Führerscheinentzug nach unbeabsichtigtem Kokainkonsum – Gericht sieht keine glaubhafte Darstellung
In Deutschland gelten beim Führen von Kraftfahrzeugen strenge Regeln. Wer sich als ungeeignet erweist, dem kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Besonders hart fallen die Sanktionen aus, wenn Drogen im Spiel sind. Schon der einmalige Konsum harter Drogen wie Kokain rechtfertigt in der Regel die Annahme der Fahruntüchtigkeit. Die Behörden gehen von einem Verlust der charakterlichen Eignung aus.
Allerdings birgt diese strikte Handhabung auch Konfliktpotenzial. Gerade die Frage des unbeabsichtigten Drogenkonsums führt immer wieder zu juristischen Auseinandersetzungen. Was, wenn jemand arglos Betäubungsmittel zu sich nimmt, ohne es zu ahnen? Hier prallen die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit auf die Rechte des Einzelnen. Die Gerichte sind gefordert, eine angemessene Abwägung vorzunehmen.
Im folgenden Urteilsfall ging es genau um diese Konstellation. Ein Mann behauptete, ihm sei ohne sein Wissen Kokain beigebracht worden. Das Gericht hatte die Glaubwürdigkeit zu prüfen.
Übersicht
- Führerscheinentzug nach unbeabsichtigtem Kokainkonsum – Gericht sieht keine glaubhafte Darstellung
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- Welche rechtlichen Folgen hat der Nachweis von Kokain im Blut für die Fahrerlaubnis?
- Was besagt § 46 Abs. 1 FeV bezüglich der Fahreignung?
- Wie wird eine Fahrerlaubnisentziehung rechtlich begründet, wenn der Drogenkonsum unbeabsichtigt war?
- Welche Rolle spielt ein toxikologisches Gutachten bei der Beurteilung der Fahreignung?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 B 3/24 >>>]
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Unbeabsichtigter Konsum nicht glaubhaft: Das Gericht fand die Behauptung des Antragstellers, Kokain sei ihm ohne sein Wissen ins Glas geschüttet worden, unglaubhaft und wertete sie als Schutzbehauptung.
- Rechtmäßige Entziehung der Fahrerlaubnis: Die Entziehung der Fahrerlaubnis wurde als rechtmäßig bestätigt, basierend auf der Annahme, dass bereits der einmalige Konsum harter Drogen die Fahrungeeignetheit begründet.
- Keine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung: Das Gericht lehnte es ab, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den sofort vollziehbaren Entziehungsbescheid wiederherzustellen.
- Beweislast beim Antragsteller: Der Antragsteller konnte nicht überzeugend darlegen, dass er die Drogen unwissentlichzu sich genommen hatte.
- Kosten des Verfahrens: Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt.
- Keine erfolgreiche Anfechtung weiterer Bescheide: Auch die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wurde bestätigt, trotz rechtlicher Bedenken hinsichtlich der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.
- Wichtigkeit der Fahrerlaubnis für berufliche Tätigkeit irrelevant: Das Gericht berücksichtigte nicht, dass der Antragsteller aus beruflichen Gründen auf die Fahrerlaubnis angewiesen war, da die öffentliche Sicherheit Vorrang hat.
- Streitwert beider Instanzen: Der Streitwert für beide Instanzen wurde jeweils auf 7.500 Euro festgesetzt.
➜ Der Fall im Detail
Unbeabsichtigter Kokainkonsum führt zu Fahrerlaubnisentzug
Der Fall dreht sich um die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Antragstellers, der behauptet, unbeabsichtigt Kokain konsumiert zu haben.
Die rechtliche Auseinandersetzung begann nach einer Verkehrskontrolle am 23. Januar 2023, bei der im Blut des Antragstellers Kokain und dessen Abbauprodukte nachgewiesen wurden. Der Antragsteller führte an, eine unbekannte Person namens „C.“ habe ihm ohne sein Wissen die Droge in sein Getränk gemischt. Diese Argumentation sollte den Vorwurf des willentlichen Drogenkonsums entkräften, was zentral für die Beurteilung seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ist.
Gericht bestätigt Fahrerlaubnisentzug
Das Oberverwaltungsgericht Saarland wies die Beschwerde des Antragstellers zurück, indem es die Argumentation und Beweislage des Verwaltungsgerichts bestätigte. Die Fahrerlaubnisbehörde hatte die Fahrerlaubnis entzogen, da gemäß § 46 Abs. 1 FeV und den zugehörigen Anlagen der FeV der einmalige Konsum harter Drogen grundsätzlich die Fahrungeeignetheit nach sich zieht. Das Gericht sah in den Ausführungen des Antragstellers, insbesondere der behaupteten unbeabsichtigten Einnahme der Droge, keine glaubhafte Darstellung. Es wurde betont, dass der Antragsteller keine überzeugenden Informationen über die Person „C.“ liefern konnte und die vorgelegten Zeugenaussagen und eidesstattlichen Erklärungen nicht ausreichten, um seine Behauptungen zu stützen.
