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Fahrerlaubnisentziehung wegen Konsum von Methamphetamin

VG Leipzig – Az.: 1 K 999/20 – Urteil vom 15.01.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge der Klasse B einschließlich der zugehörigen Berechtigungen.

Der Kläger wurde am 12.6.2019 um 18:40 Uhr im Rahmen einer polizeilichen Standkontrolle im Bereich der S…straße/A9, Anschlussstelle M…-Schwabing (76), Fahrrichtung Nord, als Fahrer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen … überprüft. Laut Bericht der Verkehrspolizeiinspektion M… vom 12.6.2019 habe der Kläger drogentypische Auffälligkeiten gezeigt. Seine Augen seien glasig und gelblich gewesen. Er habe Mundtrockenheit aufgewiesen, was sich durch hörbares Schmatzen gezeigt habe. Auf Nachfrage habe der Kläger eingeräumt, vor ca. einem Monat „Chrystal Meth“ konsumiert zu haben. Zudem habe er angegeben, an Leberbeschwerden und einem Magen-Darm-Infekt zu leiden, wobei er Medikamente (Ibuhexal, Novalgin, Pantoprazol) einnehme. Ein um 18:45 Uhr freiwillig durchgeführter Drogenvortest mittels Urin reagierte positiv auf Methamphetamin. Daraufhin erfolgte mit Einwilligung des Klägers um 19:25 Uhr eine ärztliche Blutentnahme.

Die Analyse der Blutprobe des Klägers ergab laut Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der …-Universität M… vom 8.11.2019 eine Methamphetamin-Konzentration von 2,7 ng/ml. Damit sei die Aufnahme von Methamphetamin bzw. von Substanzen, die hierzu verstoffwechselt würden, belegt. Die festgestellte Konzentration liege in einem vergleichsweise sehr niedrigen Bereich und wäre durch eine gering dosierte und/oder einige Zeit zurückliegende Aufnahme erklärbar. Weiter heißt es in dem Gutachten, dass die festgestellte Methamphetamin-Konzentration unterhalb der von der Grenzwertkommission empfohlenen Entscheidungsgrenze von 25 ng/ml liege. Zum Beleg einer Fahrunsicherheit im Sinne des § 316 Strafgesetzbuch – StGB – bedürfe es nach obergerichtlicher Rechtsprechung, über den Nachweis der Wirkstoffe hinaus, eines Fahrfehlers oder sonstiger charakteristischer Ausfallerscheinungen, die eine Fahrunsicherheit begründeten. Der vorliegende Polizeibericht und der ärztliche Untersuchungsbericht würden keine typischen Ausfallerscheinungen oder drogenbedingte Auffälligkeiten beschreiben. Aus toxikologischer Sicht lasse sich nicht auf eine drogenbedingte Fahrunsicherheit schließen. Darüber hinaus ist laut Gutachten auch die vom Kläger angegebene Medikation mit den Arzneistoffen Ibuprofen, Metamizol und Pantoprazol gewürdigt worden. Auf eine spezifische Untersuchung hierzu sei verzichtet worden, weil durch die Wirkung dieser Arzneistoffe bei bestimmungsgemäßen Gebrauch in der Regel keine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zu erwarten sei.

Der Beklagten wurde der Sachverhalt durch das Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt M… mit Schreiben vom 19.3.2020 zur Kenntnis gebracht. Hieraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 9.4.2020 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an und gab ihm Gelegenheit, sich bis zum 30.4.2020 zu äußern.

Der Kläger teilte der Beklagten zunächst telefonisch am 16.4.2020 mit, dass er am Tattag nicht gefahren sei. Er habe kein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt. Ergänzend erläuterte sein Prozessbevollmächtigter mit E-Mail vom 11.5.2020, dass eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht angezeigt sei, weil der Kläger laut Polizeibericht und ärztlicher Dokumentation nachweislich keine Ausfallerscheinungen bzw. Kontrollverluste gezeigt habe. Es würden daher keine berechtigten Bedenken an der Fahreignung bestehen. Die im Blut festgestellte Methamphetamin-Konzentration allein genüge nicht. Diese sei laut Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der …-…-Universität M… vom 8.11.2019 sehr gering, so dass nicht auf eine drogenbedingte Fahrunsicherheit geschlossen werden könne. Im Übrigen habe es sich jedenfalls um den erstmaligen Konsum bzw. die erstmalige Fahrt unter dem Einfluss von berauschenden Mitteln gehandelt.

