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Fahrerlaubnisentziehung wegen Hypertonie und Diabetes Mellitus

VG München – Az.: M 26 K 18.5448 – Urteil vom 21.11.2018

I. Der Bescheid des Landratsamts Starnberg vom 28. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2017 wird aufgehoben, soweit dem Kläger hiermit die Fahrerlaubnis der Klassen A1, B und BE einschließlich Unterklassen entzogen wurde.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der 1951 geborene Kläger wendet sich mittels Anfechtungsklage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1 und BE einschließlich Unterklassen. Der Kläger war ursprünglich Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen A1, BE und C1E einschließlich Unterklassen.

Gegen den Kläger wurde durch die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet. Ausweislich der bei den Akten befindlichen Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft übersah der Kläger am Nachmittag des … Juli 2015 beim Einfahren auf eine Hauptstraße und Überqueren derselben ein vorfahrtberechtigtes Kleinkraftrad. Beim Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge stürzte die Rollerfahrerin und zog sich eine HWS-Distorsion, eine indirekte Schädel-Kontusion, Prellungen am rechten Knie, rechten Oberarm und linken Oberschenkel, Schürfwunden am rechten Knie sowie rechten Ellenbogen und linken Oberschenkel zu. Das Ermittlungsverfahren wurde nach Zahlung einer Geldauflage gemäß § 153a Abs. 1 StPO eingestellt.

Aus einem Entlassungsbericht der Klinik A… vom … Juli 2015geht hervor, dass beim Kläger unter anderem ein Diabetes mellitus Typ II und eine benigne essentielle Hypertonie diagnostiziert wurden.

Mit Schreiben vom 30. Mai 2016 forderte das Landratsamt den Kläger auf, ein Gutachten eines in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Arztes vorzulegen, das klären sollte, ob beim Kläger eine die Fahreignung in Frage stellende Erkrankung vorliegt, ob Beschränkungen oder Auflagen zur Fahrerlaubnis erforderlich sind, ob vor dem Hintergrund der Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die zum Führen eines Kraftfahrzeugs erforderliche Leistungsfähigkeit vorliegt und ob verneinendenfalls eine Kompensation der Leistungsmängel zu prüfen ist.

Dem vorgelegten Gutachten der … GmbH B… vom … Oktober 2016 zufolge besteht beim Kläger wegen Bluthochdrucks und Diabetes Mellitus sowie der festgestellten Beeinträchtigung der psychophysischen Leistungsfähigkeit keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Bei einer 24 Stunden Blutdruckmessung im August 2016 habe der Mitteldruck über 24 Stunden 107 mmHg betragen und es sei eine ausreichende Nachtabsenkung festgestellt worden. Der Spitzendruck am Nachmittag habe bei einem nicht tolerablen Wert von 260/153 mmHg gelegen. Beim Kläger sei gemäß Anlage 4 Nr. 4.2 eine Hypertonie mit nachgewiesenen erheblich erhöhten diastolischen Werten bis über 150 mmHg zu erheben. Die Folgen dieser Erkrankung seien bereits echokardiologisch sichtbar. Es sei ein Hochdruckherz mit einer Hypertrophie des linken Ventrikels erhoben worden. Eine Minderung der Herzauswurfleistung habe ausgeschlossen werden können, auch seien noch keine weiteren Folgeerkrankungen festgestellt worden. Bei derart erhöhten Werten sei mit einem akut eintretenden Ereignis in erheblich erhöhter Wahrscheinlichkeit zu rechnen. Aufgrund der bereits eingetretenen Linksherzhyperthrophie und einer unzureichenden Blutdruckeinstellung könne die Fahreignung beider Gruppen für die Diagnose Bluthochdruck nicht argumentiert werden.