Rolle des toxikologischen Gutachtens
Das toxikologische Gutachten ergab, dass der Antragsteller 0,057 mg/l Benzoylecgonin und 0,0042 mg/l Methylecgonin im Blut hatte. Diese Werte waren entscheidend für die Bewertung der Fahreignung. Die Rechtsprechung und die gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass der Nachweis von Kokainkonsum, auch in geringen Mengen, generell zur Annahme der Fahrungeeignetheit führt, sofern nicht außergewöhnliche Umstände eine andere Bewertung rechtfertigen.
Rechtliche Grundlagen der Entscheidung
Die rechtliche Beurteilung stützte sich auf § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV, welche die Fahrerlaubnisbehörde verpflichten, einem ungeeigneten Fahrer die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das Gericht folgte der Auffassung, dass die Regelungen der FeV, insbesondere die Anlage 4, klare Kriterien für die Fahrungeeignetheit bei Drogenkonsum festlegen. Der Versuch des Antragstellers, durch die Darstellung eines unbeabsichtigten Drogenkonsums die rechtlichen Konsequenzen zu umgehen, wurde als nicht überzeugend bewertet.
Kosten und Folgen der gerichtlichen Entscheidung
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt, und der Streitwert wurde auf jeweils 7.500 Euro für beide Instanzen festgesetzt. Diese Entscheidung unterstreicht die strenge Haltung der deutschen Gerichte gegenüber Drogenkonsum im Straßenverkehr und die hohen Anforderungen, die an die Glaubhaftigkeit von Aussagen zur unbeabsichtigten Drogeneinnahme gestellt werden. Die Konsequenzen für den Antragsteller sind erheblich, da ihm nicht nur die Fahrerlaubnis entzogen wurde, sondern auch die finanzielle Last des Verfahrens zu tragen hat.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Welche rechtlichen Folgen hat der Nachweis von Kokain im Blut für die Fahrerlaubnis?
Der Nachweis von Kokain im Blut hat schwerwiegende rechtliche Konsequenzen für die Fahrerlaubnis. Kokain zählt zu den sogenannten „harten Drogen“. Bereits der einmalige Konsum von Kokain führt dazu, dass die Fahreignung entfällt und die Fahrerlaubnis entzogen wird. Dies gilt unabhängig von der nachgewiesenen Kokainkonzentration im Blut, von einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen.
Wird man mit Kokain im Blut am Steuer erwischt, drohen als Ersttäter ein Bußgeld von 500 Euro, 2 Punkte im Fahreignungsregister und 1 Monat Fahrverbot. Im Wiederholungsfall erhöhen sich die Sanktionen auf bis zu 1.500 Euro Bußgeld und 3 Monate Fahrverbot. Zudem wird in der Regel die Fahrerlaubnis entzogen und eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet.
Kommen Fahrauffälligkeiten und Ausfallerscheinungen unter Kokaineinfluss hinzu, liegt sogar eine Straftat der Gefährdung des Straßenverkehrs vor, die mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet wird. Bei einem Unfall unter Kokaineinfluss drohen Schadensersatzforderungen und im schlimmsten Fall eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung.
Die Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgt in der Regel für 6 Monate bis 5 Jahre. Für die Neuerteilung muss der Betroffene mittels Abstinenzbelegen und einer positiv absolvierten MPU nachweisen, dass er kein Kokain mehr konsumiert und wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist.
Was besagt § 46 Abs. 1 FeV bezüglich der Fahreignung?
§ 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) regelt die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Demnach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn:
Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen, die die Eignung ausschließen oder
erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung ausgeschlossen ist.
Die in Bezug genommene Anlage 4 der FeV führt unter Nummer 9 Betäubungsmittel/Arzneimittel und Alkohol auf. Demnach ist die Fahreignung ausgeschlossen bei Abhängigkeit von Betäubungsmitteln sowie bei missbräuchlicher Einnahme von Betäubungsmitteln, worunter auch der gelegentliche Konsum von Kokain fällt.
Damit stellt § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Anlage 4 Nr. 9 FeV klar, dass bereits der einmalige Konsum harter Drogen wie Kokain zur Feststellung der Ungeeignetheit und Entziehung der Fahrerlaubnis führt, ohne dass es weiterer Feststellungen wie einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss bedarf.
Wie wird eine Fahrerlaubnisentziehung rechtlich begründet, wenn der Drogenkonsum unbeabsichtigt war?
Eine Fahrerlaubnisentziehung kann auch bei unbeabsichtigtem Drogenkonsum rechtlich begründet werden. Entscheidend ist nicht die Absicht des Konsums, sondern die objektive Feststellung von Drogen im Blut und die daraus folgende Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Nach § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Anlage 4 Nr. 9 FeV führt bereits der einmalige Konsum harter Drogen wie Kokain oder Amphetamin zur Feststellung der Ungeeignetheit und Entziehung der Fahrerlaubnis. Ein Verschulden oder eine Absicht des Konsums ist dafür nicht erforderlich.