Mit Bescheid vom 28.5.2020 entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge der Klasse B einschließlich der zugehörigen Berechtigungen (Ziffer 1). Der Führerschein sei spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheides abzugeben (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der unter Ziffer 1 und Ziffer 2 getroffenen Entscheidung wurde angeordnet (Ziffer 3). Für den Fall, dass der Kläger der Anordnung zur Abgabe seines Führerscheins gemäß Ziffer 2 des Bescheides nicht fristgemäß nachkommt, werde ein Zwangsgeld i. H. v. 250,00 Euro angedroht (Ziffer 4). Zudem habe der Kläger die Kosten des Verwaltungsverfahrens zu tragen, wobei eine Gebühr in Höhe von 125,00 Euro und Auslagen in Höhe von 2,61 Euro erhoben würden (Ziffer 5). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen unter Bezug auf § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – i. V. m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – aus, dass sich der Kläger wegen der Einnahme eines Betäubungsmittels i. S. d. Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe und ihm deshalb die Fahrerlaubnis zu entziehen sei. Durch den positiven Drogenvortest mittels Urin, die Einlassung des Klägers gegenüber der Polizei zum Konsum von „Chrystal Meth“ sowie durch das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der …-…-Universität M… zur Blutprobe des Klägers sei die Einnahme von Methamphetamin belegt. Der Nachweis des Konsums sei im Zuge der Anhörung nicht entkräftet worden. Unerheblich sei, ob es sich bei dem Vorfall am 12.6.2019 um einen erstmaligen Verstoß oder die erstmalige Fahrt gehandelt habe. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Konsum von Cannabis sei nicht einschlägig. Die Pflicht zur Abgabe des Führerscheins folge aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und § 47 Abs. 1 FeV. Im Einzelnen legte die Beklagte zudem dar, weshalb die Anordnung der sofortigen Vollziehung von Ziffer 1 und 2 des Bescheids nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – im besonderen öffentlichen Interesse sei. Die Androhung des Zwangsgeldes basiere auf § 19 und § 20 Sächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz – SächsVwVG -. Die Kostenentscheidung basiere auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 StVG i. V. m. §§ 1, 2 und § 4 Abs. 1 Nr. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr – GebOSt – sowie Nr. 206 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr – GebTSt -, § 9 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz – VwKG -. Die hiernach festgesetzte Verwaltungsgebühr bewege sich innerhalb des Gebührenrahmens von 33,20 Euro bis 256 Euro, wobei der Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Amtshandlung berücksichtigt worden seien. Die Auslagenerhebung für die Postzustellung folge aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt.

Mit Schreiben vom 4.6.2020 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Zudem stellte er einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: 1 L 316/20). Zur Begründung wiederholte und vertiefte er sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trug der Kläger vor, die Beklagte verkenne die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.4.2019 – 3 C 13.17 – (u. a.) zum Cannabiskonsum. Die damit aufgestellten Grundsätze zum Trennungsgebot hätten allgemeine Gültigkeit. Demnach müsse die Fahrerlaubnisbehörde grundsätzlich ihr Ermessen ausüben, soweit ein Fehlen der Fahreignung des Betroffenen nicht zur Überzeugung bereits feststehe. So liege der Fall hier. Es treffe zwar zu, dass die Verkehrspolizeiinspektion M… am 12.6.2019 gegen 18:40 Uhr eine Verkehrskontrolle durchgeführt und dabei den Kläger als Führer des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen … … überprüft habe. Die Polizeibeamten hätten beim Kläger aber keine drogentypischen Auffälligkeiten hinsichtlich des Fahrverhaltens, Gedankenablaufes, der Koordination oder Sprache festgestellt. Die glasigen, gelblichen Augen seien auf Leberbeschwerden zurückzuführen. Die Mundtrockenheit bzw. das Schmatzen folge aus einer länger zurückliegenden Flüssigkeitsaufnahme. Ausfallerscheinungen hätten die Polizeibeamten jedenfalls nicht festgestellt. Auch habe der mit der Blutentnahme befasste Arzt keine drogentypischen Anzeichen bemerkt. Die insoweit einzig festgestellte verlangsamte Pupillenreaktion könne mit der damaligen Magen-Darm-Erkrankung des Klägers zusammenhängen. Die beim Kläger festgestellte Methamphetamin-Konzentration sei schließlich auch sehr gering gewesen. Soweit die Beklagte dennoch meint, der Kläger hätte drogentypische Auffälligkeiten gezeigt, sei das nicht haltbar und zeige, dass sie die objektiven Feststellungen falsch bewertet habe. Hierdurch habe die Beklagte falsche Schlussfolgerungen gezogen.

