Skip to content
Menü

Fahrerlaubnisentziehung wegen Nichtbeibringung eines Fahreignungsgutachtens – Alkoholfahrt

VG Bayreuth – Az.: B 1 S 14.81 – Beschluss vom 28.02.2014

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis mit dem Bescheid des Landratsamts Coburg vom 16.01.2014 wird wiederhergestellt.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der am … geborene Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S.

Mit Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle Viechtach wurde gegen den Antragsteller wegen einer Trunkenheitsfahrt vom 23.12.2012 am 03.01.2013 ein Bußgeldbescheid, rechtskräftig seit dem 22.01.2013, verhängt. Die festgestellte Atemalkoholkonzentration hatte 0,29 mg/l betragen.

Am 03.08.2013 teilte die Polizeiinspektion … dem Landratsamt Coburg mit, dass der Führerschein des Antragstellers in amtliche Verwahrung genommen worden sei und ein gegen den Antragsteller verhängtes Fahrverbot mit Ablauf des 02.11.2013 ende. Dieser Mitteilung lag eine weitere Teilnahme des Antragstellers vom 06.07.2013 am Straßenverkehr als Kraftfahrer unter Alkoholeinfluss zugrunde (Atemalkoholkonzentration: 0,35 mg/l). Wegen dieses Vorfalls erließ die Zentrale Bußgeldstelle Viechtach gegen den Antragsteller einen weiteren Bußgeldbescheid vom 22.07.2013, der seit dem 03.08.2013 rechtskräftig ist.

Mit Schreiben vom 13.08.2013 ordnete das Landratsamt Coburg gegenüber dem Antragsteller an, bis zum 13.10.2013 ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung bzw. einer medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle über seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beizubringen. Die durch das Gutachten zu klärende Fragestellung wurde wie folgt festgelegt:

„Liegen körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen vor, die mit einem missbräuchlichen Konsum von Alkohol in Zusammenhang gebracht werden können? Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann?“

Fahrerlaubnisentziehung wegen Nichtbeibringung eines Fahreignungsgutachtens - Alkoholfahrt
Symbolfoto: Von DimaBerlin /Shutterstock.com

Mit Schreiben vom 08.10.2013 bat der Bevollmächtigte des Antragstellers um Verlängerung der Vorlagefrist für das Gutachten bis zum 10.11.2013. Das Landratsamt stimmte dem telefonisch am 10.10.2013 zu. Am 15.10.2013 kamen beim Landratsamt Coburg die Unterlagen in Rücklauf, die es zwischenzeitlich an die amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung des … übersandt hatte. Es wurde angegeben, dass die Rückgabe auf Wunsch des Probanden erfolge. Der Bevollmächtigte des Antragstellers führte hierzu aus, die … habe mitgeteilt, dass vor der Begutachtung die Teilnahme des Antragstellers an einem 6-monatigen EtG-Screening-Programm erforderlich sei. Dem habe der Antragsteller weisungsgemäß Folge geleistet und einen entsprechenden Vertrag vom 24.10.2013 mit der … geschlossen. Die zwischenzeitlich angedrohte Entziehung der Fahrerlaubnis sei nicht nachvollziehbar und unverhältnismäßig.

Nachdem das Landratsamt am 27.11.2013 weitere Hinweise zur Rechtslage gegeben hatte, entzog es dem Antragsteller mit Bescheid vom 16.01.2014 die Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S. Ferner wurde dem Antragsteller aufgegeben, seinen Führerschein spätestens 10 Tage nach Erhalt des Bescheides beim Landratsamt Coburg abzugeben und es wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Landratsamt müsse von der Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen, nachdem er innerhalb der ihm gesetzten Fristen das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorgelegt habe. Die Beibringungsanordnung diene dazu, herauszufinden, ob der Antragsteller trotz zweier Trunkenheitsfahrten fahrgeeignet sei. Dabei habe die Begutachtungsstelle zwar auch eine etwaige Änderung des Trinkverhaltens (Abstinenz) und einen etwaigen Einstellungswandel zu berücksichtigen. Der Fahrerlaubnisbehörde sei es aus Gründen der Verkehrssicherheit aber nicht möglich, dem Antragsteller eine so lange Frist zur Beibringung des Gutachtens einzuräumen, ihm also die Fahrerlaubnis einstweilen zu belassen, bis er gegebenenfalls durch eine ausreichend lange Abstinenz die Fahreignung wieder erlangt habe. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens werde die sofortige Vollziehung angeordnet. Dies sei notwendig, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse daran bestehe, dass der Antragsteller nicht mehr am öffentlichen Straßenverkehr teilnehme. Das Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit sei hier vorrangig anzusehen. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung hätte zur Folge, dass der Antragsteller trotz seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen könne und somit eine konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstelle. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei daher im Interesse der Allgemeinheit für die Sicherheit im Straßenverkehr geboten; sie habe Vorrang vor den etwaigen Interessen des Betroffenen an der weiteren Teilnahme als Kraftfahrer im Straßenverkehr.