In einem Urteil des VG Regensburg (Az. 11 CS 23.1413) wurde die Beschwerde einer Fahrerlaubnisinhaberin gegen die Entziehung zurückgewiesen, obwohl sie behauptete, ihr seien ohne ihr Wissen Drogen ins Getränk gemischt worden. Das Gericht stellte klar, dass allein der belegte Drogenkonsum für den Entzug ausreicht, unabhängig davon, ob er bewusst oder unbeabsichtigt erfolgte.
Die Beweislast für einen unbeabsichtigten Konsum liegt beim Betroffenen und ist sehr schwer zu führen. Widersprüchliche Angaben zum Geschehensablauf sprechen eher gegen die Annahme eines unbewussten Konsums. Zudem müsste der Betroffene darlegen, wie die Drogen ohne sein Wissen in seinen Körper gelangt sein sollen.
Insgesamt ist ein unbeabsichtigter Drogenkonsum rechtlich kaum relevant. Sobald der Konsum harter Drogen nachgewiesen ist, erfolgt in der Regel die Fahrerlaubnisentziehung. Um diese aufzuheben, muss der Betroffene im Zweifel mittels MPU und Drogenscreenings seine dauerhafte Abstinenz und Fahreignung nachweisen.
Welche Rolle spielt ein toxikologisches Gutachten bei der Beurteilung der Fahreignung?
Ein toxikologisches Gutachten spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Fahreignung im Zusammenhang mit Drogenkonsum. Es liefert die wissenschaftliche Grundlage für behördliche und gerichtliche Entscheidungen über die Entziehung oder Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.
- Nachweis des Drogenkonsums: Durch chemisch-toxikologische Untersuchungen von Blut, Urin oder Haaren kann ein toxikologisches Gutachten den Konsum spezifischer Drogen objektiv nachweisen. Dabei können Art, Menge und Zeitraum des Konsums festgestellt werden.
- Grundlage für rechtliche Konsequenzen: Die Ergebnisse des Gutachtens sind entscheidend dafür, ob die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entzieht oder die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) anordnet. Auch Gerichte stützen sich bei Entscheidungen über Fahrverbote oder Geld-/Freiheitsstrafen maßgeblich auf toxikologische Gutachten.
- Anordnung einer MPU: Fällt das toxikologische Gutachten positiv aus, führt dies in der Regel zur Anordnung einer MPU. In der MPU wird dann geprüft, ob trotz des nachgewiesenen Drogenkonsums noch die Fahreignung besteht oder von einer Abhängigkeit oder problematischen Konsummustern auszugehen ist.
- Qualitätsanforderungen: Toxikologische Gutachten müssen hohen Qualitätsstandards genügen, um vor Gericht Bestand zu haben. Die Probenentnahme und -analyse muss den Vorgaben entsprechen, sonst droht ein Beweisverwertungsverbot. Auch die Qualifikation des beauftragten Labors und des Gutachters ist entscheidend.
- Abstinenznachweise: Für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung wegen Drogenkonsums sind oft Abstinenznachweise durch toxikologische Gutachten erforderlich. Dabei muss über Urin- oder Haaranalysen eine mehrmonatige Drogenfreiheit belegt werden.
Insgesamt kommt dem toxikologischen Gutachten eine Schlüsselrolle an der Schnittstelle zwischen Medizin und Recht zu. Es schafft die Tatsachengrundlage für einschneidende rechtliche Konsequenzen für die Betroffenen und trägt so wesentlich zur Verkehrssicherheit bei.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung): Regelt die Entziehung der Fahrerlaubnis bei Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Im vorliegenden Fall wird die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund des einmaligen Konsums von Kokain, einer als harte Droge klassifizierten Substanz, begründet.
- § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Legt fest, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen muss, wenn sich eine Person als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erweist. Diese Vorschrift bildet die Grundlage für die rechtliche Handhabe gegen den Antragsteller nach dem Drogennachweis.
- Anlage 4 zur FeV: Enthält spezifische Regelungen zur Fahreignung bei Drogenkonsum. Ziffer 9.1 dieser Anlage führt aus, dass bei der Einnahme von Betäubungsmitteln (außer Cannabis) im Regelfall die Fahreignung nicht mehr gegeben ist, was im Kontext der Entziehung der Fahrerlaubnis nach Drogennachweis relevant ist.
- § 11 bis 14 FeV: Diese Paragraphen werden in § 3 Abs. 2 FeV referenziert und sind relevant für die Bestimmung der Fahreignung, speziell wenn es um Eignungszweifel geht, wie sie durch Drogenkonsum ausgelöst werden könnten.
- Betäubungsmittelgesetz (BtMG): Während es nicht direkt im Text erwähnt wird, ist es im Kontext relevant, da das BtMG die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Umgang mit Drogen, einschließlich Kokain, regelt und somit indirekt die Beurteilung der Fahreignung beeinflusst.
