Skip to content
Menü

Fahrerlaubnisentziehung wegen 8 Punkten

VG München – Az.: M 6 S 17.5545 – Beschluss vom 16.03.2018

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller war Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse BE samt Unterklassen. Mit Bescheid vom 20. Juni 2017, zugestellt am 22. Juni 2017, entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde des Antragsgegners wegen Erreichens von 8 Punkten die Fahrerlaubnis. Ihrer Entscheidung legte sie folgende Zuwiderhandlungen zu Grunde:

Tattag/Datum der Entscheidung              Rechtskraft        Art der Zuwiderhandlung            Punkte

…04.2014/…05.2014      31.05.2014          Verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons              1…01.2015/

…01.2015            13.02.2015          Verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons              1

…04.2016/…06.2016      15.07.016            Überschreitung des Termins zur Hauptuntersuchung   1

…08.2016/…10.2016      22.10.2016          Verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons              1

Ermahnung am … November 2016, zugestellt am 19. November 2016

Tattag/Datum der Entscheidung              Rechtskraft        Art der Zuwiderhandlung Punkte

…07.2016/…10.2016      15.11.2016          Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit   1

…09.2016/…11.2016      14.12.2016          Verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons              1

Verwarnung vom … Januar 2017, zugestellt am 12. Januar 2017

Tattag/Datum der Entscheidung              Rechtskraft        Art der Zuwiderhandlung            Punkte

…08.2016/…04.2017      04.05.2017          Anordnen oder Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis 2

Nachdem der Antragsteller aus Sicht der Fahrerlaubnisbehörde mit der Tat vom … August 2016 bzw. … September 2016 8 Punkte erreicht hatte, hörte sie ihn mit Schreiben vom … Mai 2017 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an und erließ sodann den streitgegenständlichen Bescheid, wobei sie dessen sofortige Vollziehung anordnete (Nr. 3 des Bescheids). Dabei ging sie aber erkennbar (S. 4 und 5 ) von der kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 9 des Straßenverkehrsgesetzes – StVG – bestehenden sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis aus sowie davon, dass der Sofortvollzug nur hinsichtlich der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins (Nr. 2 des Bescheids) anzuordnen sei. Auf die Gründe des Bescheids im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.

Der Antragsteller ließ seinen Prozessbevollmächtigen mit Schriftsatz vom 20. Juli 2017, der per Telefax am 21. Juli 2017 einging, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben, über die bislang noch nicht entschieden ist (Az. M 6 K 17.3374).

Mit weiterem Schriftsatz vom 20. Oktober 2017, der am 27. November 2017 einging, ließ der Antragsteller sinngemäß beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 21. Juli 2017 anzuordnen bzw. wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, der Antragsteller habe die Zuwiderhandlung vom … Juli 2016 (Geschwindigkeitsüberschreitung) nicht begangen. Gegen die Entscheidung im Bußgeldverfahren sei Rechtsmittel eingelegt worden. Zunächst sei das Bußgeld bezahlt worden, ohne die Sache weiter zu hinterfragen. Der Antragsteller ließ Namen und Anschrift einer Person mitteilen, die nach seinen Angaben diesen Verkehrsverstoß begangen haben soll. Außerdem sei der streitgegenständliche Bescheid schon deshalb aufzuheben, weil die Behörde ihr Ermessen nicht erkannt und nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Sie hätte die persönlichen und sonstigen Umstände des Antragstellers vor Entziehung der Fahrerlaubnis erkunden und bei ihrer Entscheidung berücksichtigen müssen, darunter die Tatsache, dass er beruflich dringend auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei. Schließlich könne die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht auf einen Verstoß gestützt werden, der sich vor dem Hinweis auf dem drohenden Entzug der Fahrerlaubnis ereignet habe. Auf einen vor dem mit der Verwarnung vom … Mai 2015 verbundenen Hinweis begangenen Verstoß könne man eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht stützen, ansonsten sei der gesetzgeberische Zweck der Verwarnung/des Hinweises auf den drohenden Entzug der Fahrerlaubnis nicht zu erreichen. Auf das Vorbringen des Antragstellers im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.

Der Antragsgegner legte im Hauptsacheverfahren mit Schriftsatz vom 2. August 2017 die Behördenakte vor und beantragte für das vorliegende Verfahren mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2017, den Antrag abzulehnen.