Mit am 29.01.2014 beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenen Schriftsätzen ließ der Antragsteller gegen den Bescheid des Landratsamts Coburg vom 16.01.2014 Klage erheben (Az. B 1 K 14.82) und um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen.

Der Antrag richte sich gegen die durch das Landratsamt Coburg ausgesprochene Entziehungsverfügung mit sofortiger Vollziehung. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wäre nur dann zulässig gewesen, wenn überwiegende und dringende Gründe für eine konkrete unmittelbar drohende Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr bei weiterer Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr vorliegen würden und die sofortige Vollziehung nicht ohne schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses aufgeschoben werden könne, was hierdurch der Fall sei. Diese Güterabwägung dürfe nicht – wie hier – lediglich formelhaft oder mit einer lapidaren Begründung erfolgen. Der Antragsteller habe sich, obwohl bereits erhebliche rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung bestünden, verpflichtet, ein Gutachten einer medizinisch-psychologischen Begutachtungsstelle zur Bestätigung seiner Fahreignung beizubringen. Er habe sich zu diesem Zweck an eine von der Führerscheinstelle empfohlene Begutachtungsstelle gewandt und dort einen Termin für eine medizinisch-psychologische Begutachtung vereinbart. Bei einem Vorgespräch sei dem Antragsteller seitens des Mitarbeiters der … nahegelegt worden, vor der Begutachtung ein sog. EtG-Screening-Programm zu absolvieren, also sich bereit zu erklären, in einem Zeitraum von sechs Monaten (+/-2 Wochen) ein Kontrollprogramm zur Alkoholabstinenz mit vier Urinuntersuchungen durchzuführen. Dem Antragsteller sei sehr deutlich erklärt worden, dass grundsätzlich die Erfolgsaussichten bei Durchführung der MPU ohne vorheriges Screening-Programm gegen Null gingen. Das Screening-Programm laufe nun seit nahezu drei Monaten. Es sei bereits eine unangemeldete Kontrolluntersuchung durchgeführt worden, die für den Antragsteller erfolgreich gewesen sei. Zum Beleg hierfür wurde eine Bestätigung der ********* vom 22.01.2014 vorgelegt. Der Antragsteller habe sich somit von sich aus bereit erklärt, für einen Zeitraum von nahezu sieben Monaten vollkommen abstinent zu leben. Dies sei dem Antragsgegner bekannt und werde durch die von ihm empfohlene Begutachtungsstelle überprüft. Es bestehe somit keine konkrete unmittelbar drohende Gefahr für den öffentlichen Straßenverkehr durch die weitere Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr. Zu berücksichtigen sei hierbei auch, dass die vom Antragsteller begangenen Trunkenheitsfahrten von der Alkoholmenge her im untersten Bereich der Strafbarkeit gelegen hätten.

Der Antragsteller habe ein besonderes und überwiegendes Interesse an der aufschiebenden Wirkung. Er sei berufstätig und auf seinen Führerschein angewiesen, wohne in …, wo die öffentliche Verkehrsanbindung schlecht sei. Ferner nehme er regelmäßig an Sitzungen des Blauen Kreuzes teil. Diese fänden i.d.R. in Coburg statt, so dass der Antragsteller bereits hier darauf angewiesen sei, dass er über ein Fahrzeug zur Teilnahme verfüge. Weiter seien die Eltern des Antragstellers pflegebedürftig und es sei hier mit ärztlichen Notmaßnahmen zu rechnen. Der Antragsteller müsse zumindest in der Lage sein, diese kurzfristig ins Krankenhaus oder zu einem behandelnden Arzt fahren zu können.

