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Fahrerlaubnisentziehung wegen Kokainkonsums

VG Gelsenkirchen – Az.: 7 L 3004/17 – Beschluss vom 04.12.2017

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1. Die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i. V. m. § 114 ff. der Zivilprozessordnung – ZPO -. Der Antragsteller hat trotz entsprechender Aufforderung in der Klage- und Antragseingangsbestätigung keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.

2. Der sinngemäß gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 10708/17 des Antragstellers gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 18. September 2017 wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zulässig. Bei verständiger Auslegung ist der wörtlich auf Feststellung gerichtete Antrag der Klage in der Hauptsache in Zusammenschau mit dem im vorläufigen Rechtsschutz gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung als Anfechtungsbegehren im Hauptsacheverfahren zu verstehen.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens seitens des Gerichts vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Vorliegend ergibt die Abwägung des Interesses des Antragstellers einerseits – vorläufig weiter ein Kraftfahrzeug führen zu dürfen – mit dem widerstreitenden öffentlichen Interesse andererseits – die Teilnahme des Antragstellers am motorisierten Straßenverkehr zum Schutze der anderen Verkehrsteilnehmer sofort zu unterbinden -, dass dem öffentlichen Interesse Vorrang einzuräumen ist. Denn nach dem bisherigen Sach- und Streitstand erweist sich die in der Hauptsache angefochtene Regelung als rechtmäßig. Ferner liegen auch keine sonstigen Umstände vor, die ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung begründen könnten.

Zur Begründung verweist die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen in der angegriffenen Verfügung, denen die Kammer im Wesentlichen folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist mit Rücksicht auf das Klage- und Antragsvorbringen Folgendes auszuführen:

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis mit der Wirkung der Aberkennung der Rechts, von der – dem Antragsteller erteilten slowakischen – Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, ist § 3 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – i.V.m. §§ 28 Abs. 1 Satz 3, 46 Abs. 1 und 5 der Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV -. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wer Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV aufweist. Gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist die Eignung oder bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu verneinen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes – BtMG – einnimmt.

Dies ist bei dem Antragsteller der Fall. Seine Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ordnungsverfügung ausgeschlossen, weil feststeht, dass er Kokain, welches in der Anlage 3 zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführt ist, konsumiert hat, und weil er bis zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung auch nicht nachgewiesen hat, dass er die durch den Konsum von Kokain verlorene Kraftfahreignung zwischenzeitlich wiedererlangt hat.

Die Kammer geht nach summarischer Prüfung von einem Kokainkonsum des Antragstellers aus. Der Kokainkonsum des Antragstellers ist forensisch nachgewiesen durch das Gutachten des Labors L. aus C. T. vom 14. August 2017. Danach konnten im Blut-Serum des Antragstellers 896 µg/l Benzoylecgonin (Cocain-Metabolit) festgestellt und dadurch eine zurückliegende Aufnahme des Betäubungsmittels Kokain belegt werden. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist das Gutachten des Labors L. aussagekräftig und trifft eine Aussage dazu, welche Menge des Cocain-Metabolits (Benzoylecgonin: 896 µg/l) der Antragsteller zum Entnahmezeitpunkt im Blut hatte. Dafür, dass der Benzoylecgonin-Wert nicht auf einen vorangegangenen Kokainkonsum zurückzuführen ist, hat der Antragsteller nichts substantiiert dargelegt und ist auch sonst nichts ersichtlich. Im Gutachten des Labors L. ist vielmehr überzeugend ausgeführt, dass der Nachweis von Cocain bzw. Benzoylecgonin beweisend für einen kürzlich erfolgten Cocain-Abusus ist. Es ist unerheblich, dass der Cocain-Wert selbst nicht oberhalb der Nachweisgrenze oder des analytischen Grenzwertes i.S.d. § 24a StVG festgestellt worden ist, da es für die Beurteilung der Kraftfahrungeeignetheit allein maßgeblich ist, dass der Antragsteller diese Droge konsumiert hat. Der Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG (Ausnahme: Cannabis) ist nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ein die Kraftfahreignung ausschließender Mangel. Dabei stellt Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV für den Regelfall weder auf die Häufigkeit der Einnahme noch auf ihren Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeuges ab. Es wird weder der missbräuchliche Konsum noch eine Abhängigkeit noch eine gelegentliche oder häufige Einnahme vorausgesetzt, sondern lediglich die „Einnahme“ selbst. Deshalb ist im Regelfall von einer Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auch dann auszugehen, wenn es sich lediglich um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 – 16 B 332/07 -, juris, m. w. N.; anders verhält es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss v. 20. Juni 2002, NJW 2002, 2378 ff. und vom 8. Juli 2002, NJW 2002, 2381) nur hinsichtlich der Frage des Zusammenhangs von gelegentlichem Cannabis-Konsum und Kraftfahreignung.

Besondere Umstände, die es im Fall des Antragstellers rechtfertigten, eine Abweichung vom Regelfall im Sinne der Nr. 9.1. der Anlage 4 zur FeV anzunehmen, sind nicht erkennbar.

Soweit der Antragsteller einen Befund der Laborgemeinschaft Dr. med. F. M. vom 26. September 2017 überreicht hat, ist dieser nicht geeignet, zu widerlegen, dass der Antragsteller in zeitlicher Nähe zur Blutentnahme am 6. August 2017 Kokain konsumiert hat. Er ist insofern bereits nicht ergiebig, da sich Cocain und der Cocain-Metabolit nur eine begrenzte Zeit im Blut nachweisen lassen und die Blutprobe zu einem über einen Monat nach dem Vorfall liegenden Zeitpunkt entnommen wurde. Auch vermag dieser Befund keine Aussage dahingehend zu treffen, ob der Antragsteller seine Kraftfahreignung zwischenzeitlich wiedererlangt hat. Nach einer zum Ausschluss der Fahreignung führenden Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des BtMG kommt eine Wiedererlangung der Kraftfahreignung regelmäßig erst nach dem Nachweis einer einjährigen Abstinenz (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV sowie Nr. 3.12.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung) und der Durchführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV) in Betracht.

Bei feststehender Ungeeignetheit steht der Antragsgegnerin kein Ermessen zu und die Fahrerlaubnis ist zwingend zu entziehen. Mit Blick auf die slowakische Fahrerlaubnis des Antragstellers hat die Antragsgegnerin den Besonderheiten bei der Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis Rechnung getragen und gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 46 Abs. 5 FeV dem Antragsteller das Recht aberkannt, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

Die in Ziffer 2 der Ordnungsverfügung vom 18. September 2017 enthaltene Aufforderung zur Vorlage des ausländischen Führerscheins (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 2 FeV) begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Angesichts der Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung insoweit ist ein Überwiegen des Aussetzungsinteresses des Antragstellers nicht gegeben. Dass das Interesse des Antragstellers, seine Fahrerlaubnis wenigstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu können, aus anderen Gründen Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Entziehungsverfügung genießt, ist nicht festzustellen. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen und im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für den Antragsteller muss er als Betroffener jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs und des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG – ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben hinnehmen.

So auch: OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2015 – 16 B 74/15 -, juris m. w. N.

Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 3 der Ordnungsverfügung vom 18. September 2017 enthaltene Zwangsgeldandrohung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Sie entspricht den Anforderungen von §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und ist rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz und entspricht der Rechtsprechung des OVG NRW bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2009 – 16 E 550/09 -, juris,

für die Entziehung in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren den halben Auffangwert in Ansatz zu bringen.

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