- § 3 FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung) i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe y StVG (a.F.): Diese Verordnung wurde im Kontext der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge diskutiert, was zeigt, dass rechtliche Grundlagen auch die Nutzung von nicht fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen nach einem Führerscheinentzug regeln.
Das vorliegende Urteil
Oberverwaltungsgericht Saarland – Az.: 1 B 3/24 – Beschluss vom 04.03.2024
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 7. Dezember 2023 – 5 L 1543/23 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.
Der Streitwert wird unter entsprechender Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf jeweils 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
Die am 10.01.2024 beim Verwaltungsgericht eingegangene Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten, dem Antragsteller am 31.12.2023 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.12.2023 ist zulässig, aber unbegründet.
Das Vorbringen des Antragstellers in seiner am 10.01.2024 bei Gericht eingegangenen Beschwerdebegründung, das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der vom Senat vorzunehmenden Prüfung begrenzt, gibt keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.
Zur Begründung seines den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 19.06.2023 gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 22.05.2023 wiederherzustellen, zurückweisenden Beschlusses hat das Verwaltungsgericht u.a. ausgeführt, der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 22.05.2023 habe keine Aussicht auf Erfolg, da die unter Ziff. 1 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis nach gegebenem Erkenntnisstand offensichtlich rechtmäßig erscheine. Rechtsgrundlage hierfür seien die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach habe die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gelte gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV sei im Falle der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) davon auszugehen, dass im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr bestehe. Insoweit rechtfertige nach der gefestigten Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bereits der einmalige Konsum sogenannter harter Drogen, zu denen auch Kokain gehöre, grundsätzlich die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Ausweislich des toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 10.03.2023 habe der Antragsteller bei Entnahme einer Blutprobe anlässlich einer Verkehrskontrolle am 23.01.2023 0,057 mg/l Benzoylecgonin und 0,0042 mg/l Methylecgonin im Blut gehabt. Besondere Umstände, die ein Abweichen vom Regelfall der Annahme der Ungeeignetheit rechtfertigten, seien nicht erkennbar. Soweit der Antragsteller vorgetragen habe, eine Person namens „C.“ habe ihm ohne sein Wissen Kokain ins Glas geschüttet, ein willentlicher Konsum von Betäubungsmitteln habe daher nicht vorgelegen, obliege es dem Antragsteller, diese seltene Ausnahme der unbewussten Einnahme von Betäubungsmitteln glaubhaft darzulegen. Dies sei indessen nicht der Fall, denn der Antragsteller habe keine weiteren Angaben über die Person des „C.“ machen können. Auch die „eigenstattliche Erklärung“ des angeblichen Zeugen D. vom 24.07.2023 enthalte keine substantiierten Angaben zu Ort, Zeit und Umständen des unwissentlichen Konsums. Dabei sei schon nicht einleuchtend, wieso der Zeuge D. als Freund des Antragstellers diesen nicht sofort auf die durch „C.“ verabreichten Drogen aufmerksam gemacht habe bzw. ihn vom Konsum abgehalten habe. Die unwissentliche Aufnahme von Kokain sei daher unglaubhaft und als reine Schutzbehauptung zu werten.
Der Antragsteller habe seine Fahreignung auch nicht wiedererlangt, denn er habe weder eine einjährige Abstinenz (vgl. die Wertung in Nummer 9.5. der Anlage 4 zur FEV) noch einen stabilen Einstellungswandel nachgewiesen.
Soweit sich der Antragsteller gegen die in Ziffer 3 des Bescheids vom 22.05.2023 verfügte Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wende, habe der Antrag ebenfalls keinen Erfolg. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 04.12.2020, 3 C 5.20, juris, Rn. 35 ff, Zweifel daran geäußert, ob § 3 FeV in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe y StVG (a.F.) eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage finde, dies jedoch offengelassen. § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV stelle – der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, des Verwaltungsgerichts Lüneburg und des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg folgend1 – eine taugliche und hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage dar, deren Voraussetzungen gegeben seien. § 3 Abs. 2 FeV verweise auf die §§ 11 bis 14 FeV und damit entsprechend auch auf die Anlage 4 zur FeV, deren Ziff. 9.1 fallbezogen aufgrund des Kokainnachweises am 23.01.2023 erfüllt sei.
Die hiergegen in der Beschwerdebegründung des Antragstellers vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Die auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund des Konsums von Kokain (Ziff. 9.1 der Anlage 4 zur FeV) ist offensichtlich rechtmäßig. Das mit der Beschwerde vertiefte Vorbringen, eine Person namens „C.“ habe dem Antragsteller ohne dessen Wissen und Wollen Kokain in sein Glas geschüttet, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand unglaubhaft.