Nachdem der Vorsitzende am 29.01.2014 einige erste Hinweise zum Verfahren gegeben hatte, bekräftigte der Antragsteller, dass er grundsätzlich willens sei, die gewünschte MPU beizubringen. Die Begutachtungsstelle habe ihm erklärt, dass er ein Screening von mindestens einem Jahr machen müsse, um die gewünschte Begutachtung erfolgreich zu absolvieren. Lediglich im Hinblick auf den geringen Alkoholgehalt der zugrundeliegenden Trunkenheitsfahrten als auch der Eilbedürftigkeit sei dieses Screening auf sechs Monate verkürzt worden. Der Antragsteller könne somit vor Ablauf des Screenings die MPU-Untersuchung nicht antreten und natürlich ein entsprechendes Ergebnis nicht vorlegen. Derartige Screenings würden zwischenzeitlich vor jeder MPU-Untersuchung durchgeführt, wenn der Antragsteller eine Chance auf erfolgreiche Absolvierung haben möchte. Dementsprechend sei die vom Landratsamt vorgegebene Vorlagefrist zu kurz bemessen gewesen. Es werde vom Antragsteller etwas Unmögliches verlangt.

Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 28.01.2014 gegen den Bescheid des Landratsamts Coburg vom 16.01.2014, Az. 143-10=342, hier: Ziffer 1, wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Die Anordnung des Sofortvollzugs entspreche der gesetzlichen Form. Sie sei tenoriert und schriftlich begründet worden. Soweit angeordnet worden sei, dass die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffern 1. und 2. des Bescheides angeordnet werde, sei dies nicht fehlerhaft. Für jeden verständigen Empfänger berge der In-Sich-Verweis keine deutlichen Schwierigkeiten, denn es sei erkennbar, dass die wesentliche Entscheidung des Bescheids, nämlich die Einziehung der Fahrerlaubnis, für sofort vollziehbar erklärt werden solle. Wegen der für sofort vollziehbar erklärten Ziffer 2 werde ein verständiger Empfänger annehmen, dass der Tenor des Bescheids in vorgehenden Entwürfen eine anderslautende Ziffer 2 gehabt habe, welche später weggefallen sei. Dieser Eindruck müsse sich durch die Begründung des Bescheids verstärken, wenn dort ausgeführt werde, dass das Landratsamt Coburg es für geboten halte, die sofortige Vollziehung („siehe Nr. 3 dieses Bescheides“) anzuordnen. Die tatsächliche Ziffer 3 des Bescheids sei aber die Zwangsgeldandrohung. Hierdurch erkläre sich für einen verständigen Empfänger der In-Sich-Verweis der Anordnung des Sofortvollzugs. Dies könne eine formelle Rechtsfehlerhaftigkeit der Anordnung nicht begründen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei auch ausreichend begründet. Durch die entsprechenden Ausführungen sei der Normzweck der Begründung, der darin bestehe, den Adressaten in die Lage zu versetzen, durch Kenntnis der Gründe für den Sofortvollzug seine Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen, hinreichend erfüllt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei auch in der Sache rechtmäßig. Das durch den Antragsteller gezeigte Verhalten stelle sich straßenverkehrsrechtlich nach einer ersten Einschätzung der Führerscheinbehörde als Alkoholmissbrauch dar. Der Antragsteller sei binnen sieben Monaten zweimal als Führer eines Kraftfahrzeugs mit einem Alkoholpegel im Straßenverkehr angetroffen worden, der über dem gesetzlich zulässigen Grenzwert liege. Schon beim ersten Aufgreifen sei der Antragsteller mit einem Fahrverbot von einem Monat belegt worden. Da ihn dieses Fahrverbot ganz offensichtlich nicht ausreichend beeindruckt habe, habe die Führerscheinstelle Bedenken haben dürfen, ob der Antragsteller den Alkoholkonsum von der Teilnahme am Straßenverkehr als Führer von Kraftfahrzeugen ausreichend abgrenzen könne. Dies solle durch das ihm auferlegte Gutachten abgeklärt werden. Das Landratsamt sei gesetzlich verpflichtet gewesen, dem Antragsteller die Beibringung des Gutachtens aufzuerlegen. Weil das Gutachten nicht innerhalb der festgesetzten Frist, die auch einmal verlängert worden war, beigebracht worden sei, habe das Landratsamt auf die fehlende Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr schließen und die Fahrerlaubnis entziehen dürfen. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass sich der Antragsteller redlich um die Beibringung bemüht hätte. Soweit vorgetragen werde, der Nachweis der Eignung mittels Gutachtens könne nur durch einen längeren Abstinenzzeitraum geführt werden, sei dies für den vermuteten Alkoholmissbrauch jedenfalls so allgemein nicht richtig. Nach den Begutachtungs-Leitlinien sei Alkoholabstinenz nur zu fordern, wenn aufgrund der Lerngeschichte anzunehmen sei, dass sich ein konsequenter kontrollierter Umgang mit alkoholischen Getränken nicht erreichen lasse. Bei einem im Raume stehenden Alkoholmissbrauch, sei die Alkoholabstinenz nur eine Möglichkeit, um den Vorwurf des Alkoholmissbrauchs auszuräumen und festzustellen, ob es zu einer Änderung des Trinkverhaltens und einem etwaigen Einstellungswandel gekommen sei. Wenn aber die Begutachtungsstelle den Nachweis der Alkoholabstinenz erbracht haben wolle, so sei es der Fahrerlaubnisbehörde aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht möglich, dem Betroffenen eine so lange Frist zur Beibringung des Gutachtens einzuräumen, ihm also die Fahrerlaubnis einstweilen zu belassen, bis der Führerscheininhaber ggf. durch eine ausreichend lange Abstinenz seine Fahreignung wiedererlangt habe. Mit seiner Argumentation, dass vom Antragsteller etwas Unmögliches verlangt werde, könne dieser nicht durchdringen. Wie ausgeführt, liege es grundsätzlich in der Verantwortlichkeit der Begutachtungsstellen, wie diese ihre Entscheidungsgrundlagen ermittelten. Dem Landratsamt sei nicht bekannt, ob dieses Screening zwischenzeitlich der Regelfall sei. Sollte dies aber der Fall sein, so habe diese Regel auch Ausnahmen und damit verlange das Landratsamt nichts Unmögliches, denn es gebe Fälle, in denen entsprechende Gutachten fristgerecht beigebracht werden könnten. Es könne auch nicht berücksichtigt werden, dass die Trunkenheitsfahrten, wie der Antragsteller vortrage, von der Alkoholmenge her im untersten Bereich der Strafbarkeit gelegen hätten. Die durch das Landratsamt angeordneten Maßnahmen zielten nicht auf eine strafende Sanktion des Antragstellers ab, sondern sollten den Straßenverkehr (bis zu einer abschließenden Feststellung der Eignung) vor dem möglicherweise ungeeigneten Antragsteller schützen. Der Gesetzgeber habe festgelegt, dass der gesetzliche Grenzwert bei 0,25 mg/l liege. Wer diesen Grenzwert überschreite, sei nach den Wertungen des Gesetzgebers in diesem angetrunkenen Stadium nicht geeignet, am Straßenverkehr mit einem Kfz teilzunehmen. Diesen Grenzwert habe der Antragsteller bei der Teilnahme am Straßenverkehr mindestens in den beiden nachgewiesenen Fällen überschritten. Die wiederholte Überschreitung des Grenzwertes begründe Zweifel, dass der Antragsteller seinen Alkoholkonsum nicht von der Teilnahme am Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen abgrenzen könne. Ob diese berechtigte Vermutung tatsächlich zutreffe, müsse das Gutachten klären. Bis dies geklärt sei, habe das Landratsamt die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, um den Antragsteller von der Teilhabe am Straßenverkehr mit Kraftfahrzeugen auszuschließen. Dabei habe unberücksichtigt zu bleiben, ob der Grenzwert – aus Sicht des Antragstellers – nur geringfügig überschritten worden sei. Der Grenzwert sei zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Landratsamts handele es sich aber zumindest bei der am 06.07.2013 festgestellten Atemalkoholkonzentration von 0,35 mg/l nicht um eine nur geringfügige Überschreitung. Auch bei möglicher beruflicher Betroffenheit würden die öffentlichen Interessen an der Sicherheit des Straßenverkehrs die individuellen Interessen überwiegen. Soweit der Antragsteller einen möglichen Bedarf an ärztlichen Notfallmaßnahmen bei seinen Eltern geltend mache, sei er auf den Rettungsdienst zu verweisen. Daher sei die Entziehung der Fahrerlaubnis auch nicht unverhältnismäßig, sondern mit Blick auf die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs zumindest so lange geboten, bis die Zweifel an der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen bestätigt oder wiederlegt seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).

