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Fahrerlaubnisentziehung wegen Cannabiskonsum: Begründungspflicht für die MPU-Anordnung?

Ein Physiotherapeut wehrte sich gegen die Fahrerlaubnisentziehung wegen Cannabiskonsum, weil sein THC-Wert über 100 ng/ml lag und er seine berufliche Existenz gefährdet sah. Der Mann sah in der unzureichenden Begründung der MPU einen klaren Ermessensfehler der Behörde; die Richter mussten nun entscheiden, ob sein privates Interesse die Verkehrssicherheit überwiegt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 M 131/24 OVG | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
  • Datum: 18.07.2024
  • Aktenzeichen: 1 M 131/24 OVG
  • Verfahren: Vorläufiger Rechtsschutz (Beschwerde)
  • Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Verwaltungsrecht

  • Das Problem: Ein Fahrer musste wegen gelegentlichem Cannabiskonsum den Führerschein abgeben. Er klagte, weil er die Begründung der Behörde für die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) für fehlerhaft hielt.
  • Die Rechtsfrage: Muss die Fahrerlaubnisbehörde die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) im Detail begründen, wenn der Fall unter die Standardregeln für gelegentlichen Cannabiskonsum fällt?
  • Die Antwort: Nein. In Standardfällen ist keine vertiefte Begründung der MPU-Anordnung nötig. Die Behörde durfte den Führerschein entziehen, weil der Fahrer das geforderte Gutachten nicht vorlegte.
  • Die Bedeutung: Bei Cannabiskonsum reicht in Regelfällen eine knappe Begründung der Behörde für die MPU-Aufforderung aus. Wer das Gutachten verweigert, verliert den Führerschein sofort, da die Verkehrssicherheit das private Interesse überwiegt.

Der Fall vor Gericht


Muss die Behörde eine MPU-Anordnung bei Cannabiskonsum ausführlich begründen?

Ein Bluttest, eine Zahl: 118,7 ng/ml Carboxy-THC. Für einen jungen Autofahrer war dieser Wert nicht nur der Beweis für gelegentlichen Cannabiskonsum.

—Der Betroffene sichtet das Blutprobenergebnis zum Carboxy-THC-Wert, das zur Entziehung der Fahrerlaubnis führte.
Bei erstem gelegentlichem Cannabiskonsum genügt eine knappe MPU-Anordnung; Weigerung rechtfertigt sofortigen Führerscheinentzug. | Symbolbild: KI

Er war der erste Dominostein in einer Kette, die unaufhaltsam auf den Verlust seines Führerscheins zusteuerte. Die Behörde forderte eine medizinisch-psychologische Untersuchung – eine MPU. Der Mann weigerte sich, das Gutachten beizubringen. Die Behörde entzog ihm die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung. Vor Gericht ging es dann nicht mehr um die Frage, ob er gekifft hatte. Es ging um einen vermeintlichen Formfehler, ein Detail in der Aufforderung zur MPU, das die gesamte Kette hätte durchbrechen können.

Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern musste klären, wie detailliert eine Behörde ihre Entscheidung für eine MPU begründen muss, wenn der Fall eigentlich einem Standardmuster folgt. Der Autofahrer argumentierte, die Aufforderung sei eine schematische Floskel gewesen. Er habe nicht nachvollziehen können, warum genau er zur Untersuchung sollte. Dieser Mangel an Begründung mache die gesamte Anordnung rechtswidrig – ein sogenannter Ermessensfehler. Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht Greifswald gab ihm teilweise recht. Es sah ebenfalls einen Fehler der Behörde.