Nach allgemeiner Lebenserfahrung geht einem positiven Drogennachweis typischerweise ein entsprechender Willensakt voraus, so dass sich der behauptete Fall eines unbeabsichtigten Konsums von Rauschmitteln als Ausnahmefall darstellt, zu dem nur der Betroffene als der am Geschehen Beteiligte Klärendes beisteuern kann und der daher von diesem jedenfalls glaubhaft und widerspruchsfrei dargetan werden muss.2
In seinem Widerspruch vom 19.06.2023 hat der Antragsteller u.a. ausgeführt, die Droge sei ihm eingeflößt worden, sei es in „Keksform“ oder in ein Getränk gemischt, wofür er den Zeugen D. benennen könne.
Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens wurde vorgetragen, der Antragsteller sei Eisverkäufer und habe Kontakt zu einem etwa zwanzigjährigen Mann namens „C.“ gehabt, der ihn zur Einnahme harter Drogen habe überreden wollen, was er stets abgelehnt habe. Nach Erhalt des Bescheids habe er von seinem Freund D. anlässlich eines Gesprächs über die gegen ihn im Raum stehenden Vorwürfe erfahren, dass dieser gesehen habe, wie „C.“ ihm Kokain ins Glas gemischt habe. Daraufhin sei ihm klar geworden, was passiert sei, da er sich seit einiger Zeit „komisch“ und „wach“ gefühlt habe. Er habe „C.“ zur Rede gestellt und dieser habe zugegeben, ihm Kokain ins Glas gemischt zu haben, weil er das „berauschende Gefühl“ gemeinsam mit dem Antragsteller habe erleben wollen. Der Antragsteller habe auch Strafanzeige gegen „C.“ erstattet, mangels Kenntnis jedoch weder dessen Nachnamen noch Anschrift angeben können. Sein Vortrag werde durch die (bereits erstinstanzlich vorgelegte) „eigenstattliche Versicherung“ des Zeugen D. bestätigt, die als eidesstattliche Versicherung habe verstanden werden sollen. Um die durch den Antragsgegner hieran geäußerten Zweifel auszuräumen, reiche er nun im Beschwerdeverfahren eine weitere eidesstattliche Versicherung des Zeugen D. vom 10.01.2024 ein.
Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht bemängelt, dass er keine näheren Angaben zur Person des „C.“ habe machen können. Dieser sei gelegentlich zu seinem Geschäftsort gekommen. In der Gastronomie habe man mit zahlreichen Kunden zu tun, die man zwar kenne, aber nicht nach dem Nachnamen frage, geschweige denn nach deren ladungsfähiger Anschrift.
Diese Ausführungen in der Beschwerdeschrift, die einen nichtwillentlichen Konsum von Kokain begründen sollen, sind nicht überzeugend.
Zunächst ist bereits nicht nachvollziehbar, wieso der Antragsteller in seiner Widerspruchsschrift vom 19.06.2023 die Einflößung der Droge behauptet und den Zeugen D. hierfür benennt, die Art der Einflößung aber noch offenlässt („Keksform“ oder „direkt in mein Glas geschmissen“), obgleich er doch – wenn er die Art der Beibringung der Droge vom Zeugen in einem Gespräch nach Erhalt des Bescheids erfahren haben will – wissen müsste, wie ihm die Droge eingeflößt wurde.
Selbst wenn der Antragsteller das Gespräch mit dem Zeugen D. erst nach Verfassen des Widerspruchs geführt haben sollte, erschließt sich nicht, warum der Zeuge D. – ein Freund des Antragstellers – diesen in der konkreten Situation, die jedoch in der „eigenstattlichen Versicherung“ weder örtlich noch zeitlich näher beschrieben wird, nicht sofort auf die Beimischung einer Substanz in seinem Getränk aufmerksam gemacht bzw. ihn vom Konsum des Getränks abgehalten hat.
Auch die nunmehr im Beschwerdeverfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung vom 10.01.2024 verhilft dem Sachvortrag des Antragstellers nicht zur Glaubhaftigkeit. Mangels Unterschrift auf der Erklärung ist unklar, ob der Zeuge D. überhaupt bereit ist, den Inhalt der Erklärung an Eides statt zu versichern. Das optische Erscheinungsbild der handschriftlich verfassten Erklärung3 deutet darauf hin, dass diese durch einen Dritten aufgesetzt wurde und vom Zeugen D. noch unterzeichnet werden sollte. Hierfür sprechen auch die im Kopf der Erklärung frei gelassenen Positionen „geb.“ und „Str.“, die offenbar noch eingefügt werden sollten.
Ungeachtet dessen bleibt auch die eidesstattliche Versicherung vom 10.01.2024 inhaltlich äußerst vage in Bezug auf Zeit, Ort („bei E. zu Besuch“) und Umstände der Kokainabgabe durch „C.“. Inhaltlich abweichend von den bisherigen Ausführungen ist nun die Rede davon, der Zeuge D. habe dem Antragsteller die Beimischung von Kokain in sein Glas direkt mitgeteilt und „C.“ darauf angesprochen, der schließlich zugegeben habe, ein paar Mal Kokain in das Glas des Antragstellers gegeben zu haben.