II.

Der vorliegende Antrag zielt darauf ab, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die mit Bescheid des Landratsamts Coburg vom 16.01.2014 verfügte und mit Sofortvollzug versehene Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers wiederherzustellen (§§ 122 Abs. 1, § 88 VwGO). Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht entsprechend § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen.

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der vorliegende Antrag Erfolg, da sich nach sorgfältiger Prüfung der vorgelegten Akte erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV erfolgten Entziehung der Fahrerlaubnis ergeben haben, die sich direkt nach Antragstellung aufgrund des Antragsvorbringens und der Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid noch nicht erkennen ließen. Es erscheint nunmehr insbesondere sehr zweifelhaft, ob das Landratsamt von der Nichtvorlage des geforderten Gutachtens auf das Fehlen der Fahreignung des Antragstellers schließen durfte. Nach summarischer Beurteilung überwiegen daher die Interessen des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Entziehung der Fahrerlaubnis.

In rechtlicher Hinsicht hat das Landratsamt Coburg im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass einem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese gemäß § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV zu entziehen ist, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Im Hinblick auf den sicherheitsrechtlichen Charakter des Straßenverkehrsrechts ist bei der Beurteilung der Fahreignung die Vermeidung künftiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Teilnahme der zu beurteilenden Person am Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung. Dementsprechend liegt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Vorbemerkung 3 und Ziffer 8.1 der Anlage 4 zur FeV im Regelfall beim Missbrauch von Alkohol Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Eine Wiedererlangung der Fahreignung setzt nach der Beendigung des Missbrauchs voraus, dass die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist (Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV).

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, so finden nach § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung. Nach der insoweit eindeutigen Regelung in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV ist die Fahrerlaubnisbehörde nicht nur berechtigt, sondern vielmehr sogar verpflichtet, vom Betroffenen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens zu verlangen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden, wobei lediglich Zuwiderhandlungen nicht zu berücksichtigten sind, die ausschließlich gegen § 24c StVG begangen wurden (§ 13 Satz 2 FeV). Ein Ermessensspielraum irgendeiner Art steht der Fahrerlaubnisbehörde in dieser Beziehung nicht zu. Nach dem insoweit nicht auslegungsfähigen Wortlaut von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV ist die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens schon nach wiederholten Ordnungswidrigkeiten gemäß § 24a StVG zwingend vorgeschrieben. Zwei Verstöße gegen diese Bestimmung stellen hierbei bereits den Wiederholungsfall dar.

Soweit der Antragsteller meint, dass zu berücksichtigen sei, dass seine Alkoholisierung in beiden Fällen im „untersten Bereich der Strafbarkeit“ gelegen habe, könnte dies allein dem Antrag nicht zu Erfolg verhelfen. Weder der Wortlaut der Norm noch die sich aus Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ergebende Regelfallbeurteilung einer Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss durch den Verordnungsgeber rechtfertigen es, bei der Anwendung dieser Vorschrift nach dem Grad der Alkoholisierung zu differenzieren. Für ein anderes Verständnis dieser Bestimmung besteht umso weniger Anlass, als allgemein anerkannt ist, dass der Bereich der relativen Fahrunsicherheit mit längerer Reaktionszeit, Störung des Raumsehens und Enthemmung bereits bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,3 ‰ beginnt. Auch stellt die vorangehende Anordnung der Gutachtensbeibringung im Verhältnis zur Fahrerlaubnisentziehung den weniger starken Eingriff in die Freiheitsrechte des Betroffenen dar. Sie dient zur Ermittlung der Fahreignung und muss deshalb schon bei konkreten Anhaltspunkten für ein Fehlen derselben zulässig sein. Dass zwei Trunkenheitsfahrten unter Verstoß gegen § 24a StVG hinreichend konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Fahreignung begründen, ist deshalb unabhängig von der konkreten Höhe der gemessenen Blutalkoholkonzentration zu bejahen. Wer zweimal mit 0,5 ‰ Alkohol im Blut oder mit 0,25 mg Alkohol in der Atemluft am Straßenverkehr teilgenommen hat, offenbart damit einen charakterlich-sittlichen Mangel, der Zweifel an seiner Fahreignung begründet, da er ungeachtet einer anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden, auf den Konsum eines Rauschmittels zurückzuführenden, Fahruntüchtigkeit wiederholt nicht bereit war, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 14.11.2012 – 11 ZB 12.1821 – Blutalkohol 2013, 46).