Das Oberverwaltungsgericht kippte diese Entscheidung. Es stützte sich auf eine klare Linie des Bundesverwaltungsgerichts. Die Richter stellten fest: Bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten, der erstmals auffällt, ist die Anordnung einer MPU der Regelfall. Die Behörde muss in einem solchen Standardfall ihr Ermessen nicht seitenlang ausbreiten. Die Begründungspflicht ist reduziert. Im Klartext bedeutet das: Eine ausführliche, individuelle Abwägung ist nur dann nötig, wenn ein seltener Ausnahmefall vorliegt. Der Autofahrer hatte aber keine solchen besonderen Umstände vorgetragen. Die Aufforderung der Behörde nannte den Anlass, die Rechtsgrundlagen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung, kurz FeV) und das Ziel – die Abwehr von Gefahren für die Verkehrssicherheit. Das reichte dem Gericht. Von einem Ermessensfehler keine Spur.

Warum durfte die Behörde nach der Weigerung den Führerschein sofort einziehen?

Der Autofahrer hatte die Frist zur Vorlage des MPU-Gutachtens verstreichen lassen. Dieses Schweigen wertete das Gesetz als klares Signal. Wer eine angeordnete Begutachtung verweigert, löst eine Gesetzliche Vermutung aus. Nach § 11 Abs. 8 FeV darf die Behörde dann ohne weitere Prüfung von der fehlenden Fahreignung des Betroffenen ausgehen. Für das Gericht war die Konsequenz logisch: Wenn die Nichteignung feststeht, muss die Fahrerlaubnis entzogen werden. Der Schutz der Öffentlichkeit vor ungeeigneten Fahrern wiegt schwerer als das Interesse des Einzelnen am Fahren.

Die Entziehung erfolgte mit sofortiger Wirkung. Der Autofahrer musste seinen Führerschein abgeben, obwohl sein Widerspruchsverfahren noch lief. Auch das hielt das Gericht für rechtens. Die Begründung für eine solche Sofortmaßnahme (§ 80 Abs. 3 VwGO) muss zwar immer den Einzelfall im Blick haben. Bei Verkehrsdelikten gelten aber gelockerte Anforderungen. Die Gefahr, die von einem ungeeigneten Fahrer ausgeht, ist selbsterklärend. Das allgemeine Interesse an der Verkehrssicherheit und das besondere Interesse, genau diesen Fahrer von der Straße zu bekommen, sind praktisch identisch. Eine pauschal anmutende Begründung reicht hier aus. Die Behörde hatte korrekt gehandelt.

Spielte die berufliche Notlage des Autofahrers keine Rolle?

Der junge Mann befand sich in der Ausbildung zum Physiotherapeuten. Er machte geltend, dass er ohne Führerschein seine Praktikumsstellen im ländlichen Raum nicht erreichen könne. Seine berufliche Zukunft sei gefährdet. Dieses Argument ist ein Klassiker in Verfahren um den Führerscheinentzug und beruft sich auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).

Das Gericht wischte diesen Einwand beiseite. Es bewertete den Vortrag als Unsubstantiiert. Der Mann hatte nicht konkret nachgewiesen, dass die Praktikumsorte mit öffentlichen Verkehrsmitteln unerreichbar wären oder andere zumutbare Alternativen fehlten. Doch selbst wenn er das getan hätte – seine Chancen wären gering gewesen. Die Richter machten eine unmissverständliche Abwägung: Das überragende Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit im Straßenverkehr hat Vorrang. Das private, berufliche Interesse eines Einzelnen, der als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen gilt, muss dahinter zurücktreten.

Die Urteilslogik

Wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahreignung in Frage stellt, reduziert sich die behördliche Pflicht zur detaillierten Begründung, sofern der Fall einem gesetzlichen Regelfall folgt.