Es ist nicht nachvollziehbar, wieso „C.“, dessen Name und Anschrift der Antragsteller nicht benennen kann, ohne ein näheres freundschaftliches Verhältnis zum Antragsteller bei einem Preis von ca. 89 $ pro Gramm Kokain4 diesem mehrfach Kokain ins Glas geschüttet haben soll, um „das berauschende Gefühl gemeinsam … zu erleben“. Gerade das als angeblicher Beweggrund vorgetragene von „C.“ gewünschte „gemeinsame Erlebnis“, aber auch ein Anwerben von Kokainabnehmern setzt Kenntnis von dem Konsum und der hieraus resultierenden Wirkung voraus.
Die in der eidesstattlichen Versicherung vom 10.01.2024 nunmehr dargestellte mehrfache Abgabe von Kokain durch C. zielt ersichtlich darauf ab, zu erklären, wieso im Blut des Antragstellers bei einer Verkehrskontrolle am 05.04.2023 erneut Kokain bzw. dessen Abbauprodukte nachgewiesen wurden.
Die Ausführungen des Antragstellers rechtfertigen demnach nach den im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren bestehenden eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten weder die Annahme einer unwillentlichen Drogeneinnahme noch die Annahme eines vom Regelfall abweichenden Sachverhaltes.
Da bereits der einmalige Konsum sogenannter harter Drogen, zu denen auch Kokain gehört, grundsätzlich die Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen begründet5, ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Entziehung der Fahrerlaubnis als offensichtlich rechtmäßig erweist.
Auch der im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Einwand, der Antragsteller sei als Eisverkäufer beruflich dringend auf seinen Führerschein und seine Fahrerlaubnis angewiesen, greift nicht durch. Wer nicht Gewähr dafür bietet, der besonderen Verantwortung bei der Teilnahme am Straßenverkehr gerecht zu werden, muss hinnehmen, dass seine beruflichen und sonstigen privaten Interessen an der Beibehaltung der Fahrerlaubnis hinter dem öffentlichen Interesse an einer Vermeidung der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zurückstehen.6
Die in Ziff. 3 des Bescheids vom 25.05.2023 verfügte Untersagung des Führens von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen angreifend trägt der Antragsteller vor, diese könne nicht auf § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV als taugliche Ermächtigungsgrundlage gestützt werden. Der Bayerische VGH habe mit Urteil vom 17.04.20237 richtigerweise entschieden, dass die genannte Vorschrift gegen die aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 bis 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) abgeleiteten Gebote der hinreichenden Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit verstoße.
§ 3 Abs. 1 Satz 1 FeV ermächtige die Fahrerlaubnisbehörde zu schwerwiegenden Eingriffen in die durch die allgemeine Handlungsfreiheit geschützte Mobilität des Betroffenen. Die materiellen Voraussetzungen des Eingriffs seien nur sehr lückenhaft geregelt, insbesondere sei unklar, wann sich der Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge als ungeeignet bzw. nur noch bedingt geeignet erwiesen habe und wann Eignungszweifel i.S.v. § 3 Abs. 2 FeV gerechtfertigt seien. Ein den Anlagen 4 bis 6 zur FeV vergleichbares Regelwerk fehle, auch aus dem Verweis in § 3 Abs. 2 FeV auf die §§ 11 bis 14 FeV könnten keine hinreichend bestimmten Anhaltspunkte für spezifische Eignungszweifel gewonnen werden. Jedenfalls sei es rechtlich unzulässig, identische physische und psychische Anforderungen an das Führen von fahrerlaubnispflichtigen und –freien Fahrzeugen zu stellen. Hier sei eine Differenzierung notwendig, weil an die Eignung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge weniger hohe Anforderungen zu stellen seien.
Diese so umrissenen Zweifel an der Tauglichkeit der Rechtsgrundlage vermögen der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 03.05.20218 bezogen auf die Klärung von Eignungszweifeln und der damit verbundenen vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 04.12.20209 aufgezeigten verfassungsrechtlichen Problematik bereits ausgeführt, dass sowohl die Frage, ob die Untersagung des Führens erlaubnisfreier Fahrzeuge in den §§ 3, 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c, 11 Abs. 8 FeV in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe y StVG a.F. eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage findet, als auch die Frage, inwieweit es mit Blick auf das gegenüber Kraftfahrzeugen in der Regel geringere Gefährdungspotential des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge mit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vereinbar ist, wenn § 3 Abs. 2 FeV für die Klärung von Eignungszweifeln ohne weitere Differenzierung umfassend auf die strengen Anforderungen der §§ 11 ff FeV verweist, die auf die Prüfung der Eignung und Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgerichtet sind, einer Klärung im Hauptsacheverfahren bedarf.