In der vorliegenden Sache hatte der Antragsteller in kurzem zeitlichem Abstand in zwei Fällen unter erheblichem Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen. Ausgehend von diesen beiden Verstößen gegen die „0,5-Promille-Grenze“ des § 24a Abs. 1 StVG hat das Landratsamt daher zu Recht nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet. Die mit Schreiben vom 13.08.2013 formulierten Fragestellungen waren geeignet, die virulenten Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers abzuklären. Die aufgeworfenen Fragen genügten auch den Grundsätzen der Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2008 – 11 C 08.1030 – juris). Allerdings enthielt die Gutachtensanordnung nicht den in § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV zwingend vorgeschriebenen Zusatz, dass der Antragsteller die der Begutachtungsstelle zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Im vorliegenden Verfahren kann offen bleiben, ob der unterbliebene Hinweis für sich alleine zur Rechtswidrigkeit der Anordnung führt oder ob sich das behördliche Versehen jedenfalls im konkreten Einzelfall nicht zu Lasten das Antragstellers ausgewirkt haben kann, da er durch seinen Bevollmächtigten im Nachgang zur Gutachtensanordnung Einsicht in die Verwaltungsakte genommen hat (vgl. zur Problematik BayVGH, B.v. 27.11.2012 – 11 ZB 12.1596 – ZfSch 2013, 177).

In Bezug auf die dem Antragsteller zur Beibringung des Gutachtens gesetzte und einmal verlängerte Frist, die nach allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen angemessen sein muss, ist das Landratsamt bei seiner Bemessung zutreffend davon ausgegangen, dass die Vorlage des medizinischen-psychologischen Gutachtens nicht zum Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung, sondern zur Klärung der Frage dienen sollte, ob der Antragsteller seine Fahreignung wegen missbräuchlichen Alkoholkonsums verloren hat. Da insofern die Abwendung möglicher erheblicher Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer in Frage steht, ist den Eignungszweifeln unter dem Gesichtspunkt des in Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV geforderten Trennungsvermögens so zeitnah wie möglich durch die gesetzlich vorgegebenen Aufklärungsmaßnahmen nachzugehen. Die für die Beibringung des Gutachtens zu bestimmende Frist ist damit nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ausschließlich nach der Zeitspanne zu bemessen, die eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung zur Erstattung des Gutachtens voraussichtlich brauchen wird. Keinesfalls hat sich die Dauer der Frist danach zu richten, wie lange der Betroffene zur Sicherstellung einer positiven Begutachtung benötigt. Die Beantwortung der im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs möglichst zeitnah zum Aufkommen des entsprechenden Verdachts zu klärende Frage, ob der Fahrerlaubnisinhaber zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund mangelnden Trennvermögens nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, hängt mit Ausnahme besonders gelagerter, atypischer Sachverhaltsgestaltungen nicht davon ab, ob der Betroffene eine gewisse Zeit Alkoholabstinenz nachweisen kann.

Die Beibringungsanordnung dient dazu, herauszufinden, ob der Antragsteller trotz zweier Trunkenheitsfahrten fahrgeeignet ist. Dabei hat die Begutachtungsstelle zwar auch eine etwaige Änderung des Trinkverhaltens (Abstinenz) und einen etwaigen Einstellungswandel des Antragstellers zu berücksichtigen. Der Fahrerlaubnisbehörde ist es aus Gründen der Verkehrssicherheit aber nicht möglich, dem Betroffenen eine so lange Frist zur Beibringung des Gutachtens einzuräumen, ihm also die Fahrerlaubnis einstweilen zu belassen, bis der Führerscheininhaber ggf. durch eine ausreichend lange Abstinenz seine Fahreignung wiedererlangt hat. Von diesen Zusammenhängen ist das Landratsamt zutreffend ausgegangen und grundsätzlich könnte der Antragsteller auch nicht beanspruchen, dass die ihm gesetzte Frist für die Beibringung des Fahreignungsgutachtens so bemessen wird, dass ihm die Beibringung nötiger Abstinenznachweise ermöglicht wird (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 27.9.2013 – 11 CS 13.1399 – juris Rn. 11, 13 u. 15, B.v. 23.4.2013 – 11 CS 13.219, B.v. 15.6.2009 – 11 CS 09.766 und B.v. 22.8.2007 – 11 CS 07.818; VGH BW, B.v. 24.1.2012 – 10 S 3175/11 – NJW 2012, 3321; OVG RhPf, B.v. 21.7.2009 – 10 B 10508/09 – Blutalkohol 46, 436).