  • [Reduzierte Begründungspflicht]: Bei Standardfällen des gelegentlichen Drogenkonsums minimiert sich die Begründungspflicht der Behörde, da die Anordnung einer MPU zur Abwehr von Gefahren für die Verkehrssicherheit den gesetzlichen Regelfall darstellt.
  • [Folge der MPU-Verweigerung]: Wer eine rechtskonform angeordnete medizinisch-psychologische Untersuchung verweigert oder das Gutachten nicht fristgerecht vorlegt, löst die gesetzliche Vermutung der fehlenden Fahreignung aus und riskiert den sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis.
  • [Vorrang der öffentlichen Sicherheit]: Das überragende Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit im Straßenverkehr verdrängt stets die privaten oder beruflichen Nachteile eines Einzelnen, dessen mangelnde Fahreignung festgestellt oder gesetzlich vermutet wird.

Die Pflicht zur Sicherung des Straßenverkehrs erzwingt konsequentes Handeln der Behörden und lässt individuelle Belange hinter den Schutz der Allgemeinheit zurücktreten.


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Experten Kommentar

Viele Betroffene suchen oft den formalen Haken, um die MPU-Anordnung der Behörde wegen eines vermeintlichen Begründungsmangels oder Ermessensfehlers anzugreifen. Dieses Urteil stellt jedoch unmissverständlich klar: Wer als Gelegenheitskonsument auffällig wird, fällt in einen klaren Regelfall, bei dem die Behörde keine seitenlange Einzelfallabwägung schreiben muss. Die juristische Hürde, um die Begründungspflicht für eine MPU erfolgreich anzufechten, ist damit für Standardfälle praktisch unerreichbar. Wer eine Anordnung zur medizinisch-psychologischen Untersuchung erhält, sollte sich strategisch auf diese Begutachtung vorbereiten, statt auf bürokratische Rettungsanker zu hoffen.


Nächtliche Stadtstraße mit Autos und roter Ampel als Illustration zu FAQs im Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ist die MPU-Anordnung wegen Cannabiskonsum auch ohne seitenlange Begründung rechtens?

Ja, in den meisten Fällen ist die Anordnung einer MPU rechtmäßig, selbst wenn die behördliche Begründung sehr kurz gehalten ist. Das Oberverwaltungsgericht bestätigt, dass die Pflicht zur ausführlichen Begründung für die Behörde stark reduziert ist. Bei erstmaligem gelegentlichem Cannabiskonsum gilt die MPU-Anordnung juristisch als Regelfall.

Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts etabliert die medizinisch-psychologische Untersuchung bei dieser Fallkonstellation als standardisiertes Vorgehen. Wenn die Behörde in einem solchen Standardfall handelt, ist eine individuelle Ausführung des Ermessens nicht zwingend erforderlich. Die Verkehrsbehörde erfüllt ihre Pflicht, indem sie lediglich den Anlass des Verfahrens, die Rechtsgrundlage (typischerweise § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) und das Ziel der Maßnahme nennt.

Eine ausführliche und individuelle Begründung wird erst dann notwendig, wenn Sie als Betroffener einen vom Standard abweichenden, seltenen Ausnahmefall geltend machen. Fehlen solche Vorträge über besondere Umstände, kann die Behörde schematisch vorgehen, ohne dass ein Ermessensfehler vorliegt. Fokussieren Sie sich ausschließlich auf einen vermeintlichen Formfehler der schematischen Begründung, führt dies in Standardfällen fast nie zum Erfolg.

Analysieren Sie sofort, welche konkreten Fakten (niedriger THC-Wert, medizinische Besonderheiten) Ihren Fall objektiv von einem Standardfall unterscheiden, um den Ausnahmefall zu beweisen.


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Darf mir der Führerschein sofort entzogen werden, wenn ich die angeordnete MPU verweigere?

Ja, der Führerschein wird Ihnen in diesem Fall sofort entzogen. Wer die Frist für die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) verstreichen lässt oder die Begutachtung explizit ablehnt, löst eine sogenannte gesetzliche Vermutung aus. Die Fahrerlaubnisbehörde muss dann zwingend von Ihrer fehlenden Fahreignung ausgehen.