Dabei hat es zu verbleiben und nichts anderes gilt in Bezug auf die vorliegend entscheidungsrelevante Frage, ob § 3 Abs. 1 FeV unter Berücksichtigung der hinsichtlich der Rechtsgrundlage bestehenden verfassungsrechtlichen Problematik das Normverständnis des Antragsgegners trägt, die an die Eignung zum Führen von erlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Kraftfahrzeugen zu stellenden Anforderungen seien identisch; dieses Normverständnis kommt in der Annahme des Antragsgegners zum Ausdruck, der die Kraftfahreignung ausschließende Konsum einer harten Droge bedinge – ungeachtet des unterschiedlichen Gefährdungspotentials – sozusagen automatisch, dass der Betroffene sich auch als ungeeignet zum Führen von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen erweist.10
Ist damit fallbezogen – was die verfahrensgegenständliche Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge angeht – von einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens auszugehen, sind bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung einerseits das Interesse der Allgemeinheit, bis zum Abschluss des Widerspruchs- bzw. sich anschließenden Hauptsacheverfahrens die durch den Kokain konsumierenden Antragsteller als Fahrzeugführer fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge begründeten Gefahren auszuschließen, sowie andererseits das Interesse des Antragstellers, fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge vorläufig im öffentlichen Verkehrsraum führen zu dürfen, einzustellen.
Die Eingrenzung des Ziff. 3 des Bescheids zuzuordnenden Verfahrensgegenstandes auf fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge rechtfertigt sich dabei aus der Aktenlage: Zwar werden sowohl im Anhörungsschreiben vom 04.05.202311 zur beabsichtigten Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge als auch im Bescheid vom 22.05.2023 Fahrräder erwähnt12, in Ziffer 3 des Bescheids werden die fahrerlaubnisfreien Fahrzeuge jedoch durch Klammerzusatz dahingehend konkretisiert, dass dem Antragsteller das Führen von Mofas, Elektrokleinstfahrzeugen, fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen nach § 4 FeV untersagt wird. Auch aus der weiteren Begründung des Bescheids ergibt sich, dass lediglich das Führen von erlaubnisfreien Kraftfahrzeugen untersagt wird13, was der Antragsgegner sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Beschwerdeverfahren betont hat.
Da auch der Antragsteller ausdrücklich die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge als unverhältnismäßig rügt, ergibt sich damit aus Sicht aller Beteiligten aus dem Bescheid keine Untersagung des Führens von Fahrrädern, ausweislich des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 09.10.2023 (Seite 5) auch nicht von sog. E-Bikes, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 StVG erfüllen.
Ausgehend von diesem Regelungsgehalt der Ziff. 3 des Bescheids vom 22.05.2023 spricht für das Interesse des Antragstellers an einer vorläufigen Rechtsschutzgewährung, dass das vom Antragsgegner ausgesprochene Verbot, fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge zu führen, deren Benutzung im Straßenraum jedermann ohne Weiteres zugänglich ist, einen erheblichen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des Antragstellers beinhaltet.
Wenngleich mit dem Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge in der Regel ein gegenüber Kraftfahrzeugen geringeres Gefährdungspotential einhergeht14, hat der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 22.05.2023 andererseits überzeugend dargelegt, welche erheblichen Gefahren von der Teilnahme betäubungsmittelbeeinträchtigter Mofa- oder Elektrorollerfahrer im Straßenverkehr ausgehen. Dies gilt insbesondere für die Einnahme von Kokain, welchem als harter Droge neben Heroin das höchste Abhängigkeitsrisiko zugeschrieben wird.15
Gegen den Antragsteller spricht vorliegend mit Gewicht, dass er nach dem Vorfall vom 23.01.2023 am 05.04.2023 erneut ein Kraftfahrzeug – PKW- im Straßenverkehr geführt hat, wobei wiederum Kokain bzw. dessen Abbauprodukte in seinem Blut nachgewiesen wurden.
Bei dieser Sachlage ist der auf den Zeitablauf seit dem 23.01.2023 abstellende Beschwerdevortrag als widerlegt anzusehen, eine Gefährdung des Straßenverkehrs durch den Antragsteller liege beim Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht vor, er sei weiterhin geeignet zum Führen solcher Kraftfahrzeuge, denn der vorgeworfene Konsum liege bereits ein Jahr zurück.
Da die bisherigen Erklärungsversuche des Antragstellers zu dem nunmehr zweimalig nachgewiesenen Kokainkonsum nach den im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren bestehenden beschränkten Erkenntnismöglichkeiten die Annahme einer unwillentlichen Drogeneinnahme keinesfalls rechtfertigen und die durch den Antragsteller behauptete allenfalls seit dem 06.04.2023 in Betracht kommende Abstinenz bislang durch nichts belegt wird, besteht – auch unter dem Gesichtspunkt des hohen Abhängigkeitsrisikos – ein reales Risiko, dass der Antragsteller weiterhin harte Drogen konsumieren wird und unter deren Einfluss mit erlaubnisfreien Kraftfahrzeugen am Straßenverkehr teilnehmen und dessen Sicherheit dadurch beeinträchtigen könnte. Daher überwiegt mit Blick auf den hohen Rang der betroffenen Schutzgüter (Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer) und unter Berücksichtigung des Mehrfachkonsums ungeachtet des laufenden Verfahrens das öffentliche Interesse daran, den Antragsteller bis zur Entscheidung des Hauptsacheverfahrens (auch) vom Führen fahrerlaubnisfreier Kraftfahrzeuge auszuschließen. Dem Bedürfnis des Antragstellers nach zügiger Fortbewegung außerhalb der Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmitteln trägt der Bescheid dadurch hinlänglich Rechnung, dass er Fahrräder (einschließlich § 1 Abs. 3 StVG unterfallenden E-Bikes) nicht mit in die Untersagung aufgenommen hat. Insofern ist auch die vom Antragsteller reklamierte Unverhältnismäßigkeit nicht erkennbar.