Durch Beschluss vom 15. März 2018 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten, auch diejenigen im Verfahren M 6 K 17.3374 sowie die Behördenakte ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Bei der im vorliegenden Verfahren notwendigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung erweist sich der Bescheid des Antragsgegners vom 20. Juni 2017 als rechtmäßig, so dass die hiergegen gerichtete Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. In einem solchen Fall verbleibt es bei der hier kraft Gesetzes bezüglich der Entziehung der Fahrerlaubnis gegebenen sofortigen Vollziehung sowie der seitens der Behörde hinsichtlich der Abgabe des Führerscheins angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit.

1. Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt zum einen, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat. Die aufschiebende Wirkung entfällt aber auch dann, wenn dies – wie vorliegend – gesetzlich angeordnet ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 VwGO).

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 – 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wieder herstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist der Antrag abzulehnen. Der Bescheid des Antragsgegners vom 20. Juni 2017 erweist sich bei der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtmäßig. Das gilt sowohl hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis wie auch der übrigen Bestimmungen des Bescheids. Zur Begründung nimmt das Gericht auf die alle wesentliche Punkte zutreffend ansprechende Stellungnahme des Antragsgegners vom 6. Dezember 2017 Bezug und macht sich diese zur Begründung der vorliegenden Entscheidung zu eigen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Lediglich ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

2.1 Zu Recht geht die Behörde von der Rechtskraft und Verwertbarkeit der Zuwiderhandlung vom … Juli 2016 aus. Der Antragsteller hat seine Behauptung, gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt zu haben, bereits nicht glaubhaft gemacht. Hierzu hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 6. Dezember 2017 ergänzend mitgeteilt, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde (Bußgeldstelle A…) sei von einem Rechtsmittel nichts bekannt. Außerdem dürfte ein Antrag auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Bußgeldverfahrens bereits daran scheitern, dass gegen den Antragsteller ein Bußgeld nur in Höhe von nur 100,00 EUR verhängt worden ist, sodass er die Voraussetzung für eine Wiederaufnahme nach § 85 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes nicht erfüllt, wonach ein Bußgeld in Höhe von mindestens 250,00 EUR verhängt worden sein muss.

2.2 Die Ausführungen des Antragstellers zu einem angeblich von Seiten der Fahrerlaubnisbehörde bei der Entziehung seiner Fahrerlaubnis auszuübenden Ermessen in Hinblick auf die sofortige Vollziehbarkeit der Maßnahme übersieht die gesetzliche Anordnung in § 4 Abs. 9 StVG, wonach Widerspruch und Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG keine aufschiebende Wirkung zukommt. Auch hinsichtlich der Maßnahme selbst stand der Fahrerlaubnisbehörde keinerlei Ermessen zu. Vielmehr hat sich jemand, der acht oder mehr Punkte im Fahreignungsregister erreicht hat, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Ihm ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass der Behörde insoweit irgendein Ermessen zustünde. Lediglich hinsichtlich der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins ist der Behörde Ermessen eingeräumt, was diese jedoch erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt hat (S. 5 des Bescheids).

2.3 Entgegen der Auffassung des Antragstellers erhöhen von ihm begangene Verkehrszuwiderhandlungen seinen Punktestand auch dann, wenn sie der Behörde erst nach Ergreifen einer Maßnahme im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 oder 2 StVG bekannt werden. Entgegen der bis zum 1. Mai 2014 geltenden Rechtslage hat sich der Gesetzgeber eindeutig hierfür entschieden. Das ergibt sich klar aus § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG. Ebenso wenig wirkte sich eine zwischenzeitliche Tilgung mehrerer Zuwiderhandlungen des Antragstellers samt der dazugehörigen Punkte aus dem Fahreignungsregister zu seinen Gunsten aus (§ 4 Abs. 5 Satz 7 StVG).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Stand 2013.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten?

Mit unserer Hilfe teure Bußgelder und Fahrverbote vermeiden!

Wir überprüfen Ihren Bußgeldbescheid kostenlos und unverbindlich auf Fehler und die Möglichkeit eines Einspruchs.
Blitzer Bußgeld prüfen

Rechtstipps aus dem Verkehrsrecht

Urteile über Bußgeld und Ordnungswidrigkeiten

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!