Allerdings hat das Gericht in der vorliegenden Sache verwundert, dass die beauftragte Begutachtungsstelle beim Antragsteller überhaupt Abstinenznachweise für erforderlich gehalten hat, da die Überschreitung der zulässigen Grenzwerte bei den beiden Fahrten unter Alkoholeinfluss, die Anlass für die Begutachtung waren, relativ niedrig war. Die diesbezügliche Forderung der Begutachtungsstelle hat der Antragsteller durch Vorlage des Vertrags über das Screening-Programm glaubhaft gemacht. Es könnte daher der Verdacht entstehen (wie u.a. durch den ADAC gelegentlich postuliert wurde), dass durch die Begutachtungsstelle überzogene Maßstäbe angelegt wurden, um das zusätzliche EtG-Screening-Programm „an den Mann zu bringen“. Bei einer entsprechenden Sachlage könnte gegebenenfalls die Nichtbeibringung des Gutachtens in der geforderten Frist als unverschuldet anzusehen sein und dies der Anwendung von § 11 Abs. 8 FeV entgegenstehen (so VG Saarland, B.v. 21.1.2014 – 6 L 2052/13 – und B.v. 26.4.2013 – 10 L 574/13 – DAR 2013, 408 – juris; ähnlich OVG RhPf, B.v. 21.7.2009 – 10 B 10508/09 – Blutalkohol 46, 436 – juris Rn. 10).

Bei genauer Durchsicht der Fahrerlaubnisakte hat sich jedoch gezeigt, dass aus rein fachlicher Sicht durchaus Anlass für die Forderung nach Abstinenznachweisen bestanden haben dürfte. In der Behördenakte befinden sich nämlich Datenblätter, in denen auf Entziehungen der Fahrerlaubnis des Antragstellers aufgrund früherer Trunkenheitsfahrten in den Jahren 1986 und 1990 hingewiesen wird (Bl. 7 u. 31 d. Fahrerlaubnisakte). Es ist anzunehmen, dass diese Datenblätter auch in der vom Landratsamt der Begutachtungsstelle mit Schreiben vom 30.09.2013 (Bl. 37/38 d. Akte) übermittelten (wie anzunehmen vollständigen) Akte enthalten waren. Dies entspricht grundsätzlich dem in der Fahrerlaubnis-Verordnung vorgesehenen Prozedere. Allerdings dürfen nach § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV nur solche Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwertet werden dürfen. Ist eine im Verkehrszentralregister (früher) enthaltene Eintragung getilgt, so dürfen die Tat und die Entscheidung dem Betroffenen grundsätzlich nicht mehr vorgehalten und zu seinem Nachteil verwertet werden (§ 29 Abs. 8 Satz 1 StVG). Vorliegend sind die auf den Datenblättern eingetragenen Verurteilungen aus den Jahren 1986 und 1990 jedoch auch nach den in Betracht kommenden Übergangsvorschriften zur Tilgung entsprechender Eintragungen im Verkehrszentralregister nicht mehr verwertbar (vgl. u.a. BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 21/04 – NJW 2005, 3440; BayVGH, B.v. 10.2.2009 – 11 C 08.2018).