Am 3.6.2020 zeigte der Kläger bei der Polizei den Verlust seines Führerscheins mit der Nr. … an. Gegenüber der Beklagten versicherte er am 5.6.2020 an Eides statt, dass ihm der Führerschein auf unbekannte Weise abhandengekommen sei.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wurde mit Beschluss vom 29.6.2020 (Az.: 1 L 613/20) abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.11.2020 – 6 B 257/20 -, juris).

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.7.2020 wies das Landesamt für Straßenbau und Verkehr den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurden die Ausführungen des angefochtenen Bescheides wiederholt und insbesondere hinsichtlich der aus dem Konsum von Methamphetamin folgenden Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen vertieft. Es liege ein Regelfall von Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV vor, weshalb es vor der Entziehung der Fahrerlaubnis auch keiner medizinisch-psychologischen Begutachtung des Klägers bedurfte. Dieser habe auch schon keine Abstinenznachweise vorgelegt.

Der Kläger hat am 25.7.2020 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und nimmt hierauf Bezug. Vertiefend führt er aus, dass die Besonderheiten des Einzelfalles verkannt würden, insbesondere der Umstand, dass er krank gewesen sei und keine Ausfallerscheinungen bzw. drogentypischen Anzeichen gezeigt habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. den Bescheid der Beklagten vom 28.5.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr vom 16.7.2020 aufzuheben;

2. die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Führerschein Nr. … bzw. einen neuen Führerschein für Kraftfahrzeuge der Klasse B auszuhändigen;

3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Verfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und ihr Vorbringen im Eilverfahren. Insoweit führt sie vertiefend aus, dass ein Konsument „harter Drogen“ regelmäßig nicht geeignet sei, ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen. Etwas anderes gelte beim Konsum von Cannabis. Die Rechtsprechung zum sogenannten Trennungsgebot sei beim Konsum „harter Drogen“ aber nicht anwendbar. Cannabis nehme – das lasse die Gliederung der Anlage 4 FeV erkennen – eine Sonderstellung ein. Im Falle „harter Drogen“ genüge nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV für den Verlust der Fahreignung allein die Einnahme des Betäubungsmittels. Es komme weder auf die beim Betroffenen festgestellte Konzentration noch auf eine Teilnahme am Straßenverkehr im berauschten Zustand noch auf das Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen im Sinne einer Fahruntüchtigkeit an. Daher genüge es für die Entziehung der Fahrerlaubnis, wenn – wie hier beim Kläger – einmalig „harte Drogen“ im Blut eines Fahrerlaubnisinhabers und damit die Einnahme eines Betäubungsmittels nachgewiesen sei. Aus dem Grund könne dahinstehen, inwieweit der Zustand des Klägers am 12.6.2019 auf eine damalige Erkrankung zurückzuführen sei, was aber ohnehin nur eine Schutzbehauptung darstelle. Ebenso sei unerheblich, ob der Kläger drogentypische Anzeichen aufwies bzw. Ausfallerscheinung zeigte. Die Regelvermutung von Nr. 9.1. der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV entfalte strikte Bindungswirkung. Ausnahmen seien nur anzuerkennen, wenn beim Betroffenen Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass die Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie das Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt seien. Dies sei hier aber nicht ansatzweise ersichtlich oder vorgetragen.

Mit Schriftsatz vom 1.12.2020 teilte die Beklagte mit, dass der Führerschein des Klägers (Nr. …) am 11.11.2020 im Zusammenhang mit einer Verkehrskontrolle polizeilich sichergestellt worden sei.

Der Kläger erklärte mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 28.11.2020 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Die Beklagte erklärte mit Schriftsatz vom 1.12.2020 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Mit Beschluss der Kammer vom 21.12.2020 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (Az.: 1 K 999/20 und 1 L 316/20) und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidung waren.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 6 Abs. 1 VwGO ergeht die Entscheidung durch den Einzelrichter.