Die Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3, 46.5 und 46.14 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine gesonderte Streitwertfestsetzung für die Klasse A 1 war nicht erforderlich, da diese entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht mit der Schlüsselzahl 79.05 (Abschnitt B. I. Lfd. Nr. 128 der Anlage 9 zur FeV), sondern aufgrund des Datums der Erteilung der Fahrerlaubnis am … (vgl. Abschnitt A. I. Lfd. Nr. 19 der Anlage 3 zur FeV) mit den Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04 (vgl. Abschnitt B. I. Lfd. Nr. 126 und 127 der Anlage 9 zur FeV) versehen ist, so dass angesichts der Beschränkung auf dreirädrige Kraftfahrzeuge Nr. 46.2 des Streitwertkatalogs nicht streitwerterhöhend zur Anwendung kommt. Mit Blick hierauf wird die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Fußnoten
1 )
VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 23.09.2021, 7 L 901/21, juris; VG Lüneburg, Beschluss vom19.07.2023, 1 B 19/23, n.v.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 23.08.2023, 12 ME 93/23, juris
2)
Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 02.09.2021, 1 B 196/21, juris, Rn. 47 m.w.N.
3)
Es bestehen auffallende Ähnlichkeiten im Schriftbild zwischen der eidesstattlichen Versicherung vom 10.01.2024 und der Widerspruchsschrift vom 19.06.2023.
4 )
https://www.capital.de/wirtschaft-politik/drogen–das-kostet-kokain-in-europa-33754932.htmlhttps://de.statista.com/statistik/daten/studie/199820/umfrage/grosshandels-und-strassenpreis-fuer-kokain-in-deutschland/
5)
vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 19.03.2018, 1 B 812/17, juris, Rn.4
6)
OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.12.2017, 1 B 720/17, juris, Rn.25, für den Fall einer Fahrlehrerin; ferner OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.08.2018, 3 M 290/18, Rn.12,m.w.N.
7)
Bay. VGH, Urteil vom 17.04.2023, 11 BV 22.1234, juris
8)
OVG des Saarlandes, Beschluss vom 03.05.2021, 1 B 30/21, juris, Rn. 32 ff, 40, 43
9)
BVerwG, Urteil vom 04.12.2020, 3 C 5/20, juris
10)
kritisch für den Fall, dass bislang nur fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge in einem eignungs-ausschließenden Zustand geführt wurden: OVG Lüneburg, Beschluss vom 02.02.2012, 12 ME274/11, juris, Rn.7, und OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.06.2011, 10 B 10415/11, juris, Rn. 6 ff
11)
Im Anhörungsschreiben des Antragsgegners vom 04.05.2023 ist insoweit auf Seite 1 ausge-führt: „Gem. § 3 Abs. 1 FeV habe ich Ihnen darüber hinaus das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (Fahrräder, Mofas, fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge nach § 4 FeV) zu untersagen.“Auf Seite 2 heißt es: „Da Sie Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes konsu-mieren (Kokain) ist Ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gem. § 11 Abs. 1 Fahrerlaub-nisverordnung (FeV) in Verbindung mit Anlage 4 Ziffer 9.1. FeV zu verneinen. Gleiches gilt für Ihre Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (z.B. Fahrräder, Mofas) ….“
12)
Auf Seite 2 des Bescheids vom 22.05.2023 heißt es in Fettdruck: „Da Sie Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes konsumieren (Kokain) ist Ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gem. § 11 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) in Verbindung mit Anlage 4Ziffer 9.1. FeV zu verneinen. Gleiches gilt für Ihre Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (z.B. Fahrräder, Mofas) ….“
13)
Auf Seite 3 des Bescheids vom 22.05.2023 ist ausgeführt: „Diese Gefahren können effektiv nur durch ein komplettes Verbot des Führens von Mofas, Elektrokleinstfahrzeugen wie z.B.Elektrorollern und anderen fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nach § 4 FeV abgewendet werden.Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich.Damit ist Ihnen auch das Führen von solchen Fahrzeugen zu untersagen.“
14)
BVerwG, Urteil vom 04.12.2020, 3 C 5/20, juris, Rn.38: Der Fall betraf eine Trunkenheitsfahrtauf einem Fahrrad.
15)
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