Es erscheint sehr naheliegend – eine nähere Klärung muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben –, dass die Begutachtungsstelle im Vorfeld des für den 15.10.2013 eigentlich fest eingeplanten Begutachtungstermins nach Durchsicht der übermittelten Behördenakte aufgrund einer vermeintlich verwertbaren langjährigen „Alkohol-Vorgeschichte“ des Antragstellers sich vorab eine Meinung dahin gebildet hat, dass in Bezug auf die anstehende Begutachtung von vornherein praktisch keinerlei Aussicht auf ein erfolgreiches Absolvieren für den Antragstellers gegeben ist und dies vorab entsprechend mitgeteilt sowie empfohlen hat, zunächst an einem 6-monatigen EtG-Screening-Programm teilzunehmen. Unterblieben ist daher die (nach wie vor) erforderliche medizinisch-psychologische Begutachtung des Antragstellers zu der Frage, ob bei ihm (aktuell) das erforderliche Trennungsvermögen vorhanden ist oder ob er wegen Gefahr des Alkoholmissbrauchs im Sinne des Fahrerlaubnisrechts derzeit nicht zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet ist. Nach Lage der Dinge spricht somit viel dafür, dass das Unterbleiben der erforderlichen Begutachtung maßgeblich auf die Übermittlung nicht verwertbarer Aktenteile zurückzuführen ist. Dies hat nach summarischer Beurteilung zur Folge, dass der Schluss des Landratsamts nach § 11 Abs. 8 FeV von der Nichtvorlage des Gutachtens auf die fehlende Fahreignung des Antragstellers nicht gerechtfertigt erscheint, da dieser sich bei der hier gegebenen besonderen Sachlage eine relevante Verweigerung eigener Mitwirkungspflichten gerade nicht entgegenhalten lassen muss (vgl. OVG MV, B.v. 22.5.2013 – 1 M 123/12 – ZfSch 2013, 595 – juris – sowie VG Saarland a.a.O.; zur Unverwertbarkeit eines Gutachtens auf entsprechender Basis: OVG RhPf, B.v. 23.6.2010 – 10 B 10545/10 – Blutalkohol 47, 440). Hätte die Begutachtungsstelle bei der Durchsicht der übermittelten Unterlagen im Vorfeld des vereinbarten Begutachtungstermins Kenntnis lediglich von den beiden im Raum stehenden Verstößen gegen die 0,5-PromilleGrenze erhalten, so erscheint es keineswegs fernliegend, dass die Begutachtungsstelle gleichsam mit neutralen Vorzeichen in die vereinbarte Begutachtung eingetreten wäre, jedenfalls aber dem Antragsteller nicht vorab deutlich signalisiert hätte, dass eine Begutachtung ohne vorheriges Screening von vornherein aussichtlos erscheine. Es war auch nicht Aufgabe der Begutachtungsstelle, die übermittelten Unterlagen zunächst einer Prüfung im Hinblick auf ihre rechtliche Verwertbarkeit zu unterziehen.

Nur ergänzend ist darüber hinaus anzumerken, dass der streitgegenständliche Bescheid auch in formeller Hinsicht auf gewisse Bedenken stößt. Das Landratsamt Coburg hat die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in Nr. 2 des Bescheides vom 16.01.2014 besonders angeordnet und dabei auf die Ziffern 1 und 2 Bezug genommen, nicht aber den vorangestellten Satz 1, mit dem die eigentliche Entziehung der Fahrerlaubnis verfügt wurde. Allerdings erscheint nach den Umständen klar, dass die Nummernfolge im Tenor des Bescheides missglückt war (wohl aufgrund der Tücken des Programms „Word“) und sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung auch auf die streitgegenständliche und in Satz 1 (der wohl die Nr. 1 sein sollte) des Bescheides vom 16.01.2014 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers beziehen sollte. Dies hat offensichtlich auch der anwaltlich vertretene Antragsteller so verstanden, was insbesondere daran deutlich wird, dass von Anfang an die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die „Entziehungsverfügung mit sofortiger Vollziehung“ beantragt wurde. Das Gericht neigt daher dazu, insoweit keinen durchgreifenden Mangel anzunehmen, wiewohl es sinnvoll gewesen wäre, seitens des Landratsamts die Tenorierung mit einem Berichtigungsbescheid klarzustellen, statt nur in der Antragserwiderung auf diesen Punkt einzugehen.

Insgesamt überwiegt aber bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen eigenständigen Interessenabwägung des Gerichts aufgrund der dargestellten Zweifel an der rechtmäßigen Durchführung des Begutachtungsverfahrens das Interesse des Antragstellers, vorerst weiterhin Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr führen zu dürfen, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs.

Dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nach allem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 und 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 (Hälfte des Hauptsachestreitwertes) und 46.3 (Klasse B mit Unterklassen) des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!