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Fahrerlaubnisentziehung – unbewusste Aufnahme von harten Drogen – Amphetamin

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 16 B 655/20 – Beschluss vom 18.09.2020

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 9. April 2020 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkte Überprüfung führt zu keinem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis.

Der Antragsteller vermag mit seinem Beschwerdevorbringen die Annahme des Verwaltungsgerichts, er habe eine unbewusste Verabreichung von Betäubungsmitteln – hier Amphetamin – nicht nachvollziehbar und plausibel dargelegt, vielmehr sei bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass es sich insoweit lediglich um eine Schutzbehauptung handele, nicht durchgreifend in Frage zu stellen.

Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Auffassung des Antragstellers an die Darlegung eines unbewussten Konsums von Amphetamin keine zu hohen Anforderungen gestellt. Schon angesichts dessen, dass – auch aus der Sicht des erkennenden Senats – die Geltendmachung einer unbewussten Aufnahme von harten Drogen, wozu auch Amphetamin gehört, infolge einer unbemerkten Beimischung durch Dritte in ein Getränk, etwa auf einer Party, in einer Diskothek, in einer Gaststätte oder bei anderer Gelegenheit, eine der gängigsten Einlassungen von bei einer Verkehrskontrolle mit harten Drogen im Blut auffällig gewordenen Fahrerlaubnisinhabern ist, bedarf es, um einem unbewussten Konsum Glauben schenken zu können, einer detaillierten, in sich stimmigen und von der ersten Einlassung an widerspruchsfreien sowie nachvollziehbaren und soweit möglich auch belegten oder doch nachprüfbaren Schilderung aller für die Würdigung des Vorbringens bedeutender Umstände und Geschehensabläufe an dem besagten „Tattag“. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass es ausgesprochen unwahrscheinlich ist, dass nach einem solchen seltenen Ereignis der betreffende Fahrerlaubnisinhaber auch noch vor dem (restlosen) Abbau des Amphetamins im Körper ungeachtet der nur geringen Dichte der Verkehrsüberwachung durch die Polizei in eine (allgemeine) Verkehrskontrolle gerät oder – wie im Falle des Antragstellers – durch sein auffälliges Fahrverhalten eine (gezielte) polizeiliche Überprüfung seiner Fahrsicherheit auslöst.

Vgl. insoweit auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 25. Januar 2012 – 10 B 11430/11 -, juris, Rn. 3.

Dabei sind wegen der großen Gefahren, die von harten Drogen und von solche Betäubungsmittel konsumierenden Autofahrern ausgehen, hohe Anforderungen an die Substantiierung zu stellen.

Vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 29. März 2019 – 7 B 820/19 -, juris, Rn. 15 f., unter Bezugnahme auf Nds. OVG, Beschluss vom 31. März 2017 – 12 ME 26/17 -, n. v.

Ausgehend hiervon kann sich der Antragsteller auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass von ihm eine Darlegung zur Motivlage der Person(en), die ihm das Amphetamin, ohne sein Wissen verabreicht hätte(n), nicht verlangt werden könne. Mit Blick darauf, dass harte Drogen einschließlich Amphetamin zum einen illegal und zum anderen kostspielig sind, erscheint es wenig wahrscheinlich, dass dieses Betäubungsmittel dem Antragsteller ohne sein Wissen und gegebenenfalls gegen seinen Willen zugeführt wurde, ohne dass (ausnahmsweise) ein nachvollziehbares Motiv für eine solche Handlung aufgezeigt wird.

Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 1. Dezember 2011 – 12 ME 198/11 -, juris, Rn. 6; VG Oldenburg, Beschluss vom 29. März 2019 – 7 B 820/19 -, juris, Rn. 14.

Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist vorliegend ein Motiv dafür, dass eine(r) der Personen, mit der der Antragsteller und seine Lebensgefährtin den Abend des 3. Dezember 2019 verbracht haben wollen, vom Antragsteller unbemerkt Amphetamin in eines seiner Getränke gemischt und ihm so dieses Betäubungsmittel ohne sein Wissen verabreicht haben soll, nicht erkennbar. Ein derartiges Motiv lässt sich auch dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Diese erschöpft sich, wie der Antragsteller selbst einräumt, diesbezüglich lediglich in Vermutungen.