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu jeweils ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 28.5.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr vom 16.7.2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dem Kläger wurde seine Fahrerlaubnis zu Recht entzogen. Die Anordnung zur Abgabe des Führerscheins ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Kläger hat infolge dessen auch keinen Anspruch auf die begehrte Aushändigung eines Führerscheins. Die Zwangsgeldandrohung sowie die Kostenentscheidung des Bescheides begegnen ebenso keinen Bedenken.

1. Die Entziehung der Fahrerlaubnis in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides ist rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist insbesondere derjenige, bei dem Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV vorliegen.

Die Ungeeignetheit des Klägers folgt aus § 3 Abs. 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 FeV i. V. m. Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV. Danach ist im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bei der Einnahme von Betäubungsmitteln i. S. d. Betäubungsmittelgesetzes – BtMG – (ausgenommen Cannabis) ausgeschlossen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 10.12.2014 – 3 B 148/14 -; Beschl. v. 4.2.2003 – 3 BS 65/02 -; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 23.5.2000 – 7 A 12289/99 -, jeweils juris; VG Leipzig, Beschl. v. 4.6.2014 – 1 L 349/14 -). Das Merkmal der Ungeeignetheit wird dabei nicht an einen mehrmaligen oder gewohnheitsmäßigen Gebrauch von Betäubungsmitteln geknüpft. Auch der einmalige Konsum stellt eine „Einnahme“ i. S. v. Anlage 4 Nr. 9.1 FeV dar. Für einen Eignungsausschluss i. S. d. § 46 Abs. 1 FeV i. V. m. Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV genügt daher bereits der Nachweis des einmaligen Konsums eines im Betäubungsmittelgesetz aufgeführten Rauschmittels (außer Cannabis) jedenfalls dann, wenn ein Bezug zum Straßenverkehr bestand (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 10.12.2014 – 3 B 148/14 -; Beschl. v. 25.1.2005 – 3 BS 379/04 -, juris; OVG Brandenburg, Beschl. v. 22.7.2004 – 4 B 37/04 -, juris Rn. 9; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 21.11.2000 – 7 B 11967/00 -, DAR 2001, 183; VGH BW, Beschl. v. 24.5.2002 – 10 S 835/02 -, juris Rn. 6). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (vgl. z. B. VG Leipzig, Beschl. v. 21.1.2010 – 1 L 1833/09 -, juris).

Aufgrund des Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der …-…-Universität M… vom 8.11.2019 zu der am 12.6.2019 entnommenen Blutprobe des Klägers sowie aufgrund des Drogenvortests vom 12.6.2019 mittels Urin und der Einlassung des Klägers gegenüber der Polizei am 12.6.2019 dahingehend, dass er vor ca. einem Monat „Chrystal Meth“ konsumiert habe, steht beim Kläger die Einnahme von Methamphetamin fest. Hierbei handelt es sich um ein Betäubungsmittel gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2 BtMG. Dem Nachweis steht nicht entgegen, dass in der Blutprobe des Klägers nach Einschätzung des rechtsmedizinischen Gutachtens vom 8.11.2019 eine vergleichsweise sehr geringe Methamphetamin-Konzentration von 2,7 ng/ml vorgelegen habe. Denn dies führt der Gutachter auf eine geringe Dosierung und/oder eine länger zurückliegende Einnahme zurück, ohne den hier entscheidenden Betäubungsmittelkonsum an sich infrage zu stellen.

Es bestand zudem ein Bezug zum Straßenverkehr, denn der Kläger hat – was sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 17.6.2020 klarstellte – am 12.6.2019 als Fahrer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen … im öffentlichen Straßenverkehr in M… ein Kraftfahrzeug geführt. Damit hat er unter Beweis gestellt, dass er nicht zwischen dem Drogenkonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig trennen kann (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 21.5.2005 – 3 BS 379/04 -; Beschl. v. 29.6.2004 – 3 BS 311/04 -; Beschl. v. 9.11.2004 – 3 BS 404/03 -; BayVGH, Beschl. v. 14.10.2003 – 11 CS 03.2433 -; VGH B.-W., Beschl. v. 7.3.2003, DAR 2003, 236; NdsOVG, Beschl. v. 11.7.2003, DAR 2008, 480).

Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte als Fahrerlaubnisbehörde vom Vorliegen eines Regelfalls i. S. d. Vorbemerkung 3 und Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV ausgehen, so dass die Nichteignung des Klägers im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV zur Überzeugung feststeht. In der Folge ist dem Kläger die Fahrerlaubnis ohne vorherige Einholung eines Fahreignungsgutachtens, insbesondere eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, sofort zu entziehen (ständige Rspr., vgl. u. a. BayVGH, Beschl. v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.2069 -, Beschl. v. 31.7.2013 – 11 CS 13.1395 -; Beschl. v. 4.10.2010 – 11 ZB 09.2973 -; SächsOVG, Beschl. v. 14.12.2012 – 3 B 274/12 -; Beschl. v. 14.2.2012 – 3 B 357/11 – ; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 8.11.2012 – 3 M 599/12 -; jeweils juris).

Soweit der Kläger sinngemäß einwendet, es würden die Besonderheiten des Einzelfalls verkannt, weil es sich um einen erstmaligen Drogenkonsum bzw. die erstmalige Fahrt unter Drogeneinfluss gehandelt habe und die im rechtsmedizinischen Gutachten vom 8.11.2019 festgestellte Methamphetamin-Konzentration nur sehr gering gewesen sei, dringt er damit nicht durch. Gleiches betrifft den Einwand, er habe am 12.6.2019 sowohl bei der Polizeikontrolle als auch bei der ärztlichen Untersuchung nicht unter dem spürbaren Einfluss von Betäubungsmitteln gestanden bzw. keine drogentypischen Anzeichen aufgewiesen; etwaige körperliche Auffälligkeiten (z. B. glasige, gelbliche Augen und die Mundtrockenheit) seien auf Leberbeschwerden, eine Magen-Darm-Erkrankungen, eine Medikamenteneinnahme sowie unzureichende Flüssigkeitszufuhr zurückzuführen. Denn für die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ist vorliegend entscheidend, dass beim Kläger als Kraftfahrzeugführer – wie bereits ausgeführt – der Konsum des Betäubungsmittels Methamphetamin nachgewiesen wurde. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte „harte Droge“, deren Konsum für das Entfallen der Fahreignung jedenfalls dann ausreichend ist, wenn – wie hier – ein Bezug zum Straßenverkehr besteht. Die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Cannabiskonsum (BVerwG, Urt. v. 11.4.2019 – 3 C 9/18, 3 C 13/17 u. a. -, juris) ist daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Im Hinblick auf Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV genügt es, wenn – wie hier – auch nur erstmals ein gesicherter Nachweis einer relevanten Menge „harter Drogen“, wie Methamphetamin, im Blut eines Kraftfahrzeugführers festgestellt wird, um die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu rechtfertigen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.5.2019 – 11 CS 19.308 -, juris m. w. N.; SächsOVG, Beschl. v. 14.2.2012 – 3 B 357/11 -, juris). Unerheblich ist dabei die Häufigkeit des Konsums, die Höhe der festgestellten Betäubungsmittelkonzentration und ob Ausfallerscheinungen beim Betroffenen erkennbar waren (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.11.2020 – 6 B 257/20 -, juris Rn. 5 ff. m. w. N., juris; BayVGH, Beschl. v. 17.5.2019 – 11 CS 19.308 -, juris Rn. 14). Es entlastet den Kläger daher nicht, wenn er behauptet, der Konsum von „Chrystal Meth“ sei erstmalig erfolgt. Ebenso ist unerheblich, dass die laut rechtsmedizinischen Gutachten vom 8.11.2019 ermittelte Konzentration von 2,7 ng/ml vergleichsweise sehr gering sei, insbesondere dass diese den von der Grenzwertkommission beschlossenen Wert von 25 ng/ml unterschreitet. Denn der Grenzwert hat wegen der gebotenen verfassungskonformen Auslegung zwar Bedeutung für die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes des § 24a Abs. 2 StVG, wonach ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.11.2004 – 1 BvR 2652/03 -, juris). Dagegen spielt der Grenzwert für die Frage der Fahreignung beim Konsum „harter Drogen“ keine Rolle (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.11.2020 – 6 B 257/20 -, juris Rn. 6), weil nach der in Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV zum Ausdruck kommenden Regelfalleinschätzung des Normgebers bereits der nachgewiesene (einmalige) Konsum die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründet. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob beim Kläger am 12.6.2019 der Drogeneinfluss spürbar gewesen ist bzw. ob er drogentypische Anzeichen aufwies und inwieweit etwaige körperliche Auffälligkeiten auf Leberbeschwerden, einen Magen-Darm-Infekt oder Flüssigkeitsmangel zurückgeführt werden könnten. Die in diesem Kontext vom Kläger angegebene Medikamenteneinnahme führt ebenso zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese ist im Rahmen der Analyse der Blutprobe ausweislich des rechtsmedizinischen Gutachtens vom 8.11.2019 gewürdigt worden, wobei von einer spezifischen Untersuchung wegen der toxikologischen Irrelevanz abgesehen wurde.

