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Fahrerlaubnisentziehung wegen Nachweis von Kokain im Haar

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 11 CS 18.2382 – Beschluss vom 15.01.2019

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung ihrer Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S.

Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen eines Betäubungsmitteldelikts wurde bei der Antragstellerin am 1. September 2017 eine Haarprobe entnommen. Gemäß dem Gutachten des Forensisch Toxikologischen Zentrums GmbH (FTC) München vom 15. Oktober 2017 wurden im Haar der Antragstellerin Kokain und entsprechende Stoffwechselprodukte sowie Tramadol und Fentanyl nachgewiesen. Die Gutachter gingen davon aus, dass in den letzten zwölf Monaten eine häufige Aufnahme von Kokain, eine regelmäßige und intensive Aufnahme von Tramadol und eine gelegentliche Aufnahme von Fentanyl vorgelegen habe. Die Staatsanwaltschaft München I sah im Strafverfahren mit Verfügung vom 28. Februar 2018 nach § 31a Abs. 1 BtMG von der Verfolgung ab.

Daraufhin hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Entziehung ihrer Fahrerlaubnis an. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsstellerin beantragte unter Vollmachtsvorlage Akteneinsicht, die ihm gewährt wurde. Eine Äußerung erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom 22. März 2018 entzog die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Fahrerlaubnis, verpflichtete sie, den Führerschein vorzulegen und ordnete den Sofortvollzug an. Die Antragstellerin sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da sie Drogen einnehme. Der Bescheid wurde der Antragstellerin persönlich mit Postzustellungsurkunde am 27. März 2018 zugestellt. Die Antragstellerin gab ihren Führerschein am 27. April 2018 ab.

Den mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 27. April 2018 gegen den Bescheid vom 22. März 2018 erhobenen Widerspruch hat die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2018 zurückgewiesen. Die Antragstellerin habe ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen durch den Konsum von Kokain verloren. Eine Wiedererlangung der Fahreignung sei nicht ersichtlich.

Über die Klage gegen den Bescheid vom 22. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juni 2018 hat das Verwaltungsgericht München nach Aktenlage noch nicht entschieden (Az. M 6 K 18.3365). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Oktober 2018 abgelehnt. Die Antragstellerin habe Kokain eingenommen und sei daher ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Anhaltspunkte für eine Verhaltensänderung seien weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt. Die Antragstellerin macht geltend, ein Nachweis von Drogenabhängigkeit sei nicht gegeben. Darüber hinaus liege ein Ausnahmefall vor, da sie als Schmerzpatientin Tramadol und Kokain einnehme und daran gewöhnt sei. Es würden durch die Mittel keine Ausfallerscheinungen auftreten. Ihre behandelnden Ärzte hätten gehört werden müssen. Der Drogenkonsum sei auch nicht im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr festgestellt worden und sie habe keine Verkehrsstraftat begangen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass sie nicht mehr fähig sein könnte, ein Kraftfahrzeug zu führen. Sie könne zwischen Konsum und Autofahren trennen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei auch unverhältnismäßig, denn es hätte einer weiteren Aufklärung durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung bedurft. Zudem sei der Bescheid der Antragstellerin persönlich und nicht dem Bevollmächtigten zugestellt worden. Der Bevollmächtigte habe dies auch inzident gerügt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Fahrerlaubnisentziehung wegen Nachweis von Kokain im Haar
(Symbolfoto: Tonhom1009/Shutterstock.com)

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben oder abzuändern wäre.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Mai 2018 (BGBl I S. 566), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer Betäubungsmittel i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin ihre Fahreignung wegen des Konsums von Betäubungsmitteln nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV verloren und bisher auch nicht wiedergewonnen hat. Die Nichteignung der Antragstellerin stand daher nach § 11 Abs. 7 FeV fest und weitere Aufklärungsmaßnahmen waren nicht veranlasst. Die Antragsgegnerin hat ihr die Fahrerlaubnis daher zu Recht entzogen.

Soweit die Antragstellerin einwendet, es sei bei ihr keine Drogenabhängigkeit gegeben, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde, denn Abhängigkeit ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen von Fahrungeeignetheit nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV. Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen ist Gegenstand der Nr. 9.3 der Anlage 4 zur FeV. Die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes führt mit Ausnahme des Konsums von Cannabis nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ohne weiteres dazu, dass der Betroffene als fahrungeeignet gilt. Auch eine Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss oder die Begehung einer Verkehrsstraftat ist nicht Voraussetzung dafür, dass Ungeeignetheit nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV vorliegt. Auf die Trennungsbereitschaft kommt es im Falle der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV deshalb ebenfalls nicht an.

Dass bei der Antragstellerin ein Ausnahmefall nach Nr. 3 Satz 2 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur FeV vorliegen könnte, der einer weiteren Aufklärung, z.B. durch Anordnung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bedürfte, ist nicht substantiiert dargetan. Es ist schon nicht nachvollziehbar, wie der kombinierte Konsum von verschreibungspflichtigen, teilweise unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Schmerzmitteln und illegalen Betäubungsmitteln in Form von Kokain überhaupt einen Ausnahmefall darstellen könnte. Darüber hinaus hat die Antragstellerin aber auch nicht dargelegt, unter welchen Erkrankungen sie konkret leidet, welche Medikamente ihr dafür in welcher Dosierung verschrieben werden und aus welchen Gründen es nicht möglich sein soll, ihr andere, ggf. stärkere Schmerzmittel zu verschreiben, sondern es notwendig sein sollte, neben den Schmerzmitteln noch illegale Betäubungsmittel zu konsumieren.

Der Bescheid vom 22. März 2018 ist auch ordnungsgemäß zugestellt worden. Zwar trifft es zu, dass nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG an den Bevollmächtigten zuzustellen ist, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Dies ist hier nicht geschehen, sondern der Bescheid ist der Antragstellerin persönlich zugestellt worden. Nach Art. 9 BayVwZVG ist der Zustellungsmangel jedoch geheilt und das Dokument gilt als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Dies war hier wohl spätestens bei Einlegung des Widerspruchs gegen den exakt bezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 27. April 2018 der Fall. Dass der Bevollmächtigte den Bescheid bis zur Erhebung des Widerspruchs nicht zur Kenntnis genommen hat, hat er selbst nicht behauptet.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Anh. § 164 Rn. 14).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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