Der Antragsteller hat auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Behauptung eines unbewussten Betäubungsmittelkonsums auch deshalb unglaubhaft sei, weil er diesen erst drei Monate nach dem angeblichen Weihnachtsmarktbesuch mit der Antragserhebung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren und nicht bereits unmittelbar nach der Anhörung durch den Antragsgegner oder jedenfalls in dem bereits seit dem 30. Januar 2020 anhängigen Klageverfahren geltend gemacht hat, nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Soweit er diesbezüglich vorträgt, erst einen Monat nach dem Vorfall durch das Schreiben des Antragstellers vom 8. Januar 2020 mit dem Vorwurf des Amphetaminkonsums konfrontiert worden zu sein, da nach den Ermittlungsakten kein Drogenvortest habe durchgeführt werden können, ist dem entgegenzuhalten, dass dem Schreiben der Kreispolizeibehörde Soest vom 19. Dezem-ber 2019 an den Antragsgegner zufolge am Vorfallstag beim Antragsteller ein Drogenvortest durchgeführt wurde, der positiv auf THC und Amphetamin verlief. Dass ihm dieses Ergebnis nicht mitgeteilt worden sein soll, behauptet der Antragsteller selbst nicht. Eine gegenteilige Annahme wäre auch angesichts dessen, dass nach dem Drogenvortest bei ihm eine Blutentnahme erfolgte, der er zustimmte, fernliegend. Insoweit erscheint es wenig plausibel, dass er ohne Informationen über das Ergebnis dieses Tests sein Einverständnis zur Entnahme einer Blutprobe erteilt hätte. Jedenfalls wäre es angesichts der mit Schreiben des Antragsgegners vom 8. Januar 2020 in Aussicht gestellten Entziehung der Fahrerlaubnis und dem dortigen Vorwurf des Amphetaminkonsums zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller nach Erhalt dieses Schreibens, spätestens aber nach der Akteneinsicht durch seinen seinerzeitigen Verfahrensbevollmächtigten und jetzigen Prozessbevollmächtigten dem Antragsgegner die angeblichen  Geschehnisse am Abend des 3. Dezember 2019 geschildert hätte. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang vorträgt, dass er mit seiner Lebensgefährtin bei Facebook umfangreiche Recherchen betrieben habe, um nicht „falsche Leute“ zu beschuldigen sowie konkrete Personen zu identifizieren und benennen zu können, ist dieses Vorbringen nicht nachvollziehbar. Da ihm damals – wie im Übrigen auch heute – die Personen, mit denen er und seine Lebensgefährtin diesen Abend – angeblich – verbracht haben, nicht näher bekannt gewesen sein sollen, war es schon seinerzeit nicht möglich, „falsche Leute“ beschuldigen. Auch erscheint es jedenfalls mit Blick auf eine drohende Entziehung der Fahrerlaubnis nicht plausibel, den gesamten Geschehensablauf im Zusammenhang mit dem – vermeintlichen – unbewussten Konsum von Amphetamin zunächst vollständig für sich zu behalten, um zunächst weitere Informationen zu recherchieren und später nachzureichen.

Sind nach alledem die Darlegungen des Antragstellers zu einem unbewussten Konsum von Amphetamin nicht ausreichend und spricht zudem der Umstand, dass er einen derartigen Konsum erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung geltend gemacht hat, ohne dass hierfür ein einleuchtender Grund ersichtlich wäre, gegen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens, kommt es auf den vom Verwaltungsgericht ebenfalls hervorgehobenen Umstand, dass es verwunderlich erscheine, dass sich der Antragsteller trotz des Zeitablaufs noch an sämtliche – und nicht etwa nur an besonders auffällige – Kleidungsstücke der an dem Abend angeblich kennengelernten Personen erinnern können wolle, nicht mehr an. Gleichwohl ist insoweit darauf hinzuweisen, dass sein diesbezüglicher Einwand, die Beschreibung der Kleidungsstücke beruhe auf dem Bekunden seiner Lebensgefährtin, Zweifeln unterliegt. Insoweit fehlt es schon an einer eigenen Erklärung seiner Lebensgefährtin sowie an deren eidesstattlicher Versicherung zur Glaubhaftmachung entsprechender Angaben. Im Übrigen wäre auch eine Erklärung der Lebensgefährtin des Antragstellers nebst eidesstattlicher Versicherung in Bezug auf die vom ihm behaupteten Geschehnisse am Abend des 3. Dezember 2019 zu erwarten gewesen, da sie dem Vorbringen des Antragstellers zufolge diesen Abend mit ihm zusammen verbrachte.

Schließlich führt auch der Einwand des Antragstellers, dass der Konsum von Cannabis in unregelmäßigen Abständen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht den Schluss auf den Konsum von harten Drogen rechtfertige, nicht zum Erfolg seiner Beschwerde. Die diesbezüglichen Ausführungen im letzten Absatz auf Seite 9 des angefochtenen Beschlusses sind nicht entscheidungstragend. Dies hat das Verwaltungsgericht mit dem einleitenden Halbsatz, „Ohne dass es noch darauf ankäme“, deutlich gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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