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Fahrerlaubnisentziehung wegen Konsums harter Drogen

VG Gelsenkirchen – Az.: 7 L 3174/17 – Beschluss vom 15.11.2017

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.

2. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

1. Der sinngemäß gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 11278/17 des Antragstellers gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 5. Oktober 2017 wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zulässig, aber unbegründet.

Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens seitens des Gerichts vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Vorliegend ergibt die Abwägung des Interesses des Antragstellers einerseits – vorläufig weiter ein Kraftfahrzeug führen zu dürfen – mit dem widerstreitenden öffentlichen Interesse andererseits – die Teilnahme des Antragstellers am motorisierten Straßenverkehr zum Schutze der anderen Verkehrsteilnehmer sofort zu unterbinden -, dass dem öffentlichen Interesse Vorrang einzuräumen ist. Denn nach dem bisherigen Sach- und Streitstand erweist sich die in der Hauptsache angefochtene Regelung als rechtmäßig. Ferner liegen auch keine sonstigen Umstände vor, die ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung begründen könnten.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller zu Recht die Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – i.V.m. § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – entzogen. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wer Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV aufweist. Gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist die Eignung oder bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu verneinen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt.

Dies ist bei dem Antragsteller der Fall. Seine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung ausgeschlossen, weil feststeht, dass er Amphetamin, welche in der Anlage 3 zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt ist, sowie Tenamfetamin (entspricht Methylendioxyamfetamin = MDA) und Methyldihydromorphin (entspricht Methylendioxymetamfetamin = MDMA), welche in der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt ist, konsumiert hat.

Zur Begründung verweist die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen in der angegriffenen Verfügung (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist mit Rücksicht auf das Klage- und Antragsvorbringen Folgendes auszuführen:

Die Kammer geht nach summarischer Prüfung von einem Amphetamin-, Tenamfetamin- und Methyldihydromorphinkonsum des Antragstellers aus. Der Konsum dieser Drogen durch den Antragsteller ist forensisch nachgewiesen durch die Blutprobenanalyse durch das Landeskriminalamt O. (Bl. 79 der Verwaltungsvorgänge). Danach konnte im Blut-Serum des Antragstellers Konzentrationen von 84,2 ng/ml Amfetamin, MDA <5,0 ng/ml (qualitativ nachgewiesen) und 15,6 ng/ml MDMA festgestellt werden.

Für die Beurteilung der Kraftfahrungeeignetheit ist allein maßgeblich, dass der Antragsteller diese Drogen konsumiert hat. Der Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (Ausnahme: Cannabis) ist nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ein die Kraftfahreignung ausschließender Mangel. Dabei stellt Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV für den Regelfall weder auf die Häufigkeit der Einnahme noch auf ihren Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeuges ab. Es wird weder der missbräuchliche Konsum noch eine Abhängigkeit noch eine gelegentliche oder häufige Einnahme vorausgesetzt, sondern lediglich die „Einnahme“ selbst. Die Einnahme schließt die Kraftfahreignung unabhängig davon aus, ob unter der Wirkung dieser sog. harten Drogen ein Kraftfahrzeug geführt worden ist oder nicht. Deshalb ist im Regelfall von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auch dann auszugehen, wenn es sich lediglich um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 – 16 B 332/07 -, juris, m. w. N.; anders verhält es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss v. 20. Juni 2002, NJW 2002, 2378 ff. und vom 8. Juli 2002, NJW 2002, 2381) nur hinsichtlich der Frage des Zusammenhangs von gelegentlichem Cannabis-Konsum und Kraftfahreignung.

Besondere Umstände, die es im Fall des Antragstellers rechtfertigten, eine Abweichung vom Regelfall im Sinne der Nr. 9.1. der Anlage 4 zur FeV anzunehmen, sind nicht erkennbar. Soweit der Antragsteller nunmehr vorträgt, die festgestellten Werte seien nicht auf die wissentliche Aufnahme der Drogen zurückzuführen, gilt Folgendes: Zwar kann eine im Regelfall eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln nur bei einem willentlichen Konsum angenommen werden. Allerdings geht nach allgemeiner Lebenserfahrung einem positiven Drogennachweis typischerweise ein entsprechender Willensakt voraus. Der von dem Antragsteller in Bezug genommene Fall einer versehentlichen bzw. missbräuchlich durch Dritte herbeigeführten Rauschmittelvergiftung stellt sich dagegen als ein Ausnahmetatbestand dar, zu dem i. d. R. nur der Betroffene als der am Geschehen Beteiligte Klärendes beisteuern kann. Die Behauptung einer unbewussten Drogenaufnahme ist grundsätzlich nur beachtlich, wenn der Betroffene nachvollziehbar und plausibel darlegt, wie es dazu gekommen sein soll.

OVG NRW, Beschluss vom 22. März 2012 – 16 B 231/12 -, juris, m. w. N.; Beschluss vom 18. Februar 2008 – 16 B 2113/07 -, juris.

Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des Antragstellers, er habe während des Besuchs einer Prostituierten namens Lara Energy-Drinks konsumiert, welche teilweise von ihm unbeaufsichtigt im Zimmer gelassen worden seien, in dem sich Lara aufgehalten habe, wenn er das WC benutzt habe, nicht gerecht. Der Vortrag ist wenig konkret und erschöpft sich in vagen Andeutungen. Soweit er damit andeuten will, die Prostituierte Lara habe möglicherweise heimlich die genannten Drogen in sein Getränk gegeben, wirkt die Schilderung bereits für sich genommen lebensfremd. Für das Gericht ist kein Motiv erkennbar, weshalb eine Prostituierte, deren Dienste der Antragsteller beansprucht hat, dem Antragsteller unter Verschleierung der wahren Substanz die Drogen – unentgeltlich – verabreicht haben sollte.

Bei feststehender Ungeeignetheit steht dem Antragsgegner kein Ermessen zu und die Fahrerlaubnis ist zwingend zu entziehen.

Die in Ziffer 2 der Ordnungsverfügung enthaltene deklaratorische Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Angesichts der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung insoweit ist ein Überwiegen des Aussetzungsinteresses des Antragstellers nicht gegeben. Dass das Interesse des Antragstellers, seine Fahrerlaubnis wenigstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu können, aus anderen Gründen Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Entziehungsverfügung genießt, ist nicht festzustellen. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen und im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für den Antragsteller muss er als Betroffener jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG – ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.

So auch: OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2015 – 16 B 74/15 -, juris m. w. N.

Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung enthaltene Zwangsgeldandrohung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Sie entspricht den Anforderungen von §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und ist rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG -. Der Streitwert eines Klageverfahrens, das die Entziehung einer Fahrerlaubnis betrifft, ist ungeachtet der im Streit stehenden Fahrerlaubnisklassen, nach dem Auffangwert zu bemessen. Dieser ist im vorliegenden Eilverfahren zu halbieren. Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2009 – 16 E 550/09 – juris.

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