Gemäß Ziffer 3.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung liege beim Kläger ein Diabetes mellitus mit aktuell ausgeglichener Stoffwechsellage -unter Therapie mit Diät und oralen Antidiabetika – mit niedrigem Hypoglykämierisiko vor. Der Diabetes sei oral durch entsprechende Medikamente seit Kurzem gut eingestellt. Derzeit seien keine schwerwiegenden Stoffwechseldekompensationen feststellbar, die ein erhöhtes verkehrsrelevantes Gefährdungspotential begründen ließen. So seien besonders keine Hypoglykämien verbunden mit Kontrollverlust, Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsstörungen bekannt geworden. Hyperglykämien mit ausgeprägten Symptomen wie Schläfrigkeit oder reduziertem Wahrnehmungsvermögen lägen nicht vor. In Form des Bluthochdrucks liege jedoch eine Begleiterkrankung mit fahreignungsausschließenden Symptomen vor. Auch eine Stabilität sei nur schwer zu argumentieren. Die Entwicklung der Langzeitblutzuckerparameter lasse auf eine beginnende positive Entwicklung hoffen. Noch im April 2016 hätten jedoch massiv erhöhte Werte vorgelegen. Der Kläger habe in der Gesamtheit seiner Compliance keine ausreichende Krankheitseinsicht darstellen können. Es bestehe ein erheblicher Nikotingenuss. Auch wenn der Kläger großen Wert auf die Feststellung lege, nicht zu inhalieren, könne bei vorliegender Häufung der kardiovaskulären Risikofaktoren die derzeitige Gesamtsituation nicht als günstig bewertet werden. Der Kläger sei bei erst kürzlich erfolgter Blutzuckereinstellung auf ein akzeptables Niveau noch nicht in der Lage, Fahrzeuge der Gruppe 1 und 2 zu führen.

In den zur Überprüfung der verkehrsbedeutsamen Leistungsfunktionen eingesetzten Testverfahren habe der Kläger keine ausreichenden Ergebnisse erzielt, so dass die erforderliche Leistungsfähigkeit nicht vorliege. Nicht ausreichende Ergebnisse hätten sich in den Bereichen Belastbarkeit (Prozentrang 12), Orientierungsleistung (Prozentrang 2) und Konzentration und Aufmerksamkeit (Prozentrang 15) ergeben. Lediglich im Bereich der Reaktionsfähigkeit habe der Kläger ein für die Fahreignung der Gruppe 1 noch ausreichendes Ergebnis erzielt (Prozentrang 20). Eine Kompensation sei aufgrund der diagnosebedingten Eignungsbedenken derzeit nicht zu prüfen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 28. November 2016 entzog das Landratsamt dem Kläger die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgeldes auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche abzugeben. Den Führerschein gab der Kläger am … Dezember 2016 ab.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2017 als unbegründet zurück.

Am 23. März 2017 erhob der Kläger Anfechtungsklage in vollem Umfang (Az. M 26 K 17.1234). Nach Rücknahme der Klage hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis der Klassen C1 und C1E in der mündlichen Verhandlung am 8. November 2018 hat der Kläger zuletzt beantragt,

den Bescheid des Landratsamts Starnberg vom 28. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2017 aufzuheben, soweit dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, BE einschließlich Unterklassen entzogen wurde.

Das Landratsamt hat die Fahrerlaubnisakten vorgelegt und beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss der Kammer vom 31. August 2018 wurde die Verwaltungsstreitsache zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten – auch in den Verfahren M 26 K 17.1234 und M 26 K 18.3414 –, auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen am 20. September 2017 und 8. November 2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid des Landratsamts vom 28. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Februar 2017 ist rechtswidrig, soweit dem Kläger hiermit die Fahrerlaubnis der Klassen A und BE einschließlich Unterklassen entzogen wurde. Insoweit verletzt der Bescheid den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in der vorliegenden Anfechtungssituation maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids am 23. Februar 2017 stand aufgrund des fachärztlichen Gutachtens der B… vom … Oktober 2016 nicht im Sinne des § 11 Abs. 7 FeV fest, dass der Kläger ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen der genannten Klassen der Gruppe 1 ist.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gilt dies insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde. Zu den Erkrankungen und Mängeln, die die Fahreignung beeinträchtigen können, zählen u.a. Hypertonie (Anlage 4 FeV Nr. 4.2), Diabetes mellitus (Anlage 4 FeV Nr. 5) sowie die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln, wenn diese die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß beeinträchtigt (Anlage 4 FeV Nr. 9.6.2).