Die entscheidende Regel findet sich in § 11 Abs. 8 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Dieses Gesetz interpretiert die Weigerung als ein klares Indiz dafür, dass Sie nicht bereit sind, die begründeten Zweifel an Ihrer Fahreignung auszuräumen. Die Behörde darf die Nichteignung dann ohne weitere Beweise oder aufwendige zusätzliche Ermittlungen feststellen. Dies macht taktisches Aussitzen der Frist zur mit Abstand schnellsten und sichersten Route zum sofortigen Führerscheinentzug.

Der daraus resultierende Entzug der Fahrerlaubnis ist in aller Regel sofort vollziehbar. Ihr Widerspruch gegen den Entzugsbescheid entfaltet keine aufschiebende Wirkung, weshalb Sie Ihren Führerschein umgehend abgeben müssen. Gerichte begründen diese sofortige Vollziehung damit, dass der Schutz der allgemeinen Verkehrssicherheit ein höheres Gewicht hat. Dieses überragende öffentliche Interesse steht über Ihrem individuellen Recht auf ein reguläres, aufschiebendes Gerichtsverfahren.

Anstatt die MPU zu verweigern, prüfen Sie die Rechtmäßigkeit der Anordnung selbst und fechten Sie diese innerhalb der gesetzten Frist an.


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Wie begründet die Behörde die sofortige Vollziehung des Führerscheinentzugs bei Verkehrsdelikten?

Der Gesetzgeber erlaubt den Sofortvollzug eines Führerscheinentzugs, um die Allgemeinheit unmittelbar vor ungeeigneten Fahrern zu schützen. Nach § 80 Abs. 3 VwGO muss die Behörde dies zwar begründen. Gerichte akzeptieren bei der Entziehung der Fahrerlaubnis aber stark gelockerte Anforderungen an diese Begründung. Die von einem ungeeigneten Fahrer ausgehende Gefahr für die Verkehrssicherheit gilt als selbsterklärend und rechtfertigt sofortiges Handeln.

Wenn die Behörde die fehlende Fahreignung eines Betroffenen festgestellt hat, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis eine zwingende Konsequenz. Das Verwaltungsgericht sieht das öffentliche Interesse an der sofortigen Stilllegung dieses Fahrers als überragend an. Die individuelle Gefahrensituation ist in diesen Fällen praktisch identisch mit dem allgemeinen Schutzinteresse der Gesellschaft. Deshalb reicht es oft aus, auf die immanente Gefahr zu verweisen, ohne alle Einzelfakten langwierig darzulegen.

Konkret: Wenn Sie etwa die angeordnete MPU verweigert haben und dadurch die gesetzliche Vermutung der Nichteignung ausgelöst wird, muss die Behörde nicht mehr detailliert argumentieren. Eine pauschal anmutende Formulierung zur Abwehr von Gefahren im Straßenverkehr wird von Gerichten als ausreichende gelockerte Begründung gebilligt. Juristen warnen davor, Zeit und Ressourcen nur darauf zu verwenden, die Form dieser Begründung anzugreifen.

Stellen Sie einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht, konzentrieren Sie sich aber auf die Unrechtmäßigkeit der Entziehungsanordnung selbst.


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Gilt meine berufliche Existenznot mehr als die Verkehrssicherheit beim Führerscheinentzug?

Die klare Antwort lautet: Nein, das überragende Interesse der Allgemeinheit an der Verkehrssicherheit hat in der juristischen Abwägung stets Vorrang. Das Verwaltungsrecht sieht den Schutz von Leben und Gesundheit als höherwertiges Gut an als das individuelle Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Sobald Ihre Fahrungeeignetheit behördlich festgestellt wurde, tritt Ihre Existenznot als privates Interesse dahinter zurück. Der Gesetzgeber zielt darauf ab, Gefahren für Dritte auszuschließen, weshalb nur geeignete Personen am Straßenverkehr teilnehmen dürfen.