Etwas anderes gilt nur im Falle eines gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung dieses Betäubungsmittels ein Kraftfahrzeug geführt hat. In einem solchen Fall darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen, sondern muss die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachten erwägen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.4.2019 – 3 C 9/18, 3 C 13/17 u. a. -, juris; BayVGH, Urt. v. 25.4.2017 – 11 BV 17.33 -, juris). Ein solcher Fall lag hier aber – was unstreitig ist – gerade nicht vor, denn beim Kläger wurde nicht der Konsum von Cannabis, sondern zweifelsfrei der Konsum von Methamphetamin nachgewiesen. Eine Gleichsetzung des Konsums von Cannabis und des Konsums „harter Drogen“ kommt indes nicht in Betracht (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.11.2020 – 6 B 257/20 -, juris Rn. 9). Die Argumentation des Klägers unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Cannabiskonsum (BVerwG, Urt. v. 11.4.2019 – 3 C 9/18, 3 C 13/17 u. a. -, juris) verfängt daher nicht. Denn eine Gleichsetzung würde nicht nur diametral zu der in Nr. 9.1 und Nr. 9.2 der Anlage 4 FeV zum Ausdruck kommenden, differenzierenden Wertung des Normgebers stehen, sondern auch zu den medizinischen Erkenntnissen hinsichtlich Wirkungsweise und Nachweisbarkeit der Substanzen. Bei Methamphetamin handelt es sich um ein im Blut nur relativ kurzzeitig nachweisbares Betäubungsmittel i. S. d. § 1 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2 BtMG, dessen Einnahme u. a. zu Euphorie, Konzentrationsverlust, Pupillenerweiterung und zum subjektiven Gefühl der Leistungssteigerung führt. Chronischer Konsum, der regelmäßig mit hohen Konzentrationen im Blut einhergeht, kann zu massiver psychischer Abhängigkeit und Psychosen führen. Der Entzug ist durch schwere Depression gekennzeichnet (vgl. BayVGH, Beschl. v. 14.2.2016 – 11 B 05.1406 -, juris; Möller in Hettenbach/Kalus/Möller/Pießkalla/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 3. Aufl. § 3, Rn. 55 f.). Es ist aufgrund dessen nahezu selbstverständlich, dass das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs bereits beim einmaligen Konsum solcher „harter Drogen“ in der Regel ohne weiteres ausgeschlossen ist.

Anhand des Vorbringens des Klägers ist auch keine vom Regelfall nach Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV abweichende, atypische Sondersituation im Sinne von Ziff. 3 Satz 2 der Vorbemerkung zur Anlage 4 der FeV erkennbar, die ausnahmsweise eine weitere Aufklärung, z. B. durch Anordnung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, gebietet. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 9.7.2019 – 11 CS 19.1066 -, juris Rn. 17).

Soweit sich der Kläger sinngemäß darauf beruft, dass sein einmaliger Konsum von „Chrystal Meth“ am 12.6.2019 bereits etwa einen Monat zurückgelegen habe, vermag dieses Vorbringen keine atypische Sondersituation zu begründen. Der Vortrag ist unsubstantiiert, denn es wurden keine nachprüfbaren Tatsachen dazu dargelegt, wann, in welcher Menge und in welcher Einnahmeform der Konsum stattgefunden haben soll. Der Kläger hat aber auch keine Abstinenznachweise erbracht, die sein Vorbringen plausibilisieren könnten, geschweige denn eine Verhaltensänderung oder einen Einstellungswandel aufgezeigt (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.11.2020 – 6 B 257/20 -, juris Rn. 11; eingehend vgl. SächsOVG, Urt. v. 28.10.2015 – 3 B 289/15 -, juris).