Das vorgelegte Gutachten der B… ist unter Zugrundelegung der neuesten, im Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids anzuwendenden wissenschaftlichen Grundsätze (vgl. § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a FeV), i.e. den Begutachtungs-Leitlinien für Kraftfahreignung, und der zu diesem Zeitpunkt geltenden Nrn. 3.4.2 und 4.2.2 Anlage 4 FeV nicht hinreichend nachvollziehbar. Hinsichtlich der Eignungsfrage Bluthochdruck geht das Gutachten ausdrücklich noch von den bis zum 27. Dezember 2016 geltenden Feststellungen (vgl. Nr. 4.2.2 Anlage 4 FeV a.F., Nr. 3.4.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung) aus, dass bei einem Bluthochdruck mit ständigem diastolischem Wert über 100 mmHg nur unter besonderen Bedingungen Fahreignung für Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 besteht, wenn gleichzeitig andere prognostisch ernste Symptome, z. B. Zeichen einer gestörten Nierenfunktion, starke Augenhintergrundveränderungen (Blutungen und Exsudate), neurologische Restsymptome nach Hirndurchblutungsstörungen oder eine deutliche Linkshypertrophie des Herzens nachzuweisen sind. Das Gutachten referiert hierzu die zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung noch geltenden Begutachtungsleitlinien (Nr. 3.4.2), wonach die Gefahren bereits jenseits 120 mmHg für den diastolischen Blutdruck schnell zunähmen. Jenseits 130 mmHg für den diastolischen Blutdruckwert sei diese Gefahr so naheliegend, dass jede Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr ausgeschlossen werden müsse. […] Schon bei diastolischen Blutdruckwerten jenseits 100 mmHg häuften sich Blutungszwischenfälle, Kreislaufversagen, Niereninsuffizienzzeichen und Netzhautschäden, so dass eine regelmäßige ärztliche Überwachung dieser Kranken besonders dann sichergestellt sein müsse, wenn sie als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilnähmen. Auf dieser Grundlage kommt die Gutachterin sodann zu dem Ergebnis, dass wegen des bei der 24 Stunden Blutdruckmessung festgestellten Mittelwertes von 107 mmHg, des Spitzendrucks von über 150 mmHg und der bereits eingetretenen Linksherzhyperthrophie eine Fahreignung für Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 nicht vorliege, auch wenn noch keine Folgererkrankungen feststellbar seien.

Die ab dem 28. Dezember 2016 geltenden Begutachtungsleitlinien (vgl. Nr. 3.4.2) gehen in Ausfüllung der Vorgaben in Nr. 4.2.2 Anlage 4 FeV n.F. allerdings davon aus, dass Hypertonie (zu hoher Blutdruck) nur bei zerebraler Symptomatik und/oder Sehstörungen automatisch zur Fahrungeeignetheit führt (Anlage 4 FeV Nr. 4.2.1). Bei einem Bluthochdruck ohne zerebrale Symptome oder Sehstörungen können demnach erst bei Werten über 110 mmHg diastolisch überhaupt Zweifel an der Fahreignung bestehen, wobei die Fahreignung für die Gruppe 1 in der Regel gegeben ist. Denn ein kausaler Zusammenhang zwischen erhöhtem Blutdruck und Auftreten von Verkehrsunfällen sei nicht gesichert.

Vor diesem Hintergrund ist für das Gericht ohne eine erneute gutachterliche Feststellung und Bewertung nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu beurteilen, ob unter Zugrundelegung der für die Beurteilung maßgeblichen neuen wissenschaftlichen Maßstäbe, die gemäß § 11 Abs. 5 i.V.m. Anlage 4a normativen Charakter haben, beim Kläger von Fahrungeeignetheit auszugehen ist. Dass es sich vorliegend um einen Bluthochdruck mit zerebralen Symptomen oder Sehstörungen handelt, kann den gutachterlichen Feststellungen nicht entnommen werden. Zudem lag der Mitteldruck bei der 24 Stunden Blutdruckmessung bei 107 mmHg und damit unterhalb des Wertes von 110 mmHg. Beim Begutachtungstermin lag der Blutdruck bei 150/90 und damit in einem unproblematischen Bereich. Ob allein der festgestellte Spitzendruck von über 150 mmHg verbunden mit der Linksherzhypertrophie, die jedoch laut dem Gutachten zu keiner Minderung der Herzauswurfleistung und zu keinen Folgeerkrankungen geführt hat, unter Zugrundelegung der relevanten Beurteilungskriterien zur Fahrungeeignetheit führt, bedarf einer gutachterlichen Feststellung, die der Beklagte im Widerspruchsverfahren im Wege der Ergänzung bzw. Nachbesserung des erstellten Gutachtens hätte veranlassen müssen. Wegen des vorliegend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts der Zustellung des Widerspruchsbescheids war die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht zielführend.

