesen. Die Entziehung sei für ihn eine unzumutbare Härte. Es wären weniger belastende Mittel, zum Beispiel Auflagen, in Betracht gekommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.
1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), vor Erlass des Bescheids zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2019 (BGBl I S. 1626), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Juli 2019 (BGBl I S. 1056), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen kann (Alkoholmissbrauch).
Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ist zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen, wenn der Betreffende ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr führt. Darunter fällt auch die erstmalige Fahrt mit einem Fahrrad (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12 – NJW 2013, 2696 Rn. 5). Die Teilnahme am Straßenverkehr in erheblich alkoholisiertem Zustand stellt mit jedem Fahrzeug und somit auch mit einem Fahrrad eine gravierende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar.
Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen, oder wenn er das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – NJW 2017, 1765 Rn. 19 m.w.N.) und für die Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens kein ausreichender Grund besteht. Bei feststehender Ungeeignetheit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum zukäme. Dies gilt auch bei Nichtvorlage eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens.
2. Gemessen daran begegnet die vom Landratsamt verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis keinen rechtlichen Bedenken.
a) Zu Recht sind das Landratsamt und das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller am 31. Juli 2018 – wenn auch nur kurz – mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,67 ‰ mit seinem Fahrrad gefahren ist. Seine spätere Einlassung, er habe das Fahrrad nur geschoben, ohne gefahren zu sein, überzeugt nicht. Insoweit muss er sich an seinen ersten Äußerungen gegenüber dem Zeugen und den herbeigerufenen Polizeibediensteten festhalten lassen. Außerdem hat sein Prozessbevollmächtigter, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, gegenüber dem Landratsamt in seinem Schriftsatz vom 28. Dezember 2018 ausdrücklich erklärt, der Antragsteller sehe ein, bei der Fahrt mit dem Fahrrad am 31. Juli 2018 einen großen Fehler gemacht zu haben.
Die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Trunkenheit im Verkehr durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Ansbach vom 9. Oktober 2018 hat ebenfalls nicht zur Folge, dass das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrt nicht mehr vorhalten könnte. Die Bindungswirkung des § 3 Abs. 4 StVG für den in einem Strafverfahren festgestellten Sachverhalt zugunsten eines Fahrerlaubnisinhabers geht nur von einem Urteil, von einem Strafbefehl oder von einer gerichtlichen Entscheidung aus, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird. Die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 153a Abs. 1 StPO nach Erfüllung von Auflagen oder Weisungen durch den Beschuldigten steht dem nicht gleich. Sie bringt keineswegs zum Ausdruck, dass der Tatverdacht gegen den Betroffenen ausgeräumt wäre. Vielmehr kommt sie nur in Betracht, wenn die Schuld nicht schwerwiegend ist und deshalb von der Strafverfolgung unter Auflagen und Weisungen abgesehen werden kann. Das setzt voraus, dass nach dem Verfahrensstand mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von einer Verurteilung auszugehen wäre. Nur dann kann dem Angeklagten die Übernahme besonderer Pflichten zugemutet werden. Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO verbietet somit nicht, Feststellungen über Tatsachen, die einen Straftatbestand erfüllen, in Verfahren mit anderer Zielsetzung (hier die Entziehung der Fahrerlaubnis zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer) in dem für die dortige Entscheidung erforderlichen Umfang als Grundlage für die daran anknüpfenden außerstrafrechtlichen Rechtsfolgen zu verwerten (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2016 – 11 ZB 16.1359 – juris Rn. 19 f. m.w.N.).
b) Von einer etwaigen Alkoholabhängigkeit des Antragstellers, die im Übrigen auch ohne Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss unmittelbar zum Verlust der Fahreignung und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen würde (vgl. Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV), ist das Landratsamt nicht ausgegangen. Ansonsten hätte es vorrangig ein ärztliches Gutachten nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV anordnen müssen. Allerdings deutet eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr auch ohne Abhängigkeit auf chronischen Alkoholkonsum und damit auf ein Alkoholproblem hin, das die Gefahr weiterer Alkoholauffälligkeit im Straßenverkehr in sich birgt (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2014 – 11 CS 14.1713 – juris Rn. 10 m.w.N.). Eine festgestellte Blutalkoholkonzentration in dieser Höhe begründet den Verdacht eines die Fahreignung ausschließenden Alkoholmissbrauchs (vgl. BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 3 B 102.12 – NJW 2013, 2696 Rn. 7), weshalb § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV in solchen Fällen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Abklärung des Trennungsvermögens bzw. der Trennungsbereitschaft zwingend vorsieht.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das Landratsamt auch zu Recht von einem Regelfall im Sinne vom Nr. 3 der Vorbemerkung zu Anlage 4 zur FeV ausgegangen. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann die Fahrerlaubnisbehörde von den verbindlichen Wertungen in Anlage 4 zur FeV abweichen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rn 19). Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2019 – 11 CS 19.669 – juris Rn. 13 m.w.N.). Solche besonderen Umstände hat der Antragsteller nicht vorgetragen.
c) Wie bereits ausgeführt hat das Landratsamt bei der vorliegenden Fallgestaltung weder hinsichtlich der Anordnung zur Beibringung des Fahreignungsgutachtens noch hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage des Gutachtens einen Ermessenspielraum. Daher konnten etwaige Folgen der Fahrerlaubnisentziehung für die Lebensführung des Antragstellers, insbesondere für seine Berufstätigkeit, nicht berücksichtigt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die Anordnung des Sofortvollzugs. Die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Fahrungeeignetheit und die Anordnung des Sofortvollzugs – auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins – dienen dem Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit anderer Verkehrsteilnehmer. Angesichts des hohen Rangs dieser Schutzgüter und der Gefahr, die von Fahrzeugführern ausgeht, die unter der Wirkung von Alkohol am Straßenverkehr teilnehmen, können die Folgen der Maßnahmen für den Antragsteller nicht dazu führen, ihn bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen.
3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, Anh. § 164 Rn. 14).
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).