Soweit der Kläger des Weiteren anführt, er habe keine Fahrunsicherheiten gezeigt, folgt hieraus ebenso keine atypischer Sondersituation. Daran ändert es nichts, dass das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der …-…-Universität M… vom 8.11.2019 wegen der niedrigen Methamphetamin-Konzentration von 2,7 ng/ml unter Berücksichtigung der polizeilichen und ärztlichen Berichte zu der Einschätzung gelangte, dass aus toxikologischer Sicht beim Kläger nicht auf eine drogenbedingte Fahrunsicherheit zu schließen gewesen sei.

Es ist im Falle des Konsums „harter Drogen“ grundsätzlich unerheblich, ob Fahrunsicherheiten im Sinne von Ausfallerscheinungen aufgetreten sind (vgl. ThürOVG, Beschl. v. 9.7.2014 – 2 EO 589/13 -; BayVGH, Beschl. v. 26.7.2007 – 11 ZB 05.2932 -; OVG Brandenburg, Beschl. v. 22.7.2004 – 4 B 37/04 -, jeweils juris). Dies entspricht der gesetzgeberischen Konzeption, da nach dem Wortlaut von Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV – wie bereits erläutert – die Einnahme des Betäubungsmittels regelmäßig die Fahreignung ausschließt. Insoweit unterscheidet sich die tatbestandliche Fassung dieser Norm beispielsweise von § 316 StGB, wonach zusätzlich zur Rauschmitteleinnahme erforderlich ist, dass der Fahrer infolgedessen „nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen“, und damit konkrete Anhaltspunkte einer Fahrunsicherheit tatbestandlich vorausgesetzt werden. Der Verzicht auf diese Voraussetzung in Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV zeigt, dass es hierauf bei der Beurteilung der für das Innehaben einer Fahrerlaubnis nötigen Fahreignung nicht ankommen kann. Würde das Fehlen von Ausfallerscheinungen stets zu einem atypischen Fall im Sinne von Anlage 4 Nr. 9.1 FeV führen, wäre der zum Ausdruck gekommene Wille des Normgebers konterkariert (vgl. VG Leipzig, Beschl. v. 25.9.2019 – 1 L 890/19 -, juris Rn. 37). Insoweit ist auch zu bedenken, dass die hier maßgebenden Vorschriften nicht der Bestrafung, sondern der Gefahrenabwehr dienen.

Der Einschätzung im rechtsmedizinischen Gutachten vom 8.11.2019, wonach aus toxikologischer Sicht beim Kläger nicht auf eine drogenbedingte Fahrunsicherheit zu schließen sei, kann indes nicht das notwendige Gewicht beigemessen werden, um eine atypische Sondersituation im Sinne von Ziff. 3 Satz 2 der Vorbemerkung zur Anlage 4 FeV anzunehmen. Denn der Gutachter hat seine Einschätzung ausdrücklich im Kontext zu § 316 StGB getroffen und den insoweit entwickelten Maßstab der Strafbarkeit hinsichtlich des Geschehens am 12.6.2019 im Blick gehabt. Zu der vom Vorliegen etwaiger Fahrunsicherheiten grundsätzlich unabhängigen Prognose einer Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Falle des nachgewiesenen Konsums „harter Drogen“ nach Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV hat sich der Gutachter nicht positioniert. Vor allem ist im Sinne von Ziff. 3 Satz 2 der Vorbemerkung zur Anlage 4 FeV weder dem rechtsmedizinischen Gutachten vom 8.11.2019 noch dem Polizeibericht oder der ärztlichen Dokumentation vom 12.6.2019 zu entnehmen, dass beim Kläger gewisse Kompensationen vorliegen würden (z. B. durch besondere menschliche Veranlagung) und die Gefahren, die mit dem Konsum „harter Drogen“ prognostisch regelmäßig einhergehen und denen mit der Entziehung der Fahrerlaubnis begegnet werden soll, ausnahmsweise im Sinne einer atypischen Sondersituation nicht bestehen könnten.