Selbst wenn Sie schlüssig darlegen, dass Sie Ihren Arbeitsplatz ohne Fahrerlaubnis nicht erreichen können, ändert dies nichts an der Feststellung Ihrer fehlenden Fahreignung. Ihre persönliche Notlage entbindet die Behörde nicht von der Pflicht, die Allgemeinheit zu schützen. Die Richter urteilen konstant, dass das private, berufliche Interesse eines als ungeeignet geltenden Einzelnen hinter dem öffentlichen Interesse zurücktreten muss.

Gerichte bewerten Vorträge zur beruflichen Notlage oft als unsubstantiiert, wenn keine detaillierten Beweise vorgelegt werden. Nehmen wir an, Sie müssen entfernte Praktikumsstellen auf dem Land erreichen. Sie müssen minutiös nachweisen, dass weder öffentliche Verkehrsmittel noch Fahrgemeinschaften eine zumutbare Alternative darstellen. Ein pauschaler Hinweis auf die Berufsfreiheit genügt nicht; die festgestellte Nichteignung bleibt das entscheidende Kriterium für den Führerscheinentzug.

Erstellen Sie sofort eine detaillierte Gegenüberstellung von Fahrzeiten mit dem Auto und potenziellen öffentlichen Verkehrsmitteln, um die Unzumutbarkeit alternativer Wege zur Erhaltung Ihrer Existenz zu beweisen.


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Wann muss ich als Betroffener besondere Umstände vortragen, um eine MPU-Anordnung anzufechten?

Wenn Ihr Fall nicht dem Regelfall des erstmalig auffälligen Cannabiskonsumenten entspricht, müssen Sie aktiv werden. Sie müssen besondere Umstände vortragen, falls Sie die MPU-Anordnung der Behörde anfechten möchten. Nur dann ist die Führerscheinstelle gezwungen, von ihrem schematischen Vorgehen abzuweichen. Der Vortrag individueller Fakten erzwingt eine ausführlichere Begründung der Behörde zur MPU-Anordnung.

Die Behörde darf bei Cannabiskonsumfällen nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV von einer fest etablierten Rechtslage ausgehen. Präsentieren Betroffene keine Fakten, die dieser Vermutung widersprechen, wird der Fall automatisch als Standardfall behandelt. In diesen Standardfällen ist die Begründungspflicht der Behörde stark reduziert. Sie muss lediglich den Anlass, die Rechtsgrundlage und das Ziel der Maßnahme nennen. Eine ausführliche, individuelle Begründung der MPU-Anordnung ist dann juristisch nicht notwendig.

Ihre vorgetragenen besonderen Umstände dienen dazu, die gesetzliche Vermutung des Regelfalls zu erschüttern. Damit zwingen Sie die Behörde, ihr Ermessen individuell auszuüben und die Verhältnismäßigkeit neu abzuwägen. Gerichte bestätigen konstant diese Beweislastumkehr. Beispielsweise entschied das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, dass die knappe MPU-Aufforderung korrekt war, weil der Autofahrer keine Fakten vorlegte, die eine Abweichung vom Schema gerechtfertigt hätten.

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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar Rubrik: Bewegte Stadtstraße als Illustration zur Erklärung von Fachbegriffen zu Verkehrs- und Ordnungswidrigkeitsrecht.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Berufsfreiheit (Art. 12 GG)

Die Berufsfreiheit, verankert in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz, garantiert allen Deutschen das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Dieses Grundrecht schützt die individuelle Existenzsicherung; allerdings ist es nicht schrankenlos und kann durch Gesetze oder durch überragende Güter, wie die öffentliche Verkehrssicherheit, eingeschränkt werden.

Beispiel: Obwohl der Autofahrer geltend machte, seine berufliche Zukunft als Physiotherapeut sei gefährdet, wies das Gericht den Einwand zurück, da die Berufsfreiheit hinter dem überragenden öffentlichen Interesse an sicheren Straßen zurücktreten musste.