Auch die gutachterliche Schlussfolgerung, der Kläger sei wegen des Diabetes Mellitus nicht in der Lage, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 zu führen, vermag den streitgegenständlichen Bescheid nicht zu tragen, weil diese Feststellung maßgeblich mit dem aus Sicht der Gutachterin fahreignungsausschließenden Bluthochdruck als Folgeerkrankung begründet wird. Nach Nr. 5.1 bis 5.6 Anlage 4 zur FeV i.V.m. Nr. 3.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung ist die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 in der Regel zu bejahen, wenn ein niedriges Hypoglykämierisiko und eine ausgeglichene Stoffwechsellage vorliegen und keine Folgekomplikationen aufgetreten sind, wobei deren Beurteilung aber den Grundsätzen folgen muss, die für diese Krankheitsgruppen vorgesehen sind. Das vorliegende Gutachten stellt eine Diabetes mellitus-Erkrankung mit aktuell ausgeglichener Stoffwechsellage und niedrigem Hypoglykämierisiko fest. Derzeit seien keine schwerwiegenden Stoffwechseldekompensationen feststellbar, die ein erhöhtes verkehrsrelevantes Gefährdungspotential begründen ließen. So seien besonders keine Hypoglykämien verbunden mit Kontrollverlust, Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsstörungen bekannt geworden. Hyperglykämien mit ausgeprägten Symptomen wie Schläfrigkeit oder reduziertem Wahrnehmungsvermögen lägen ebenfalls nicht vor. Dennoch gelangt die Gutachterin zu dem Schluss der fehlenden Fahreignung wegen Diabetes, weil eine Begleiterkrankung in Form des Bluthochdrucks mit fahreignungsausschließenden Symptomen vorliege. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen und angesichts dessen, dass die Beurteilung des Bluthochdrucks nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung den hierfür speziell vorgesehenen Grundsätzen folgen muss, erscheint dieser Schluss in Bezug auf die Gruppe 1 allerdings nicht tragfähig. Auch die im Gutachten zur Stütze dieses Schlusses angeführten Umstände, dass ein halbes Jahr vor Erstellung des Gutachtens noch erhöhte Blutzuckerwerte vorgelegen hätten und der Kläger noch keine ausreichende Krankheitseinsicht habe darstellen können, vermögen die Feststellung der Nichteignung für sich genommen wohl nicht zu tragen. Insbesondere ist nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung selbst für das Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 nur eine stabile Stoffwechselführung über drei Monate nachzuweisen.

Nachvollziehbar ist grundsätzlich die aufgrund der durchgeführten Leistungstestung getroffene Feststellung im Gutachten, dass der Kläger die erforderliche psychophysische Leistungsfähigkeit nicht besitzt. Dafür, dass – wie der Bevollmächtigte des Klägers ausgeführt hat – die unzureichenden Testergebnisse auf mangelnde Deutschkenntnisse des Klägers zurückzuführen sind, bestehen keine Anhaltspunkte, zumal der Kläger ausweislich des Gutachtens im Vorfeld der Leistungstestung nach eventuell vorliegenden erschwerenden Bedingungen gefragt wurde und er sich im Rahmen des Untersuchungsgesprächs der Gutachterin auch mitteilen konnte. Allerdings blieb im Gutachten die Frage der Kompensationsfähigkeit offen, weil die Gutachterin davon ausging, dass eine solche aufgrund der diagnosebedingten Eignungsbedenken, also insbesondere wegen des aus ihrer Sicht die Fahreignung ausschließenden Bluthochdrucks, nicht zu prüfen sei. Damit wurde die – auch zwingend zu stellende – Frage des Landratsamts nach einer möglichen Kompensation letztlich nicht beantwortet.

Nach alledem steht die Fahrungeeignetheit des Klägers für Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 allein aufgrund des vorliegenden Gutachtens noch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Insbesondere aufgrund der sehr schlechten Ergebnisse des Klägers in der Leistungstestung, die erhebliche Zweifel an seiner Fahreignung begründen, aber auch wegen des Bluthochdrucks und der Diabeteserkrankung wird das Landratsamt im Rahmen einer Ermessensentscheidung erneut darüber zu befinden haben, ob eine erneute Begutachtung des Klägers auf dessen Kosten angezeigt ist. Hinsichtlich der Diabeteserkrankung wird auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Mai 2017 (Az. 11 CS 17.312, juris Rn. 19) sowie darauf hingewiesen, dass die diesbezügliche Begutachtung nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung von einem Facharzt für innere Medizin und/oder Diabetologen vorgenommen werden sollte.

Der Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,– festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

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