Vor diesem Hintergrund liegt mit dem Entzug der Fahrerlaubnis auch kein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip vor. Mit der Anlage 4 Nr. 9.1 FeV wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bereits dahingehend Rechnung getragen, dass die Eignung bei der Einnahme der dort genannten Mittel nur „in der Regel“ und nicht ausnahmslos entfällt, sodass für den Betroffenen die Möglichkeit besteht, anhand besonderer Umstände des Einzelfalles darzulegen, dass seine Eignung dennoch gegeben sei. Solche besonderen Umstände sind hier aber – wie dargelegt – nicht ersichtlich. Für eine weitergehende Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist angesichts des klaren Wortlautes von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV und des gesetzgeberischen Willens kein Raum (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.6.2014 – 11 CS 14.374 -, juris Rn. 8; SächsOVG, Beschl. v. 14.2.2012 – 3 B 357/11 -, juris Rn. 4).

2. Die Anordnung zur Ablieferung des Führerscheins in Ziffer 2 des Bescheides ist ebenso rechtmäßig. Die Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i. V. m. § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV, wonach der Führerschein nach der Entziehung der Fahrerlaubnis bei der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern ist.

Aufgrund der dargelegten Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis ist die Anordnung zur Abgabe des Führerscheins nicht zu beanstanden. Die Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung besteht gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV selbst dann, wenn die Entscheidung zur Entziehung der Fahrerlaubnis angefochten wurde, insoweit jedoch – wie hier – die sofortige Vollziehung angeordnet ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 6.10.2017 – 11 CS 17.953 -, juris).

Aufgrund dessen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die Aushändigung des Führerscheins Nr. … bzw. eines neuen Führerscheins für Kraftfahrzeuge der Klasse B. Ein solcher Anspruch ergibt sich wegen der Rechtmäßigkeit der unter Sofortvollzug gestellten Entziehung der Fahrerlaubnis insbesondere nicht aus § 113 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwGO, § 22 Abs. 3 FeV oder § 24 Abs. 4 FeV.

3. Die Zwangsgeldandrohung und die Kostenentscheidung des Bescheides begegnen ebenfalls keinen Bedenken.

Rechtsgrundlage der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Bescheides, die sich mit der am 11.11.2020 ggf. erfolgten Sicherstellung des Führerscheins Nr. … zwischenzeitlich auch erübrigt haben dürfte, sind die §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 und 2 SächsVwVG. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 2 Nr. 2 SächsVwVG lagen vor. Auch ist die Höhe des konkret angedrohten Zwangsgeldes nicht zu beanstanden (§ 22 Abs. 1 SächsVwVG).

Die im Bescheid getroffene Kostenentscheidung basiert auf § 6a Abs. 1 Nr. 1 a), Abs. 2 StVG i. V. m. § 1 Abs. 1, § 2 und § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt i. V. m. Nr. 206 GebTSt und § 9 Abs. 1 VwKG. Die festgesetzte Verwaltungsgebühr bewegt sich innerhalb des Gebührenrahmens von 33,20 Euro bis 256,00 Euro, wobei das damit eröffnete Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde. Die Auslagenerhebung für die Postzustellung ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt. Der Kläger hat gegen die Höhe der Kosten im Übrigen auch keine konkreten Einwende erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, wobei es aufgrund der Erfolglosigkeit der Klage keiner Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO bedurfte.

Das Gericht hat im Rahmen seines Ermessens davon abgesehen, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, da die Kosten der Beklagten nicht sonderlich ins Gewicht fallen (§ 167 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung war nicht gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.

BESCHLUSS vom 15.1.2021

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung von Nr. 46.3 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 11/2013 (SächsVBl. 2014, Heft 1, Sonderbeilage). Bei der hiernach vorzunehmenden Ermittlung des Werts der Fahrerlaubnisklassen, die von der Entziehung betroffen sind, sind nur diejenigen zu berücksichtigen, denen im Hinblick auf § 6 Abs. 3 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – eine eigenständige wertmäßige Bedeutung zukommt. Das gilt selbst dann, wenn die Fahrerlaubnisklassen zuvor zwangsläufig oder zugleich mit anderen Fahrzeugklassen erworben wurden (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 15.9.2020 – 6 E 66/20 -, juris Rn. 6 ff. m. w. N.). Der hiernach maßgebende Wert der Fahrerlaubnis für die Klasse B beläuft sich nach Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs auf 5.000,00 Euro.

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