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Ermessensfehler

Ein Ermessensfehler liegt vor, wenn eine Behörde bei der Entscheidung, ob und wie sie handeln soll, die ihr zustehenden Wahlmöglichkeiten rechtswidrig nutzt oder gar nicht beachtet. Juristen nennen dies eine Verletzung der behördlichen Entscheidungsfreiheit; dieser Fehler kann zur Aufhebung des Verwaltungsakts führen, weil das Gesetz vorschreibt, dass Ermessen pflichtgemäß auszuüben ist.

Beispiel: Der Autofahrer argumentierte, die knappe Begründung der MPU-Anordnung stelle einen Ermessensfehler dar, weil die Behörde keine individuelle Abwägung seiner persönlichen Situation vorgenommen hatte.

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Gesetzliche Vermutung

Eine Gesetzliche Vermutung ist eine Regelung, die festlegt, dass ein bestimmter Sachverhalt als bewiesen gilt, solange nicht das Gegenteil schlüssig bewiesen wird. Solche Vermutungen dienen der Verfahrensvereinfachung und der effektiven Gefahrenabwehr; im Falle der MPU-Verweigerung erlaubt sie der Behörde, direkt von der fehlenden Fahreignung des Fahrers auszugehen.

Beispiel: Nach § 11 Abs. 8 FeV löste die Weigerung des Betroffenen, das angeordnete MPU-Gutachten vorzulegen, die gesetzliche Vermutung der fehlenden Fahreignung aus, was den sofortigen Führerscheinentzug rechtfertigte.

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Regelfall

Als Regelfall bezeichnen Gerichte eine standardisierte Konstellation, bei der die Rechtslage oder die behördliche Maßnahme aufgrund der Konstanz der Fallgruppen klar und vorbestimmt ist. Existiert ein solcher Regelfall, muss die Behörde ihr Ermessen nicht aufwendig begründen, da die Entscheidung dem bewährten Muster folgt; das Gesetz spart damit erheblichen Verwaltungsaufwand.

Beispiel: Da der Autofahrer erstmals als gelegentlicher Cannabiskonsument mit bestimmten Werten auffiel, galt sein Fall als Regelfall, weshalb die Behörde die MPU-Anordnung nicht individuell ausführen musste.

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Sofortvollzug (§ 80 Abs. 3 VwGO)

Der Sofortvollzug, juristisch in § 80 Abs. 3 VwGO geregelt, ermächtigt eine Behörde dazu, einen Verwaltungsakt unmittelbar durchzusetzen, selbst wenn der Betroffene Widerspruch eingelegt hat. Der Gesetzgeber wendet diese Maßnahme an, wenn das öffentliche Interesse an der sofortigen Gefahrenabwehr schwerer wiegt als das private Interesse des Bürgers am Aufschub.

Beispiel: Wegen der immanenten Gefahr für die Verkehrssicherheit ordnete die Behörde den Sofortvollzug des Führerscheinentzugs an, sodass der Betroffene seinen Führerschein trotz laufenden Widerspruchsverfahrens sofort abgeben musste.

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Unsubstantiiert

Juristen verwenden den Begriff unsubstantiiert, um einen Vortrag oder eine Behauptung als unzureichend oder nicht durch konkrete Fakten belegt zu kennzeichnen. Das Gericht ignoriert solche pauschalen Behauptungen im Verfahren, weil es Beweise und detaillierte Fakten benötigt, um eine fundierte rechtliche Abwägung überhaupt vornehmen zu können.

Beispiel: Das Gericht bewertete den Hinweis auf die berufliche Notlage des Autofahrers als unsubstantiiert, da er nicht konkret nachweisen konnte, dass ihm keine zumutbaren Alternativen zu den Fahrten mit dem Auto zur Verfügung standen.

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Das vorliegende Urteil


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 1 M 131/24 OVG – Beschluss vom 18.07.2024


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